Kleine Anfrage der Abg. Dr. Sommer, Lotz, Müller (Schwalmstadt), Siebel, Strube, Warnecke (SPD) vom 09.05.2018 betreffend Schwarzwildpopulation und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung der Fragesteller: Die Schwarzwildpopulation hat sich in den letzten Jahren verdreifacht. Nicht nur die Schäden im Grün- und Ackerland, sondern die immer stärker in den Fokus rückende Afrikanische Schweinepest fordern zum Handeln auf. In Bayern können in bestimmten Einzelfällen und unter bestimmten Voraussetzungen zeitlich befristete persönliche Genehmigungen an einzelne Jagdausübungsberechtigte ergehen, um Nachtziel-Vorsatzgeräte mit Adapter am Objektiv von Zielfernrohren ausschließlich zur Schwarzwildjagd zu verwenden. Diese Vorbemerkung der Fragesteller vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie hat sich die Schwarzwildpopulation in den letzten 10 Jahren in Hessen (bitte getrennt für Kreise, kreisfreie Städte angeben) entwickelt? Die Frage kann nicht beantwortet werden, weil es keine praktikable Möglichkeit gibt, die Populationsentwicklung des Schwarzwildes landesweit zu untersuchen, sondern nur wissenschaftliche Verfahren auf eng begrenzten Flächen. Rückschlüsse auf die Populationsentwicklung können jedoch aus den Streckenzahlen gezogen werden. Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Frage 2: Wie hat sich die Zahl der erlegten Wildschweine in den letzten 10 Jahren in Hessen (bitte getrennt für Kreise, kreisfreie Städte angeben) entwickelt? Die folgende Tabelle zeigt die Streckenentwicklung für Schwarzwild in den Jagdjahren 2007 bis 2017 für ganz Hessen. Die Dynamik der Schwarzwildentwicklung wird deutlich wenn man weiß, dass in den sechziger Jahren in Hessen im ganzen Jahrzehnt von 1960 bis 1970 rd. 40.000 Stück Schwarzwild erlegt wurden, im Jahrzehnt von 2000 bis 2010 rd. 523.000 Stück. Das ist die 13-fache Anzahl. Auf die Anlage 1 wird hierzu verwiesen. Eingegangen am 15. Juni 2018 · Bearbeitet am 18. Juni 2018 · Ausgegeben am 22. Juni 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/6392 15. 06. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2007/2008 47.298 2.800 50.098 2008/2009 72.260 5.667 77.927 2009/2010 39.149 2.694 41.843 2010/2011 63.910 4.197 68.107 2011/2012 38.669 2.381 41.050 2012/2013 70.653 4.075 74.728 2013/2014 49.715 2.766 52.481 2014/2015 51.424 2.932 54.356 2015/2016 65.294 4.213 69.507 2016/2017 58.910 3.455 62.365 Jagdjahr Jagd Fallwild Summe 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6392 Frage 3. Inwiefern will sich die Landesregierung dafür einsetzen und es unterstützen, dass die Untersuchungsgebühren gesenkt werden? Die Frage zielt vermutlich auf die Untersuchungsgebühr für die amtliche Trichinenbeschau ab. Diese Vermutung vorausgesetzt, beantworte ich die Frage wie folgt: Seit dem 1. April 2005 werden die Gebühren für die Trichinenuntersuchung ausschließlich von den hessischen Landräten und Oberbürgermeistern erhoben und vereinnahmt, die die Untersuchung als Auftragsangelegenheit in eigener Zuständigkeit durchführen. Das Land kann keinen unmittelbaren Einfluss auf die Höhe der Gebühren nehmen, hat aber die Landkreise gebeten, den Erlass der Gebühr für Frischlinge zu prüfen. Frage 4. Wie haben sich die durch Schwarzwild verursachten Schäden im Grün- und Ackerland in den letzten 10 Jahren in Hessen (bitte getrennt für Kreise, kreisfreie Städte, in ha sowie Schadenssummen angeben) entwickelt? Diese Informationen liegen der Landesregierung nicht vor. Frage 5. Wie will die Landesregierung die Schwarzwildpopulation verringern, den Tierbestand eindämmen ? Als Kulturfolger hat Schwarzwild in den vergangenen Jahrzehnten von den Entwicklungen im Naturraum, u.a. der Klimaerwärmung oder den vermehrten Maisanbau, maßgeblich profitiert. Dies wird sowohl durch die ständig steigenden Jagdstrecken als auch die nach wie vor sehr hohe Schadenssituation, vor allem in den Bereichen Weinbau und Landwirtschaft, deutlich. Eine nachhaltige Reduktion des Schwarzwildes ist zum Zwecke der Wildschadensreduktion, Vermeidung von Verkehrsunfällen mit Schwarzwildbeteiligung und der Seuchenprävention zwingend erforderlich, daher gilt es, diese Wildart weiterhin intensiv zu bejagen. Für die effektive Schwarzwildbejagung wird der Jägerschaft im Rahmen immer wieder empfohlen , verstärkt revierübergreifende Bewegungsjagden durchzuführen. Um weitere Anreize für diese Jagdart zu schaffen, ist beispielsweise die finanzielle Förderung von Hegegemeinschaften aus Mitteln der Jagdabgabe an die Durchführung mindestens einer revierübergreifender Jagd pro Jahr als Fördervoraussetzung gekoppelt. Des Weiteren wurde durch die Aufhebung der Schonzeit für Keiler und Bachen (außer führende Elterntiere) für die Jägerschaft die Möglichkeit der weiteren Intensivierung der Jagd auf Schwarzwild geschaffen. Frage 6. Will sie analog des Bayerischen Modells Genehmigungen für die Nutzung von Nachtsichtgeräten in Einzelfällen (als befristeten, behördlichen Auftrag) ermöglichen? Wenn nein, warum nicht und welche Ausnahmemöglichkeit will die Landesregierung ermöglichen? Wenn ja, wie will sie dies umsetzen und inwiefern können Nachtsichtgeräte finanziell gefördert werden? Die Verwendung eines Nachtsichtgerätes bzw. eines Wärmebildgerätes, welches mit einer Schusswaffe verbunden wird, ist waffen- und jagdrechtlich verboten. Unter Bezug auf § 40 Abs. 2 WaffG kann eine Prüfung dahin gehend erfolgen, ob einzelne Personen beauftragt werden können, im Rahmen eines begrenzten Projektes Wildschweine unter Zuhilfenahme eines mit der Waffe verbundenen Nachtzielgerätes zu erlegen. Unabhängig davon können andere Techniken wie eine Zielbeleuchtung mittels Lampen oder Infrarot-Strahlern erprobt werden. Frage 7. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um Jagdgenossenschaften sowie Landwirte zu unterstützen, die von solchen Wildschäden betroffen sind? Soll es zukünftig finanzielle Unterstützungen geben, um diese Schäden auszugleichen? Die Landesregierung verweist auf die gesetzlichen Regelungen des BJagdG, §§ 29 - 35, und die Regelungen des HJagdG, §§ 33 - 37. Danach stellt sich die Schadensersatzpflicht für Wildschäden prinzipiell wie folgt dar: Wird ein Grundstück, das zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehört oder einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk angegliedert