Kleine Anfrage der Abg. Hofmeyer (SPD) vom 19.01.2018 betreffend Hausärztliche Versorgung in Hofgeismar (Landkreis Kassel) und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung der Fragestellerin: Zum Ende des letzten Jahres wurden zwei hausärztliche Praxen in Hofgeismar (Landkreis Kassel) aus Altersgründen und aufgrund fehlender potenzieller Nachfolgerinnen bzw. Nachfolger geschlossen. Deshalb suchen ca. 2500 Menschen seit Jahresbeginn eine/n neue/n Hausärztin/Hausarzt. Die Kapazität der verbleibenden Praxen reicht hierfür bei Weitem nicht aus - bereits durch Aushänge an den Eingangstüren der verbliebenen Praxen oder am Telefon wird darauf aufmerksam gemacht, dass keine neuen Patienten aufgenommen werden können. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) ist derzeit nicht bereit, in dieser Notsituation zu unterstützen - im Gegenteil, sie behauptet, die hausärztliche Versorgung im Bereich Hofgeismar sei ausreichend. Dabei bezeichnet die KV auch Anfahrtswege von bis zu 40 Kilometern als zumutbar. Gerade für weniger mobile ältere Menschen sind solche Entfernungen im ländlichen Raum aber nur sehr schwer oder ausschließlich mit externer Hilfe zu überbrücken. Vorbemerkung des Ministers für Soziales und Integration: Ende 2017 haben zwei Hausärzte in Hofgeismar ihre Praxis aufgegeben. Da der Planungsbereich Hofgeismar nach den Vorgaben der Bedarfsplanungs-Richtlinie wegen Überversorgung gesperrt ist, kommt es nur zu einer Praxisnachfolge, wenn der Praxisinhaber ein sog. Nachbesetzungsverfahren (§ 103 Abs. 3a f. SGB V) beantragt. Leider haben nach Auskunft der KV Hessen die beiden Ärzte die KV Hessen erst im November bzw. Dezember 2017 über ihre Pläne informiert und hätten erst durch die KV Hessen überzeugt werden können, ein solches Verfahren überhaupt anzustoßen. Schon dadurch war keine nahtlose Nachfolge möglich, da ein solches Verfahren mehrere Monate in Anspruch nimmt. Am 12. Januar 2018 hat nach Auskunft der KV Hessen in Hofgeismar ein Gespräch unter Beteiligung von Herrn Dr. Eckhard S. (Vorstandsmitglied) sowie des Teamleiters des Beratungscenters Kassel für die KV Hessen, den Bürgermeistern von Hofgeismar, Liebenau und Trendelburg sowie neun Ärzten aus den drei Gemeinden stattgefunden. Die KV Hessen berichtet, dass verschiedene kurz- und mittelfristige Lösungswege diskutiert worden seien und das Gespräch insgesamt sehr konstruktiv verlaufen sei. Seitens der Beteiligten aus dem Raum Hofgeismar sei zudem festgestellt worden, dass sich die Lage etwas entspannt habe. Zudem habe die KV Hessen die umliegenden Vertragsarztpraxen kontaktiert und dort die Bereitschaft zur Übernahme von Patienten erfragt. Hier habe es eine positive Resonanz gegeben. Im Gespräch angedacht worden sei auch die Installation einer Eigeneinrichtung und auch die intersektorale Zusammenarbeit. Beide Ansätze würden nun - allein schon wegen der rechtlichen Rahmenbedingungen allerdings ergebnisoffen - geprüft. Am 13. April 2018 solle ein weiteres Gespräch stattfinden. Zudem teilt die KV Hessen mit, dass sich für einen der ausgeschriebenen Arztsitze aktuell eine zeitnahe Nachbesetzung abzeichne und ein durch die im vergangenen Jahr vom Landesausschuss beschlossene partielle Öffnung des Planungsbereichs Hofgeismar entstandener voller Versorgungsauftrag voraussichtlich ab 1. März 2018 zumindest hälftig besetzt werden könne. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Eingegangen am 27. Februar 2018 · Bearbeitet am 28. Februar 2018 · Ausgegeben am 2. März 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/5951 27. 02. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5951 Frage 1. Wie beurteilt die Landesregierung die Tatsache, dass die KV für Hofgeismar eine Überversorgung feststellt, obwohl zahlreiche Bürgerinnen und Bürger keine hausärztliche Versorgung finden? Hierzu wird auf die Vorbemerkung des Hessischen Ministers für Soziales und Integration verwiesen . Frage 2. Vertritt die Landesregierung die Auffassung, dass sich die KV in ausreichendem Umfang um dieses Problem kümmert? Ja. Die Landesregierung wird jedoch nachhalten, inwieweit die sich abzeichnenden Besetzungen von Arztsitzen sowie die weiteren aufgezeigten Lösungswege realisiert werden. Frage 3. Falls nein: Was wird die Landesregierung unternehmen, um für ein der Situation angepasstes Handeln der KV zu sorgen? Hierzu wird auf die Beantwortung der Frage 2 verwiesen. Frage 4. Welche konkreten Möglichkeiten bestehen für die Landesregierung und für die KV, um schnelle Abhilfe zu schaffen, damit die überwiegend älteren Menschen angemessen versorgt werden können ? Hierzu wird auf die Vorbemerkung des Hessischen Ministers für Soziales und Integration verwiesen . Frage 5. Teilt die Landesregierung die Auffassung der KV, dass es über 80-jährigen, nicht mehr mobilen Menschen zuzumuten ist, 40 km zu einem Hausarzt fahren zu müssen? Die KV Hessen teilt mit, dass sich hausintern nicht nachvollziehen lasse, inwieweit diese Bewertung von der KV Hessen abgegeben wurde. In jedem Fall teile die KV Hessen eine solche Bewertung nicht. Auch im ländlichen Raum darf die zumutbare Entfernung für die hausärztliche Versorgung nicht 40 km betragen. Für die allgemeine fachärztliche Versorgung im ländlichen Raum hat das Bundessozialgericht eine Entfernung von 25 km als zumutbar angesehen. Für die hausärztliche Versorgung wäre daher vermutlich sogar noch eine geringere Entfernung als zumutbar anzusehen. Frage 6. Gerade ältere Menschen sind auf regelmäßig neu zu verordnende Medikamente angewiesen. Was unternimmt die Landesregierung, um die entsprechende Versorgung sicherzustellen? Der Sicherstellungsauftrag liegt laut SGB V bei der KV Hessen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung des Hessischen Ministers für Soziales und Integration sowie den Hessischen Gesundheitspakt 2.0 verwiesen. Frage 7. Hält die Landesregierung das Engagement der KV für ausreichend, Nachfolger/innen für die Übernahme hausärztlicher Praxen im ländlichen Raum zu finden? Ja. Die KV Hessen weist aber selbst darauf hin, dass sie die Probleme bei der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung nicht allein bewältigen kann. Der Hessische Minister für Soziales und Integration befindet sich hierzu im Gespräch mit der KV Hessen. Frage 8. Falls nein: Welche Verfahren wird die Landesregierung kurzfristig etablieren, um die Praxisnachfolgeregelung zu erleichtern und die Ansiedlung von Ärztinnen und Ärzten im ländlichen Raum zu gewährleisten? Die Landesregierung hat bereits seit 2011 Maßnahmen ergriffen, um die Praxisnachfolgeregelung zu erleichtern. Auf die im Hessischen Gesundheitspakt 2.0 vereinbarten Maßnahmen zur Stärkung der hausärztlichen und grundversorgenden fachärztlichen Versorgung wird verwiesen. Ergänzend wird die Landesregierung im Rahmen ihrer Offensive "Land hat Zukunft - Heimat Hessen" kommunale Maßnahmen zur Sicherung der ambulanten ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum mit 1,5 Mio. € jährlich fördern. Damit sollen zusätzliche Maßnahmen und Anreize sowohl für eine freiberufliche ärztliche Tätigkeit als auch für zukunftsfähige Organisationsstrukturen , wie z.B. Gemeinschaftspraxen und kommunale Medizinische Versorgungszentren (MVZ), die Anstellungs- und Teilzeitarbeitsverhältnisse für Ärztinnen und Ärzte ermöglichen, Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/5951 3 ergriffen werden. Die zu fördernden Maßnahmen sollen zudem dazu beitragen, eine (engere) Zusammenarbeit zwischen Kommunen und KV Hessen bei der Gestaltung und Sicherung von Arztsitzen in diesen Regionen zu unterstützen und jungen Ärztinnen und Ärzten attraktivere Rahmenbedingungen (z.B. durch das zur Verfügung stellen von Praxisräumen oder Kinderbetreuungsplätzen ) für eine Praxisübernahme oder Berufsausübung auf dem Land zu schaffen. Wiesbaden, 13. Februar 2018 Stefan Grüttner