Kleine Anfrage der Abg. Dr. Neuschäfer (SPD) vom 02.07.2014 betreffend Fortbestand der Schulsozialarbeit in Hessen I und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung der Fragestellerin: Schulsozialarbeit agiert an der Schnittstelle zwischen Schule und Jugendhilfe und hilft Schülerinnen und Schülern, die in ihrem Alltag schwierige Situationen bewältigen müssen oder die durch Leistungsschwäche auffallen oder gar durch Schulverweigerung den Lernort Schule ausblenden. Sie stellt an vielen Schulen einen integralen Bestandteil des schulischen Angebots dar und wirkt in das Lebensumfeld von Schülerinnen und Schülern hinein. Schule ist mehr als nur ein Ort, an dem Wissen vermittelt wird. Land und Kommunen tragen hier die gemeinsame Bildungsverantwortung. In vielen Landkreisen ist die Finanzierung für den erfolgreichen Bestand der Schulsozialarbeit nicht gesichert. Vorbemerkung des Kultusministers: Das Modell der "Schulsozialarbeit" wurde in der Vergangenheit auf verschiedenen einzelnen Vereinbarungen mit einzelnen Schulträgern aufgesetzt, die nicht zuletzt bereits durch den Hessischen Rechnungshof aufgrund ihrer unklaren Finanzierungsstruktur beanstandet wurden. Zudem gab es nicht für alle Schulträger die Möglichkeit, an dem Modell der Schulsozialarbeit zu partizipieren . Aus diesen Gründen wurde am 1. August 2014 die "Richtlinie für unterrichtsunterstützende sozialpädagogische Förderung (USF) zur Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags an Schulen in Hessen im Sinne der §§ 2 und 3 des Hessischen Schulgesetzes (HSchG)" in Kraft gesetzt. Damit wird allen hessischen allgemeinbildenden Schulen erstmals flächendeckend die Möglichkeit eingeräumt, das selbstständig zu organisieren, was bisher als Schulsozialarbeit bezeichnet wurde, und eine klare Finanzierungsstruktur etabliert. USF stellt ein eigenständiges Angebot an Schulen dar mit dem Ziel, Schülerinnen und Schüler im Vor- und Nachmittagsbereich in ihrer allgemeinen und schulischen Entwicklung zu begleiten , zu unterstützen, ihre sozialen Kompetenzen zu stärken und ggf. individuell zu fördern. Dabei ersetzt USF nicht die soziale Arbeit der Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe nach dem Sozialgesetzbuch (SGB VIII), sondern ergänzt und vernetzt diese Bereiche. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Hat die Landesregierung Kenntnis davon, dass an Schulstandorten die Aufrechterhaltung der Schulsozialarbeit gefährdet ist? (Bitte Schulen, die betroffen sind, nach Landkreisen auflisten) Die bisherigen vertraglichen Vereinbarungen des Landes Hessen zu Schulsozialarbeit mit einzelnen Schulträgern werden in Zukunft nicht weitergeführt, da das Hessische Kultusministerium durch den USF-Erlass eine neue klare und allgemeingültige Rechtsgrundlage zur Fortführung der bisherigen Schulsozialarbeit geschaffen hat. Insofern können alle Schulträger zukünftig neu entscheiden, wie sie Schulsozialarbeit weiterhin einsetzen. Ferner hat das Hessische Kultusministerium bisher nur von einer Resolution der Stadtverordnetenversammlung zur Schulsozialarbeit in Gedern im Wetteraukreis Kenntnis, bei der es um eine mögliche Gefährdung der Schulsozialarbeit geht. Eingegangen am 22. August 2014 · Ausgegeben am 28. August 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/602 22. 08. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/602 Frage 2. An welchen Schulstandorten soll die Schulsozialarbeit eingestellt werden und mit welcher Be- gründung? Zunächst wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Darüber hinaus liegen dem Hessischen Kultusministerium keine Erkenntnisse vor, dass an einzelnen Schulstandorten aufgrund der neuen Rechtsgrundlage keine Schulsozialarbeit fortgeführt wird. Frage 3. Hat die Landesregierung bereits Kontakt zu gefährdeten Schulstandorten und wenn ja, wer hat diesen Kontakt für sie aufgenommen und mit welcher Zielsetzung? Das Hessische Kultusministerium und die jeweiligen zuständigen Staatlichen Schulämter stehen mit allen Schulträgern in Kontakt, um über die Rahmenbedingungen der USF in Fortführung ihrer bisherigen Schulsozialarbeit zu beraten. Frage 4. Mit welchen Maßnahmen wird die Landesregierung Schulstandorte bei der nachhaltigen Siche- rung von Schulsozialarbeit unterstützen? Das Hessische Kultusministerium hat durch die Inkraftsetzung der USF-Richtlinie die Rahmenbedingungen für den zügigen Einsatz von USF an hessischen allgemeinbildenden Schulen ab dem Schuljahr 2014/15 gewährleistet. Darüber hinaus werden für diejenigen Schulen, die bereits jetzt über Schulsozialarbeit mit Beteiligung des Landes verfügen, Übergangsfristen eingerichtet , um einen nahtlosen Übergang für die betreffenden Schulen zu gewährleisten. Frage 5. Unterstützt die Landesregierung den Ausbau der Schulsozialarbeit über eine Drittelfinanzierung (Land, Schulträger, Standortkommune) und wenn nein, warum nicht? Das Hessische Kultusministerium hat durch die Inkraftsetzung der USF-Richtlinie nachhaltige Rahmenbedingungen für sozialpädagogische Förderung geschaffen. Gegenwärtig existieren in vier Schulträgerbereichen Rahmenvereinbarungen mit einer Drittelfinanzierung , dem Landkreis Waldeck-Frankenberg, dem Schwalm-Eder-Kreis dem Landkreis Hersfeld-Rotenburg und dem Landkreis Werra-Meissner. Diese Rahmenvereinbarungen sollen sukzessive durch die Angebote von USF abgelöst und auf eine landesweit einheitliche sowie transparente Rechtsgrundlage aufgesetzt werden. Frage 6. Sieht die Landesregierung Änderungsbedarf hinsichtlich der künftigen Finanzierung der Schul- sozialarbeit und wenn ja, wie will sie diese langfristig sicherstellen? Alle allgemeinbildenden Schulen haben die Möglichkeit auf der Hälfte ihrer freien Lehrerstellen , die über die 100-%ige Lehrerversorgung hinausgehen, sozialpädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu beschäftigen. Die Zuweisung aus dem Sozialindex kann in vollem Umfang für diesen Zweck verwendet werden. Sollte eine Schule allein nicht über ausreichende Lehrerstellenanteile für die Einstellung einer sozialpädagogischen Mitarbeiterin oder eines sozialpädagogischen Mitarbeiters verfügen, so können auch mehrere Schulen eine Einstellung gemeinsam finanzieren. Ferner können Schulen im Rahmen des "Kleinen Schulbudgets" Einsparungen aus ihren Teilbudgets und bereits gebildeten Rücklagen aus Vorjahren verwenden. Schulen des "Großen Schulbudgets" können darüber hinaus zu diesem Zweck Mittel aus nicht besetzten Personalstellen kapitalisieren und somit befristete oder auch unbefristete Arbeitsverträge schließen. Die entsprechenden Arbeitsverträge mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind je nach dem Grad der Selbstständigkeit der Schule durch das Landesschulamt/ Staatliche Schulämter oder durch die Schule selbst (SES/SBS) zu schließen. Schulen, die weder die Instrumente des Kleinen oder Großen Schulbudgets nutzen, können keine Mittel aus Teilbudgets zur Finanzierung einsetzen. Frage 7. Wie können vor allem in mittleren und kleineren Schulen sowie Schulen im ländlichen Raum ausreichend personelle, finanzielle und sächliche Ressourcen für Schulsozialarbeit vorgehalten werden? Zunächst wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. Ferner kann das Hessische Kultusministerium im Rahmen seiner Aufsichtsfunktion beratend tätig werden und steht dabei schon jetzt im engen Kontakt mit einzelnen Schulträgern. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/602 3 Frage 8. Welche Schulen erhalten unterrichtsunterstützende sozialpädagogische Förderung aus dem Schulbudget und/oder aus der 105%igen Lehrerversorgung und seit wann? Mit in Kraft treten des Erlasses können ab dem Schuljahr 2014/15 alle interessierten allgemeinbildenden Schulen USF im Rahmen ihrer entsprechenden Budgets einsetzen. Eine genaue Auflistung ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, da aktuell noch keine neuen Modelle seitens der Schulen umgesetzt werden konnten. Wiesbaden, 12. August 2014 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz