Kleine Anfrage des Abg. Greilich (FDP) vom 15.05.2018 betreffend Ungereimtheiten bei der Vorbereitung des Berufsschulunterrichts für den neuen dualen Ausbildungsberuf "Kaufmann im E-Commerce und Kauffrau im E-Commerce" - Teil III und Antwort des Kultusministers Vorbemerkung des Fragestellers: Die Antworten des Kultusministers auf die beiden vorangegangenen Anfragen zum gleichen Thema werfen weitere Fragen auf. Die Vorbemerkung des Fragestellers vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Warum wurde in den Vorschlägen des HKM an die "landesweite Kommission" für den Kriterienkatalog von vornherein die Vorgabe "Bildung von Blockklassen an nur einem Standort" gemacht? Im Entwurf des Ausschreibungstextes, der der landesweiten Kommission zusammen mit dem Entwurf des Kriterienkatalogs vor der Veröffentlichung im Amtsblatt vorgestellt wurde, wird ausgeführt, dass die Beschulung der Landesfachklasse in Form von Blockunterricht gemäß § 39 Abs. 4 HSchG stattfinden soll. Die Vorgehensweise des Kultusministeriums bei der Ausschreibung eines Landesfachklassenstandorts basiert auf den Anregungen des hessischen Bildungsgipfels und wurde durch die Mitglieder der landesweiten Kommission befürwortet und begleitet. Die Festlegung auf einen im Prozess zu begleitenden und zu evaluierenden Landesfachklassenstandort erscheint aufgrund der noch offenen Entwicklung der Ausbildungszahlen weiterhin sinnvoll. Zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung waren noch keine Ausbildungsverträge registriert ; mit Stand 30. April 2018 waren es zwei Verträge. Da sich laut Auskunft der Arbeitsgemeinschaft der Hessischen Industrie- und Handelskammern mit Stand Mitte März 2018 nur 68 über ganz Hessen verteilte Betriebe zur Ausbildung potenziell eignen, erscheint eine Fachklassenbildung an verschiedenen Standorten unter Einhaltung der Mindestschülerzahlen gemäß Verordnung über die Festlegung der Anzahl und der Größe der Klassen für das kommende Schuljahr nicht realistisch. Frage 2. Wie wurde den 20 nicht berücksichtigten beruflichen Schulen, die sich ebenfalls beworben hatten, in nachvollziehbarer und transparenter Weise mitgeteilt, aufgrund der Anwendung und Gewichtung welcher Kriterien der Zuschlag bzw. die Nichtberücksichtigung der jeweiligen Schule erfolgte , damit die Schulen dies bei künftigen Ausschreibungen berücksichtigen können? Die Information der Bewerberschulen über die Auswahlentscheidung erfolgte auf dem Dienstweg . Über das Ministerium wurde informiert, dass die Modellschule Obersberg in Bad Hersfeld als Landesfachklassenstandort ausgewählt wurde, da diese die aufgestellten Kriterien in Summe qualitativ am besten erfüllt. Die Auswahl des Landesfachklassenstandorts erfolgte kriteriengeleitet anhand eines berufsspezifischen Kriterienkatalogs, der von den Bewerberschulen abgerufen wurde und ihnen bekannt ist. Die Kriterien sind auf der Grundlage von Vorgaben der landesweiten Kommission entwickelt worden. Die Auswahlentscheidung basiert auf einer Bewertung aller Kriterien des Katalogs . Dieser wurde von allen Mitgliedern der landesweiten Kommission gelobt. Eingegangen am 2. Juli 2018 · Bearbeitet am 2. Juli 2018 · Ausgegeben am 6. Juli 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/6436 02. 07. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6436 Frage 3. Wie viele Betriebe erklärten sich jeweils im Rahmen eines Letter of Intent zur Ausbildung in dem neuen Beruf bereit, und wie viele haben ihre Bereitschaft revidiert, nachdem es nur zu einem Fachklassenstandort kommt? Frage 4. Wie viele der 68 Betriebe, die von den Industrie- und Handelskammern und dem Hessischen Kultusministerium als geeignet eingestuft wurden, haben nach Bekanntgabe der Auswahlentscheidungen für den Standort Bad Hersfeld schon ihre Bereitschaft revidiert, soweit bekannt: mit welchen Begründungen? Die Fragen 3 und 4 werden zusammen wie folgt beantwortet: Das Kultusministerium orientiert sich an den Zahlen und Informationen der Hessischen Industrie - und Handelskammern. Diese beziehen sich zum einen auf die Anzahl der als ausbildungsgeeignet festgestellten Betriebe und zum anderen auf die Anzahl der registrierten Ausbildungsverträge . Informationen darüber, inwieweit diese Betriebe über einen Letter of Intent ihre Ausbildungsbereitschaft dargelegt bzw. diese zurückgezogen haben, liegen dem Kultusministerium nicht vor. Frage 5. Ist die Landesregierung unter Berücksichtigung der Antworten zu den Fragen 3 und 4 bereit, weitere Fachklassenstandorte für das kommende Schuljahr einzurichten, und worauf gründet sie die Entscheidung? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Ausbildung bei den meisten Betrieben schon zum kommenden Schuljahr beginnt. Vielmehr ist angesichts des fortgeschrittenen Bewerbungsjahres davon auszugehen, dass etliche Unternehmen ihr Interesse erst im kommenden Jahr in Ausbildungsverträge umsetzen werden. Die Arbeitsgemeinschaft der Hessischen Industrie- und Handelskammern empfiehlt daher perspektivisch regionale "geclusterte" Standorte. Das Kultusministerium orientiert sich an den Zahlen und Informationen der Hessischen Industrie- und Handelskammern . Die Festlegung auf einen im Prozess zu begleitenden und zu evaluierenden Landesfachklassenstandort erscheint aufgrund der noch offenen Entwicklung der Ausbildungszahlen als sinnvoll. Das Kultusministerium prüft die Entwicklung der Schülerzahlen regelmäßig. Es steht gemäß HSchG jedem Schulträger frei, wenn ausreichend Auszubildende gemäß der Verordnung über die Festlegung der Anzahl und der Größe der Klassen in seinem Schulamtsbezirk vorhanden sind, einen Antrag auf Einrichtung einer Fachklasse zu stellen. Frage 6. Welche Kriterien gaben für die Auswahl des Standorts Bad Hersfeld letztlich den Ausschlag? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Frage 7. Sollen bei Bedarf nach Sichtung der konkreten Anmeldungen für das Schuljahr 2018/2019 die zu bildenden Parallelklassen ebenfalls in Bad Hersfeld eingerichtet werden oder beabsichtigt das Hessische Kultusministerium, die regionale Verteilung der Nachfrage dann doch zu berücksichtigen ? In Abhängigkeit von den konkreten Anmeldungen zum Schuljahr 2018/2019 können bei Bedarf Parallelklassen gebildet werden. Es ist sichergestellt, dass alle hessischen Auszubildenden in diesem Ausbildungsberuf ab dem kommenden Schuljahr in Hessen beschult werden können. Frage 8. Wie erklärt sich die Landesregierung, dass entgegen der hessischen Entscheidung andere ähnlich bedeutende Bundesländer von vornherein mehrere Fachklassenstandorte einrichten, etwa Bayern acht, Sachsen fünf und Nordrhein-Westfalen ebenfalls fünf, hier mit der klaren Ankündigung, bei entsprechendem Bedarf weiter Standorte einzurichten? Das Kultusministerium befindet nicht über die Umsetzung der Beschulung einzelner Ausbildungsberufe in anderen Ländern. Frage 9. Welchen Sinn hat es - neben dem Festhalten an überlieferten Regeln um jeden Preis - dass bei der puren Anforderung des Kriterienkatalogs zu der Ausschreibung "das zuständige Staatliche Schulamt […] in die Kommunikation eingebunden" sein sollte, und warum wurde bei der Ausschreibung nicht darauf hingewiesen, dass entgegen ihrem Wortlaut die Anforderung doch über den Dienstweg erfolgen sollte? Nach § 11 der Dienstordnung für Lehrkräfte, Schulleiterinnen und Schulleiter und sozialpädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist bei Eingaben an die Schulaufsichtsbehörde der Dienstweg einzuhalten. Wiesbaden, 25. Juni 2018 Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz