Kleine Anfrage des Abg. Greilich (FDP) vom 29.03.2018 betreffend doppelte Stimmabgabe bei OB-Wahl in Frankfurt und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung des Fragestellers: Nach Medienberichten haben bei der Oberbürgermeister-Wahl in Frankfurt am 11. März 2018 insgesamt 14 Wählerinnen und Wähler ihre Stimme doppelt abgegeben. Grund dafür war die doppelte Versendung von rund 750 Briefwahlunterlagen. Vorbemerkung des Ministers des Innern und für Sport: Landrats-, Oberbürgermeister- und Bürgermeisterdirektwahlen unterfallen der kommunalen Selbstverwaltung, so dass ihre Vorbereitung und Durchführung ausschließlich den Landkreisen sowie den Städten und Gemeinden obliegt. Dementsprechend obliegt auch die einer Wahl nachfolgende Kontrolle ihrer Gültigkeit zunächst ausschließlich der jeweiligen kommunalen Vertretungskörperschaft (vgl. § 50 des Hessisches Kommunalwahlgesetz (KWG)). Nach einem Bericht der Stadt Frankfurt am Main sind im Vorfeld der Stichwahl der Oberbürgermeisterwahl am 11. März 2018 durch einen Fehler des eingesetzten Dienstleisters versehentlich an 758 Wahlberechtigte doppelte Wahlscheine mit Briefwahlunterlagen versandt worden. Bereits zur Hauptwahl hatten ca. 45.000 Wahlberechtigte für den Fall einer Stichwahl Briefwahlunterlagen beantragt . Im Zuge der Versendung der Briefwahlunterlagen an diese Wahlberechtigten innerhalb der ersten beiden Tage nach der Hauptwahl seien durch ein drucktechnisches Problem des eingesetzten Dienstleisters die Wahlbezirksnummern auf einem Teil der gedruckten Wahlscheine nur halb lesbar gewesen, sodass der Druckvorgang unterbrochen und neu aufgesetzt werden musste; die fehlerhaften Unterlagen seien allerdings versehentlich dennoch in den Versand gelangt . Die Stadt Frankfurt am Main hat die von diesem Fehler betroffenen Wahlberechtigten angeschrieben und im Rahmen des Anschreibens darauf hingewiesen, dass jeder Wahlberechtigte nur einmal wählen darf und eine mehrfache Stimmabgabe strafbar ist. Im Zuge der Ermittlung und Feststellung des Ergebnisses der Stichwahl wurde festgestellt, dass insgesamt 14 Wahlscheine doppelt abgegeben wurden. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Kann die Landesregierung ausschließen, dass mehr als die 14 bekannten Wählerinnen und Wähler bei der OB-Wahl ihre Stimme doppelt abgegeben haben? Da der Landesregierung nicht die Durchführung der Oberbürgermeisterwahl oblag, kann sie hierzu keine Angaben machen. Die Stadt Frankfurt am Main hat mitgeteilt, dass sie eine doppelte Stimmabgabe in mehr als 14 Fällen ausschließen könne, da die betroffenen Wahlscheinnummern bekannt waren. Frage 2. Warum wurden die doppelt eingegangenen Wahlzettel zweimal gezählt? Bitte darstellen, aufgrund welcher Rechtsgrundlage dieses Vorgehen rechtmäßig war. Nach §§ 53 Abs. 2, 60 Kommunalwahlordnung (KWO) muss der Briefwahlvorstand für die Ermittlung und Feststellung des Briefwahlergebnisses die Wahlbriefe nacheinander öffnen und ihnen den Wahlschein und den Stimmzettelumschlag entnehmen. Ist der Wahlschein in dem Verzeichnis der für ungültig erklärten Wahlbriefe aufgeführt oder werden Bedenken gegen seine Gültigkeit erhoben, ist der Wahlbrief vom Briefwahlvorstand auszusondern und über seine Zulassung oder Zurückweisung zu beschließen. Die doppelt ausgestellten Wahlscheine konnten Eingegangen am 9. Mai 2018 · Bearbeitet am 9. Mai 2018 · Ausgegeben am 14. Mai 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/6224 09. 05. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6224 nicht für ungültig erklärt werden, da eine derartige Erklärung nur erfolgen darf, wenn ein Wahlberechtigter im Wählerverzeichnis gestrichen wird oder wenn ein Wahlberechtigter glaubhaft versichert, dass ihm der beantragte Wahlschein nicht zugegangen ist, vgl. § 18 Abs. 7 Satz 1, Abs. 8 Satz 2, 60 KWO. Da auch keiner der übrigen Zurückweisungsgründe nach §§ 21a Abs. 1, 41 Satz 1 KWG vorlag, mussten die Wahlscheine zugelassen werden. Eine generelle Zurückweisung der Briefwahlunterlagen hätte auch zu einem Verlust des aktiven Wahlrechts geführt , da die Stimmabgabe nicht in das Wahlergebnis eingeflossen wäre. Es liegt auch keiner der gesetzlich enumerativ aufgezählten Ungültigkeitsgründe für die Stimmabgabe nach §§ 21, 41 Satz 1 KWG vor. Die Berücksichtigung von Unregelmäßigkeiten im Wahlverfahren obliegt der Wahlprüfung. Frage 3. Wurde bereits vollständig ermittelt bzw. wird noch ermittelt, welcher konkrete Fehler zur mehrfachen Versendung der Wahlunterlagen führte? Zur Beantwortung der Frage wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Frage 4. Wird das Land Hessen in Erwägung ziehen, auf den Dienstleister, dem der Fehler unterlaufen ist, bei einer künftigen Wahl zurückzugreifen? Die für die Wahl des 20. Hessischen Landtags notwendigen Vergabeverfahren für Beschaffungen , die der Landeswahlleiter für Hessen nach § 74a Abs. 4 Landeswahlordnung (LWO) übernimmt , werden derzeit vorbereitet bzw. laufen noch. Im Rahmen der Vergabeverfahren steht es auch dem von der Stadt Frankfurt am Main eingesetzten Dienstleister frei, sich zu beteiligen. Für die Erteilung von Wahlscheinen und die Versendung der Briefwahlunterlagen sind allerdings nach §§ 12, 15 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 LWO ausschließlich die Gemeinden und nicht das Land zuständig. Frage 5. Sind nach Kenntnis der Landesregierung bereits Strafverfahren gem. § 107a StGB gegen die Wählerinnen und Wähler eingeleitet worden? Nach Auskunft der Stadt Frankfurt am Main wird derzeit die Einleitung von Strafverfahren vorbereitet . Frage 6. Besteht nach Ansicht der Landesregierung die Möglichkeit, die OB-Wahl vom 11. März 2018 nach dem geltenden Wahlrecht anzufechten? Bitte darlegen, welche Anfechtungsgründe in Betracht kommen könnten. Nach § 50 Nr. 2 KWG ist die Wiederholung der Wahl von der Vertretungskörperschaft anzuordnen , wenn im Wahlverfahren Unregelmäßigkeiten oder strafbare oder gegen die guten Sitten verstoßende Handlungen, die das Wahlergebnis beeinflussen, vorgekommen sind, bei denen nach den Umständen des Einzelfalls eine nach der Lebenserfahrung konkrete Möglichkeit besteht , dass sie auf das Ergebnis von entscheidendem Einfluss gewesen sein können. Danach obliegt die Prüfung und Bewertung von Unregelmäßigkeiten im Wahlverfahren und dementsprechend auch der Beschluss über die Gültigkeit der Oberbürgermeisterwahl zunächst ausschließlich der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Frankfurt am Main. Unbeschadet dieser Zuständigkeit sind unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Stichwahl 14 doppelte Stimmabgaben nicht geeignet, auf das Ergebnis von entscheidendem Einfluss zu sein. Eine Wiederholung der Oberbürgermeisterwahl aufgrund dieses Sachverhalts dürfte ausgeschlossen sein. Frage 7. Wie wurde es bei bisher durchgeführten Wahlen gehandhabt, wenn Stimmzettel doppelt abgegeben worden sind? Bitte darlegen bei welcher Wahl eine doppelte Stimmabgabe erfolgte und auf welcher Rechtsgrundlage damit umgegangen worden ist. Da Kommunalwahlen zur kommunalen Selbstverwaltung gehören, würde eine Beantwortung der Frage eine Abfrage aller 21 Landkreise und aller 423 hessischen Städte und Gemeinden voraussetzen , die innerhalb der zur Beantwortung der Anfrage verfügbaren Zeit nicht möglich ist. Bei staatlichen Wahlen und Abstimmungen ist es bisher noch nicht zu Unregelmäßigkeiten gekommen , die eine doppelte Stimmabgabe ermöglicht hätten. Wiesbaden, 26. April 2018 Peter Beuth