Kleine Anfrage des Abg. Greilich (FDP) vom 20.03.2018 betreffend Schulgirokonten und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung des Fragestellers: In der Vergangenheit wurden Schulgirokonten (Klassenkonten) ohne große bürokratische Vorgaben geführt. Die Abwicklung der finanziellen Angelegenheiten in Zusammenhang mit der Durchführung von Klassenfahrten erfolgte überwiegend frei von bürokratischen Vorgaben in Eigenverantwortung der Lehrkräfte, u.a. über deren private Girokonten. Mit der Richtlinie zur Führung von Schulgirokonten vom 12.06.2017 (ABl. S. 330) wurden umfangreiche neue Vorgaben gemacht. So genannte Klassenkonten sind seit dem 1. Januar 2018 unzulässig. Offenkundig auch wegen der bis zum Kultusministerium durchgedrungenen Klagen der belasteten Schulen über unzumutbaren zusätzlichen Aufwand insbesondere für die verantwortlichen Schulleitungen hat das Kultusministerium nun unter dem 2. März 2018 umfangreiche "Hinweise" zur rein abwicklungstechnischen Bewältigung der bürokratischen Vorgaben gegeben. Eine Mitteilung, woher die Ressourcen für die Bewältigung der zusätzlichen Vorgaben kommen sollen, findet sich auch in diesen Hinweisen nicht. Vorbemerkung des Kultusministers: Die Richtlinie "Schulgirokonten" trat erstmals im Jahr 2009 in Kraft und galt unverändert bis zum 31. Dezember 2016. Darin waren Regelungen dazu getroffen, dass Schulen grundsätzlich ein Bankkonto führen können. Die Fassung der Richtlinie aus dem Jahr 2009 galt nicht explizit für sog. Klassenkonten. Um Schulleitungen zu entlasten, wurde in der novellierten Fassung im Jahre 2017 erstmals die Möglichkeit geschaffen, dass in einer Schule mehrere Bankkonten geführt werden dürfen. Diese können z.B. nun auch von Klassenlehrerinnen und Klassenlehrern geführt werden. Es trifft mithin nicht zu, dass Klassenkonten unzulässig geworden wären. Die Hinweise des Schreibens vom 2. März 2018 stellen keine Neuerung dar, sondern fassen die Regelungsinhalte, die im Sommer 2017 in Kraft traten, wiederholend zusammen. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie viele Fälle hat es nach ihrer Kenntnis in dem Zeitraum 2009 bis heute, aufgeschlüsselt nach Jahren, gegeben, in denen sich Risiken für Lehrkräfte aus der Abwicklung der finanziellen Angelegenheiten in Zusammenhang mit der Durchführung von Klassenfahrten über private Girokonten realisierten? Frage 2. In wie vielen dieser Fälle entstand wem ein materieller Schaden? Ich bitte um Aufschlüsselung nach Betroffenen (Lehrer, Schüler, Eltern, Schulen usw.) und Schadenshöhe. Frage 3. In wie vielen der Fälle nach Frage 1 fielen dieser Art verwaltete Gelder im Todesfall einer Lehrkraft in die "Erbmasse"? Frage 4. In wie vielen der Fälle nach vorstehender Frage war es aus welchen Gründen nicht möglich, das Geld aus dem Nachlass herauszulösen? Die Fragen 1 bis 4 werden auf Grund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die in den Fragen bezeichneten Fälle sind nach derzeitigem Kenntnisstand zwar bisher noch nicht eingetreten, allerdings berichtete die Presse im Januar 2017 über die Veruntreuung von mehr als 100.000 € von einem Bankkonto durch eine Lehrkraft, welches für Namen und Rechnung eines Schulträgers eingerichtet worden war. Schulträgerkonten sind von den Regelungen der Richtlinie indes nicht erfasst. Es ist jedoch ein Anliegen des Kultusministeriums, hier präventiv und frühzeitig zu handeln, bevor Vermögensschäden tatsächlich eintreten. Es wäre nicht Eingegangen am 8. Mai 2018 · Bearbeitet am 8. Mai 2018 · Ausgegeben am 11. Mai 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/6190 08. 05. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6190 vertretbar, erst aktiv zu werden, wenn die in den Fragen eins bis vier bezeichneten Fälle eingetreten sind. Das Kultusministerium hat vorausschauend die Richtlinie "Schulgirokonten" angepasst, um mit vertretbarem Verwaltungsaufwand eine größtmögliche Sicherheit bei der Verwaltung von Geldern zu gewährleisten. Für alle Beteiligten war es nicht akzeptabel, Lehrkräfte (vgl. § 8 Abs. 2 der Dienstordnung für Lehrkräfte, Schulleiterinnen und Schulleiter und sozialpädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) in Erfüllung des schulischen Bildungs- und Erziehungsauftrags zu verpflichten, Studien-, Exkursions- oder Klassenfahrten durchzuführen und Elternbeiträge zu verwalten , aber kein Instrument für die Umsetzung der zu erledigenden Aufgabe vorzusehen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass in anderen Bundesländern (wie z.B. in Niedersachsen, Sachsen- Anhalt, Schleswig-Holstein, Bayern) vergleichbare Regelungen gelten. Das Hessische Kultusministerium erhielt Hinweise von Schulen und Schulämtern darauf, welcher Anpassungsbedarf bestand. Unter Beachtung dieser Anregungen wurde daher neu vorgesehen , dass sog. Klassenkonten als besondere Form von Drittmittelkonten eingerichtet werden können. Um den Arbeitsaufwand für Schulleitungen und Lehrkräfte möglichst gering zu halten, wurden nur Mindestanforderungen an die Führung der sog. Klassenkonten sowie für deren Rechenschaftslegung definiert. Gleichwohl wurden die Grundsätze gesetzmäßigen Verwaltungshandelns und insbesondere des Haushaltsrechts bei der Neufassung beachtet. Frage 5. Wie hoch schätzt die Landesregierung den aufsummierten zeitlichen Aufwand einerseits der Schulleitungen in Hessen und andererseits aller hessischen Lehrkräfte für die Umsetzung der Richtlinie zur Führung von Schulgirokonten? In der Vorbemerkung weist der Fragesteller zutreffend darauf hin, dass die finanziellen Angelegenheiten bezogen auf Klassenfahrten bereits in der Vergangenheit abgewickelt wurden. Die Personalvertretungsgremien hatten daher berechtigterweise angemerkt, dass es nicht vertretbar sei, wenn Lehrkräften dazu nicht auch die erforderlichen Instrumente zur Verfügung gestellt werden könnten. Dies erfolgte mit der Anpassung der in der Antwort zu Frage 1 genannten Richtlinie im Jahre 2017. Die neue Richtlinie sieht nun die Möglichkeit vor, dass Lehrkräfte selbst Klassenkonten einrichten und führen dürfen, was in der alten Fassung nicht vorgesehen war. Damit werden Schulleitungen entlastet, aber Lehrkräfte nicht mehr als bisher belastet. Das Hessische Kultusministerium kann nachvollziehen, dass der Arbeitsaufwand für die Umstellung der Bankkonten zur Gewährleistung einer erlasskonformen Anwendung einmalig zu mehr Verwaltungsaufwand führt. Frage 6. Wie hoch schätzt die Landesregierung die aufsummierten Kosten etwa für Bankgebühren im Zuge der Umsetzung der Richtlinie zur Führung von Schulgirokonten, die von den Schulen selbst zu tragen sind? Da keine Verpflichtung besteht, Bankkonten einzurichten, werden die Kosten je Schule unterschiedlich hoch ausfallen. Kreditinstitute haben außerdem verschiedene Modelle und Angebote, die teilweise oder vollständig kostenfrei sind. Da die Schulen selbst bestimmen, ob und wie viele Konten sie einrichten, und die Höhe der Gebühren in Abhängigkeit von den unterschiedlichen Gebühren- und Kontenmodellen der Kreditinstitute steht, ist derzeit keine verlässliche Schätzung der Ressourcen möglich. Eine gesonderte Abfrage bei den Schulen würde diese zusätzlich belasten , weshalb davon abgesehen wurde. Frage 7. Wie viele Stunden Arbeitszeit wurden schätzungsweise im Hessischen Kultusministerium und in den Staatlichen Schulämtern bislang zur Erarbeitung und Verbreitung der Richtlinie zur Führung von Schulgirokonten, zur Entgegennahme und Beantwortung von Fragen und Anmerkungen hierzu , zur Erstellung und Verbreitung der Hinweise für die Errichtung von Schulgirokonten vom 2. März 2018 sowie der 16seitigen Präsentation "Abwicklung von barem und unbarem Zahlungsverkehr durch öffentliche Schulen" aufgewendet? Eine derart detaillierte Arbeitszeitaufschreibung für einzelne Maßnahmen kann nicht durchgeführt werden. Frage 8. Welche Entlastung stellt das Hessische Kultusministerium den Schulen als Ausgleich zur Verfügung ? Die Führung von Bankkonten ist keine neue Aufgabe und im Rahmen der geltenden Regelungen zu bewältigen. Wiesbaden, 25. April 2018 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz