Kleine Anfrage der Abg. Knell (FDP) vom 08.01.2018 betreffend Erweiterung der Streckenliste um die Spalte "wildernde Hunde" und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung der Fragesteller: In der Abschussliste für Schalenwild besteht lediglich die Möglichkeit in der Rubrik "Angaben Fallwild" zwischen "Wildunfall" und "sonstiges Fallwild" bzw. bei Streckenliste zwischen "Verunfallt" oder "Sonstiges" zu unterscheiden. Die Anzahl der Angaben im Bereich "Sonstiges Fallwild" oder "Sonstiges" sind nicht unerheblich , so dass hier vor dem Hintergrund der Vielzahl von gerissenen Wildtieren durch wildernde Hunde genauere Angaben notwendig sind. Der Landesjägertag hat bereits auf seiner Mitgliederversammlung im Jahr 2015 beschlossen, dass die derzeit bestehende Streckenliste im Bereich des Schalenwildes und in der dortigen Spalte Fallwild, um eine weitere Untergliederung ergänzt werden. Dabei solle unter der Rubrik Fallwild die Differenzierung "wildernde Hunde " erfolgen. Vorbemerkung der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz : Die Kleine Anfrage behandelt die Auswirkungen von wildernden Hunden auf Jagdbezirke. Zur besseren Verständlichkeit erfolgt an dieser Stelle eine einführende Erläuterung. Es handelt sich beim sog. "Fallwild" um alles Wild, welches aufgrund von Krankheiten, Verkehr und anderen (nicht jagdlichen) Umständen verendet aufgefunden wurde. Unter bestimmten Bedingungen sind auch Hunde in der Lage, ein Stück Wild zu fangen und zu töten, was regelmäßig aber selten vorkommt. Aus diesem Grund ist es den hessischen Jägerinnen und Jägern nach wie vor erlaubt, unter gewissen Umständen in absoluten Ausnahmesituationen auch wildernde Hunde zu töten. Diese müssen zum Zeitpunkt des Abschusses Wild nachstellen und sich außerhalb des Einwirkungsbereiches ihres Besitzers befinden. Der Abschuss darf zudem nur dann erfolgen, wenn keine anderen Möglichkeiten bleiben, um die Gefahr für das Wild abzuwenden . Weiterhin dürfen keine Jagd-, Hirten-, Rettungs-, Polizei- und Blindenhunde erschossen werden. In Lebendfallen gefangene Hunde sind als Fundsache zu betrachten. Da Fallwild in der Regel nicht in offenem Gelände, sondern oftmals in Wildeinständen wie Dickungen , Schilfpartien etc. liegt, wohin das Stück sich beispielsweise vor dem Verenden zurückgezogen hat, wird nur ein Bruchteil des Fallwildes gefunden. Insbesondere wird nur ein kleiner Teil des Fallwildes in einem Zustand gefunden, der noch eine genaue Obduktion des Stückes zulässt. Die genaue Zuordnung der Todesursache gestaltet sich deshalb schwierig. In Hessen sind Wölfe, Luchse, wildernde Hunde und Füchse grundsätzlich als Prädatoren für Rehwild denkbar. Die Übergänge zwischen den Rissmerkmalen sind oftmals fließend und in der Praxis nicht klar erkennbar, nicht zuletzt weil auch andere Prädatoren nach dem Tod des Tieres an diesem fressen können. Es sind somit entweder Expertenwissen oder unmittelbare Augenzeugen notwendig, um ein gerissenes Reh zweifelsfrei einem wildernden Hund als Täter zuzuordnen . Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Warum ist es bislang nicht zu der vom Landesjägertag beschlossenen Änderung der Streckenliste gekommen? Der Vorschlag des Landesjagdverbandes Hessen e. V. (LJV) ist dem Ministerium zugegangen. Eine Änderung der Streckenliste kommt aus den o.g. Gründen aus Sicht der Landesregierung nicht in Betracht. Eingegangen am 23. Februar 2018 · Bearbeitet am 26. Februar 2018 · Ausgegeben am 29. Februar 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/5821 23. 02. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5821 Frage 2. Wann wurde die Landesregierung vom Landesjagdverband auf die von den Jägerinnen und Jägern gewünschte Änderung informiert? Es liegt ein Schreiben vom 29. Juli 2015 vor. Frage 3. Wie hat die Landesregierung die nicht vorgenommene Erweiterung begründet? Unabhängig von Fragen der Priorisierung ist der Anteil von durch Hunde gerissenem Schalenwild aus Sicht der obersten Jagdbehörde im Verhältnis zur Gesamtzahl des Fallwildes sehr gering . Es steht den hessischen Jägerinnen und Jägern jedoch selbstverständlich frei, ihre Streckenlisten dahin gehend selbstständig zu ergänzen. Allerdings werden die Streckenlisten in Hinblick darauf, dass die Verwaltung sie rein praktisch nur sehr eingeschränkt verifizieren kann, wenig belastbar sein. Sie werden daher von der jeweils interessierten Seite immer angezweifelt werden. Eine zu überfrachtete Streckenliste erschwert das Arbeiten mit dieser Liste, zumal die entsprechenden Änderungen kaum zur Anwendung kommen. Einheitliche Streckenstatistiken dienen z.B. auch einer besseren Vergleichbarkeit auf Länderebene. Frage 4. Wie hoch schätzt die Landesregierung die Zahlen von durch wildernde Hunde gerissenem Rehwild Der Landesregierung liegen keine entsprechenden Zahlen vor. Dies liegt zum Teil auch daran, dass die Identifikation des Raubtiers anhand eines Risses nur sehr eingeschränkt und durch Experten möglich ist. Frage 5. Wie viele wildernde Hunde wurden in den Jahren 2009 bis 2017 von der Streckenliste erfasst? Es handelt sich in Summe um 63 Hunde. Insgesamt gibt es nur sehr wenige Fälle, in denen ein Hund zweifelsfrei als wildernder Hund identifiziert werden kann, woraus auch die vergleichsweise geringe Zahl von getöteten Hunden resultiert. Frage 6. Wie hoch schätzt die Landesregierung das Verhältnis von gerissenem Rehwild zu im Rahmen des Jagdschutzes erschossenen Hunden? Der Landesregierung liegen, wie bereits in Frage 4 aufgeführt, keine Angaben über die Anzahl von gerissenem Rehwild vor Frage 7. Welches Ergebnis hat die im Koalitionsvertrag angekündigte "wissenschaftliche Bewertung über die Regelung zur Tötung wildernder Hunde und Katzen" ergeben? Bisher liegen der Landesregierung keine Ergebnisse einer solchen Bewertung vor. Frage 8. Wird die Landesregierung auf Grundlage dieser wissenschaftlichen Bewertung entsprechend der Ankündigung im Koalitionsvertrag eine Änderung des Jagdgesetzes noch diese Legislaturperiode vornehmen? Auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen. Frage 9. Wie bewertet die Landesregierung die Problematik von wildernden Hunden und Katzen? Die Landesregierung steht in ständigem Dialog mit einer Vielzahl von Vertretern des ländlichen Raums (Land- und Forstwirte, Jäger etc.) sowie Tier- und Naturschützern. Zur Problematik von wildernden Hunden und Katzen existiert eine Vielzahl verschiedener Meinungen. Insbesondere streunende Katzen können regional durchaus ein Problem für Kriechtiere, Kleinsäuger und seltene Vogelarten darstellen, wobei die Auswirkungen auf die Populationen dieser Arten unterschiedlich sind. Wiesbaden, 16. Februar 2018 Priska Hinz