Kleine Anfrage der Abg. Schott (DIE LINKE) vom 07.05.2018 betreffend Ausbringung von mit bienengiftigem Cyantraniliprol behandeltem Saatgut in Hessen und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung der Fragestellerin: Nicht nur Neonikotinoide, die zur Saatgutbehandlung verwendet werden, haben besonders schädliche Auswirkungen auf Insekten. Auch der Wirkstoff Cyantraniliprol aus der Gruppe der Diamide ist für die Insekten gefährlich. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit bezeichnet diesen Wirkstoff als hoch bienentoxisch und empfiehlt aufgrund der systemischen Wirkungsweise zur Risikominimierung bestimmte Aussaatbedingungen einzuhalten, um die Staubemission zu reduzieren. In Polen ist das Pflanzenschutzmittel Lumiposa 625 FS mit dem Wirkstoff Cyantraniliprol seit April 2017 für die Saatgutbehandlung von Winterraps zugelassen. (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (2017): "Empfehlungen für die Aussaat von Winterrapssaatgut, das mit Cyantraniliprol behandelt ist", https://www.bvl.bund.de/DE/04_Pflanzenschutzmittel/06_Fachmeldungenl 2017/2017_07_12_Fa_Cyantraniliprole_Winterraps.html) Entsprechendes Saatgut darf gemäß europäischem und deutschem Recht (§32 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetztes zum Schutz der Kulturpflanzen (Pflanzenschutzgesetz - PflSchG) und Artikel 49 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates) bei vergleichbarer Anwendung auch in Deutschland verwendet werden. Deshalb muss auch in Deutschland von schädlichen Auswirkungen auf die Insektenfauna ausgegangen werden. Diese Vorbemerkung der Fragestellerin vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Können im Rahmen der sogenannten Notfallzulassung (gemäß Artikel 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009) Pflanzenschutzmittel mit dem bienengiftigen Wirkstoff Cyantraniliprol auch in Hessen eingesetzt werden? Ja. Notfallzulassungen nach Art. 53 der VO Nr. 1107/2009 gelten für das gesamte Bundesgebiet . Im Jahre 2017 wurde der Wirkstoff Cyantraniliprol im Obstbau in Kirschen zur Bekämpfung der Kirschessigfliege und der Kirschfruchtfliege sowie in Pflaume, Zwetschge und Mirabelle zur Bekämpfung der Kirschessigfliege zugelassen. Im Gemüsebau in Radieschen, Wirsing und Brokkoli zur Bekämpfung der Kleinen Kohlfliege und in Bundzwiebeln zur Bekämpfung von Thripse. Hiervon können auch hessische Anbauerinnen und Anbauer Gebrauch gemacht haben, sofern sie diese Kulturen anbauen und Probleme mit den o.g. Schädlingen haben. Frage 2. Darf mit Cyantraniliprol gebeiztes Saatgut nach Deutschland eingeführt werden und wenn ja, ist der Hessischen Landesregierung die Aussaat von mit Cyantraniliprol behandeltem Saatgut in Hessen bekannt? Ja, analog der in der Vormerkung zitierten gesetzlichen Regelung darf mit Cyantraniliprol gebeiztes Saatgut nach Deutschland eingeführt werden. Daten zum Einsatz in Hessen liegen nicht vor. Frage 3. Wenn ja: In welchen konkreten Regionen (Angaben bitte auf Gemeinde- oder Landkreisniveau) wurde 2017 mit Cyantraniliprol behandeltes Saatgut eingesetzt? (Angabe bitte möglichst unter Nennung von ausgebrachter Menge und Größe der Fläche) Wie bereits zu Frage 2 ausgeführt, liegen keine Daten zum Einsatz in Hessen vor. Eingegangen am 15. Juni 2018 · Bearbeitet am 18. Juni 2018 · Ausgegeben am 22. Juni 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/6372 15. 06. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6372 Frage 4. Entspricht eine Aussaat von mit Cyantraniliprol behandeltem Saatgut der guten fachlichen Praxis? Ja, da die Aussaat den gesetzlichen Vorgaben entspricht und unter der Voraussetzung, dass die Anwendungsbestimmungen eingehalten und der Abwägungsprozess bezüglich Schadschwellen, Mittelauswahl etc. durchgeführt werden. Frage 5. Wer überwacht in Hessen, ob die Regeln der guten fachlichen Praxis eingehalten werden? Fachrechtskontrollen im Pflanzenschutz erfolgen im Rahmen des Pflanzenschutzkontrollprogrammes . Koordinierende Behörde ist das Regierungspräsidium Gießen - Pflanzenschutzdienst Hessen. Für Vor-Ort-Kontrollen sind die Landratsverwaltungen zuständig. Cross-Compliance- Kontrollen koordiniert das Regierungspräsidium Kassel. Vor-Ort-Kontrollen erfolgen ebenfalls durch die zuständigen Landratsverwaltungen. Frage 6. Ist die Hessische Landesregierung für ein Verbot des Wirkstoffs Cyantraniliprol in der Landwirtschaft ? Antwort bitte mit Begründung. Der Wirkstoff Cyantraniliprol durchläuft das gemäß VO 1107/2009 vorgegebene zonale Zulassungsverfahren in den Mitgliedstaaten der mittleren Zone. Sämtliche Prüfbereiche werden von den Zulassungsbehörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit bewertet und dabei der Stand von Wissenschaft und Technik zugrunde gelegt. Aus Sicht der hessischen Landesregierung ist das Zulassungsverfahren zu verbessern. Das Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sieht eine mögliche Zulassung kritisch und setzt sich für Zulassungsbedingungen ein, die die Auswirkungen im Freiland besser erfassen. Frage 7. Wenn ja: was unternimmt die Hessische Landesregierung, um ein Verbot des Wirkstoffs Cyantraniliprol in der Landwirtschaft zu erreichen? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. Wiesbaden, 5. Juni 2018 Priska Hinz