Kleine Anfrage der Abg. Di Benedetto, Degen, Merz und Roth (SPD) vom 16.01.2018 betreffend Handreichung "Sinti und Roma in Deutschland und die Rolle des Antiziganismus" und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung der Fragesteller: In Kooperation zwischen dem hessischen Kultusministerium und dem Verband Deutscher Sinti und Roma ist im Jahr 2015 die Lehrerhandreichung "Sinti und Roma und die Rolle des Antiziganismus" entstanden, die Ende Januar 2016 veröffentlicht wurde. Sie soll dazu dienen, hessischen Schülerinnen und Schülern über Antiziganismus aufzuklären und die Verfolgungsgeschichte der Sinti und Roma zu vermitteln. Vorbemerkung des Kultusministers: Die Auseinandersetzung mit unserer Vergangenheit ist die beste Versicherung gegen das Vergessen und gegen den Trend geschichtlicher Verklärung. Die Gegenwart und Zukunft der Sinti und Roma sind Teil unserer Gesellschaft. Ihre Unterdrückung, Verfolgung und Ermordung durch die Nationalsozialisten sind Teil unseres kollektiven Gedächtnisses. Die Schulen nehmen vor diesem Hintergrund eine besondere Verantwortung wahr. Sie sensibilisieren junge Menschen für die Situation und Schwierigkeiten von Minderheiten in unserem Land. Mit der o.a. Handreichung beabsichtigt die Landesregierung, den Schulen in Hessen eine geeignete Auswahl an Materialien zur Verfügung zu stellen, die bei der Behandlung der Geschichte der Sinti und Roma unterstützen können. Sie enthält unterschiedliche authentische Quellenarten und Hinweise auf Medien wie Film und Musik. Sie soll die Möglichkeit eröffnen, vielfältige Zugänge zur Geschichte der Sinti und Roma zu schaffen und die Themen gemäß den Jahrgangsstufen fächerübergreifend aufbereiten zu können. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. In welcher Auflage ist die Handreichung "Sinti und Roma in Deutschland und die Rolle des Antiziganismus " veröffentlicht worden? Die Lehrerhandreichung als Broschüre ist in einer Auflage von 500 Stück erschienen, die CD- Fassung in einer Auflage von 3.500 Stück. Die Handreichung als CD-Fassung wurde hessenweit allen Schulen zur Verfügung gestellt. Weitere Exemplare gingen an die Studienseminare und die Staatlichen Schulämter. Aktuell ist die Handreichung weiter verfügbar und kann online auf der Internetseite des Hessischen Kultusministerium bestellt werden: https://kultusministerium .hessen.de/presse/infomaterial/9/sinti-und-roma-deutsch-land-und-die-rolle-desantiziganismus . Frage 2. An welchen Schulen wird sie bereits eingesetzt? Frage 3. Welche weiteren Schulen planen den Einsatz für das kommende Schuljahr? Frage 4. In welchen Jahrgangsstufen und in welchen Fächern wird sie eingesetzt? Die Fragen 2 bis 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Handreichung richtet sich an Lehrkräfte aller Schulformen. Sie kann fächerübergreifend eingesetzt werden und ist als Hilfestellung für die Unterrichtspraxis gedacht. Hinsichtlich des Einsatzes im Unterricht besteht keine Rechenschaftspflicht gegenüber dem Kultusministerium. Eingegangen am 1. März 2018 · Bearbeitet am 2. März 2018 · Ausgegeben am 5. März 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/5843 01. 03. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5843 Weitere Erfahrungswerte sollen im Rahmen der beabsichtigten Fortbildung für Lehrkräfte des Landes Hessen ermittelt werden. Frage 5. Welche weiteren Maßnahmen plant die Landesregierung, um das Thema Antiziganismus stärker in den Schulen zu vermitteln (z.B. Fortbildungsveranstaltungen für Lehrer, Aufklärungsarbeit in Schulen etc.)? Am 06.09.2017 unterzeichnete Herr Ministerpräsident Bouffier einen Staatsvertrag mit dem Verband Deutscher Sinti und Roma, Landesverband Hessen. Der Vertrag beruht auf einer Rahmenvereinbarung zwischen beiden Seiten, die bereits seit 2014 sukzessive umgesetzt wird. Beide Seiten verständigen sich darin u.a. darauf, die gleichberechtigte Teilhabe von Sinti und Roma im Unterricht zu fördern, die Sprache "Romanes" zu schützen und das Bildungsangebot für junge Sinti und Roma zu verbessern. Das Kultusministerium trägt zur Umsetzung der genannten Ziele bei, indem unter anderem sichergestellt wird, dass die Verfolgungsgeschichte der Sinti und Roma im Geschichts- bzw. Politik - und Wirtschaftsunterricht Berücksichtigung findet. Im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen der Landesregierung und der Philipps-Universität Marburg werden interdisziplinäre Seminare zum Thema "Geschichte und Kultur der Sinti und Roma in Deutschland" angeboten. Diese stoßen auf gute Resonanz und richten sich an Lehramtsstudenten, die sich in der ersten Phase ihrer Ausbildung befinden. In einem weiteren Schritt ist beabsichtigt, im Rahmen der Angebote der Hessischen Lehrkräfteakademie eine Fortbildung zur Nutzung der Handreichung (s. Antwort auf Frage 1) zu ermöglichen . Ein entsprechendes Fortbildungskonzept wird derzeit zwischen der Lehrkräfteakademie und dem Kultusministerium abgestimmt. Frage 6. Ist aus Sicht der Landesregierung sichergestellt, dass die Themen verbindlich im Unterricht behandelt werden und wie wird dies überprüft? Maßnahmen wie beispielsweise die Veröffentlichung der Handreichung oder entsprechende Fortbildungsangebote unterstützen maßgeblich die Bewusstmachung dieses Themengebiets im Schulalltag. Die Thematisierung verschiedener Opfergruppen im Unterricht unterliegt dabei unterschiedlichen Voraussetzungen. Es obliegt der Lehrkraft, je nach Lerngruppe und Lernumgebung , eine geeignete Wahl zu treffen. Gerade die exemplarische Behandlung ethnischer Minderheiten und ihrer Geschichte bedarf einer sensiblen Herangehensweise unter Beachtung der Zusammensetzung der Lerngruppe. Die pädagogische Freiheit, die die Lehrpläne sowie die Kerncurricula bieten, ist vor diesem Hintergrund eine Chance, Schülerinnen und Schüler über die Verfolgungsgeschichte der Sinti und Roma aufzuklären. Darüber hinaus befinden sich in den Kerncurricula im Fach Geschichte und in den entsprechenden Lehrplänen verbindliche Bezüge zur Behandlung von Minderheiten und deren Geschichte in Deutschland und Europa. Wiesbaden, 15. Februar 2018 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz