Kleine Anfrage des Abg. Dr. h.c. Hahn (FDP) vom 12.06.2018 betreffend Kontrolle des fließenden Fahrradverkehrs und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung des Fragestellers: In vielen Kommunen in Hessen bemühen sich die kommunal Verantwortlichen, eine neue Abstimmung zwischen dem Auto- und Busverkehr, dem Fahrradverkehr und den Fußgängern im Rahmen der Fortschreibung von Verkehrskonzepten herzustellen. Dabei wird häufig einerseits eine Befreiung der Fahrradfahrer von den Einbahnstraßen-Regeln vorgenommen, zeitgleich aber für andere Straßen strikt auf die Einhaltung dieses Verbots geachtet. Die Kommunen sind aber ausschließlich für die Kontrolle des stehenden Verkehrs zuständig . Sie dürfen auch keine Sanktionen verhängen. Vorbemerkung des Ministers des Innern und für Sport: Die Neustrukturierung von Verkehrsräumen bedingt eine Anpassung des Verhaltens aller Verkehrsteilnehmer . Aus polizeilicher Sicht ist es unabdingbar, diese notwendige Verhaltensveränderung durch Verkehrskontrollen zu begleiten. Grundsätzlich obliegt die Verfolgung von Verkehrsverstößen dem Polizeivollzugsdienst des Landes. Die Vorschrift des § 99 HSOG eröffnet jedoch die Möglichkeit, dass auch Landkreise, Städte und Gemeinden zur Wahrnehmung bestimmter Aufgaben der Gefahrenabwehr oder zur hilfsweisen Wahrnehmung bestimmter polizeilicher Aufgaben Hilfspolizeibeamtinnen und Hilfspolizeibeamte bestellen können. In den Landkreisen, Städten und Gemeinden können sie die Bezeichnung Ordnungspolizeibeamtin oder Ordnungspolizeibeamter führen. Die von ihnen wahrgenommenen Aufgaben sind in einer Bestellungsverfügung genau zu bezeichnen. Die Hilfspolizeibeamtinnen und Hilfspolizeibeamten können beispielsweise befugt sein, Personalien festzustellen, Platzverweise zu erteilen und Fahrzeuge anzuhalten. Außer der Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten im ruhenden Verkehr können sie neben den Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten des Landes ebenso die Befugnis erteilt bekommen, Verkehrsordnungswidrigkeiten im fließenden Verkehr, somit auch die von Radfahrenden begangenen Verkehrsordnungswidrigkeiten zu verfolgen. Die Vorschrift des § 3 der Verordnung zur Bestimmung verkehrsrechtlicher Zuständigkeiten (VkRZustV, HE) vom 12. November 2007 regelt in Abs. 2, dass unbeschadet der Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Kassel als Bezirksordnungsbehörde nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 auch die (Ober-) Bürgermeisterinnen und Bürgermeister als örtliche Ordnungsbehörden für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nach den §§ 23 bis 24c des Straßenverkehrsgesetzes einschließlich der Erteilung von Verwarnungen, der Erhebung von Verwarnungsgeldern, der Einstellung von Verfahren und der Kostenentscheidungen nach § 25a Abs. 2 des Straßenverkehrsgesetzes zuständig sind. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Aus wie vielen hessischen Kommunen liegen Erkenntnisse bei den Dienststellen der Landespolizei vor, dass es zu Konflikten bei der Überwachung des fließenden Radverkehrs kommt? Wie häufig und intensiv wird kontrolliert? Frage 2. Wie gehen die örtlichen Polizeidienststellen mit der Umsetzung Ihrer Verpflichtung um, auch den fließenden ordnungswidrigen Fahrradverkehr zu überwachen? Die Fragen 1 und 2 werden wegen des gegebenen Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Eingegangen am 8. August 2018 · Bearbeitet am 8. August 2018 · Ausgegeben am 14. August 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/6543 08. 08. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6543 Das Schwerpunktprogramm der hessischen Polizei "Verkehrssicher in Hessen" beinhaltet u. a. Maßnahmen zum Schutz schwächerer Verkehrsteilnehmer, denen auch Fahrradfahrende zuzuordnen sind. Sofern Fahrradfahrende selbst gefährdet sind, wird die Polizei präventiv mit der Zielrichtung tätig, Unfallgefahren und -folgen zu reduzieren. Verhalten sich Radfahrende ordnungswidrig und gefährden u. U. sogar andere Verkehrsteilnehmende, wird die Polizei repressiv tätig, indem sie die betreffenden Verstöße verfolgt. Die Häufigkeit und Intensität dieser Kontrollen des Radverkehrs orientiert sich an den im Einzelfall vorherrschenden Gegebenheiten, z.B. signifikantes Unfall- oder Beschwerdeaufkommen. Diese Kontrollen werden regelmäßig sowohl im Rahmen des Wach- und Wechseldienstes wie auch durch gezielte Schwerpunktkontrollen durchgeführt. Gesonderte Statistiken werden über diese Kontrollen nicht geführt. Daher ist die Angabe von Kontrollzahlen ebenso wie die Feststellung von regionalen Schwerpunkten nicht möglich. Konflikte mit betroffenen Fahrradfahrenden sind nur aus wenigen Einzelfällen bekannt und in den meisten Fällen auf die Uneinsichtigkeit der Betroffenen gegenüber der getroffenen Maßnahmen zurückzuführen. Uneinigkeiten zwischen der Polizei und den örtlichen Ordnungsbehörden hinsichtlich der Aufgabenwahrnehmung sind nicht bekannt. Vielmehr erfolgt die Überwachung des ruhenden und fließenden Verkehrs im gemeinschaftlichen Einvernehmen zwischen den beteiligten Behörden. Frage 3. Steht hierzu genügend Personal zur Verfügung oder wird dieses in der Gesamtheit für "Höherwertiges " eingesetzt. Die Verkehrssicherheitsarbeit ist ein elementarer Bestandteil des polizeilichen Aufgabenspektrums . Mit dem zur Verfügung stehenden Personalkörper der Dienststellen mit verkehrspolizeilichen Aufgaben sowie des Wach- und Wechseldienstes kann grundsätzlich auch die Überwachung des Fahrradverkehrs in ausreichendem Maße gewährleistet werden. Wie jedoch in anderen Aufgabenbereichen der hessischen Polizei auch, ist es in Ausnahmefällen möglich, dass bei konkreten Gefahrenlagen die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten hinter entsprechende Gefahrenabwehrmaßnahmen zeitweise zurückgestellt werden muss. Frage 4. Ist der Landesregierung bewusst, dass der Bürger vor Ort davon ausgeht, dass zur Kontrolle des fließenden Fahrradverkehrs das städtische Ordnungsamt zuständig sei und nicht die staatliche Landespolizei? Und sich deshalb auch an das Rathaus wendet? Wie in den Vorbemerkungen ausgeführt, können Kontrollen des fließenden Verkehrs ebenfalls durch die örtlichen Ordnungsbehörden durchgeführt werden. Auf Ebene der Polizeidirektionen erfolgt eine enge Zusammenarbeit mit den Vertretern dieser Ordnungsbehörden. Dadurch ist gewährleistet, dass das Anliegen der Bürgerinnen und Bürger entweder direkt durch die örtliche Ordnungsbehörde bearbeitet oder an die zuständige Polizeibehörde weitergegeben wird. Darüber hinaus vermittelt die hessische Polizei über die klassischen Medien bzw. über ihre Internetseiten und die Social-Media-Kanäle verkehrspolizeiliche Inhalte der Öffentlichkeit und stellt sich so proaktiv als Ansprechpartner für die Belange der Verkehrssicherheit zur Verfügung . Frage 5. Plant die Landesregierung, eine Initiative zur Änderung der Rechtslage zu ergreifen? Eine Rechtsgrundlage für die Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten im fließenden Verkehr durch die Kommunen ist bereits vorhanden. Diese hat sich bewährt. Eine Initiative zur Änderung der Rechtslage ist daher nicht beabsichtigt. Wiesbaden, 26. Juli 2018 Peter Beuth