Kleine Anfrage des Abg. Gremmels (SPD) vom 08.07.2014 betreffend Bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung von Windkraftanlagen und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung der Fragesteller: Mit dem Ausbau der Windenergie im Zuge der Energiewende wachsen die optischen Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger im ländlichen Raum. Als eines der größten Akzeptanzprobleme erweist sich dabei das permanente nächtliche Blinken von Windenergieanlagen. Während Ortsansässige aufgrund negativer Erfahrungen mit dieser Art von Nachtkennzeichnungen oftmals den weiteren Ausbau von Windkraftanlagen zu verhindern versuchen, meidet der Tourismus bereits spürbar solche Bereiche, in denen Windkraft stattfindet. Die technische Lösung des Problems liegt in der so genannten bedarfsgerechten Befeuerung von Windkraftanlagen . Diese vollautomatische Steuerung bewirkt, dass die Beleuchtung erst dann eingeschaltet wird, wenn ein Flugzeug oder Helikopter einen zuvor definierten Mindestabstand zu Windkraftanlagen unterschreitet. Verlässt das Luftfahrzeug diesen Korridor, schalten sich sämtliche Befeuerungsanlagen auch von selbst wieder ab. Voraussetzung für diese automatische Befeuerung ist, dass diese unabhängig von der technischen Ausstattung der Luftfahrzeuge arbeitet. Eine entsprechende Änderung der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen hat das BMVI vorgelegt. Die Verantwortung für die Änderung und Umsetzung dieser Vorschrift liegt gemäß Art. 84 Abs. 2 GG bei der Bundesregierung und dem Bundesrat. Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Windenergieanlagen gelten aufgrund ihrer Höhe als Luftfahrthindernisse, die nach der "Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen (AVV)" über Tages - und Nachtkennzeichnungen verfügen müssen, um Kollisionen mit Luftfahrzeugen zu verhindern und die Sicherheit des Luftverkehrs nicht zu gefährden. Die AVV berücksichtigt hierbei die entsprechenden einschlägigen Anforderungen der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO). Die nach der AVV erforderliche Nachtkennzeichnung von Windenergieanlagen in Form von weißen und roten Blink- oder Blitzlichtern ist als Lichtimmission i.S. des BundesImmissionsschutzgesetzes (BImSchG) zu werten und wird dementsprechend bei der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit von Vorhaben auf davon ausgehende schädliche Umwelteinwirkungen untersucht. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit der Hessischen Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wie folgt: Frage 1. Wie stellt sich aus Sicht der Landesregierung das Problem der sogenannten optischen Belastung durch blinkende Nachtkennzeichnungen an Windkraftanlagen grundsätzlich dar? Nach Auskunft der hessischen Genehmigungs- und Überwachungsbehörden wird zwar durch die Anwohner im Genehmigungsverfahren auf diese Problematik hingewiesen, Beschwerden über diese Art von Emissionen bei existenten Anlagen sind allerdings nicht bekannt. Von daher kann die Aussage, dass die permanente Nachtkennzeichnung eines der größten Akzeptanzprobleme der Windenergie darstelle, nicht bestätigt werden. Ausgehend von der Eigenschaft der blinkenden oder blitzenden Nachtkennzeichnungen als Lichtimmission im Sinne des BImSchG ist im Rahmen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren die bundesweit gültige "Richtlinie zu Erfassung und Messung von Licht" (Licht-Richtlinie) zu beachten, welche die Immissionen in Blendung und Aufhellung unterscheidet . Die Aufhellung eines Immissionsortes, z.B. das Fenster eines Wohnraumes, kann durch die Abstände von mehreren 100 Metern zur nächsten Windkraftanlage ausgeschlossen werden. Erfah- Eingegangen am 25. August 2014 · Ausgegeben am 27. August 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/647 25. 08. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/647 rungsgemäß liegt die ermittelte Beleuchtungsstärke (Lux) bei Windkraftanlagen < 1 % des Immissionsrichtwertes der Licht-Richtlinie und ist somit nicht von Bedeutung. Auch eine Blendwirkung ist auf Grund der entsprechend geringen Lichtstärke der Nachtbefeuerung und der vergleichsweise nah am Boden befindlichen Immissionspunkte als unerheblich einzustufen, zumal die Lichter in einem Winkel Richtung Luftraum abgestrahlt werden. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des BImSchG durch Licht sind insoweit folglich nicht gegeben. Diese Erkenntnis deckt sich mit einer durch das Bundesumweltministerium beauftragten wissenschaftlichen Studie zur Ermittlung der Belästigungswirkung von Hinderniskennzeichnungen durch die Universität Halle-Wittenberg. In der Gesamtschau ließ sich keine erhebliche Belästigung durch die Hinderniskennzeichnungen im Sinne der Begrifflichkeiten des BImschG konstatieren. Dessen ungeachtet wird, über die Bestimmungen der AVV hinausgehend, eine Synchronisation der Schalt- und Blinkfolgen der Befeuerung von Windenergieanlagen üblicherweise als Nebenbestimmung in den Genehmigungsbescheiden gefordert. Irritierende Blitzeffekte der Lichter werden in letzter Zeit zudem durch ein langsam an- und ausgehendes Licht (Dimmung mit längeren Taktfolgen) abgelöst. Es ist davon auszugehen, dass sich diese Technik mittelfristig durchsetzen wird. Frage 2. Ist der Landesregierung die vom BMVI diesbezüglich erarbeitete allgemeine Verwaltungsvor- schrift bekannt, die eine sogenannte bedarfsgerechte Befeuerung von Windkraftanlagen ermöglichen soll? Ein Referentenentwurf des BMVI zur Änderung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen vom 29.04.2007 ist den Ländern am 04.08.2014 zur Stellungnahme übersandt worden. Die durch den Entwurf vorgesehenen Änderungen beziehen sich schwerpunktmäßig auf die Reduzierung möglicher Störwirkungen durch die nächtliche Befeuerung von Windkraftanlagen. Eine Ressortabstimmung innerhalb der Bundesregierung sowie die Anhörung der Verbände ist gleichzeitig mit der Länderanhörung eingeleitet worden. Frage 3. Wie bewertet die Landesregierung diese Verwaltungsvorschrift? Der vom BMVI vorgelegte Entwurf enthält eine Vielzahl von Änderungen, die dazu beitragen können, die Störwirkung der Befeuerung von Windkraftanlagen zu reduzieren. So ist u.a. eine nunmehr verpflichtende Vorschrift zur Synchronisierung von Feuern vorgesehen, um störende Lichteffekte in Anlagengruppen zu minimieren. Des Weiteren werden neben Untergrenzen nunmehr auch Obergrenzen für Lichtstärken sowie begrenzende Abstrahlwinkel definiert. Auch die Möglichkeit einer bedarfsgerechten Befeuerung von Windenergieanlagen in der Nacht, wonach die Befeuerung nur dann eingeschaltet wird, wenn sich ein Luftfahrzeug nähert, wird prinzipiell eröffnet. Derzeit wird der Entwurf inhaltlich von der Landesregierung geprüft. Grundsätzlich steht die Landesregierung den vorgeschlagenen Maßnahmen zur Akzeptanzsteigerung der Windenergie positiv gegenüber. Es muss jedoch sichergestellt sein, dass die Sicherheit des Luftverkehrs nicht beeinträchtigt wird. Frage 4. Wie wird sich die Landesregierung bei der Abstimmung zu dieser Verwaltungsvorschrift gem. Art 84 Abs. 2 GG im Bundesrat verhalten? Da es sich bei dem vorliegenden Entwurf lediglich um einen bislang nicht ressortabgestimmten Referentenentwurf des BMVI handelt und darüber hinaus auch nicht abzusehen ist, welche Änderungen sich nach der Anhörung der Beteiligten noch ergeben werden, kann hierzu keine abschließende Aussage getroffen werden. Frage 5. Wie stellen sich die diesbezüglichen Beratungen im Bundesrat dar? Eine Bundesratsbefassung steht noch nicht an. Frage 6. Wann rechnet die Landesregierung mit einem Inkrafttreten dieser Verwaltungsvorschrift? Hierzu ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Abschätzung möglich. Wiesbaden, 21. August 2014 Tarek Al-Wazir