Kleine Anfrage der Abg. Dr. Sommer (SPD) vom 18.04.2018 betreffend "Land hat Zukunft - Heimat Hessen" und Antwort des Chefs der Staatskanzlei Vorbemerkung des Chefs der Staatskanzlei: Mit der Offensive LAND HAT ZUKUNFT - Heimat Hessen bündelt und verstärkt die Hessische Landesregierung ihre Aktivitäten für den ländlichen Raum nochmals gegenüber dem bereits sehr hohen Engagement der vergangenen Jahre. Allein mit dem Doppelhaushalt 2018/2019 stellt sie 1,8 Mrd. € Landesmittel zur Verfügung, die unter anderem in die Bereiche Mobilität, Digitalisierung, Dorf- und Regionalentwicklung sowie Gesundheitsversorgung fließen. Die Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung im ländlichen Raum ist eine Herausforderung, der sich die Landesregierung u.a. mit der Förderung von innovativen Projekten in den Bereichen eHealth und Telemedizin stellt. Des Weiteren unterstützt sie kommunale Aktivitäten zur ärztlichen Nachwuchsgewinnung und verbessert mit der "Gemeindeschwester 2.0" die Betreuung auch solcher älteren Menschen im ländlichen Raum, die noch keinen Pflegebedarf haben. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Hessischen Minister für Soziales und Integration wie folgt: Frage 1. In welcher Form soll die Förderung von Landarztpraxen ohne Nachfolger von insgesamt 1 Mio. € und von rund 50 Gemeindeschwestern im Rahmen des Programms "Land hat Zukunft - Heimat Hessen" konkret erfolgen? Im Rahmen der Landesoffensive LAND HAT ZUKUNFT - Heimat Hessen wurden im Bereich der Gesundheitsversorgung zwei neue Förderbereiche eingestellt: 1. Im Programm "Kommunale Maßnahmen zur ärztlichen Nachwuchsgewinnung" stehen jährlich 1,5 Mio. € zur Verfügung. Da viele Kommunen im ländlichen Raum sog. Schutzschirm-Kommunen sind, die zusätzliche freiwillige Leistungen während des Schuldenabbaus nicht übernehmen können, soll das Land kommunale Aktivitäten zur ärztlichen Nachwuchsgewinnung im ländlichen Raum finanziell unterstützen. Zu diesen Maßnahmen zählen beispielsweise Imagekampagnen und Werbemaßnahmen für den ärztlichen Nachwuchs im ländlichen Raum, finanzielle Anreize für Medizin- Studierende oder Ärzte in Weiterbildung, Maßnahmen, die zu einer Attraktivitätssteigerung einer Praxis beitragen, wie z.B. Baumaßnahmen im Sinne von Sanierung und Renovierung von Praxisräumen oder die Gewährung von Mietkostenzuschüssen. Des Weiteren können Initiativen gefördert werden, die nachhaltige Strukturen schaffen, um beispielsweise attraktive Arbeitsmodelle (z.B. Anstellungs- und Teilzeitarbeitsverhältnisse in einer Gemeinschaftspraxis ) anbieten zu können. Ziel aller Maßnahmen ist es, junge Ärztinnen und Ärzte für eine Tätigkeit in einer ländlichen Region zu motivieren und damit ergänzend zur Nachwuchskampagne der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen sowie den bereits bestehenden Fördermöglichkeiten im Rahmen des Hessischen Gesundheitspaktes 2.0 auch den Kommunen die Möglichkeit zu eröffnen, bei der ärztlichen Nachwuchsgewinnung aktiv zu werden. 2. Im Programm "Gemeindeschwester 2.0" werden jährlich 1,85 Mio. € zur Verfügung gestellt . Mit der Förderung von Gemeindeschwestern wird unter dem Aspekt des Kümmerns einem erkennbaren Unterstützungsbedarf vieler hilfebedürftiger Menschen, auch ohne Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XI, Rechnung getragen. Die sog. "Gemeindeschwester 2.0" kann die bestehenden Strukturen sinnvoll ergänzen, indem sie einen sich abzeichnenden Eingegangen am 28. Mai 2018 · Ausgegeben am 30. Mai 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/6309 28. 05. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6309 Unterstützungsbedarf älterer Menschen im Bereich der medizinischen Versorgung, Unterstützung im Alltag und sozialen Teilhabe bereits im Vorfeld von schwerer oder chronischer Erkrankung resp. Pflegebedürftigkeit erfasst und in entsprechende Angebote und Hilfen vor Ort vermittelt. In dieser Form übernimmt die Gemeindeschwester eine die Hilfen koordinierende Funktion und entlastet dadurch auch die ärztliche Sprechstunde in der Hausarztpraxis. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Hausarztpraxen, (Senioren-)Beratungsstellen, kommunaler Altenhilfe und ehrenamtlichen Diensten ist erforderlich. Mögliche von der Gemeindeschwester zu koordinierende Unterstützungsleistungen beziehen sich beispielsweise auf den Bereich der Haushaltshilfe, pflegerische Unterstützung, Notrufsysteme, Begleitdienste zu Arztterminen oder Therapien u.v.m. Es handelt sich bei der Gemeindeschwester um eine feste Ansprech- und Vertrauensperson für ältere hilfebedürftige Menschen. Daher benötigt sie ausreichend Kapazitäten für den Beziehungsaufbau und das vertrauensvolle Gespräch, um die Bedarfe und Wünsche der älteren Menschen in Erfahrung zu bringen und umzusetzen. Frage 2. Welche medizinische Fachausrichtung müssen die "Landarztpraxen" aufweisen, damit Fördermittel für den Weiterbetrieb beantragt werden können, bzw. an wen richtet sich das Programm? Wer kann als Antragsteller Fördergelder beantragen? Für das Programm "Kommunale Aktivitäten zur ärztlichen Nachwuchsgewinnung" existiert keine Festlegung auf eine bestimmte Facharztgruppe. Zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung sind sowohl haus- als auch grundversorgend fachärztlich tätige Praxen erforderlich, sodass eine Eingrenzung der medizinischen Ausrichtung nicht sinnvoll erscheint. Alle beantragten Maßnahmen müssen dem ärztlichen Nachwuchs zugute kommen. Das Programm soll dazu beitragen , nachhaltige Strukturen zu schaffen und eine Tätigkeit im ländlichen Raum für junge Medizinerinnen und Mediziner attraktiv zu gestalten. Frage 3. Wie (flächendeckend oder nach Dringlichkeit) und unter welchen Kriterien erfolgt die Vergabe der Fördermittel? Antragsberechtigt sind alle hessischen Landkreise und kreisangehörigen Kommunen. Gefördert werden können nur Maßnahmen, die nicht über eine anderweitige bestehende Fördermaßnahme förderungsfähig sind und die zu einer Verbesserung der Versorgung und/oder Behebung von Versorgungsdefiziten beitragen. Voraussetzung einer Förderung ist zudem die frühzeitige Einbindung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen. Frage 4. Inwiefern werden die Kommunen in die Entscheidung über die Vergabe der Fördergelder eingebunden ? Die Kommunen sind sowohl beim Förderprogramm "Gemeindeschwester 2.0" als auch beim Förderprogramm "Kommunale Aktivitäten zur ärztlichen Nachwuchsgewinnung" antragsberechtigt . Über eingehende Förderanträge entscheidet die Bewilligungsbehörde eigenständig. Frage 5. Inwiefern wird die Kassenärztliche Vereinigung Hessen an der Entscheidung über die Vergabe der Fördergelder beteiligt oder zu Rate gezogen? Hierzu wird auf die Beantwortung der Frage 3 verwiesen. Frage 6. In welcher Höhe wird das Fördergeld (maximal und minimal) pro Arztsitz vergeben? Frage 7. Wonach richtet sich die Höhe der Förderung? Die Fragen 6 und 7 werden wie folgt gemeinsam beantwortet: Die Förderhöhe ist abhängig von der beantragten Maßnahme. Wie aus der Beantwortung der Frage 1 ersichtlich, unterscheiden sich die möglichen Maßnahmen deutlich voneinander, sodass keine einheitlichen Minimal- oder Maximalbeträge vorgegeben werden können. Da das Förderprogramm erst vor wenigen Monate startete, liegen noch keine Erfahrungswerte über die durchschnittliche Fördergeldhöhe vor. Frage 8. Kann das Fördergeld ausschließlich beantragt werden, um den Weiterbetrieb einer bereits bestehenden Praxis zu sichern, oder können Mittel beantragt werden, um die Niederlassung eines Arztes in einem unterversorgten bzw. von Unterversorgung bedrohten Gebiet zu ermöglichen? Das neue Förderprogramm "Kommunale Aktivitäten zur ärztlichen Nachwuchsgewinnung" soll Kommunen dabei unterstützen, geeignete Maßnahmen für die nachhaltige Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung umzusetzen. Innovative Lösungen sind notwendig, um die ambulante ärztliche Versorgung im ländlichen Raum zukunftsfähig zu gestalten und den beruflichen Vorstellungen junger Ärztinnen und Ärzte entgegenzukommen. Mit diesem Förderinstrument sollen Maßnahmen gefördert werden, die dazu beitragen, eine (engere) Zusammenarbeit zwischen Kommunen und der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Gestaltung und Sicherung von Arztsitzen in diesen Regionen zu unterstützen und jungen Ärzt(inn)en attraktivere Rahmenbedingungen für eine Praxisübernahme oder Berufsausübung auf dem Land zu schaffen. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6309 3 Zu diesen Maßnahmen zählen insbesondere: - (Webbasierte) Imagekampagnen für den ärztlichen Nachwuchs im ländlichen Raum sowie Imageveranstaltungen und Werbemaßnahmen, die sich direkt an den ärztlichen Nachwuchs richten. - Durchführung der sogenannten "Landpartie 2.0" für Medizin-Studierende (in Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum Weiterbildung Allgemeinmedizin Hessen): Sie ermöglicht es Medizin-Studierenden, bereits früh im Studium Erfahrungen in einer Landarztpraxis zu sammeln. Eine enge Bindung an eine ländliche Region kann hierüber bereits frühzeitig angebahnt werden. - Aufbau einer Internetseite zur Information interessierter Ärztinnen/Ärzte. - Finanzielle Anreize für Medizin-Studierende oder Ärzte in Weiterbildung. - Maßnahmen und investive Kosten, die zu einer Attraktivitätssteigerung der Praxis beitragen, wie z.B. - Baumaßnahmen im Sinne von Sanierung und Renovierung von Praxisräumen, - Einrichtung eines Hol- und Bringdienstes für Patientinnen und Patienten, - Gewährung von Mietkostenzuschüssen für Praxisräume, um eine Lücke zum regionalen Mietspiegel zu schließen, - Unterstützung bei der Suche nach einem Arbeitsplatz für (Ehe-)Partner/-innen. Darüber hinaus können Initiativen gefördert werden, die nachhaltige Strukturen schaffen, um dem ärztlichen Nachwuchs sowie Fachkräften anderer Gesundheitsberufe attraktive Arbeitsmodelle bieten zu können (z.B. Anstellung in einer Gemeinschaftspraxis oder einem MVZ). Wiesbaden, 24. Mai 2018 Axel Wintermeyer