ist, durch Schalenwild, Wildkaninchen oder Fasanen beschädigt , so hat die Jagdgenossenschaft dem Geschädigten den Wildschaden zu ersetzen. Der aus der Genossenschaftskasse geleistete Ersatz ist von den einzelnen Jagdgenossen nach dem Verhältnis des Flächeninhalts ihrer beteiligten Grundstücke zu tragen. Hat der Jagdpächter den Ersatz des Wildschadens ganz oder teilweise übernommen, so trifft die Ersatzpflicht den Jagd- Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6392 3 pächter. Die Ersatzpflicht der Jagdgenossenschaft bleibt bestehen, soweit der Geschädigte Ersatz von dem Pächter nicht erlangen kann. Auf die Beantwortung der Frage 5 wird ergänzend verwiesen. Frage 8. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um hessisches Schwarzwild vor der Afrikanischen Schweinepest zu schützen bzw. Seuchenausbruch zu vermeiden? Die Afrikanische Schweinepest (ASP) wird v.a. über Blut oder bluthaltiges Gewebe von infizierten Schweinen übertragen. Das Virus ist in der Umwelt sehr lange überlebensfähig. Das Friedrich-Loeffler-Institut schätzt in seiner Risikobewertung die Einschleppung des Virus der ASP durch illegale Verbringung und Entsorgung von kontaminiertem Material als hoch ein. Damit geht eine große Gefahr der Infektion des Wildschweinebestandes von unachtsam in der Natur entsorgten Speiseresten, die möglicherweise infizierte Schweinefleischprodukte enthalten, aus. Ein absoluter Schutz des Schwarzwildes in Hessen vor der Infektion durch den Faktor Mensch ist rein praktisch unmöglich. Maßnahmen zum Schutze der Schwarzwildbestände müssen zum Ziel haben, diesen Eintragsweg möglichst zu unterbinden. Dazu wurden an den Rastplätzen der Bundesautobahnen mehrsprachige Warnplakate mit Hinweisen zur sicheren Speiseresteentsorgung angebracht. Vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zusätzlich zur Verfügung gestellte 180 Plakate wurden an die hessischen Veterinärbehörden verteilt. Zwischenzeitlich wurde der weitere Bedarf an Plakaten, insbesondere laminierten Plakaten, und Handzetteln bei den Veterinärbehörden abgefragt. Die benötigten Informationsmaterialien werden von Ministerium für Umwelt, Klimaschutz Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV) bei der Druckerei in Auftrag gegeben und den Behörden zur Verfügung gestellt werden. Zusätzlich stehen die Druckvorlagen auf der Homepage des HMUKLV zur Verfügung. In Gesprächen, Vorträgen oder mit Anschreiben wurden Vertreter von Jagd- und landwirtschaftlichen Verbänden sowie der Transport- und Logistikbranche, für die Problematik der Infektionsgefahr , die von Speiseresten ausgehen kann, sensibilisiert und aufgefordert, ihre Mitglieder auf die sachgerechte Entsorgung von Speiseresten hinzuweisen. Hessen Mobil hat zugesichert, die Rastplätze in Hessen bezüglich Absicherung gegen Wildschweine zu überprüfen und die Ausstattung mit feststehenden, mit Deckeln gesicherten Mülltonnen zu gewährleisten. Um Seuchenausbrüchen in Hausschweinebeständen, die auf die Schwarzwildpopulation übergreifen könnten, vorzubeugen, wurden alle Schweinehalter in Hessen in einem Schreiben über die nach der Schweinehaltungshygiene-Verordnung vorgeschriebenen Biosicherheitsmaßnahmen informiert. Die Veterinärbehörden wurden angewiesen, die Einhaltung der Biosicherheitsmaßnahmen in Schweinebeständen verstärkt zu überprüfen. Die derzeit hohe Schwarzwilddichte in Hessen würde im Falle des Ausbruchs der ASP eine schnelle, großflächige Ausbreitung des Virus in der Wildschweinpopulation begünstigen. Deshalb dienen alle Maßnahmen zur Reduzierung des Wildschweinebestandes (vergleiche Antwort zu Frage 5.) auch der Vorbeugung der Tierseuchenbekämpfung. Die frühzeitige Feststellung eines ASP-Ausbruches ist Grundlage für eine schnelle Bekämpfung und Verhinderung der Ausbreitung der Tierseuche. Da die an ASP erkrankten Schweine sehr schnell verenden, ist es wichtig, insbesondere tot aufgefundene Wildschweine auf ASP zu untersuchen . Um den Anteil an Proben verendeter oder erlegter Wildschweine mit Krankheitsanzeichen im Rahmen der Monitoring-Untersuchungen zu erhöhen, wird seit dem 15. Februar 2018 eine Aufwandsentschädigung von 30,00 € für jede Probe von einem verendet aufgefundenen, verunfallten oder krankheitsauffällig erlegten Wildschwein an den Jagdausübungsberechtigten ausgezahlt. Wiesbaden, 5. Juni 2018 Priska Hinz Anlagen Anlage 1 KA 19/6392 Schwarzwildstrecke der Landkreise Landkreis 2007/ 2008 2008/ 2009 2009/ 2010 2010/ 2011 2011/ 2012 2012/ 2013 2013/ 2014 2014/ 2015 2015/ 2016 2016/ 2017 RP Darmstadt 1 Bergstraße 1.328 1982 1.413 2.018 1.174 2.434 2.127 2.088 2.422 2.422 2 Darmstadt- Dieburg 1.453 1894 1.264 2.028 1.403 2.509 1.982 2.089 2.476 2.476 3 Groß-Gerau 1.078 1347 667 1.116 791 1.590 1.071 1.304 1.289 1.289 4 Hochtaunus 1.817 3006 1.236 1.812 1.000 2.021 1.613 1.758 2.198 2.198 5 Main-Kinzig 3.820 5390 2.497 4.099 2.337 3.870 4.316 4.059 5.020 5.020 6 Main-Taunus 329 766 447 554 283 634 386 583 688 688 7 Odenwald 1.649 1845 1.290 1.977 1.134 1.983 2.163 1.923 2.189 2.189 8 Offenbach Land 850 1158 656 984 664 1.351 837 851 1.091 1.091 9 Rheingau- Taunus 3.418 6566 3.019 5.297 2.996 5.191 2.954 3.129 3.821 3.821 10 Wetterau 1.994 3217 1.639 2.947 1.901 3.403 2.379 2.962 3.545 3.545 11 Darmstadt 414 698 375 500 339 734 531 593 582 582 12 Frankfurt 272 550 90 98 140 292 127 161 380 380 13 Offenbach Stadt 3 10 5 11 13 8 14 11 25 25 14 Wiesbaden 368 650 372 574 298 523 294 358 706 706 RP Kassel 15 Fulda 2.134 3556 1.402 2.684 1.347 2.691 1.889 1.709 2.777 2.777 16 Hersfeld- Rotenburg 2.873 4018 2.392 3.821 2.398 3.716 2.502 2.294 3.093 3.093 17 Kassel-Land 2.161 3295 1.529 3.169 2.041 3.639 2.608 2.428 3.560 3.560 18 Kassel-Stadt 4 23 10 25 11 25 10 9 27 27 19 Schwalm-Eder 3.066 4708 2.737 4.175 2.510 4.175 2.830 3.183 4.098 4.098 20 Waldeck- Frankenberg 4.479 6233 3.336 6.256 4.157 6.689 4.368 4.258 5.373 5.373 21 Werra-Meißner 2.082 3160 2.239 3.790 2.525 3.805 2.748 2.546 3.201 3.201 RP Gießen 22 Gießen 2.276 3643 2.124 3.127 1.724 2.972 1.806 2.484 3.037 3.037 23 Vogelsbergkrei s 3.554 5320 3.301 5.004 3.367 5.630 3.749 4.116 5.601 5.601 24 Marburg Biedenkopf 3.230 4661 2.360 4.013 2.465 5.042 3.602 3.223 4.326 4.326 25 Limburg- Weilburg 2.076 3189 1.825 2.857 1.583 3.873 2.263 2.708 3.480 3.480 26 Lahn-Dill Kreis 3.027 6533 3.275 5.081 2.449 5.928 3.312 3.509 4.478 4.478