Kleine Anfrage der Abg. Hartmann und Hofmann (SPD) vom 19.06.2018 betreffend der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Kassel bezüglich der Umgehungsstraße B38a und Antwort der Ministerin der Justiz Vorbemerkung der Fragesteller: Der Planfeststellungsbeschluss für die Umgehungsstraße B38a von Mörlenbach in Form der Variante 02 wurde im Januar 2014 unterzeichnet und vom BUND und von einem Privatmann beklagt. Terminierungen bezüglich des Verfahrensbeginns wurden vom zuständigen Senat mit Begründung der unerwartet hohen Belastungen mit Beschwerdeverfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes und Asylstreitverfahren immer wieder zeitlich nach hinten verschoben. Diese Vorbemerkung der Fragesteller vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Weshalb verzögert sich nach Ansicht der Landesregierung die Entscheidung des VGH bezüglich der anhängigen Klagen zur B38a? Dem Hessischen Ministerium der Justiz (HMdJ) ist es wegen des Grundsatzes der Gewaltenteilung und insbesondere der verfassungsrechtlich garantierten richterlichen Unabhängigkeit verwehrt , auf gerichtliche Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Aus Respekt vor der richterlichen Unabhängigkeit kommentiert das HMdJ auch nicht den Ablauf einzelner Verfahren. Dies schließt Entscheidungen über die Terminierung eines Verfahrens oder die Verfahrensförderung mit ein. Entsprechend sind die Gerichte gegenüber dem HMdJ insoweit auch nicht berichtspflichtig . Der Landesregierung ist aber bekannt, dass das Gericht im Spätsommer 2017 für Ende 2017/Anfang 2018 eine mündliche Verhandlung angekündigt hatte. Diese konnte jedoch nicht durchgeführt werden, da zwischenzeitlich mehrere neue Gutachten von den Parteien eingereicht wurden, die jeweils an den Prozessgegner unter Gewährung einer Frist zur Stellungnahme zu übermitteln waren. Generell ist anzumerken, dass die Dauer gerichtlicher Verfahren von einer Vielzahl von Faktoren abhängig ist, auf die die Landesregierung aus Rechtsgründen (verfassungsrechtlich verbürgte Unabhängigkeit der Gerichte) oder aus tatsächlichen Gründen (Prozesshandlungen und Prozessverlauf) keinen Einfluss hat. Frage 2. Teilt die Landesregierung die Einschätzung der Pressestelle des VGH, dass die Belastungen des VGH insbesondere im Rahmen von Asylstreitverfahren und ausländerrechtlichen Beschwerdeverfahren in erheblichem Maße zugenommen haben? Die Landesregierung teilt die Einschätzung, dass die Geschäftsbelastung im Bereich der Asylsenate im Jahr 2017 im Vergleich zu den Vorjahren in erheblichem Maße angestiegen ist. Allerdings ist zu beachten, dass im gleichen Zeitraum die Belastung im Bereich der allgemeinen Verfahren (Berufungen) deutlich zurückgegangen ist. Die Verfahrenseingänge haben sich dort etwa halbiert. Grund für diese Entwicklung dürfte sein, dass auch bei den erstinstanzlich tätigen Verwaltungsgerichten weniger Verfahren in den Allgemeinen Kammern eingegangen sind und die Verwaltungsgerichte Ende 2016 und im Jahr 2017 ebenfalls deutlich mehr asylrechtliche Verfahren als allgemeine Verfahren entschieden haben. Eingegangen am 31. Juli 2018 · Bearbeitet am 31. Juli 2018 · Ausgegeben am 2. August 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/6568 31. 07. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6568 Frage 3. Wie wirkt sich diese Entwicklung auf die anderen anhängigen Verfahren beim VGH aus? Anhand der dem HMdJ vorliegenden statistischen Daten lässt sich feststellen, dass trotz der hohen Verfahrenseingänge im Bereich der Asylsenate des VGH im Geschäftsjahr 2017 auch im Bereich der Allgemeinen Senate viele Verfahren erledigt und damit der Bestand an anhängigen Verfahren im Vergleich zu 2016 etwa halbiert werden konnte. Zwar hat sich bei den Allgemeinen Senaten (Berufungen) die durchschnittliche Verfahrensdauer der erledigten Verfahren in 2017 im Vergleich zum Jahr 2016 von 7,2 auf 10,8 Monate erhöht. Da der Bestand erheblich zurückgegangen ist, dürfte diese Erhöhung aber gerade auch auf den Abbau von „Altbeständen“ zurückzuführen sein. Im Bereich der Asylsenate konnten ebenfalls eine erhebliche Anzahl an Verfahren erledigt werden . Hierbei hat sich die durchschnittliche Verfahrensdauer von 10,8 Monate im Jahr 2016 auf lediglich 5,6 Monate im Jahr 2017 verringert. Frage 4. Wie hat sich die Zahl der Verfahren beim VGH in den Jahren 2014, 2015, 2016 und 2017 entwickelt ? a) Insgesamt? b) Bezüglich Asylrechtsverfahren? Die Zahl der Verfahren beim VGH in der ersten Instanz, der Berufungsinstanz und der Beschwerdeinstanz , jeweils aufgegliedert nach Eingängen, Erledigungen und Beständen ergibt sich aus der nachfolgenden Übersicht. Hessischer Verwaltungsgerichtshof 2014 2015 2016 2017 Erste Instanz Eingänge 69 74 64 90 Erledigungen 71 76 70 77 Bestand 138 128 110 113 Berufungsinstanz Allgemeine Senate Eingänge 665 1.382 1.698 667 Erledigungen 627 745 1.601 1.341 Bestand 566 1.198 1.294 622 Asylsenate Eingänge 183 198 198 790 Erledigungen 197 157 186 659 Bestand 136 178 190 321 Beschwerdeinstanz Allgemeine Senate Eingänge 719 572 613 546 Erledigungen 727 563 610 473 Bestand 91 98 98 169 Asylsenate Eingänge 18 5 5 7 Erledigungen 18 6 5 8 Bestand 2 1 1 - Senate für technische Großvorhaben Eingänge 1 4 1 4 Erledigungen 1 3 - 2 Bestand 1 2 3 5 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6568 3 Frage 5. Wie viele Stellen standen in den Jahren 2014, 2015, 2016 und 2017 der Anzahl der Verfahren gegenüber? a) Im richterlichen Bereich? b) Im nicht-richterlichen Bereich? Die Anzahl der Stellen in Arbeitskraftanteilen (AKA) im richterlichen Bereich und im nichtrichterlichen Bereich beim VGH in den Jahren 2014 bis 2017 ergibt sich aus der nachfolgenden Übersicht. Stellen (in AKA) 2014 2015 2016 2017 Richterlicher Dienst 34,0 34,0 33,0 32,0 Nichtrichterlicher Dienst 39,0 38,5 39,0 39,0 Summe 73,0 72,5 72,0 71,0 Diesen Stellen stand die nachfolgende Anzahl an Verfahrenseingängen insgesamt (Summe Verfahrenseingänge erste Instanz, Berufungen, Beschwerden) gegenüber: Hess. Verwaltungsgerichtshof 2014 2015 2016 2017 Summe Verfahrenseingänge 1.655 2.235 2.579 2.104 Pebb§y - Belastungsquote richterlicher Dienst 87,76 97,26 92,35 92,31 Pebb§y - Belastungsquote nicht-richterlicher Dienst 106,20 114,55 113,68 110,64 Frage 6. Welche Maßnahmen sind von der Landesregierung geplant, um die Verfahrensdauer von teilweise über vier Jahren zu reduzieren? Wie bereits in der Antwort zu Frage 1 ausgeführt, ist grundsätzlich zu beachten, dass die Dauer gerichtlicher Verfahren von einer Vielzahl von Faktoren abhängig ist, auf die die Landesregierung aus Rechtsgründen (Unabhängigkeit der Gerichte) oder aus tatsächlichen Gründen (Prozesshandlungen der Parteien und Prozessverlauf) keinen Einfluss hat. Die Landesregierung stellt aber sicher, dass hinreichende Personal- und Sachmittel für die Tätigkeit der Gerichte zur Verfügung stehen. Mit dem Haushalt 2018/2019 wurden 30 neue Stellen für die Verwaltungsgerichtsbarkeit geschaffen, darunter 14 neue Planstellen für Verwaltungsrichterinnen und -richter. Nach der Durchführung entsprechender Besetzungsverfahren wird dies auch die Ernennung weiterer Richterinnen und Richter beim VGH nach sich ziehen, wo 2 der 14 neuen Planstellen für Verwaltungsrichterinnen und -richter zugeordnet wurden. Darüber hinaus setzt sich die Landesregierung dafür ein, dass die gesetzlichen Grundlagen für die Arbeit der Verwaltungsgerichte optimiert werden. Änderungen im Verwaltungsprozessrecht mit dem Ziel der Verfahrensbeschleunigung fallen allerdings in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Mit der Thematik befassen sich zwei von der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppen, eine zum allgemeinen Prozessrecht in der Verwaltungsgerichtsordnung und eine zu den speziellen prozessrechtlichen Regelungen im Asylgesetz. Die Arbeitsgruppen - an denen Hessen beteiligt ist - sollen einen möglichen Bedarf zur Änderung des Prozessrechts, insbesondere mit der Zielrichtung einer Verfahrensbeschleunigung , ermitteln und entsprechende Vorschläge der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister unterbreiten. Das HMdJ unterstützt nachhaltig alle Bestrebungen in den Arbeitsgruppen, durch sinnvolle und praxistaugliche Gesetzesänderungen die Verfahrensabläufe bei den Verwaltungsgerichten zu beschleunigen und zu optimieren. Im Bereich des Asylprozessrechts wurden bereits konkrete Vorschläge erarbeitet und von der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister befürwortet. Insbesondere geht es zum einen darum, den Verwaltungsgerichten erster Instanz die Möglichkeit zu eröffnen, in bestimmten Fällen selbst im Urteil die Berufung zuzulassen. Zum anderen soll dem Bundesverwaltungsgericht im Revisionsverfahren auch die Möglichkeit zur Klärung grundsätzlicher asylrelevanter Tatsachenfragen eröffnet werden. Damit soll erreicht werden, dass zu grundsätzlichen asylrelevanten Fragen schneller und einfacher Leitentscheidungen der Oberverwaltungsgerichte (in Hessen : Verwaltungsgerichtshof) oder des Bundesverwaltungsgerichts herbeigeführt werden können . Dies dient sowohl der Vereinheitlichung der Rechtsprechung als auch der Verfahrensbeschleunigung in den nachfolgenden Verfahren, in denen durch die Verwaltungsgerichte vergleichbare Sachverhalte zu entscheiden sind. Die Umsetzung dieser Vorschläge obliegt indes dem Bundesgesetzgeber. Wiesbaden, 24. Juli 2018 Eva Kühne-Hörmann