Kleine Anfrage der Abg. Rock (FDP) vom 13.02.2018 betreffend Förderung der Energiegenossenschaft Reinhardswald als Projekt der Interkommunalen Zusammenarbeit und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung des Fragestellers: Die Hessisch-Niedersächsische Allgemeine (HNA) berichtete in der Ausgabe vom 22. Januar 2018 von der anstehenden Übergabe eines Bewilligungsbescheides durch Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke in Höhe von 100.000 € an die Energiegenossenschaft Reinhardswald für "vorbildliche Interkommunale Zusammenarbeit ". Die Energiegenossenschaft Reinhardswald (EGR) beabsichtigt 20 Windindustrieanlagen im nördlichen Reinhardswald zu errichten. Die EGR ist ein Zusammenschluss von nordhessischen Kommunen und einem privaten Investor. Ursprünglich gehörten neun Kommunen der EGR an. Von den neun kommunalen Gesellschaften sind bisher fünf, konkret Bad Karlshafen, Hofgeismar, Oberweser, Reinhardshagen und Wahlsburg, durch Beschlüsse der Gemeindevertretungen und Stadtverordnetenversammlungen aus dem Projekt ausgestiegen , weil sie enorme wirtschaftliche Risiken befürchten und die Akzeptanz des Windkraftausbaus innerhalb der Bürgerschaft nicht mehr vorhanden sei. Die Region Reinhardwald wird touristisch u.a. mit folgenden Beschreibungen vermarktet: "Hier finden Sie alles, was einen perfekten Urlaubsaufenthalt ausmacht. Ob in der wunderschönen Natur oder den romantischen Städten - überall stoßen Sie dabei auf die Spuren berühmter Märchenmotive der Brüder Grimm." Die Interkommunale Zusammenarbeit (IKZ) wird vom Land Hessen laut "Rahmenvereinbarung zur Förderung der Interkommunalen Zusammenarbeit" des hessischen Innenministeriums (zu Letzt geändert am 1. Dezember 2016) gefördert, weil die Zukunftsfähigkeit der Verwaltungsstrukturen zahlreicher Gemeinden von einer Zusammenführung ihrer Verwaltungen abhängig sei. Die IKZ-Förderung erfolgt aus Mitteln des Landesausgleichsstocks. Förderfähig ist die interkommunale Zusammenarbeit im Bereich der laufenden Verwaltung (u.a. Finanzverwaltung, Rechnungswesen, Haupt- und Personalangelegenheiten, Ordnungswesen, Bauverwaltung) sowie der sozialen Daseinsvorsorge (u.a. Feuerwehr , Sportanlagen, Tourismus- und Wirtschaftsförderung, Breitbandversorgung und demografische Entwicklung ). Die interkommunale Zusammenarbeit dürfe nicht auf unwesentliche Bereiche beschränkt sein und müsse auf eine Dauer von mindestens fünf Jahren angelegt werden. Ferner müsse ein Effizienzgewinn durch die Zusammenarbeit von mindestens 15 % erzielt werden. Vorbemerkung des Ministers des Innern und für Sport: Die Landesregierung misst der Interkommunalen Zusammenarbeit eine besonders hohe Bedeutung zu. Auf der Grundlage des seit dem Jahr 2004 bestehenden und regelmäßig evaluierten Förderprogramms können alle hessischen Städte, Gemeinden und Kreise finanzielle Zuwendungen erhalten. Die Förderbereiche wurden kommunalfreundlich gestaltet. Grundsätzlich sind mittlerweile fast sämtliche Bereiche des kommunalen Handelns im Rahmen interkommunaler Kooperationen förderfähig. Die einzelnen Anerkennungskriterien ergeben sich aus dem Förderprogramm , der sog. Rahmenvereinbarung zur Förderung der Interkommunalen Zusammenarbeit , zuletzt geändert am 2. Dezember 2016. Danach sind alle hessischen Kommunen antragsberechtigt . Für die Zusammenarbeit können sich die Kommunen öffentlich-rechtlicher wie auch privatrechtlicher Organisationsformen bedienen. Die Stadt Grebenstein hat mit Schreiben vom 18. Juli 2017 eine Förderung für die Zusammenarbeit mit den Städten Immenhausen und Trendelburg sowie der Gemeinde Fuldatal nach der Rahmenvereinbarung beantragt. Die vier Kommunen haben sich mit einem privaten Mitglied zusammengeschlossen und die Energiegenossenschaft Reinhardswald eG zur Entwicklung von Windkraftanlagen im Reinhardswald gegründet. Die interkommunale Zusammenarbeit in der Energiegenossenschaft ermöglicht es den Kommunen Projekte im Bereich der regenerativen Energien in der Region zu entwickeln und zu realisieren. Eingegangen am 12. April 2018 · Bearbeitet am 12. April 2018 · Ausgegeben am 17. April 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/6066 12. 04. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6066 Die Bewilligung erfolgte, nachdem ein Nutzungsvertrag mit dem Eigentümer Hessen-Forst am 04. Juli 2017 abgeschlossen wurde. Einwendungen gegen eine Förderung wurden von Seiten der kommunalen Spitzenverbände sowie den zuständigen Aufsichtsbehörden nicht vorgebracht. Grundsätzlich ist zu bemerken, dass für die Kommunalaufsicht perspektivische, ökonomische oder soziale Auswirkungen kommunaler Entscheidungen dann keine Rolle spielen, wenn das Zustandekommen entsprechender Beschlüsse rechtskonform verlaufen ist und die finanzielle Leistungsfähigkeit der jeweiligen Gebietskörperschaft offenkundig nicht überschritten wird. Mit Bescheid vom 29. Dezember 2017 wurde der Stadt Grebenstein - nicht der Energiegenossenschaft Reinhardswald eG - für die Zusammenarbeit mit drei weiteren Kommunen im Bereich der erneuerbaren Energien eine Zuweisung in Höhe von 100.000 € bewilligt. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung und der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wie folgt: Frage 1. Ist es nach Ansicht der Landesregierung zulässig und üblich, dass Privatpersonen Gesellschafter von Einrichtungen sind, die von Zuwendungen des Landes im Rahmen der Förderung der Interkommunalen Zusammenarbeit profitieren? Gemäß der Rahmenvereinbarung zur Förderung der Interkommunalen Zusammenarbeit sind alle nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit (KGG) vorgesehenen Rechtsformen förderungsfähig. An der Form der kommunalen Arbeitsgemeinschaft und an der des Zweckverbandes können auch sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie natürliche Personen und juristische Personen des Privatrechts beteiligt werden . Des Weiteren sind nach der Rahmenvereinbarung ausdrücklich auch Kooperationen zulässig , die sich der Rechtsform des Privatrechts (z.B. Verein, BGB-Gesellschaft, GmbH, Genossenschaft ) bedienen. Nach einer im Zuge des "Hessischen Energiegipfels" erfolgten Rechtsänderung der Hessischen Gemeindeordnung ist hessischen Kommunen die wirtschaftliche Betätigung im Bereich der erneuerbaren Energien im regionalen Umfeld explizit in den Formen der interkommunalen Zusammenarbeit gestattet. Die rechtlich zulässige Beteiligung von Privatpersonen an den jeweiligen Organisationsformen ist kein Ausschlussgrund für eine IKZ-Förderung. Die Zuwendungen nach der Rahmenvereinbarung werden nur kommunalen Gebietskörperschaften gewährt. Frage 2. Wie bewertet die Landesregierung den Umstand, dass die Mehrheit der kommunalen Gesellschafter der EGR die Genossenschaft aufgrund enormer wirtschaftlicher Risiken und fehlender Akzeptanz der Windkraft in der Bürgerschaft das Projekt verlassen hat bzw. die kommunalen Abgeordneten mehrheitlich für den Ausstieg stimmten? Gegenstand der beantragten Förderung ist die Zusammenarbeit der Kommunen Fuldatal, Grebenstein , Immenhausen und Trendelburg in der Energiegenossenschaft Reinhardswald eG. Eine von mehreren Anerkennungsvoraussetzungen nach der Rahmenvereinbarung ist die Bildung eines Kooperationsverbundes von in der Regel drei Kommunen. Mit der Zusammenarbeit von vier Kommunen ist diese Fördervoraussetzung erfüllt. Aus welchen Gründen weitere mögliche Kommunen einem IKZ-Projekt nicht beitreten, ist für die Förderfähigkeit nicht relevant. Frage 3. Wie bewertet die Landesregierung die wirtschaftlichen Risiken für die vier Kommunen, den Bau der geplanten Windkraftanlage im Rahmen der EGR weiter voranzutreiben? Eine Bewertung kann von der Landesregierung nicht