Kleine Anfrage der Abg. Dr. Sommer, Özgüven (SPD) vom 01.02.2018 betreffend Ärztliche Praxis für Medizinstudentinnen und -studenten und Antwort des Ministers für Wissenschaft und Kunst Vorbemerkung der Fragesteller: Viele Studierende des Fachs Medizin fühlen sich für die ärztliche Praxis nicht gut genug vorbereitet. Sie wünschen sich, das praktische Fertigkeiten intensiver in das Studium/Curriculum verankert werden. Vorbemerkung des Ministers für Wissenschaft und Kunst: Die praktischen Einheiten machen einen großen Teil des Studiums der Medizin aus. Vorgaben dazu finden sich in der Ärztlichen Approbationsordnung (ÄApprO) und den jeweiligen Studienordnungen . Zur Beantwortung der nachstehenden Fragen sind die Goethe-Universität Frankfurt, die Justus- Liebig-Universität Gießen und die Philipps-Universität Marburg um Stellungnahme gebeten worden. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Inwiefern finden Praxiseinheiten in der Vorklinik statt, wenn die praktischen Lehreinheiten der Vorklinik (Physik, Chemie, Biochemie, Physiologie, Anatomie) ohne Patientenkontakt stattfinden ? Zu den Praxiseinheiten in der Vorklinik haben die angefragten Universitäten wie folgt geantwortet : Goethe-Universität Frankfurt: Das Studium der Medizin ist keine Berufsausbildung sondern ein wissenschaftliches Studium. Dazu gehören unumstößlich die Grundkenntnisse der Naturwissenschaften und des naturwissenschaftlichen Experimentierens. Um im Patientenkontakt zu wissen, was der Normalzustand ist und inwieweit der Zustand der Patienten davon abweicht, müssen die Studierenden die Normalzustände in Physiologie (z.B. EKG, Urin- und Blutuntersuchungen), Biochemie (Grundlagen für Pharmakologie) und Anatomie (der Aufbau des Menschen, seiner Organe, des Zentralen Nervensystems an Körperspendern ) zuerst einmal kennenlernen. Anatomie mit Patientenkontakt ist schwierig zu lernen, da der Aufbau z.B. des Herzens und des Gehirns an Lebenden nicht zu erlernen ist. Die Anatomie hat zusätzlich und aufbauend auf dem vorgenannten Basiswissen auch noch die praktischen Lehrveranstaltungen der "Anatomie am Lebenden" (AAL), bei der die Studierenden an anderen Studierenden die Lage und Arbeit der Muskulatur in Armen, Beinen und Rumpf (AAL I), die Lage der inneren Organe über Sonographie (AAL II) sowie die Reflexe und Reizweiterleitung (AAL III) untersuchen. Im Kursus der medizinischen Psychologie und medizinischen Soziologie werden außerdem Versuche (Wahrnehmungspsychologie, Aufmerksamkeit, Verhalten) durchgeführt. Zusätzlich dazu sind die praktischen Lehreinheiten der Einführung in die Klinische Medizin (Untersuchungs- und Anamnesekurs mit Simulationspatienten) und der Berufsfelderkundung (mit Patientenkontakt) zu nennen. Hinzu kommt das Krankenpflegepraktikum. Eingegangen am 14. März 2018 · Bearbeitet am 14. März 2018 · Ausgegeben am 28. März 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/6022 14. 03. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6022 Justus-Liebig-Universität Gießen: Patientenbezogener Unterricht findet im Regelstudiengang Medizin in den Lehrveranstaltungen "Praktikum zur Einführung in die klinische Medizin", "Praktikum der Berufsfelderkundung" und im klinischen Teil eines Seminars zur Neuroanatomie statt. Begleitend werden im Simulationszentrum als notwendige Voraussetzung grundlegende Fertigkeiten zur körperlichen Untersuchung , zur Krankenpflege und zur Arzt-Patient-Kommunikation mittels Schauspielpatienten vermittelt. Diese Lehrinhalte sind in einem Regelstudiengang für den ersten Teil der Ärztlichen Prüfung (M1; "Physikum") nicht prüfungsrelevant; die Justus-Liebig-Universität Gießen setzt aber dennoch auf die Einbindung von Praxiseinheiten bereits in der Vorklinik. Philipps-Universität Marburg: Die momentan gültigen gesetzlichen Bestimmungen in der ÄApprO sehen hinsichtlich des Studiums der Humanmedizin im vorklinischen Abschnitt keinen Patientenkontakt vor. In § 2 ÄAppr O ist niedergelegt, dass alle Studierenden im Rahmen des vorklinischen Studienabschnitts Unterricht im Umfang von 56 Unterrichtseinheiten "mit klinischem Bezug" erhalten - Beispiele: - Seminar Anatomie I (mit klinischem Bezügen) - Extremitäten, - Seminar Physiologie I (Zellphysiologie - mit klinischen Bezügen), - Seminar Biochemie/Molekularbiologie II - mit klinischen Bezügen. Weiterhin erhalten die Marburger Studierenden (§ 2 ÄApprO) Unterricht im Umfang von 98 Unterrichtseinheiten "mit klinischer Beteiligung": In mehreren Lehrveranstaltungen finden Fallvorstellungen durch Fachärzte statt, die sich direkt auf den vorklinischen Unterricht selbst beziehen, z. B. im Seminar Neuroanatomie (integriert mit klinischer Beteiligung), Fälle aus den Bereichen Anästhesie/Intensivmedizin, Neurochirurgie , Augenheilkunde etc. Alle diesbezüglichen Lehrveranstaltungen sind in der Studienordnung ausgewiesen. Frage 2. Inwiefern soll das reine Auswendiglernen (mit dem Ziel die Multiple-Choice-Prüfungen zu bestehen ), zugunsten eines pragmatischen bzw. anwendungsbezogenen Lernens, dass die Komplexität der Medizin aufgreift, Verknüpfungen und Zusammenhänge im Gesamten erfasst, reduziert werden. Nach Aussage der Goethe-Universität Frankfurt bereitet der Fachbereich Medizin die Studierenden durch die Single-Choice-Prüfungen sowie durch Objective Structured Clinical Examinations (OSCE) auf die drei Teile der Ärztlichen Prüfung (Staatsexamen) vor. Die drei Teile unterscheiden sich wie folgt: Der Erste Abschnitt der Ärztlichen Prüfung findet nach Abschluss des vorklinischen Studienabschnitts schriftlich (Single-Choice) und mündlich statt. Hierauf werden die Studierenden durch die Gestaltung der Erfolgskontrollen vorbereitet. In den Fächern Physiologie, Anatomie und Biochemie finden während des Semesters mündliche Prüfungen statt, in denen die Studierenden Punkte sammeln, die dann mit den Punkten der schriftlichen Erfolgskontrolle verrechnet werden . Ein Bestehen ist also immer nur in der Kombination mündlich/schriftlich möglich. Diese Fächer werden auch im Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung sowohl schriftlich als auch mündlich geprüft. Die anderen Prüfungsfächer sind Chemie, Physik, Biologie und Medizinische Psychologie und Soziologie. Der Zweite Abschnitt der Ärztlichen Prüfung findet nach Abschluss des klinischen Studienabschnitts statt. Er ist rein schriftlich (Single-Choice, Fallbearbeitungen, Zuordnungsaufgaben). Die Studierenden werden auch hierauf mit den schriftlichen und auch mündlichen Erfolgskontrollen im klinischen Studienabschnitt vorbereitet. Die Semesterabschlussklausuren prüfen zwischen 8 und 12 Fächer an einem Tag, wie es dann auch zum Abschluss des Zweiten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung der Fall ist. Zusätzlich werden im Rahmen der OSCEs die Fähigkeiten der Studierenden in Anamnese, Diagnostik, praktischen Fertigkeiten sowie Therapieempfehlungen und Übergaben überprüft. Dieses Prüfungsformat sowie Erfolgskontrollen im Bereich der Falldarstellungen und Fallbearbeitungen sind stark anwendungsbezogen und integrieren die Komplexität der medizinischen Ausbildung bereits sehr gut. Der Dritte Abschnitt der Ärztlichen Prüfung steht am Ende des Praktischen Jahres und überprüft ganzheitlich mündlich-praktisch am Patienten das Wissen und die Kompetenzen der Studierenden , die aus der praktischen Arbeit in den Krankenhäusern kommen. Laut der Justus-Liebig-Universität Gießen ist es das Ziel guter schriftlicher Prüfungen, durchaus auch im Multiple-Choice-Format bzw. dessen Weiterentwicklungen, die Feststellung von reinem Faktenwissen durch die Überprüfung von Begründungswissen und Handlungswissen abzu- Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6022 3 lösen. Dies erfordert eine deutliche Mehrarbeit, da komplexere Fragen und Antwort- Möglichkeiten (z.B. long list) erstellt werden müssen. Die Justus-Liebig-Universität Gießen hat diese Prozesse bereits initiiert. Die Philipps-Universität Marburg teilt mit, dass sie neben dem Angebot an schriftlichen Single-, Multiple-Choice- und Short-Answer-Prüfungen, Hausarbeiten und Referaten vermehrt auf strukturierte mündliche klinisch-theoretische und klinisch-praktische Prüfungen sowohl in formativer als auch summativer Form (Beobachtungen, OSCE und Mini-CEX (Mini Clinical Evaluation Exercise)) setzt, mit denen sowohl die regelmäßige Selbstkontrolle des Lernfortschritts für die Studierenden als auch die Beurteilung durch die Lehrenden/Prüfenden ermöglicht wird. Frage 3. Wie findet qualifizierte Lehre am Krankenbett statt? Die ÄApprO sieht in § 2 Abs. 3 die Gesamtstundenzahl in Höhe von 476 Stunden für den Unterricht am Krankenbett (UaK) vor. Bei der praktischen Unterweisung am Patienten entfällt die Hälfte der Unterrichtszeit (238 Stunden) auf den Unterricht mit Patientenuntersuchung, d.h. mit direkter Tätigkeit der Studierenden im Bereich der Behandlungs- und Untersuchungsmethoden unter Aufsicht eines Lehrenden in Dreiergruppen. Die andere Hälfte der Unterrichtszeit entfällt auf den Unterricht am Krankenbett in Form der Patientendemonstration, d.h. mit Demonstration der Behandlungs- und Untersuchungsmethoden durch den Lehrenden für eine Gruppe von bis zu sechs Studierenden. Hierbei wird besondere Rücksicht auf die Belastbarkeit des Patienten genommen und nur geeignete Patienten (mit laut Vorgaben benötigtem Erkrankungsbild ) für den Unterricht ausgewählt. Unterricht am Krankenbett schließt ambulante und teilstationäre Patienten aus. Den Kontakt mit diesen größeren Patientengruppen haben die Studierenden in den Blockpraktika-Zeiten außerhalb des Unterrichts am Krankenbett. Die Goethe-Universität Frankfurt hat ergänzend darauf hingewiesen, dass, ähnlich dem zur Erfassung von erworbenen Fertigkeiten bestimmten Logbuch im Praktischen Jahr, Testathefte existieren, die den Studierenden und Lehrenden Richtlinien bieten, welche Tätigkeiten wie oft durch wen durchgeführt oder beobachtet (UaK-Demo) werden müssen. Die Vollständigkeit der Testathefte wird zum Ende der Blockpraktika überprüft. Laut der Justus-Liebig-Universität Gießen wird als sehr wichtig angesehen, dass Studierende bereits vor dem Praktischen Jahr an der realen Krankenversorgung im Rahmen des patientennahen Unterrichtes teilhaben können. Dies erfordert dann oftmals ein Betreuungsverhältnis von 1-2 Studierenden pro Lehrperson. Auch wenn dieses Lehrformat in der ÄApprO bisher nicht explizit vorgesehen ist, ebenso wenig wie Unterricht im Simulationsbereich, setzt die Justus-Liebig- Universität Gießen auf diese praktischen Anteile. Die Philipps-Universität Marburg hat mitgeteilt, es werde darauf geachtet, dass die Studierenden von erfahrenen Ärzten angeleitet und beobachtet werden. Während beim Unterricht am Krankenbett im 1. klinischen Studienjahr die Anamnese und körperliche Untersuchung im Mittelpunkt stehen, wird, darauf aufbauend, in den folgenden beiden Studienjahren der Fokus der Ausbildung stärker auf Differentialdiagnostik und Therapie gelenkt. Vor und nach dem Patientenkontakt findet eine fallbezogene Einweisung durch den Dozenten und eine gemeinsame Nachbesprechung und Reflexion statt, in der die Studierenden Gelegenheit erhalten, offene Fragen zu klären und der Dozent auf individuelle Stärken und Schwächen der Studierenden im Hinblick auf ihre praktischen Fertigkeiten und auf vorhandenes theoretisches Wissen eingeht. Frage 4. Wie werden die unterschiedlichen Praktika und Praxiseinsätze begleitet? Gemäß Mitteilung der Goethe-Universität Frankfurt werden die Praktika durch qualifizierte lehrende Ärzte, in den Praxen des Blockpraktikums Allgemeinmedizin durch akkreditierte Lehrärzte durchgeführt. Die Betreuungs- und Unterstützungsangebote sind vielfältig. Die Lehrkoordinatoren und Unterrichtsbeauftragten überprüfen regelmäßig, ob alle geforderten Themen unterrichtet werden. Zu jeder Lehrveranstaltung mit patientennahem Unterricht gehören laut der Justus-Liebig- Universität Gießen vorbereitende Vorlesungen, begleitende oder vorbereitende Seminare und praktische Übungen im Simulationszentrum. In einzelnen Fächern wird dies durch fachbezogene Logbücher unterstützt. Hierdurch wird eine möglichst hohe Lehrqualität gefördert. Ziel ist es, durch eine gute Vorbereitung den Lernerfolg zu erhöhen und gleichzeitig die Belastung für die Patienten so niedrig wie möglich zu halten. 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6022 Nach Angaben der Philipps-Universität Marburg findet der Unterricht in vorklinischen und klinisch -theoretischen Praktika im Betreuungsverhältnis 1:15 unter Einbeziehung studentischer Tutoren statt, die spezifisch vom Praktikumsleiter für ihre Aufgabe geschult wurden. Darüber hinaus besteht für die Studierenden die Möglichkeit, die in curricularen Veranstaltungen erlernten praktischen Kompetenzen und ärztlichen Fertigkeiten in freiwilligen Tutorien zu trainieren, die im vorklinischen Lern- und Tutorienzentrum (lutz) und im klinischen Marburger Simulations-, Lehr- und Lernzentrum (MARIS) zahlreich, auch fächerübergreifend, angeboten werden. Frage 5. Wie oft finden Lehrvisiten statt? Die Universitäten haben zur Häufigkeit der Lehrvisiten folgendes mitgeteilt: Während der Blockpraktika laufen die Studierenden der Goethe-Universität Frankfurt bei Visiten mit und bekommen zusätzlich Seminare, in denen einige Untersuchungsergebnisse und diagnostische Besonderheiten speziell für die Studierenden aufgearbeitet und mit ihnen durchgesprochen werden. Explizite Lehrvisiten mit mehreren Studierenden der Justus-Liebig-Universität Gießen finden weit überwiegend im Praktischen Jahr statt, vereinzelt auch in den Blockpraktika. Die Häufigkeit variiert im Praktischen Jahr zwischen den einzelnen Fächern, in der Regel finden Lehrvisiten ein- bis zweimal pro Woche statt. Insbesondere im Wahltertial des Praktischen Jahres werden die Studierenden oftmals in den klinischen Alltag integriert, sodass die täglichen Visiten immanent einen deutlichen Lehrcharakter besitzen. An der Philipps-Universität Marburg sind Lehrvisiten breit in den klinischen Studienabschnitt und das Praktische Jahr integriert und finden, dem jeweiligen Unterrichtsformat angepasst, in regelmäßigen Abständen (bis zu fünfmal pro Woche) statt. Frage 6. Wer übernimmt Unterricht am Bett mit wie vielen Studierenden und wie lange (Zeitkontingent)? a) Wie wird gewährleistet, dass der Unterricht ohne Störungen (Telefon, Patientenversorgung etc.) stattfindet? b) Wie findet die Vor- und Nachbereitung statt? Wird dafür ein Zeitkontingent zur Verfügung gestellt bzw. gibt es diesbezüglich die Möglichkeit zur Freistellung (wie wird das an welchen Universitäten umgesetzt)? Zu Frage 6: Es wird auf die Beantwortung der Frage 3 verwiesen. Ergänzend teilt die Justus-Liebig-Universität Gießen mit, dort werde angestrebt, den patientennahen Unterricht von möglichst gut ausgebildeten Ärztinnen und Ärzten entsprechend dem Anforderungsprofil der Lehrveranstaltung durchführen zu lassen. Dies führt z. B. im Blockpraktikum Pädiatrie (5. klinisches Semester, Praktikumssemester) dazu, dass wesentliche Teile des patientennahen Unterrichtes von Professorinnen und Professoren bzw. Oberärztinnen und Oberärzten abgehalten werden. Zu Frage 6 a: Die Goethe-Universität Frankfurt hat mitgeteilt, dass die Lehrenden speziell für die Aufgabe der Lehre freigestellt werden. Patientenversorgung zählt zur Ausbildung beim Unterricht am Krankenbett, ist also keine Störung sondern notwendige Aufgabe. Diese Lehrveranstaltungen werden laut der Justus-Liebig-Universität Gießen so geplant, dass Störungen soweit wie möglich vermieden werden (z.B. Abbildung in Dienstplan). Allerdings sind trotz sorgfältiger Planung Konkurrenzsituationen zwischen Krankenversorgung und Unterricht immer wieder zu beobachten; hiervon sind vor allem operativ tätige Fächer und Fächer mit Notfallversorgung betroffen. Zur Überbrückung von Engpässen werden in solchen Fällen dann Kleingruppen zusammengelegt. Zur Sicherung der Lehrqualität des patientennahen Unterrichtes und insbesondere der gesamten Blockpraktika, hat deshalb der Fachbereich Medizin vor drei Semestern eine spezifische studentische Lehrevaluation eingeführt, die insbesondere auch dezidiert die direkt beim Patienten verbrachte Lehrzeit dokumentiert. Mit Hilfe dieses Instrumentes können Schwachstellen der Lehrorganisation aufgedeckt und Verbesserungen implementiert und überwacht werden. Sofern ärztliche Dozentinnen oder Dozenten für Lehraufgaben von der Krankenversorgung nicht halb- oder tageweise freigestellt ist, sind diese laut der Philipps-Universität Marburg für den zu erbringenden Unterricht und Aufgaben in der Lehrvorbereitung und -koordination im Dienstplan mit Pufferzeiten zu berücksichtigen. Die Lehrbeauftragten sind ausdrücklich angehalten , ihre Diensttelefone während des Unterrichts abzulegen, auszuschalten oder umzuleiten. Zu Frage 6 b: Die Goethe-Universität Frankfurt hat mitgeteilt, dass während der Blockpraktika für die Studierenden mehrerer Stationen gemeinsamer Unterricht zur Vorbereitung der für den Tag und die Woche anstehenden Themen und Untersuchungen an Patienten stattfindet. Dafür Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6022 5 steht das gesamte Zeitkontingent außerhalb des Unterrichts am Krankenbett (Demonstration und eigene Leistung) zur Verfügung. Die Ärzte werden für die Lehre eingeteilt und sind dann auch für die Studierenden im zugeteilten Zeitraum zuständig. Im Praktischen Jahr gibt es die Möglichkeit der Studienzeiten von fünf Stunden pro Woche, die in der Regel in den Lehrkrankenhäusern genommen werden sollen. In beiden Fällen haben die Studierenden auf den jeweiligen Stationen auch die Möglichkeit, die anwesenden Ärztinnen und Ärzte zu befragen und auch noch einmal die Patientenunterlagen zu betrachten. Die vorgesehenen Zeitkontingente für den patientennahen Unterricht in den einzelnen Fächern sind laut der Justus-Liebig-Universität Gießen dezidiert in den Anlagen zur Studienordnung festgehalten. Dieser Lehrumfang dient als Grundlage für die Zuweisung der Personalbudgets. Zu diesen Zeitkontingenten der Präsenz-Lehre sind entsprechend dem Anrechnungsfaktor einer Lehrveranstaltung (1 für Vorlesung und Seminar; 0,5 für Praktikum und Unterricht am Krankenbett ) Zeitkontingente für die Vor- und Nachbereitung vorgesehen. Vor- und Nachbereitungszeiten für das zu erbringende Lehrdeputat werden nach Auskunft der Philipps-Universität Marburg entsprechend der Vorgaben der Lehrverpflichtungsverordnung im Arbeitszeitkontingent berücksichtigt. Frage 7. In der Drucks. 19/4639 des Hessischen Landtags heißt es: "Es ist bekannt, dass es in der Ausbildung im Praktischen Jahr ein großes Spannungsfeld gibt. Studierende lernen hier den beruflichen Alltag in behüteter Form kennen, denn sie sollen lernen, selbstständig zu handeln und zu entscheiden , dürfen aber ohne Aufsicht keine Handlungen am Patienten durchführen. Dies entspricht den Regelungen zum Patientenschutz. Der Klinikalltag jedoch ist nach Abschluss des Studiums oft ein anderer." Wie wird auf den Klinikalltag, der "oft ein anderer ist" vorbereitet und wie will die Landesregierung gemeinsam mit den Universitäten dafür Sorge tragen, dass das Spannungsfeld geringer wird und Studierende auf diesen Klinikalltag noch besser vorbereitet werden? Gemäß § 3 Abs. 4 ÄApprO sollen die Studierenden im Praktischen Jahr entsprechend ihrem Ausbildungsstand unter Anleitung, Aufsicht und Verantwortung des ausbildenden Arztes ihnen zugewiesene ärztliche Verrichtungen durchführen. In der Beantwortung der Kleinen Anfrage 19/4693 vom Mai 2017, auf die sich der Fragetext bezieht, wurden bereits die vielfältigen Bemühungen und konkreten Angebotsformate der medizinführenden hessischen Universitäten dargelegt, durch die eine fachkundig betreute und umfassende Vorbereitung auf den Klinikalltag ermöglicht werden soll. Ergänzend dazu nehmen die angefragten Universitäten wie folgt Stellung: Der Fachbereich Medizin der Goethe-Universität Frankfurt greift derzeit die Nachfrage der Studierenden nach realen Trainingsszenarien für diese sehr frühe Phase des Berufslebens auf und initiiert ein Projekt im Rahmen des Frankfurter interdisziplinären Simulationstrainings (FIneST) im neuen Lehr-, Lern- und Prüfungszentrum Medicum, gefördert durch die fachbereichsinternen Fördermittel zur Verbesserung der Lehre. In diesem geplanten Projekt "Nachtschicht" werden zwei Studierende als Stationsärzte in der Simulationsstation verschiedene, im Krankenhausalltag bei einer Nachtschicht entstehenden Notfall- und Komplikationenszenarien aus den Bereichen Chirurgie , Innere Medizin, Pädiatrie und Neurologie zu bewältigen haben. Das Erlernte wird im Feedback mit Dozenten und anderen Studierenden des Kurses "Nachtschicht" bearbeitet. Eine noch umfänglichere Vorbereitung im Praktischen Jahr ist unter den Auflagen des Patientenschutzes nicht möglich. Eigenständige Tätigkeiten an den Patienten ohne Aufsicht durch einen Arzt kann haftungsrechtlich nicht verantwortet werden. Die Studierenden haben ihre letzte Prüfung noch nicht bestanden, ihre Approbation noch nicht erhalten. Sie können nicht ohne Aufsicht handeln. Auch nach Erlangung der Approbation lernen Assistenzärztinnen und Assistenzärzte immer noch unter Aufsicht in der Facharztausbildung. Sie können bei schwierigen Fällen die Oberärzte um Rat fragen. Die Justus-Liebig-Universität Gießen hat hierzu mitgeteilt, dass eine möglichst intensive Einbeziehung der/des einzelnen PJ-Studierenden in das klinische Team mit der stufenweisen, supervidierten Zuordnung von ärztlichen Aufgaben entscheidend ist. Je besser diese Integration erreicht wird, desto besser sind die Absolventinnen und Absolventen auf die spätere klinische Tätigkeit vorbereitet. Durch die genannten praktischen Anteile im gesamten Studium ist die Justus- Liebig-Universität Gießen bemüht, Studierende bestmöglich auf die späteren beruflichen Anforderungen vorzubereiten. 6 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6022 Wie die Philipps-Universität Marburg darlegt, werden ihre Studierende während ihrer Ausbildung im Praktischen Jahr zu selbstständigem ärztlichen Entscheiden und Handeln ausgebildet und im Rahmen der derzeitigen rechtlichen Möglichkeiten in die Lage versetzt, dies im Klinikalltag umsetzen zu können. Dabei wird seit einigen Jahren erfolgreich regelmäßige Mini-CEX als Feedback-Instrument für den klinischen Alltag in der PJ-Ausbildung eingesetzt. Darüber hinaus wird der Arbeitgeber in der Pflicht gesehen, die ärztlichen Berufsanfänger als solche wahrzunehmen und diesen nicht zuletzt mit einem angemessenen Personal-/Stellenplan in der Klinik oder in der Praxis die notwendigen Bedingungen für einen erfolgreichen Berufseinstieg und die berufliche Weiterentwicklung zu gewährleisten. Wiesbaden, 1. März 2018 Boris Rhein