Kleine Anfrage des Abg. Degen (SPD) vom 10.01.2018 betreffend Qualifizierung von Personen ohne Lehramtsstudium für den Unterricht an hessischen Schulen und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung des Fragestellers: Zahlreiche Personen ohne pädagogische Ausbildung und überwiegend mit befristeten Verträgen sind an hessischen Schulen als Lehrkräfte tätig. Die Zahl der befristeten Verträge betrug zum Stichtag des 1. Oktober 2017 5.301. "Grundsätzlich können die Verträge entfristet werden. Aber wir stellen das nicht in Aussicht. Das ist zuallererst eine Sache der Schulen, die dann in Abstimmung mit der unteren Schulaufsicht - mit den Schulämtern - entscheiden, ob sie den jeweiligen Vertrag entfristen möchten", so die Antwort des Staatssekretärs im Hessischen Kultusministerium im Rahmen der Beantwortung der mündlichen Frage Nr. 895 am 21. November 2017. Die Vorbemerkung des Fragestellers vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Unter welchen Voraussetzungen können Personen ohne abgeschlossenes 1. und 2. Staatsexamen jeweils eine befristete oder unbefristete Anstellung als Lehrkraft erhalten? Gemäß § 83 der Durchführungsverordnung des Hessischen Lehrerbildungsgesetzes (HLbGDV) kann den Bewerberinnen und Bewerbern ohne Lehramtsbefähigung, die: 1. gegen Stundenvergütung oder im Angestelltenverhältnis beschäftigt werden sollen und eine Erste Staatsprüfung für ein Lehramt oder beide Staatsprüfungen für ein Lehramt in anderen Bundesländern abgelegt haben, sofern diese Prüfungen den in Hessen vorgeschriebenen gleichwertig sind und die Beschäftigung in der Schulform erfolgt, für die die Prüfung abgelegt wurde, 2. die Eignung für einen Unterrichtseinsatz in einzelnen Fächern durch den Nachweis ihrer fachlichen Qualifikation, insbesondere durch die Teilnahme an besonderen Fort- oder Weiterbildungsveranstaltungen oder durch Überprüfung ihrer unterrichtlichen Fähigkeiten in Hessen erbracht haben oder 3. gegen Stundenvergütung oder im Angestelltenverhältnis beschäftigt werden sollen und die Voraussetzungen der Nr. 1 und 2 nicht erfüllen, wenn ein unabweisbares Unterrichtsbedürfnis vorliegt und nachhaltige Bemühungen zur Gewinnung einer ausgebildeten Lehrkraft ohne Ergebnis geblieben sind, eine Unterrichtserlaubnis erteilt werden. Mit einer solchen Unterrichtserlaubnis können diese Bewerberinnen und Bewerber befristet beschäftigt werden. Zusätzlich können Bewerberinnen und Bewerber mit universitärem Abschluss, der kein Bachelorabschluss ist, oder mit einem akkreditierten Masterabschluss unter den Voraussetzungen der Ziffer 2.4. des Einstellungserlasses unbefristet eingestellt werden. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen sowie auf das QUiS-Verfahren nach §§ 53 ff. HLbGDV, das für Bewerberinnen und Bewerber ohne 1. und 2. Staatsprüfung unter den dort genannten Voraussetzungen eine unbefristete Beschäftigung ermöglicht. Frage 2. Welche Qualifikationen müssen hiervor vorliegen oder nachgewiesen werden? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Eingegangen am 28. Februar 2018 · Bearbeitet am 3. April 2018 · Ausgegeben am 5. April 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/5825 28. 02. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5825 Frage 3. Welche Möglichkeiten bestehen für Personen, die ein Studium abgeschlossen haben, bei dem es sich nicht um ein Lehramtsstudium handelt, in einen modifizierten Vorbereitungsdienst zu wechseln ? Seit dem Jahr 2000 gibt es in Hessen für Personen, die ein Studium abgeschlossen haben, bei dem es sich nicht um ein Lehramtsstudium handelt, in sogenannten Mangelfächern bzw. beruflichen Mangelfachrichtungen die Möglichkeit eines direkten Quereinstieges in den pädagogischen Vorbereitungsdienst (zunächst nur im Lehramt für berufliche Schulen). Ein Quereinstieg ist in den folgenden Lehrämtern unter bestimmten Voraussetzungen und nach Prüfung des Einzelfalls möglich: Lehramt an beruflichen Schulen, Lehramt an Haupt- und Realschulen, Lehramt an Gymnasien. Bei der Einzelfallprüfung kann ein vorliegender universitärer Studienabschluss einer Ersten Staatsprüfung für ein Lehramt gleichgestellt werden. In diesem Fall kann eine Bewerberin bzw. ein Bewerber direkt in das Referendariat eintreten. Die Voraussetzungen und Möglichkeiten in den einzelnen Lehrämtern sind in der Antwort zu Frage 4 aufgeführt. Frage 4. Welche Qualifikationen müssen hiervor vorliegen oder nachgewiesen werden? Zu den Mindestvoraussetzungen zählen ein universitärer Studienabschluss in einem festgelegten Mangelfach, der mindestens mit der Gesamtnote “befriedigend“ bewertet wurde, sowie Studienund Prüfungsleistungen, aus denen ein zweites Fach als Unterrichtsfach abgeleitet und anerkannt werden kann. Die Bewerbungswege für einen Quereinstieg sind wie folgt: Lehramt an Haupt- und Realschulen: Bewerbungen für den Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Haupt- und Realschulen und für das Lehramt an Gymnasien können bis zu den Bewerbungsschlussterminen 1. Januar bzw. 1. Juli eines jeden Jahres an die Hessische Lehrkräfteakademie gesandt werden. Ein Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Haupt- und Realschulen ist in den Mangelfächern Physik, Chemie, Kunst und Musik möglich. Voraussetzung für die Bewerbung für einen Quereinstieg in den pädagogischen Vorbereitungsdienst in den Mangelfächern Physik oder Chemie ist ein universitärer Studienabschluss in den genannten Fächern (mindestens 8-semestriges Studium, Abschluss Master oder ein vergleichbarer Abschluss) mit mindestens befriedigenden Leistungen. Zudem muss über die vorliegenden Studien- und Prüfungsleistungen ein zweites Unterrichtsfach abgeleitet und anerkannt werden können. Voraussetzung für die Bewerbung für einen Quereinstieg in den pädagogischen Vorbereitungsdienst im Mangelfach Musik ist ein universitärer Studienabschluss in Musik (mindestens 8- semestriges Studium, Abschluss Master oder ein vergleichbarer Abschluss) mit mindestens befriedigenden Leistungen. Über die Studien- und Prüfungsleistungen muss ein zweites Unterrichtsfach abgeleitet und anerkannt werden können. Mit der Bewerbung für das Mangelfach Musik sind außerdem folgende Studienleistungen nachzuweisen: in Gesang/Sprechen mindestens zwei aufeinander aufbauende Leistungsnachweise, im schulpraktischen Instrumentalspiel/Harmonieinstrument mindestens zwei aufeinander aufbauende Leistungsnachweise, in Ensemble-Leitung mindestens zwei aufeinander aufbauende Leistungsnachweise. Voraussetzung für die Bewerbung für einen Quereinstieg in den pädagogischen Vorbereitungsdienst im Mangelfach Kunst ist ein universitärer Studienabschluss in Kunst (mindestens 8- semestriges Studium, Abschluss Master oder ein vergleichbarer Abschluss) mit mindestens befriedigenden Leistungen aus den nachstehend aufgeführten Disziplinen: Kunstgeschichte, Kunstpädagogik, Freie Kunst, Visuelle Kommunikation. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5825 3 Über die Studien- und Prüfungsleistungen muss ein zweites Unterrichtsfach abgeleitet und anerkannt werden können. Mit der Bewerbung sind außerdem kunstpraktische Fähigkeiten in folgenden Bereichen nachzuweisen: Malen/Zeichnen, Modellieren/Plastik, Druckgrafik, Fotografie/Multimedia. Erforderlich ist mindestens ein Leistungsnachweis pro Bereich; die Nachweise müssen universitär oder gleichwertig sein (zum Beispiel verifizierte Mappe, Ausstellungskatalog oder Ähnliches ). Lehramt an Gymnasien: Ein Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Gymnasien ist in den Mangelfächern Physik und Kunst möglich. Für einen Quereinstieg im Mangelfach Physik kann sich bewerben, wer folgende Voraussetzungen erfüllt: Es liegt ein universitärer Studienabschluss in Physik vor (mindestens 8-semestriges Studium, Abschluss Master oder ein vergleichbarer Abschluss) mit mindestens befriedigenden Leistungen . Über die Studien- und Prüfungsleistungen kann ein auf die Anforderungen der gymnasialen Oberstufe ausgerichtetes zweites Unterrichtsfach abgeleitet und anerkannt werden (in der Regel Mathematik). Für einen Quereinstieg im Mangelfach Kunst kann sich bewerben, wer folgende Voraussetzungen erfüllt: Es liegt ein universitärer Studienabschluss (mindestens achtsemestriges Studium, Abschluss Master oder ein vergleichbarer Abschluss) mit mindestens befriedigenden Leistungen aus den nachstehend aufgeführten Disziplinen vor: Kunstgeschichte, Kunstpädagogik, Freie Kunst und Visuelle Kommunikation. Über die Studien- und Prüfungsleistungen kann ein zweites Unterrichtsfach abgeleitet und anerkannt werden, das mindestens den Anforderungen für den Unterricht bis Klasse 10 entspricht . Mit der Bewerbung sind außerdem kunstpraktische Fertigkeiten in folgenden Bereichen nachzuweisen : Malen/Zeichnen, Modellieren/Plastik, Druckgrafik, Fotografie/Multimedia. Erforderlich ist mindestens ein Leistungsnachweis pro Bereich. Die Nachweise müssen universitär oder gleichwertig sein (zum Beispiel eine verifizierte Mappe, ein Ausstellungskatalog oder Ähnliches). Frage 5. Welche Programme für Personen, die über kein abgeschlossenes Lehramtsstudium verfügen, bestehen derzeit für welche Unterrichtsfächer und Fachrichtungen, um einen Quereinstieg in das Lehramt oder in den Vorbereitungsdienst durch entsprechende Qualifizierungen zu ermöglichen? Derzeit ist der Quereinstieg in den Schuldienst für Personen, die über kein abgeschlossenes Studium verfügen, grundsätzlich nur in den Fachrichtungen Metall- und Elektrotechnik möglich. Zum Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Frage 6. Welche Programme für Personen, die über kein abgeschlossenes Lehramtsstudium verfügen, bestanden in den vergangenen zehn Jahren und wurden nicht fortgeführt, für welche Unterrichtsfächer und Fachrichtungen, um einen Quereinstieg in das Lehramt oder in den Vorbereitungsdienst durch entsprechende Qualifizierungen zu ermöglichen? Frage 7. Weshalb wurden diese Programme jeweils nicht fortgeführt? Die Fragen 6 und 7 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet: 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5825 Zum Programm "Förster und technische Berufe zu Lehrern" wird auf die Ausführungen zur Kleinen Anfrage 18/3291 vom 30.11.2010 der Abgeordneten Hofmeyer (SPD) sowie auf die Kleine Anfrage 19/3252 des Abgeordneten Greilich (FDP) vom 22.03.2016 betreffend Ergebnisse der Qualifizierungsmaßnahme "Förster und technische Berufe zu Lehrern" verwiesen. Mit der Kampagne "Lehrer-nach-Hessen" wurden die Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger in Kooperation mit den Schulleitungen und Staatlichen Schulämtern bedarfsdeckend ab dem 01.08.2008 im Unterricht dieser Fächer bzw. beruflichen Fachrichtungen eingesetzt. Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger wurden berufsbegleitend über einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren in zentral organisierten, allgemeinpädagogischen und fachdidaktischen Veranstaltungen weiterqualifiziert und pädagogisch begleitet. Diese Möglichkeit des Quereinstiegs wurde ab 2012 auf Basis der damaligen Lagebeurteilung ausgesetzt. Frage 8. Welche pädagogischen Grundqualifikationen setzt die Landesregierung generell für Vertretungslehrkräfte voraus? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Frage 9. Falls sie keine pädagogischen Grundqualifikationen für Vertretungslehrer voraussetzt, welche Möglichkeit der Erlangung von pädagogischen Grundqualifikationen bietet sie solchen Vertretungslehrkräften an? Die Sicherstellung der Qualität des unterrichtlichen Agierens zum Wohle der Schülerinnen und Schüler hat oberste Priorität. Solange genügend ausgebildete Lehrkräfte hierfür zur Verfügung stehen, können diese Lehrkräfte die Unterrichtsversorgung auch im Vertretungsfall sicherstellen . Wird über dem Lehrkräftebedarf ausgebildet, erhalten nicht alle Absolventinnen und Absolventen ein Einstellungsangebot. Sie können jedoch mit ihren erworbenen Qualifikationen Vertretungsunterricht leisten. Soweit Personen als Vertretungskräfte zum Einsatz kommen, die nicht als Lehrkräfte ausgebildet wurden, wird deren Einsatz durch Unterstützungsmaßnahmen in der Schule (Mentoring- Programme vor Ort durch die Schulleitungen und Kollegien) sowie durch Fortbildungsangebote (beispielsweise durch ein spezielles Programm ab Sommer 2017 in Kassel für Gymnasial- und H/R-Lehrkräfte im Einsatz an Grundschulen) begleitet. Auf die Antwort zu den Fragen 3 und 5 wird verwiesen. Wiesbaden, 23. Februar 2018 In Vertretung: Dr. Manuel Lösel