vorgenommen werden. Das Recht der Kommunen auf wirtschaftliche Betätigung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zählt zum Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung. Mit der Einführung des § 121 Abs. 1 a HGO wurde den Kommunen die Betätigung im Bereich der erneuerbaren Energien erleichtert. Die aus solchen wirtschaftlichen Betätigungen entstehenden finanziellen Risiken unterliegen vollumfänglich den durch die Kommune getroffenen Grundsatzentscheidungen und sind aufsichtsrechtlich nur dann relevant, wenn die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommune hierfür nicht gegeben ist. Im Übrigen hat der Gründung einer Gesellschaft nach § 121 Abs. 6 HGO eine Markterkundung vorauszugehen, die den gemeindlichen Beschlussorganen vor ihren abschließenden Entscheidungen vorgelegt wird und mit der sie Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6066 3 umfassend über die Chancen und Risiken der beabsichtigten unternehmerischen Betätigung unterrichtet werden. Frage 4. Warum entspricht die IKZ-Förderung der Energiegenossenschaft durch das Land den Förderrichtlinien des hessischen Innenministeriums, obwohl die in den Richtlinien genannten Förderkriterien, insbesondere eine Zusammenarbeit in wesentlichen Bereichen der allgemeinen laufenden Verwaltung und/oder der sozialen Daseinsvorsorge nicht erfüllt werden? Die dezentrale Erzeugung und Nutzung erneuerbarer Energien ist Teil der kommunalen Daseinsvorsorge und der kommunalen Infrastruktur und fällt unter den förderungsfähigen Aufgabenbereich nach Ziffer 3.2 Buchst. b) der Rahmenvereinbarung. Kommunen können daher bei der Weiterentwicklung und dem Ausbau von gemeinsamen Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien Zuwendungen erhalten. Vergleichbare Projekte wie die Lahn-Dill-Bergland Energie GmbH (Antragsteller und Zuwendungsempfänger: Gemeinde Bischoffen), die Anstalt für erneuerbare Energien Rheingau-Taunus (Antragsteller und Zuwendungsempfänger: Gemeinde Heidenrod) sowie mehrere Solarparks wurden ebenfalls gefördert. Der "wesentliche Bereich" stellt auf die Breite einer Kooperation hinsichtlich des personellen und sächlichen Einsatzes in dem durchzuführenden Aufgabenbereich ab. Bei der Beurteilung des wesentlichen Bereiches wurde insbesondere der finanzielle Gesamtaufwand des Projektes (Kosten - und Planungsaufwand) für mindestens fünf Jahre und die Anzahl der Mitarbeiterstellen betrachtet . Im Vordergrund der Förderung steht nicht die wirtschaftliche Betätigung, sondern die gemeinsame Bewältigung von Anlauf-, Einrichtungs- und Umstellungsprozessen. Der Umfang der Aufgaben in den Bereichen Projektmanagement, kaufmännische und technische Betriebsführung , der bei einer einzelnen Kommune zu bewältigen wäre, lässt sich als wesentlich einstufen. Frage 5. In welcher Weise haben die Zuwendungsempfänger konkret nachgewiesen, dass durch die Zusammenarbeit Effizienzgewinne von mindesten 15 % erreicht werden, obwohl die EGR ganz offenkundig neue Aufgaben wahrnimmt? Zielsetzung der Hessischen Landesregierung ist es, mit dem Förderprogramm zur Interkommunalen Zusammenarbeit die Kommunen bei der Bewältigung ihrer Aufgaben in kommunalen Verbünden zu unterstützen. In diesem Zusammenhang werden auch neue wichtige Zukunftsaufgaben , für die eine gemeinschaftliche Zusammenarbeit sinnvoll erscheint, berücksichtigt. Der nachzuweisende Effizienzgewinn von 15 % ist durch eine Gegenüberstellung der Personalund Sachkosten für jede einzelne am Projekt beteiligte Kommune und der voraussichtlich zu erwartenden Gesamtkosten bei kooperativer Aufgabenerledigung in einem gemeinsamen Verbund darzustellen. Die Gesamtkosten des Kooperationsverbundes sollen dabei mindestens 15 % niedriger ausfallen als die Summe der bisherigen Gesamtkosten bei eigenständiger Aufgabenwahrnehmung oder die Kosten, die jeder Kommune bei alleiniger Durchführung des Projektes entstanden wären. Die Stadt Grebenstein als Antragsteller hat in einer zahlenmäßigen Übersicht die geschätzten Aufwendungen für die Kommunen, die ohne den Zusammenschluss in den Bereichen Projektmanagement , kaufmännische Betriebsführung und technische Betriebsführung für die Windparkstandorte Langenberg und Farrenplatz angefallen wären den voraussichtlichen Aufwendungen im Kooperationsverbund in den genannten Bereichen gegenübergestellt. Es wurde eine Kostenreduzierung von insgesamt 330.000 € pro Jahr ermittelt, die einem Effizienzgewinn von 33 % entspricht. Frage 6. Für welche konkreten Zwecke werden die IKZ-Fördermittel durch die EGR verwendet und welcher Weise erfolgt die Kontrolle resp. der Nachweis der sachgerechten Mittelverwendung durch das Land? Die IKZ-Zuwendung in Höhe von 100.000 € an die Stadt Grebenstein wurde auf die vier kommunalen Genossenschaftsmitglieder verteilt und diente dem Erwerb von Genossenschaftsanteilen in Höhe von 25.000 €. Das private Genossenschaftsmitglied hat mit eigenen Mitteln ebenfalls Genossenschaftsanteile in Höhe von 25.000 € erworben. Innerhalb der Gesellschaft dürften die Mittel zur Finanzierung der aktuell anstehenden Projektierungsphase eingesetzt werden. Über die Verwendung der Mittel und den jährlich zu erzielenden Effizienzgewinn ist im fünften Jahr der Laufzeit der Kooperation dem Hessischen Ministerium des Innern und für Sport zu be- 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6066 richten. Sollten die Voraussetzungen der Förderung vor dem Ablauf von fünf Jahren entfallen, wird die Zuweisung ganz oder zum Teil zurückgefordert. Frage 7. Welche konkreten Gespräche hat es wann, mit wem und mit welchem Inhalt/Ergebnisse zwischen Vertretern der EGR und Beamten des Landes Hessen gegeben? Im Vorfeld der Antragstellung hat sich Herr Bürgermeister Sutor vor ca. drei Jahren telefonisch bei dem Leiter des Kompetenzzentrums für Interkommunale Zusammenarbeit über die Fördervoraussetzungen nach der Rahmenvereinbarung informiert. Im Rahmen des Antragsverfahrens hat sich Herr Bürgermeister Sutor im September 2017 mit einem Sachbearbeiter des Regierungspräsidiums Kassel über die erforderlichen Antragsunterlagen telefonisch ausgetauscht. Am 16.10.2017 hat im Gebäude des Regierungspräsidiums Kassel ein Scopingtermin stattgefunden . Seitens des Dezernats Immissions- und Strahlenschutz wurde über Art und Umfang der im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) notwendigerweise vorzulegenden Unterlagen informiert. Frage 8. Trägt nach Ansicht der Landesregierung der Bau von 20 Windindustrieanlagen im nördlichen Reinhardswald zur Verbesserung der touristischen Attraktivität der Region bei, die sich als Märchenland mit unberührter Natur, vermarktet? Die Landesregierung ist der Auffassung, dass pauschale Aussagen, der Ausbau der Windenergie wirke sich a priori negativ auf den Tourismus aus, nicht zutreffend sind. Die Entwicklung des Naturparks Reinhardswald als Wirtschafts-, Naherholungs- und Tourismusstandort im Einvernehmen mit den klima- und energiepolitischen Zielen des Landes wird positiv bewertet. Neben dem Naturerleben beeinflussen zahlreiche weitere Aspekte (z.B. Vielfalt des touristischen Angebotes , Qualität bei Infrastruktur und Dienstleistungen, Freundlichkeit im Servicebereich) die Auswahl der Destination. Diese Auffassung wird auch durch die Ergebnisse von Studien zur Befragung der Besucherinnen und Besucher in touristisch genutzten Gebieten gestützt. Die Akzeptanz der befragten Personen zum Ausbau von Windenergieanlagen wird stark von der allgemeinen Einstellung zur Windenergie beeinflusst. Mit dem Angebot "Bürgerforum Energieland Hessen" unterstützt das Land Kommunen beim Dialog zur Gestaltung der Energiewende und trägt zur Verbesserung des Kenntnisstandes und zur Versachlichung der Diskussion bei. Die Entscheidungen zu einer Energiewende und damit dem geordneten Ausstieg aus Atomkraft und fossilen Brennstoffen sind aus Sicht des Tourismus grundsätzlich begrüßenswert. Dennoch erfordern Planungsprozesse für anderweitige Versorgungssysteme eine sensible Herangehensweise und eine standortgerechte Fachdiskussion unter Einbeziehung der Bürger- und Gästeinteressen . Der Tourismus orientiert sich an relevanten Trends und Qualitätsmaßstäben. Neue Energiekonzepte, Nachhaltigkeit und Regionalität, Digitalität und Ökologie spielen hierbei eine wichtige Rolle und werden in der standortgerechten Produktgestaltung und im Landtourismusmarketing entsprechend berücksichtigt. In diesem Gesamtkontext können auch Windenergieanlagen eine positive Rolle übernehmen. Die Landesregierung geht davon aus, dass relevante Aussichtpunkte und Sichtachsen bei der Umsetzung des Vorhabens berücksichtigt werden und ein sachorientierter Dialog zu zukunftsweisenden Ergebnissen führt, die von Einheimischen und Gästen akzeptiert werden. Aus landschafts- und naturschutzrechtlicher Sicht wird ausgeführt, dass der Verein "Naturpark Reinhardswald e.V." mit seinen Gründungsmitgliedern Naturparkkommunen, Landkreis Kassel und dem Landesbetrieb Hessen Forst Anfang November 2017 die Anerkennung als zwölfter hessischer Naturpark erhalten hat. Der 44.851 Hektar große Naturpark Reinhardswald zählt zu einer der landschaftlich schönsten Regionen Deutschlands. Mit der Erklärung des Reinhardswaldes zum Naturpark trägt die Landesregierung dazu bei, die Stärkung des ländlichen Raums und die Erholungsfunktion der Region zu fördern und zu unterstützen. Der Naturpark Reinhardswald wird, wie die übrigen 11 Naturparke in Hessen ebenfalls, institutionell durch das Land Hessen gefördert. Über die institutionelle Förderung hinaus erhält der neue Naturpark Reinhardswald für eine dreijährige Startphase eine Anschubfinanzierung in Höhe von 450.000 €. So kann die Kulturlandschaft innerhalb der Gebietskulisse des Naturparks Reinhardswald, welche aus Naturschutzgründen sowie wegen ihrer besonderen Eigenart und Schönheit von herausragender Bedeutung ist, erhalten, gepflegt und entwickelt werden. Durch die Förderung eines nachhaltigen Tourismus, einer nachhaltigen Landnutzung und einer nachhaltigen Vermarktung regionaler Produkte kann der Naturpark zur positiven wirtschaftlichen Entwicklung der Region beitragen. Eine intensive Kooperation mit den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen und Institutionen der Region wird dazu einen wertvollen Beitrag leisten, um den Interessenausgleich zwischen ihnen zu fördern. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6066 5 Die Entwicklung von Windparken auf den nach der Regionalplanung Nordhessen ausgewiesenen Vorrangflächen für Windenergie steht hierzu nicht im Widerspruch. Denn die von der Regionalversammlung Nordhessen beschlossenen und durch die Landesregierung genehmigten Vorranggebiete wurden auf ihre Umweltverträglichkeit und hinsichtlich aller relevanten Aspekte wie Naturschutz, Landschaftsbild, Erholung und Bürgerinteressen geprüft und bewertet. Wie die Vertreter der Energiegenossenschaft Reinhardswald eG (EGR) anlässlich eines Pressetermins Anfang Juli 2017 erklärt haben, übernimmt die EGR aktiv Verantwortung für die Erreichung der energiepolitischen Ziele in der Region. Bei der Standortwahl der Windenergieanlagen werden somit kommunale Interessen berücksichtigt werden können. Dabei findet eine gemeinsame Betrachtung von der Entwicklung des Naturparks und der Windenergie im Reinhardswald statt. Nach Ansicht der Landesregierung ist dies der beste Weg, Akzeptanz in die Bürgerschaft und die Gemeinden vor Ort hineinzutragen und die wahrnehmbare Kritik gegen Windenergieprojekte im Reinhardswald abzubauen. Wiesbaden, 28. März 2018 In Vertretung: Werner Koch