Kleine Anfrage der Abg. Faulhaber (DIE LINKE) vom 16.04.2018 betreffend hessisches Abschiebegefängnis in Darmstadt - Teil II und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Die Kleine Anfrage beantworte ich im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen wie folgt: Frage 1. Welche Einkaufsmöglichkeiten i.S.d. § 10 des VaFG stehen den Inhaftierten zur Verfügung? Den untergebrachten Personen wird Gelegenheit zum vierzehntäglichen Bestelleinkauf bei einem auf den Verkauf in Vollzugsanstalten spezialisierten Unternehmen gegeben. Hier können ergänzende Nahrungs- und Genussmittel, Körperpflegemittel sowie Zeitschriften bezogen werden. Ergänzend können in der Abschiebungshafteinrichtung bei besonderem Bedarf Zigaretten oder Tabak sowie prepaid-Karten für Mobiltelefone direkt erworben werden. Über weitere Einkaufsmöglichkeiten außerhalb des Bestelleinkaufs wird auf Antrag und unter Beurteilung des jeweiligen Einzelfalls entschieden. Frage 2. Welche Möglichkeiten zur Freizeitbeschäftigung i.S.d. § 11 des VaFG bestehen? Den untergebrachten Personen wird grundsätzlich mehrfach täglich der gemeinsame Aufenthalt in Gruppen von maximal 10 Personen im Freizeitbereich angeboten, sofern besondere betriebliche Umstände im Einzelfall nicht entgegenstehen. Der Freizeitbereich gliedert sich in einen gemeinsamen Aufenthaltsbereich mit Tisch-Fußballspiel, einer Gemeinschaftsküche, einen Gebetsraum und einen Sportraum mit Tischtennisplatte und Fitnessgeräten sowie einen Sanitärbereich. Daran angeschlossen befindet sich der für die untergebrachten Personen mindestens einmal täglich zugängliche Aufenthaltsbereich im Freien. Frage 3. In welchem Umfang und auf welche Weise wird der Zugang zum Internet gewährleistet? Die untergebrachten Personen können eigene internetfähige Geräte, insbesondere Mobiltelefone, auf eigene Kosten ständig nutzen. Darüber hinaus wird ihnen auf Antrag die Möglichkeit zur temporären Internetnutzung bei dem in der Abschiebungshafteinrichtung tätigen Sozialdienst gegeben . Frage 4. Wie ist der Sozialdienst organisiert? Für den Sozialdienst wird in der Abschiebungshafteinrichtung eine Vollzeitstelle eingesetzt. Die Sozialarbeit findet grundsätzlich werktäglich statt unter Berücksichtigung des individuellen Beratungsbedarfs der untergebrachten Personen. Frage 5. Welcher eigenständige Regelungsgehalt kommt dem Verhältnismäßigkeitsprinzip in § 2 Abs. 2 des VaFG neben § 62 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) zu? Die Aufnahme von § 2 Abs. 2 VaFG geht auf einen im Gesetzgebungsverfahren gestellten Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zurück (Drucksache 19/5468). Der Antrag wurde wie folgt begründet: "Der neu eingefügte Absatz greift die europarechtliche Vorgabe auf, dass die Abschiebungshaft eine "ultima ratio" darstellt. Auch § 62 Abs. 1 AufenthG schreibt dies ausdrücklich vor. Durch eine Klarstellung im Gesetzestext soll diese Stellung nochmals verdeutlicht werden." Eingegangen am 19. Juni 2018 · Bearbeitet am 19. Juni 2018 · Ausgegeben am 22. Juni 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/6281 19. 06. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6281 In jedem Einzelfall hat insofern die zuständige Ausländerbehörde sorgfältig zu prüfen, ob der Zweck der Haft durch ein milderes, ebenfalls ausreichendes Mittel erreicht werden kann. Erst wenn feststeht, dass dies nicht der Fall ist, darf beim zuständigen Amtsgericht die Haftanordnung beantragt werden. Das Gericht prüft dann seinerseits von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme. Frage 6. Welche Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten wurden den Landesbediensteten, die in der Abschiebehaftanstalt eingesetzt werden, gewährt? Welcher weitere Fortbildungsbedarf besteht nach Auffassung der Landesregierung? In der Abschiebungshafteinrichtung werden im unmittelbaren Wachbetrieb Justizvollzugsbeamtinnen und -beamte sowie Angehörige der Wachpolizei eingesetzt. Über ihre beruflichen Grundqualifikationen hinaus wurden die eingesetzten Landesbediensteten über die gesetzlichen Grundlagen (insbesondere das Gesetz über den Vollzug ausländerrechtlicher Freiheitsentziehungsmaßnahmen ), die innerbetrieblichen Vorschriften und Arbeitsabläufe, Maßnahmen zum Infektions- und Hygieneschutz sowie die Bedienung der eingesetzten Alarm-, Überwachungsund Sicherungstechnik fortgebildet. Ergänzend erhielten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine praktische Beschulung in der Ersten Hilfe, als Brandschutz- und Evakuierungshelfer sowie in Eigensicherungs- und Eingriffstechniken. Über den weiteren Fortbildungsbedarf kann erst nach Vorliegen ausreichender Erfahrungswerte entschieden werden. Frage 7. Welche konkreten Baumaßnahmen und Umstrukturierungen müssen in der JVA Darmstadt noch ergriffen werden? Die für den Betrieb von 20 Haftplätzen erforderlichen Baumaßnahmen und Umstrukturierungen in der Abschiebungshafteinrichtung sind abgeschlossen, so dass die Liegenschaft am 30.05.2018 an das Polizeipräsidium Südhessen als Nutzer übergeben werden konnte. Die für eine perspektivische Erweiterung der Kapazitäten auf 75 bis 80 Haftplätze erforderlichen Baumaßnahmen befinden sich in der Planungsphase und werden auf ihre technische Umsetzbarkeit geprüft. Frage 8. Mit welchen Gesamtkosten muss für die Bau- und Umbaumaßnahmen der JVA Darmstadt zu einer Abschiebehaftanstalt gerechnet werden? Welche Kosten sind bislang entstanden? Für die Bereitstellung von 20 Haftplätzen wird mit Gesamtkosten in Höhe von ca. 3.400.000 € inklusive Mehrwertsteuer und aller Baunebenkosten gerechnet. Frage 9. Welche Unternehmen wurden für die Umstrukturierung beauftragt? Die Namen der für die Umstrukturierung beauftragten Unternehmen werden aus Sicherheitsgründen über diese Landtagsdrucksache nicht allgemein zugänglich gemacht, da sonst schutzwürdige Belange der betroffenen Unternehmen beeinträchtigt werden könnten (§ 39 Abs. 3 HDSG). Frage 10. Sind auch ausreisepflichtige Personen aus anderen Bundesländern in Darmstadt untergebracht bzw. soll dies ermöglicht werden? Alle bisher in der Abschiebungshafteinrichtung untergebrachten Personen sind auf Veranlassung hessischer Ausländerbehörden inhaftiert worden. Angesichts der gegenwärtigen Kapazität ist eine Unterbringung von Ausländern und Ausländerinnen, die auf Veranlassung von Behörden des Bundes oder anderer Bundesländer inhaftiert werden sollen, nur in Einzelfällen möglich. Wiesbaden, 11. Juni 2018 Peter Beuth