Kleine Anfrage des Abg. Lotz (SPD) vom 03.07.2018 betreffend Verwendung von Papier in Verbindung mit FSC und Antwort des Ministers der Finanzen Vorbemerkung des Fragestellers: Etwa die Hälfte des in Deutschland verbrauchten Rohholzes entfällt auf die Papierproduktion. Dementsprechend kommt dem Einsparungspotenzial von Frischfasern in der Papierproduktion im Sinne der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes ein besonderer Stellenwert zu. Auf dem Markt erhältlich sind verschieden zertifizierte "Recycling"- oder "umweltfreundliche" Papiere. Vorbemerkung des Ministers der Finanzen: Es wurde durch den Fragesteller kein abschließender Zeitraum benannt. In der Antwort wurde daher der Zeitraum 01.07.2017 bis 30.06.2018 zugrunde gelegt. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit der Hessischen Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wie folgt: Frage 1. Wie viel Papier mit einem der FSC-Label ("FSC mixed", "FSC recycelt") wird in der öffentlichen Beschaffung des Landes Hessen verwendet? Welche Mengen "Blauer Engel" Papier werden verwendet? Im eProcurement-Katalog zur Lieferung von Büropapier befinden sich insgesamt 59 verschiedene Büropapiere gelistet. Diese sind alle "FSC-/PEFC"- oder mit dem "Blauen Engel" zertifiziert . Die Zertifizierung der angebotenen Papiere ist eine Mindestanforderung in den Vergabeunterlagen , die zwingend zu erfüllen ist. Wird eine Mindestanforderung nicht erfüllt, scheidet das Angebot aus dem Bieterwettbewerb aus. Es sind aktuell lediglich Papiere mit "FSC mixed" und "Blauem Engel" im Katalog gelistet. Demgegenüber sind "FSC recycelt" zertifizierte Papiere nicht gelistet. Auf die beiden Label entfallen im Zeitraum vom 01.07.2017 bis 30.06.2018 folgende Bestellmengen : FSC-zertifiziert: 155.110 Kartons (zwischen 1.250 und 2.500 Blatt je nach Sorte/Her- steller/Blattgröße), Blauer Engel: 97.751 Kartons (2.500 Blatt pro Karton). Frage 2. Gibt es andere Label, die bei der Papierbeschaffung für die öffentliche Hand beachtet werden? Die unter Frage 1. aufgeführten gelisteten Papiere verfügen teilweise darüber hinaus noch zusätzlich über das "EU-EcoLabel" und den "Nordischen Schwan". Nach dem Leitfaden des Landes zur nachhaltigen Beschaffung von Bürobedarf, der aber lediglich eine Handlungsempfehlung darstellt und zukünftig zu erreichende Ziele formuliert, können außerdem noch andere Umweltzeichen, wie beispielsweise das "Österreichische Umweltzeichen ", als berücksichtigungsfähig in Betracht kommen. Grundsätzlich soll danach Bietern, die das geforderte Gütezeichen nicht vorlegen können, die Möglichkeit eröffnet werden, andere Gütezeichen bzw. Nachweise vorzulegen, die gleichwertig zu dem vom Auftraggeber genannten Zeichen sind. Eingegangen am 30. August 2018 · Bearbeitet am 30. August 2018 · Ausgegeben am 3. September 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/6591 30. 08. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6591 Frage 3. Wird bei der Materialbeschaffung eines der Siegel ("FSC mixed", "FSC recycelt", "Blauer Engel " o.ä.) bevorzugt behandelt, z.B. durch die Beschaffungsrichtlinie des Bundes/des Landes Hessen? Nach den einschlägigen Rechtsvorschriften im Unterschwellenbereich (Auftragswert unter 221.000 € netto) steht es den Auftraggebern frei, soziale, ökologische, umweltbezogene und innovative Anforderungen zu berücksichtigen, wenn diese mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen oder Aspekte des Produktionsprozesses betreffen, die sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben (§ 3 Abs. 1 Hessisches Vergabe- und Tariftreuegesetz (HVTG)). Als soziale , ökologische, umweltbezogene und innovative Anforderungen können von den Unternehmen ökologisch nachhaltige Produkte gefordert werden (§ 3 Abs. 2 Nr. 8 HVTG). Als ökologische Anforderung kommt die Forderung nach Einhaltung von Bedingungen bezüglich der Umwelteigenschaften der zu beschaffenden Lieferung mit geeigneten Umweltgütezeichen in Betracht (§ 3 Abs. 3 Nr. 2 HVTG). Wann Gütezeichen geeignet sind, richtet sich sodann nach § 3 Abs. 4 und 5 HVTG. Für Ausschreibungen im Oberschwellenbereich (Auftragswert ab 221.000 € netto) finden sich ähnliche Rechtsvorschriften. So werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe des 4. Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) bei der Vergabe berücksichtigt (§ 97 Abs. 3 GWB). In der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV), als eine aufgrund der im GWB enthaltenen Ermächtigungen geschaffene Rechtsverordnung, finden sich sodann weitere konkretisierende Regelungen . So können die Merkmale des Auftragsgegenstandes, die in der Leistungsbeschreibung zu beschreiben sind, auch umweltbezogene Aspekte betreffen (§ 31 Abs. 1, 2 und 3 VgV). Zum Nachweis, ob ein Liefergegenstand (hier: Papier) den beschriebenen umweltbezogenen Merkmalen entspricht, kann der öffentliche Auftraggeber wiederum die Vorlage von Gütezeichen verlangen (§ 34 Abs. 1 VgV). Wann Gütezeichen zum Nachweis geeignet sind, richtet sich nach § 34 Abs. 2 bis 5 VgV. Eine Präferenz hinsichtlich eines bestimmten Gütezeichens ergibt sich demgegenüber nicht aus dem Gesetz; weder aus dem HVTG noch aus dem GWB i. V. m. der VgV. Vor diesem Hintergrund erfolgt keine bevorzugte Behandlung eines bestimmten Gütesiegels im Rahmen von Ausschreibungen . Das angebotene Papier muss letztlich zertifiziert sein und Mindestanforderungen erfüllen. Frage 4. Wird beim Materialankauf für die öffentliche Hand zwischen "FSC mixed" und "FSC recycelt" unterschieden? Wird eines von beidem präferiert angekauft? Wenn ja, mit welcher Begründung? Frage 5. Wurde im Vorfeld der Entscheidung für eine Ankaufstrategie untersucht, welche Frischfasermengen in den jeweiligen Produkten enthalten sind? Die Fragen 4. und 5. werden aufgrund des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Eine Unterscheidung oder Präferierung findet bei der Papierbeschaffung ("FSC mixed" und "FSC recycelt ") nicht statt. Eine Untersuchung der Frischfasermengen in den jeweiligen Produkten war daher entbehrlich. Nähere Details befinden sich unter der Antwort zu Frage 1. Frage 6. Welche Anstrengungen werden unternommen, auf Frischfaserpapier in allen öffentlichen Bereichen zu verzichten? Die im eProcurement-Katalog des Landes Hessen angebotenen Büropapiersorten verfügen über grundlegende nachhaltige Papiereigenschaften. Hinsichtlich der angebotenen Papiersorten besteht eine Abnahmeverpflichtung für die einzelnen Dienststellen. Zudem werden die Handlungsempfehlungen und Zielvorgaben des Leitfadens, unter Berücksichtigung des Gebotes der wirtschaftlichen Beschaffung, möglichst umgesetzt. Frage 7. Hat sich durch die Einführung des FSC-Zeichens die Nutzung von reinem Recyclingpapier ("Blauer Engel") hin zu Frischfaser enthaltenden Papier (z.B. "FSC mixed", "FSC recycelt") verschoben? Nein, es hat keine Verschiebung zu Gunsten von FSC-zertifiziertem Papier stattgefunden. Ein Vergleich (Anzahl bestellte Kartons) der Zeiträume 01.07.2016 bis 30.06.2017 und 01.07.2017 bis 30.06.2018 hat vielmehr ergeben, dass sich eine leichte Verschiebung (ca. 2 %) zu Gunsten von Papieren ergeben hat, die "Blauer Engel"-zertifiziert sind. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6591 3 Frage 8. Welche Maßnahmen wurden und werden ergriffen, um private Nutzer zu motivieren, auf Recyclingpapier umzustellen? Das Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz unterstützte in der Vergangenheit und wird in Zukunft das "Blauer Engel"-Umweltzeichen des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und damit auch die Verwendung von "Blauer Engel"-Recycling-Papier im für die Landesverwaltung geltenden zulässigen rechtlichen Rahmen unterstützen. In den letzten Jahren warben vor dem Schulstart die Staatskanzlei in Facebook und das Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz per Twitter mit einer abgestimmten gemeinsamen Schulstartaktion für die Verwendung von "Blauer Engel" Schulmaterialien . Das Thema Bewusstseinsbildung bei den Bürgerinnen und Bürgern spielt eine wichtige Rolle. So gab es an dem bisher viermal stattgefundenen "Tag der Nachhaltigkeit" immer wieder Aktionen der Akteure (Schulen, Unternehmen), die das Thema "Papier/Recycling" etc. in den Fokus genommen haben und in ihrem Einflussbereich für die Nutzung zertifizierten Papiers/ Papiereinsparung geworben haben. So auch mit der Broschüre "Papiersparen mit Uli, der Eule ", welche am 2. Hessischen Tag der Nachhaltigkeit vorgestellt und anschließend an alle Grundschulen des Landes versandt wurde. Zudem sind alle Druckerzeugnisse der Nachhaltigkeitsstrategie auf 100 % Recyclingpapier und mit mineralölfreien Farben sowie klimaneutral gedruckt. Wiesbaden, 22. August 2018 Dr. Thomas Schäfer