Kleine Anfrage des Abg. Greilich (FDP) vom 16.04.2018 betreffend bekenntnisorientierter islamischer Religionsunterricht und Kooperation mit dem DITIB Landesverband Hessen e.V. und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung des Fragestellers: Das hessische Kultusministerium zeigte sich wegen kriegsverherrlichender Aktivitäten bei DITIB mehrfach besorgt und kündigte an, diese Aktivitäten auch bei der Bewertung Ende des Jahres zu berücksichtigen. Dementsprechend zeichnet sich also durchaus die Möglichkeit ab, dass die Kooperation beendet wird. Vorbemerkung des Kultusministers: Bekenntnisorientierter islamischer Religionsunterricht ist in Hessen eine gemeinsame Bezeichnung für zwei rechtlich und schulorganisatorisch getrennte Religionsunterrichte, die zum einen in Kooperation mit Ahmadiyya Muslim Jamaat Deutschland K.d.ö.R. und zum anderen mit dem DITIB Landesverband Hessen e.V. (DITIB Hessen) eingerichtet sind. Es gibt also in Hessen nicht den islamischen Religionsunterricht mit zwei Kooperationspartnern, sondern vielmehr zwei eigenständige islamische Religionsunterrichte mit jeweils einem Kooperationspartner. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Vorbemerkung des Kultusministers zu der Antwort auf die Kleine Anfrage 19/2904 vom 26. Januar 2016 verwiesen. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie bewertet die Landesregierung die aktuelle Entwicklung bei DITIB und bei DITIB Landesverband Hessen e.V.? Die Landesregierung beobachtet sowohl den in Kooperation mit DITIB Hessen eingerichteten Religionsunterricht als auch die Entwicklungen bei DITIB Hessen, dem DITIB-Bundesverband ("DITIB Köln") und in der Türkei mit der gebotenen Aufmerksamkeit. Es wird eine Gesamtbetrachtung vorgenommen werden, anhand derer nach Ablauf der Frist, welche DITIB Hessen für die Erfüllung der in der Pressemitteilung des Hessischen Kultusministeriums vom 5. Dezember 2017 beschriebenen Vorgaben gesetzt ist (31. Dezember 2018), darüber befunden werden wird, ob der in Rede stehende Religionsunterricht fortgesetzt werden kann. Frage 2. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um sich ggf. auf eine Beendigung der Kooperation mit dem DİTİB Landesverband Hessen e.V. als Partner für den bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht vorzubereiten? Die Landesregierung prüft unter Berücksichtigung aller rechtlichen, tatsächlichen und politischen sowie schulfachlichen Gegebenheiten sehr sorgfältig, ob der bekenntnisorientierte islamische Religionsunterricht in Kooperation mit DITIB fortgeführt werden kann, und schafft die Voraussetzungen dafür, dass erforderlichenfalls ein adäquates alternatives Unterrichtsangebot möglichst nahtlos zur Verfügung stünde. Frage 3. Wie stellt sich die Landesregierung im Falle der Beendigung der Kooperation mit dem DITIB Landesverband Hessen e.V. die Sicherstellung des bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterrichts in Hessen vor? Die Einrichtung und Fortführung eines jeden bekenntnisorientierten Religionsunterrichts setzt nach Artikel 7 Absatz 3 Satz 2 Grundgesetz die Existenz und Mitwirkung einer Religionsgemeinschaft voraus, welche die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für die Kooperationspartnerschaft erfüllt. Steht DITIB Hessen als Kooperationspartner nicht mehr zur Verfügung, so Eingegangen am 30. Mai 2018 · Ausgegeben am 5. Juni 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/6279 30. 05. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6279 muss der in Kooperation mit DITIB Hessen eingerichtete islamische Religionsunterricht in geordneter Weise beendet werden. Der weitere in Kooperation mit Ahmadiyya Muslim Jamaat Deutschland K.d.ö.R. eingerichtete Religionsunterricht wird hierdurch nicht berührt. Frage 4. Welche konkreten Möglichkeiten gibt es, einen islamischen Religionsunterricht anzubieten, der nach Äußerung des Kultusministers Prof. Lorz im Mannheimer Morgen am 10.04.2018 nicht mehr als bekenntnisorientiert laufen wird wie bisher? Sollte der in Kooperation mit DITIB Hessen eingerichtete Religionsunterricht nicht fortgesetzt werden können, wird für die betroffenen Schülerinnen und Schüler ein adäquates alternatives Unterrichtsangebot zur Verfügung stehen. Dafür kommt auch ein nicht bekenntnisorientiertes Angebot in Betracht, bei dem es sich nicht um Religionsunterricht im Sinne von Artikel 7 Absatz 3 Grundgesetz handelt. Das Angebot soll - sofern es nötig wird - möglichst nahtlos zur Verfügung stehen. Frage 5. Welche Konsequenzen ergeben sich nach Einschätzung der Landesregierung für den zweiten Partner des bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht, der Ahmadiyya Muslim Jamaat ? Der gesonderte, in Kooperation mit Ahmadiyya Muslim Jamaat Deutschland K.d.ö.R. eingerichtete Religionsunterricht wird durch eine eventuelle Beendigung des in Kooperation mit DITIB Hessen eingerichteten Religionsunterrichts nicht berührt. Frage 6. Ist davon auszugehen, dass ein nahtloser Übergang für die betreffenden Schülerinnen und Schüler sowie für die Lehrkräfte gewährleistet sein wird? Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. Frage 7. Mit welchen anderen muslimischen Glaubensgemeinschaften hat die Landesregierung bereits Gespräche mit dem Ziel, neue Kooperationspartner für die Fortführung eines bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterrichts zu motivieren und zu gewinnen, geführt und welche sind in Planung ? Frage 8. Gibt es aus dem Kreise der muslimischen Glaubensgemeinschaften Interessenten, die den bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht anbieten wollen und bereit sind, die vorgeschalteten Bedingungen zu erfüllen? Die Fragen 7 und 8 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Wird der in Kooperation mit DITIB Hessen eingerichtete Religionsunterricht infolge des Wegfalls des Kooperationspartners beendet, so ist es aus Rechtsgründen nicht möglich, diesen Unterricht mit einem neuen Kooperationspartner fortzuführen. Vielmehr könnte nur ein neuer Religionsunterricht mit einem neuen Kooperationspartner (d.h. einer Religionsgemeinschaft) eingerichtet werden. Beide Religionsunterrichte wären rechtlich nicht identisch. Derzeit sind keine muslimischen Organisationen ersichtlich, bei denen sich mit hinreichender Gewissheit abzeichnet, dass es sich um Religionsgemeinschaften handelt, welche die aus Artikel 7 Absatz 3 Grundgesetz abzuleitenden Voraussetzungen für eine Kooperationspartnerschaft erfüllen. Beides wäre gegebenenfalls im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens zu prüfen. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang weder die Behauptung einer Organisation, eine Religionsgemeinschaft zu sein, noch die bloße Bereitschaft, die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen zu erfüllen, sondern allein die objektive Sach- und Rechtslage. Wiesbaden, 28. Mai 2018 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz