Kleine Anfrage des Abg. Hahn (FDP) vom 15.02.2018 betreffend Kassenkredite der Kommunen und deren nicht rechtmäßige Verwendung und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung der Fragesteller: Im Zusammenhang mit der Einführung der Hessenkasse ist landauf, landab das Thema Kassenkredite und deren Verwendung auf die Tagesordnung gerutscht. Insbesondere wurde allerorten festgestellt, dass durch Kommunen entweder selbst oder aber für in ihrer Verantwortung befindliche Unternehmen wie Krankenhäuser und Energieversorger Kassenkredite auch für Investitionsmaßnahmen genutzt worden sind. Vorbemerkung des Ministers des Innern und für Sport: Mit der geplanten Einführung der Hessenkasse auf Grundlage des Gesetzentwurfs (Drucks. 19/5957) wird das Ziel einer umfassenden Entschuldung von Kassenkrediten in den Kernhaushalten der Kommunen verfolgt. Jedoch werden solche Kassenkredite nicht abgelöst, die zur Vorfinanzierung kommunaler Investitionen dienen bzw. gedient haben. Diese gelten im Sinne der Hessenkasse als sog. unechte Kassenkredite. Diese zur Vorfinanzierung genutzten Kassenkredite sind stattdessen in langfristige Investitionskredite gemäß § 103 HGO umzuschulden. In den zwischenzeitlich über 230 stattgefundenen Gesprächen im Hessischen Ministerium der Finanzen (HMdF) unter Beteiligung des Innenministeriums und der Aufsichtsbehörden wurden die Kommunen hierauf ausdrücklich hingewiesen . Kommunen, die am Entschuldungsprogramm der Hessenkasse teilnehmen möchten, haben bis zum 30.04.2018 einen schriftlichen Antrag an das HMdF zu richten und die echten und ablösungsfähigen Kassenkredite von den unechten Kassenkrediten zu unterscheiden. Das jeweils zuständige Rechnungsprüfungsamt prüft den Kassenkreditbestand der Kommunen, die eine Kassenkreditentschuldung beantragt haben, zu dem für die Ablösung relevanten Stichtag zum 30.06.2018. Die Prüfung umfasst die Höhe und Verwendung der Kassenkredite sowie deren Notwendigkeit zur Sicherstellung der Liquidität. Dadurch wird gewährleistet, dass keine für die Vorfinanzierung von Investitionen eingesetzte Kassenkredite von der Hessenkasse übernommen werden. Mit den begleitenden Änderungen der Vorschriften zum kommunalen Haushaltsrecht soll insbesondere durch eine Verschärfung der Bestimmungen zur Aufnahme von Kassenkrediten einer erneuten Kassenkreditverschuldung wirkungsvoll begegnet werden. Diese Vorbemerkungen vorangestellt beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister für Finanzen wie folgt: Frage 1. Wann ist der Kommunalaufsicht erstmals aufgefallen, dass Landkreise bzw. Kommunen Kassenkredite für Investitionsmaßnahmen nutzen? Frage 2. Welche Konsequenzen hat die Landesregierung aus dieser ja wohl nicht rechtmäßigen Verwendung von Kassenkrediten gezogen? Die Fragen 1 und 2 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Kassenkredite dienen nach § 105 Abs. 1 HGO zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit der Kommunen. Kassenkredite dienen nicht zur endgültigen Finanzierung von Investitionsauszahlungen . Zur Finanzierung von Investitionen stehen den Kommunen die Investitionskredite nach § 103 HGO zur Verfügung. Ungeachtet dessen ist es aber rechtlich zulässig, Kassenkredite zur Eingegangen am 12. April 2018 · Bearbeitet am 12. April 2018 · Ausgegeben am 17. April 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/6061 12. 04. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6061 Vorfinanzierung von Investitionen zu verwenden. Die Durchführungsvorschriften des Innenministeriums zu § 105 HGO (Nr. 6) lauten: Kassenkredite dürfen in begründeten Fällen auch für die rechtzeitige Leistung von Auszahlungen für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen aufgenommen werden (Zwischenfinanzierung ), wenn der Zinssatz für Kassenkredite geringer ist als der für Investitionskredite. Die Verwendung von Kassenkrediten zur Vorfinanzierung von Investitionen ist insbesondere unter Beachtung der Grundsätze Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ökonomisch sinnvoll. Da die Zinssätze für kurzfristig orientierte Kassenkredite i.d.R. niedriger sind als die für langfristig orientierte Investitionskredite, ermöglicht eine Vorfinanzierung von Investitionen über Kassenkredite das Ausschöpfen von Zinsvorteilen. Vor diesem Hintergrund ist die Verwendung von Kassenkrediten zur Vorfinanzierung von Investitionen rechtlich zulässig und damit ausdrücklich nicht rechtsmissbräuchlich. Nach Abschluss einer Investitionsmaßnahme und Leistung aller Auszahlungen sind zu deren Vorfinanzierung verwendete Kassenkredite in Investitionskredite umzuwandeln. Die Aufsichtsbehörden werden darauf achten, dass diese Umschuldung auch tatsächlich umgesetzt wird. Frage 3. Bei welchen Kommunen (Landkreise und Städte und Gemeinden) wurden im Zusammenhang mit der Haushaltsgenehmigung die Verwendung von Kassenkrediten für Investitionsmaßnahmen negativ angesprochen? Die Haushaltssatzung einer Kommune unterliegt in Teilen der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde . Die genehmigungsbedürftigen Teile sind der Gesamtbetrag der Verpflichtungsermächtigungen (§ 102 Abs. 4 HGO), der Gesamtbetrag der Investitionskredite (§ 103 Abs. 2 HGO) sowie der Höchstbetrag der Kassenkredite (§ 105 Abs. 2 HGO). Im Rahmen des Verfahrens der Genehmigung der genehmigungsbedürftigen Teile der Haushaltssatzung prüfen die Aufsichtsbehörden unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in erster Linie, ob der Gesamtbetrag der Investitionskredite mit der Summe der anderweitig nicht finanzierten Investitionsauszahlungen vereinbar ist und der Höchstbetrag der Kassenkredite mit dem Saldo der nichtinvestiven Ein- und Auszahlungen vereinbar sind. Sollte eine Aufsichtsbehörde bei Bewertung der von einer Kommune vorgelegten Haushaltsunterlagen zu dem Ergebnis kommen, dass zur endgültigen Finanzierung von Investitionen Kassenkredite herangezogen werden sollen, beschränkt sich die Genehmigung des Höchstbetrages der Kassenkredite auf das rechtlich zulässige Maß. Frage 4. Ist die subjektive Feststellung richtig, dass gerade im Bereich von kommunalen Krankenhäusern Kassenkredite für Investitionsmaßnahmen genutzt wurden? Für kommunale Krankenhäuser sind die für die Kernhaushalte geltenden Regelungen und Prinzipien zu Investitions- und Kassenkrediten entsprechend anzuwenden. Dies ergibt sich aus § 115 Absatz 3 HGO, wonach auf Sondervermögen u.a. die Vorschrift des § 105 HGO sinngemäß anzuwenden ist. Der Grund hierfür liegt darin, dass Kreditaufnahmen für Sondervermögen nicht über den Haushalt geleitet, sondern direkt im Haushalt bzw. Wirtschaftsplan und im Rechnungswesen des Sondervermögens ausgewiesen und abgewickelt werden. Von daher ist es seitens der Kommunalaufsichtsbehörden nicht zu beanstanden, wenn auch von kommunalen Krankenhäusern Kassenkredite für die Vorfinanzierung von Investitionsmaßnahmen verwendet werden . Frage 5. Wenn ja, war dies sogar Bestandteil von Finanzierungsberechnungen im Hinblick auf Fördermaßnahmen durch das Land Hessen? Soweit für Fördermaßnahmen Förderrichtlinien erlassen worden sind, wird darin i.d.R. geregelt , dass Kommunen die Finanzierung des entsprechenden Vorhabens darzulegen haben. Im Hinblick auf das Prinzip der Fristkongruenz, aus dem heraus langfristig zu nutzendes Vermögens aus Investitionsvorhaben auch langfristig finanziert werden sollte, wäre es nicht vertretbar, Investitionen über Kassenkredite zur finanzieren. Wiesbaden, 23. März 2018 In Vertretung: Werner Koch