Kleine Anfrage des Abg. Müller (Heidenrod) (FDP) vom 02.08.2018 betreffend Hassreden ("Hate Speech") und weitere strafbare Meinungsäußerungen im Internet und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung des Fragestellers: Hassreden und Hasskommentare im Internet, insbesondere in sozialen Netzwerken und Internetforen, nehmen stark zu. Eine intensive Befassung mit dem Thema ist daher erforderlicher denn je. Vorbemerkung des Ministers des Innern und für Sport: Die Hessische Landesregierung stellt sich entschieden gegen jede Art von Hetze, Hass und Gewalt . Im Internet können Beleidigungen, diskriminierende Kommentare oder auch Bedrohungen einfach und mit nur einem Mausklick verbreitet werden. Soweit Straftaten im Zusammenhang mit sog. "Hassreden" (Engl.: "Hate Speech") bekannt werden, stellen sich Polizei und Justiz diesen konsequent entgegen. Dies zeigt sich u.a. durch die zum 01.01.2017 erfolgte Neuaufnahme des Themenfeldes "Hassposting '' in den Themenfeldkatalog des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK). Als Ergebnis der Befassung mit dem Kriminalitätsphämonen "Hasspostings" durch eine hierzu eingesetzte Bund-Länder-Projektgruppe existiert bereits seit dem Jahr 2016 ein bundesweiter Leitfaden des Bundeskriminalamtes, der dem polizeilichen Sachbearbeiter eine Hilfestellung bei der Bearbeitung von strafrechtlich relevanten "Hasspostings" geben soll. Dieser orientiert sich inhaltlich an der nachfolgenden Definition der "Hasskriminalität". Dem Themenfeld "Hasskriminalität" werden politisch motivierte Straftaten zugeordnet, wenn die Umstände der Tat oder die Einstellung des Täters darauf schließen lassen, dass sie sich gegen eine Person aufgrund ihrer Nationalität, ethnischen Zugehörigkeit, Hautfarbe, Religionszugehörigkeit , ihres sozialen Status, ihrer physischen und/oder psychischen Behinderung oder Beeinträchtigung, sexuellen Orientierung und/oder sexuellen Identität, oder ihres äußeren Erscheinungsbildes gerichtet sind und die Tathandlung damit im Kausalzusammenhang steht bzw. sich in diesem Zusammenhang gegen eine Institution/Sache oder ein Objekt richtet. Auch antisemitische und fremdenfeindliche Straftaten fallen unter diese Definition von Teilmengen der Hasskriminalität. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit der Ministerin der Justiz, dem Kultusminister, dem Minister für Wissenschaft und Kunst, dem Minister für Soziales und Integration sowie der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wie folgt: Frage 1. Wie viele Personen haben seit dem 01.01.2015 aufgrund von menschenfeindlichen, beleidigenden , rassistischen, rechtsextremen, diskriminierenden oder ähnlichen Kommentaren im Internet (z.B. in sozialen Netzwerken, Kommentarforen auf Websites etc.) Strafanzeige bei den zuständigen Stellen im Land Hessen gestellt (bitte wenn möglich zusätzlich aufschlüsseln nach Jahren, Geschlecht und Rechtsgrundlage)? Bitte pro Jahr aufschlüsseln: 2015, 2016, 2017 Auf Grundlage der dem Hessischen Landeskriminalamt im Rahmen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK) übermittelten Straftaten der Jahre 2015 bis 2017 (Stichtag jeweils 31. Januar des Folgejahres) ergeben sich unter den Abfrageparametern "Tatmittel Internet" in Verbindung mit den Straftatbeständen der §§ 185 ff. Eingegangen am 29. November 2018 · Bearbeitet am 29. November 2018 · Ausgegeben am 3. Dezember 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/6628 29. 11. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6628 StGB, dem Oberthema "Hasskriminalität" und dem Phänomenbereich PMK - rechts - für das Jahr 2015 insgesamt 222 bei den hessischen Polizeibehörden erstattete Anzeigen, für das Jahr 2016 insgesamt 253 Anzeigen und für das Jahr 2017 insgesamt 204 Anzeigen. Die Aufschlüsselung nach Jahren und Geschlecht stellt sich wie folgt dar: 2015: 60 Geschädigte / Opfer, davon 46 männlich und 14 weiblich, 2016: 82 Geschädigte / Opfer, davon 53 männlich und 29 weiblich, 2017: 60 Geschädigte / Opfer, davon 50 männlich und 10 weiblich. Hierzu ist anzumerken, dass bei einem Großteil der Fälle, bei denen die Allgemeinheit Geschädigte ist, sowie in wenigen Fällen, bei denen juristische Personen Geschädigte der Straftaten sind, eine zahlenmäßige geschlechtsspezifische Erfassung nicht erfolgen konnte. Frage 2. Wie viele der vorbezeichneten Verfahren führten zu Verurteilungen bzw. wurden aus welchem Grund und nach welcher Rechtsgrundlage eingestellt? Eine justizielle Statistik kann für die angefragten Jahre technisch nicht ausgewiesen werden. Für den angefragten Zeitraum können jedoch die justiziellen Daten der sogenannten "REX-Statistik" mitgeteilt werden, in welcher rechtsextremistische und fremdenfeindliche Straftaten im Internet (als ein nicht unerheblicher Teilausschnitt des Phänomens der "Hasskriminalität" bzw. "Hassreden " im Internet) erfasst werden. Diese Statistik weist für die Jahre 2015 bis 2017 folgende Daten aus: Frage 3. Wie lange betrug die durchschnittliche Verfahrensdauer bei den vorbezeichneten Verfahren von der Anzeige bis zur Einstellung bzw. Verurteilung und wie hoch sind die durchschnittlich anfallenden Verfahrenskosten, einschließlich der Personalkosten? Jahr Abschließende Entscheidung der StA bezüglich des Verfahrens: Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO, da Täter nicht ermittelt Abschließende Entscheidung bezüglich des jeweiligen Beschuldigten/Angeklagten Einstellung (durch StA oder Gericht) Verurteilung (Verurteilte) insgesamt Andere Erledigung (Gericht) nach § 170 Abs. 2 StPO (außer: Täter nicht ermittelt) nach §§ 153 ff. StPO nach §§ 45, 47 JGG Freispruch sonstige Entscheidung / Verfahren beendet auf sonstige Weise 2015 11 40 6 2 1 0 0 2016 21 74 5 1 10 2 0 2017 18 58 7 47 12 0 0 Die Erstellung einer justiziellen Statistik, die sämtliche Verfahren betreffend "Hasskriminalität" im Internet erfasst, ist für die angefragten Jahre technisch nicht möglich. Anhand des "Mehrländer -Staatsanwaltschaft-Automation (MESTA)"-Unterstützungssystems für justizielle Fachverfahren kann jedoch die durchschnittliche Verfahrensdauer für staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gegen bekannte Täter wegen des Verdachts rechtsextremistischer bzw. fremdenfeindlicher Straftaten im Internet ausgewiesen werden. Die Statistik ergibt folgendes Bild: 2015: 3,78 Monate, 2016: 2,87 Monate, 2017: 3,48 Monate. Die Ausweisung einer Statistik zu den angefallenen Verfahrens- und Personalkosten ist technisch nicht möglich. Frage 4. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, in wie vielen Fällen die unter den Bereich Hasskriminalität fallenden Inhalte nach Löschung an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet wurden und wenn nicht, was tut die Landesregierung, um die tatsächliche Weiterleitung zur strafrechtlichen Verfolgung zu überprüfen? Eine Erhebung der Fälle, die nach Löschung an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet wurden, kann nicht vorgenommen werden, da innerhalb der polizeilichen Datensysteme eine Differenzierung zwischen bereits gelöschten und noch bestehenden Inhalten nicht erfolgt. Die Überprüfung der tatsächlichen Weiterleitung ist entsprechend nicht möglich. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6628 3 Bei polizeilichem Bekanntwerden von strafrechtlich relevanten Sachverhalten erfolgt eine Vorlage der Vorgänge bei der zuständigen Staatsanwaltschaft. Hierbei ist es unerheblich, ob die relevante Einstellung im Internet noch existent ist oder zwischenzeitlich gelöscht wurde. Frage 5. Opfer beklagen die fehlende Sensibilität für das Thema "Hate Speech" auf Polizeidienststellen. Ist der Landesregierung dieser Umstand bekannt und werden Polizeibeamte zum Thema "Hate Speech" geschult? Bitte aufschlüsseln wie viele. Polizeibeamtinnen und -beamte werden zum Thema "Hassreden" in unterschiedlichen Formen sensibilisiert. Die Themenbereiche "Hassreden" und "Hasskriminalität" werden während des Studiums der Polizeianwärterinnen und -anwärter an der Hessischen Hochschule für Polizei und Verwaltung (HfPV) in verschiedenen Modulen thematisiert. An der Polizeiakademie Hessen (HPA) als zentrale Fortbildungsstätte der hessischen Polizei ist das Thema "Hassreden" fester Bestandteil im Seminar "Aufbaumodul Politisch motivierte Kriminalität". Darüber hinaus wurden "Hassreden" im Jahr 2017 im Rahmen des Seminars "Cybercrime Prävention" als Themenschwerpunkt aufgegriffen. Das Thema "Hasskriminalität" findet sich (als mögliches Tatmotiv) wiederum in verschiedenen Seminaren zur Gewaltkriminalität, zur Politisch motivierten Kriminalität (rechts, links, ausländische Ideologie, religiöse Ideologie) sowie zu Brand- und Tötungsdelikten wieder. Eine zahlenmäßige Erfassung erfolgt hierzu nicht. Infolge der festgestellten Entwicklung seit dem Jahr 2016 wurde als Hilfestellung für die Polizeidienststellen der "Leitfaden für die Bekämpfung von Hasspostings" erstellt und allen Polizeikräften zur Verfügung gestellt. Zusätzlich werden regelmäßig bundesweite "Aktionstage" zur Bekämpfung von "Hasspostings" durchgeführt, an denen sich Hessen jeweils beteiligt. In regelmäßigen Abständen werden neben internen Multiplikatorenbeschulungen zur Thematik der digitalen Gewalt auch Beschulungen für externe Multiplikatoren durchgeführt. Gleichzeitig werden die Möglichkeiten der neuen Medien genutzt, um zielgruppenorientiert aufbereitete Informationen zeitnah zur Verfügung stellen zu können. Als weitere Maßnahme sind u.a. Fachtagungen zu erwähnen, die über Kooperationspartner (u.a. "Netzwerk gegen Gewalt", "jugendschutz-net") angeboten und in regionaler Zuständigkeit der einzelnen Polizeipräsidien durchgeführt werden. Im Polizeibereich werden ferner Medienpädagogen eingestellt, um künftig der Entwicklung des "digitalen Lebens" neue Impulse zu geben. Frage 6. Wie beurteilt die Landesregierung die Empfehlung der Antidiskriminierungsstelle, bei den Staatsschutzdienststellen der Polizei eigene Kontaktpersonen für Hasskriminalität einzusetzen und das Thema verstärkt in der Aus- und Fortbildung von Polizei und Justiz zu behandeln? Für Fälle von "Hasskriminalität", die dem Bereich der politisch motivierten Kriminalität zugeordnet werden, ist zur Feststellung sowie beweisgesicherten Ausermittlung erkannter Straftaten eine umfassende Fachexpertise im Bereich des Staatsschutzes erforderlich. Die in den Staatsschutzkommissariaten eingesetzten Beamtinnen und Beamte nehmen die ihnen übertragene Aufgabe sehr verantwortungsvoll wahr. Anlassbezogen erfolgt dies auch in Kooperation mit externen Beratungsstellen, die im Rahmen des hessischen Landesprogramms "Hessen - aktiv für Demokratie und gegen Extremismus" unterstützt werden (siehe auch Antwort zur Frage 7). Zur polizeilichen Aus- und Fortbildung wird auf die Beantwortung der Frage 5 verwiesen. Da das Thema "Hasskriminalität" immer im Kontext des jeweiligen Deliktes zu sehen ist und auch in der Aus- und Fortbildung der hessischen Polizei mitbehandelt wird, wird der Relevanz des Themas umfassend Rechnung getragen. Für den Bereich der Aus- und Fortbildung der Justiz ist die Thematik Gegenstand von Fortbildungsveranstaltungen sowohl der hessischen Justizakademie als auch der Deutschen Richterakademie , die sich an Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, im Falle der hessischen Tagungen auch an die Bewährungshilfe und zum Teil die Polizei richten. So führt die hessische Justizakademie jährlich die Tagungen "Internetermittlungen /Internetkriminalität" sowie "Rechtsextremismus - Strukturen und Erscheinungsformen" durch. Dabei werden in der erstgenannten Tagung neben Ermittlungsmöglichkeiten bezüglich im Internet agierender Täter auch "aktuelle Erscheinungsformen der Internetkriminalität" behandelt . Die Tagung zum Rechtsextremismus umfasst auch Präventivmaßnahmen gegen die Verbreitung rechtsextremistischen Gedankenguts in den "Neuen Medien" und behandelt damit ebenfalls das Thema "Hassreden". 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6628 Bei der Deutschen Richterakademie werden zudem Tagungen zum Thema "Rechtsextremismus ", "Beweisgewinnung und Beweisverwertung im Internet" oder "Strafrecht und Internet" angeboten. Das Thema "Hassreden" ist damit in den aufgeführten interdisziplinären Tagungen gut eingebunden . Frage 7. Welche Stellen, die sich u.a. mit der Bekämpfung von "Hate Speech" und sonstigen strafbaren Meinungsäußerungen im Netz beschäftigen, unterstützt die Landesregierung mit Mitteln und in welcher Höhe jährlich (bitte konkret aufschlüsseln)? Das Landesprogramm "Hessen - aktiv für Demokratie und gegen Extremismus" fördert die nachfolgenden Präventionsprojekte, die sich anlassbezogen auch mit der Bekämpfung von "Hassreden" beschäftigen: Stelle Initiative / Projekt Fördermittel Hessen in EURO im Jahr 2018 Arbeit und Leben Hessen "Gestaltungsraum Arbeitswelt: Sozialpartnerschaftlich für demokratische Werte in Betrieb und Unternehmen" 98.585,00 Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main "Mehr als Du glaubst! Religiöse Vielfalt im ländlichen Raum Hessens" 70.000,00 "Von Hausbesetzungen zu Blockupy - (Dis)kontinuitäten antisemitischer Deutungsmuster in der deutschen Linken" 32.500,00 "Wenn Anne ein rosa Pali-Tuch trägt…" 32.500,00 "Response" (Opferberatungsstelle für Betroffene bzw. Opfer rechtsextremer, rassistischer und antisemitischer Gewalt ) 259.762,20 Creative Change "Die Konfliktlöser*innen" 32.500,00 Demokratiezentrum Hessen (Universität Marburg) Demokratiezentrum mit Regionalstellen Nord-/Osthessen sowie Südhessen bei dem Bildungsträger "Haus am Maiberg " 333.779,42 "beratungsNetzwerk hessen - Gemeinsam für Demokratie und gegen Rechtsextremismus " 265.189,75 Deutsche Gesellschaft für Demokratiepädagogik "Der Ex-Extremisten-Stammtisch" 27.424,89 "Zusammenleben neu gestalten - Angebote für das plurale Gemeinwesen" 77.715,56 Diakonisches Werk in Hessen "Demokratie gewinnt" 25.901,00 Die Kopiloten "#hatebreach - Hass im Netz begegnen" 32.118,40 Die Politiksprecher "Die Grundrechtearena" - Schulprojekttag Demokratie 47.682,00 DRK-Kreisverband Offenbach "HeRoes - Gegen Unterdrückung im Namen der Ehre. Für Gleichberechtigung !" 51.669,50 Ezidische Gemeinde Hessen "Förderung von Demokratie und gegen Extremismus" 59.300,00 Goethe-Universität Frankfurt am Main "Salafismusprävention und Demokratieerziehung in hessischen Schulen..." 31.000,00 "Die Zukunft miteinander gestalten: Hessische Muslime für Demokratie und Vielfalt!..." 32.500,00 Hessischer Jugendring "Werkstätten für Demokratie" 330.000,00 "Netzwerk für Demokratie und Courage Hessen" (NDC) 150.000,00 Hessisches Landeskriminalamt "Informations- und Kompetenzzentrum Ausstiegshilfen Rechtsextremismus" (IKARus) 50.000,00 Jüdisches Museum "Anti-Anti" 20.528,44 "Interreligiöses Schattenspiel" 85.000,00 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6628 5 Kreis Offenbach "PRO-Prävention - Projekt gegen (religiösen begründeten) Extremismus im Kreis Offenbach" 32.529,36 KUBI "Extremismusprävention durch professionelle Jugendarbeit in Moscheegemeinden " 32.500,00 Landkreise/Kommunen Partnerschaften für Demokratie 290.000,00 Makista "Kleine Worte - Große Wirkung" sowie "Schulnetzwerk" 78.861,00 NaturFreunde Hessen "StärkenberaterInnen" 20.000,00 Rumi imPuls "Extremismusprävention durch Inklusion und gesellschaftliche Teilhabe" 237.750,00 Sara-Nussbaum-Zentrum Maßnahmen zur Prävention von Antisemitismus in Hessen 71.534,00 Sozialstiftung des hessischen Fußballs "Demokratie, Integration und Teilhabe" 94.333,00 Sportjugend Hessen "Sport stärkt Demokratie! DemoS" 36.000,00 Stiftung Jugend und Bildung "Digitales Lehrwerk - Extremismusprävention und interkultureller Dialog" 49.490,00 "Aufgeklärt statt Autonom!" 52.201,60 St. Elisabeth-Verein "Rote Linie - Pädagogische Fachstelle Rechtsextremismus, Hilfen zum Ausstieg vor dem Einstieg" 162.454,67 THW Jugend Hessen "Demokratie von klein auf leben und lernen" 21.044,00 Türkisch-Deutsche Gesundheitsstiftung "PROTECTED - sicher vor dem Extrem" 86.717,00 Violence Prevention Network "OnOffPrevent Radikalisierungsprävention im On- und Offline-Sektor" 3.846,15 (aus Mitteln der Beratungsstelle Hessen) Beratungsstelle Hessen 1.200.000,00 Stand: 31. Oktober 2018 Frage 8. Hat die Landesregierung vor, eine spezielle Opferberatungsstelle für "Hate Speech" einzurichten, die Opfern von "Hate Speech" und digitaler Gewalt aufgrund der digitalen Problematik betreut und die Hilfsangebote bündelt und Daten erhebt? Als spezielle Beratungsstelle für Betroffene von rechtsextremistischer, rassistischer und antisemitischer Gewalt (Teilmenge der Hasskriminalität) in Hessen wurde die Beratungsstelle "response." der Bildungsstätte Anne Frank eingerichtet. Diese kümmert sich um Betroffene von Beleidigung, Beschimpfung , Stigmatisierung, Bedrohung, Körperverletzung, Sachbeschädigung und andere Erfahrungen , die als gewalttätig erlebt werden. Darüber hinaus verfügt Hessen über ein gut ausgebautes Netz von professionellen Opferberatungsstellen , die auch Opfern von "Hassreden" und digitaler Gewalt zur Verfügung stehen. Auf Initiative der Hessischen Landesregierung wurden die Opferhilfevereine in Hanau (1984), Wiesbaden (1992), Kassel (1993), Gießen (1994) und Frankfurt am Main (2001) gegründet. Aktuell wurden im April 2018 die Opfer- und Zeugenhilfe Fuldaer Hilfe e.V. und im Mai 2018 die Darmstädter Hilfe - Beratung für Opfer und Zeugen in Südhessen gegründet, dabei ist das Justizministerium jeweils Gründungsmitglied. In Limburg-Weilburg konnte eine Zusammenarbeit mit dem bereits bestehenden Verein (Opferhilfe Limburg-Weilburg, gegründet 1996) aufgebaut werden. Die Zuständigkeit des Gießener Opferhilfevereins erstreckt sich über den dortigen Landgerichtsbezirk hinaus und umfasst auch die Stadt Marburg sowie den Landkreis Marburg- Biedenkopf. Der Schwalm-Eder-Kreis wird von der Opferberatungsstelle Kassel aus mitbetreut. Der polizeiliche Opferschutz in Hessen beruht auf einem 3-Säulen-Modell, bestehend aus: "Gefahrenabwehrmaßnahmen ", "Professioneller Umgang mit Opfern" und "Information über Rechte ". Der Opferschutz verfolgt hierbei einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem sich alle Opfer bzw. deren Angehörige, unabhängig von dem zugrunde liegenden schädigenden Ereignis, vertrauensvoll an die hessische Polizei wenden können. Unter Koordination des Landesopferschutzbeauftragten im Hessischen Landeskriminalamt sind die in jedem der sieben Polizeipräsidien speziell geschulten und erfahrenen Opferschutzbeauftragten tätig, die regelmäßig interne Fortbildungsmaßnahmen mit dem Ziel anbieten, alle in Frage kommenden hessischen Bediensteten für den Bereich des polizeilichen Opferschutzes zu sensibilisieren und den Stellenwert des Opferschutzes weiter zu erhöhen. In diesem Rahmen werden auch aktuelle Phänomene und Problemstellungen (z.B. "Hassreden") thematisiert. 6 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6628 Gleichzeitig arbeitet die hessische Polizei intensiv mit spezialisierten Hilfereinrichtungen zusammen . Neben der Wahrung der gesetzlich vorgeschriebenen Informationspflichten, unterstützt die hessische Polizei so jedes Opfer dabei, die geeignete Hilfeeinrichtung zu finden. Frage 9. Welche präventiven Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um Nutzerinnen und Nutzern, Anbieter und Mitarbeitende für die Problematik rassistischer Propaganda im Netz und in der gesamten Gesellschaft stärker zu sensibilisieren? Die Landesregierung setzt allen Demokratie- und Verfassungsfeinden sowie Menschen und Gruppierungen, die das Internet für rassistische Propaganda missbrauchen, sowohl präventive als auch repressive Maßnahmen entgegen. Das Präventionsprojekt "#hatebreach - Hass im Netz begegnen" der Kopiloten e.V. wirkt Hassreden , Rassismus oder (politisch) motivierten Überzeugungsversuchen im Internet entgegen. Da die Auseinandersetzung mit "Hassreden" auch im Kontext schulischer und außerschulischer Jugendbildung zunehmend Relevanz bekommt, werden Jugendliche ermutigt und befähigt, demokratische Prinzipien - auch im Netz - zu etablieren und umzusetzen. Ebenso erhalten pädagogische Fachkräfte Impulse für Ihre Arbeit. Auch das im Juni 2018 eröffnete neue Lernlabor der Bildungsstätte Anne Frank e.V. "Anne Frank. Morgen mehr" beschäftigt sich mit "Hassreden". An einer Station der interaktiven Ausstellung werden Besucherinnen und Besucher darin geschult, Beleidigungen im digitalen Raum von "Hassreden" zu unterscheiden. Die Ausstellung verdeutlicht, wie wichtig es ist, sich menschenverachtender "Hassreden" entgegenzustellen. Darüber hinaus haben weitere - aus dem Landesprogramm "Hessen - aktiv für Demokratie und gegen Extremismus" finanzierte - Projekte das Ziel, im schulischen und jugendbildenden Umfeld für "Hassreden" zu sensibilisieren, um die Distanzfähigkeit von Jugendlichen zu extremistischen Phänomenen zu erhöhen. Hierzu zählen u.a.: "PROTECTED - sicher vor dem Extrem" der Türkisch-Deutschen Gesundheitsstiftung e.V.: Die Schüler sollen in Workshops lernen, wie Extremisten versuchen, über das Internet und die sozialen Medien junge Menschen für ihre Sache zu gewinnen und wie es möglich ist, sich dieser Ansprache zu entziehen. "Förderung von Demokratie und gegen Extremismus" der Ezidischen Gemeinde Hessen e. V.: Ziel ist es mit Hilfe von Seminaren, Workshops und einer wöchentlichen Beratung sowie anderen niedrigschwelligen Angeboten dem Extremismus den Nährboden zu entziehen und Gewalt präventiv vorzubeugen sowie die Integration der Flüchtlinge zu unterstützen. Ein Schwerpunkt der Maßnahmen ist der Umgang mit Social Media. Dabei geht es um einschlägige Formate der Internetpropaganda sowie die Radikalisierung über das Internet. "Rote Linie - Pädagogische Fachstelle Rechtsextremismus, Hilfen zum Ausstieg vor dem Einstieg": Angeboten werden Hilfestellungen bei Hassrede und Mobbing im Internet, die sich an Fachkräfte, Eltern, Jugendliche und Betroffene richten. Hierbei stehen die zentralen Fragen "Wie mit Hassrede im Netz umgehen? Was tun bei Cyber-Mobbing? Wie reagiere ich ‚richtig‘, was wirkt günstig? Welche rechtlichen Möglichkeiten habe ich?" im Mittelpunkt des Hilfsangebots. "OnOffPrevent Radikalisierungsprävention im On- und Offline-Sektor" des Violence Prevention Network e. V. (VPN): Mit dem Projekt werden politische und religiöse Bildungsangebote auf Websites und in den gängigen sozialen Medien - Facebook, Instagram etc. - geschaffen . Oft fällt es Jugendlichen und jungen Erwachsenen schwer, zwischen den seriösen Bildungsangeboten im politischen oder religiösen Bereich auf der einen und gezielter Propaganda extremistischer Gruppierungen auf der anderen Seite zu unterscheiden, da diese in Aufmachung und Professionalität ähnlich wirken. Die zielgruppenspezifische und multimediale Aufbereitung von relevanten Inhalten soll auf junge Menschen ansprechend und zeitgemäß wirken. Sie stellt ein Gegengewicht zu extremistischen Informationsangeboten dar und lädt zu Austausch und Dialog ein. So soll beginnenden Radikalisierungsprozessen vorgebeugt bzw. bereits erfolgter Radikalisierung entgegengewirkt werden. Es wird in diesem Zusammenhang ferner auf die Beantwortung der Frage 7 verwiesen. Darüber hinaus gibt es in Hessen zusammen mit dem auf dem staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag basierenden Unterricht eine Reihe von unterstützenden Maßnahmen, die demokratische Werte und Haltungen von Schülerinnen und Schüler stärken, so dass es erst gar nicht zu Radikalisierungsprozessen und damit auch zu Rassismus kommt. Dazu gehören zum Beispiel interkulturelle und interreligiöse Projekte, Fortbildungen zum Klassenrat, Demokratietage, das Europaschul- Netzwerk, UNESCO-Projektschulen, "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" oder die Einbeziehung außerschulischer Lernorte wie Nationalsozialismus-Opfer-Gedenkstätten oder Gedenk- Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6628 7 stätten zur Erinnerung an die deutsche Teilung und die SED-Diktatur. In diesen Zusammenhang gehören auch Beratungs- und Lehrerfortbildungs-Angebote des HKM-Projekts "Gewaltprävention und Demokratielernen", in denen es unter anderem um demokratischen Umgang miteinander, um Wertschätzung, Verantwortungsübernahme und Selbstwirksamkeit geht. Exemplarisch sei hier auf folgende Maßnahmen hingewiesen: Aktuell startet das Beratungsprojekt "Netzwerk-Lotsen für Antisemitismus-/ Extremismusprävention " für alle hessischen Schulen. Ziel ist es, möglichst viele Schulen zu gewinnen, die einen "Netzwerk-Lotsen für Antisemitismus-/Extremismusprävention" einrichten möchten . Diese Lehrkraft soll mögliche Anzeichen einer Radikalisierung erkennen, situationsangemessen über bereits bestehende Hilfsangebote und Projekte informieren und unkompliziert den Kontakt zu diesen sowie gegebenenfalls zu einem Ansprechpartner der Polizei herstellen können. Hessische Netzwerk-Lotsen sollen damit Kolleginnen und Kollegen, Schülerinnen und Schüler sowie Elternbeiräte, die Hilfestellungen suchen, beraten und unterstützen. Die dafür notwendigen Kompetenzen und Informationen werden ihnen durch das Hessisches Informations - und Kompetenzzentrum gegen Extremismus (HKE) und fachkundige Fortbilder vermittelt. Die Lotsen sollen Teil eines Netzwerks sein, von dem alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Netzwerks profitieren. Durch eine landesweite Vernetzung soll ein fachlich fundierter Austausch zwischen den als Lotsen wirkenden Lehrkräften ermöglicht werden, so dass wechselseitig und kollegial auf andernorts bereits gesammelte Erfahrungen und angewandte Formate ("Best Practice") zurückgegriffen werden kann. Für Lehrkräfte bietet das HKM-Projekt "Gewaltprävention und Demokratielernen" (GuD) u.a. Fortbildungen zum Umgang mit extremistischen und auf Rassismus bezogenen Erscheinungsformen an. Ferner wurde im Jahr 2008 im Landesamt für Verfassungsschutz Hessen (LfV Hessen) das Kompetenzzentrum Rechtsextremismus (KOREX) gegründet. Zu dessen zentralen Aufgaben gehört neben regionalen Analysen und der verstärkten Beobachtung relevanter rechtsextremistischer Bestrebungen im Internet auch die Aufklärungs- und Präventionsarbeit. KOREX bereitet hierzu das Fachwissen des LfV Hessen über den Rechtsextremismus für die Präventionsarbeit gezielt auf und stellt es bedarfsgerecht zur Verfügung. Öffentliche und zielgruppenspezifische Vorträge gehören dabei ebenso zum Aufgabenspektrum des Kompetenzzentrums wie die Erstellung von Themenbroschüren und die intensive Beratung von Verantwortungsträgern. Mit zahlreichen Lehrerfortbildungen leistet das LfV Hessen einen wichtigen Beitrag, damit Radikalisierung frühzeitig erkannt und entsprechende Maßnahmen vor Ort ergriffen werden können. Im Bedarfsfall führt das LfV Hessen auch Einzelfallberatungen durch. Im Bereich der Jugendbildung wurden in den vergangenen Jahren überwiegend Lehrerfortbildungen durchgeführt. Das LfV Hessen ist seit Beginn des Jahres 2009 durch das damalige Institut für Qualitätsentwicklung des Hessischen Kultusministeriums (IQ) als Anbieter von Fortbildungen für hessische Lehrerinnen und Lehrer akkreditiert. Die Veranstaltungen bewirbt das LfV Hessen auf seiner Internetseite sowie über die Online-Fortbildungsangebote der Staatlichen Schulämter für hessische Lehrkräfte. Die Veranstaltungen werden entweder unmittelbar von den Staatlichen Schulämtern oder aber von einzelnen Schulen angefragt. Im LfV Hessen wurde im Jahr 2015 das Hauptsachgebiet "Beratende Prävention" neu eingerichtet , das konkrete Beratungsleistungen in Form von fallbezogenen Gesprächen und Schulungsmaßnahmen für ausgewählte Bedarfsträger anbietet. Dazu gehören insbesondere Landkreise, Kommunen, Schulen, soziale Einrichtungen und andere Behörden und öffentliche Stellen, jedoch auch sonstige Stellen wie Vereine und Verbände, z.B. Sport- und Jugendvereine oder Moscheegemeinden . Als wichtiger Akteur im Bereich der Prävention Rechtsextremismus ist auch das Pädagogische Zentrum des Fritz Bauer Instituts und des Jüdischen Museums Frankfurt a.M. zu nennen. Eine Vielzahl der Angebote richtet sich an Schulen und wird von abgeordneten Lehrkräften getragen. Das Pädagogische Zentrum verbindet dabei die Themenfelder jüdische Geschichte und Gegenwart sowie Geschichte und Nachgeschichte des Holocaust. Auf dieser Grundlage bearbeitet es differenziert in Form von Beratungen, Lehrerfortbildungen, Workshops sowie Unterrichtsmaterialien unter anderem die Themen Antisemitismus und Rassismus und leistet damit wichtige Präventionsarbeit. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang auch die pädagogische Arbeit der hessischen Nationalsozialismus -Opfer-Gedenkstätten in Hadamar, Breitenau, Trutzhain und Stadtallendorf, die mit Unterstützung abgeordneter Lehrkräfte Schulen ein pädagogisches Angebot unterbreiten. Das Hessische Ministerium des Innern und für Sport hat in Kooperation mit dem Hessischen Kultusministerium und der Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien den Schulungs - und Lehrfilm "RADIKAL" herausgegeben. Der 17-minütige Film ist für die Präventionsarbeit mit jungen Menschen (etwa ab 14 Jahren) geeignet und spricht sie auf Augenhöhe an. Es werden Radikalisierungsprozesse in den Phänomenbereichen Linksextremismus, Rechts- 8 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6628 extremismus und Islamismus/Salafismus nachgezeichnet und zahlreiche Anknüpfungspunkte für die Prävention von Rassismus angeboten, die zu einem besseren Verständnis von Radikalisierungsprozessen beitragen sowie die eigenständige Meinungsbildung und Argumentationsfähigkeit fördern. Für die Umsetzung des Projekts konnte ein prominent besetztes Expertengremium aus den Bereichen Polizei, Verfassungsschutz, Islamwissenschaft, politische Bildung sowie Vertretern der zivilgesellschaftlichen und staatlichen Prävention gewonnen werden. Zur Unterstützung der Präventionsarbeit mit Schülerinnen und Schülern befindet sich umfangreiches Begleitmaterial auf der DVD, das sich sowohl an die Zielgruppe als auch an die Lehrkräfte richtet und Arbeitsblätter, Informationen zu den Themen Extremismus und (virtuelle) Radikalisierung sowie Hinweise auf einschlägige Beratungsstellen bereithält. Der Film wurde an alle weiterführenden Schulen in Hessen verteilt. Er wird grundsätzlich allen Extremismuspräventionsakteuren kostenlos zur Verfügung gestellt. Mittlerweile wurden über 13.000 Filme hessen- und bundesweit sowie in das europäische Ausland (z.B. Österreich, Frankreich, England, Belgien, Schweiz) verteilt. Die große Nachfrage ist ein Indikator dafür, dass der Film innerhalb kürzester Zeit zu einem wertvollen Baustein einer wichtigen Präventionsarbeit geworden ist. Hessen wird durch den Film in seiner Vorreiterrolle in diesem Themenfeld weiter gestärkt. Der Film "RADIKAL" wurde im August 2017 im Rahmen des Filmfestivals "Shorts at Moonlight" als bester Kurzfilm der "Region Frankfurt-RheinMain" ausgezeichnet. Mit einer Reihe von Maßnahmen des präventiven Jugendmedienschutzes fördert die Landesregierung darüber hinaus den kompetenten Umgang von Schülerinnen und Schülern mit digitalen Medien. Dazu gehören Informations-, Beratungs- und Fortbildungsangebote für Lehrkräfte ebenso wie Projekte, die sich an Schülerinnen und Schüler sowie teilweise auch an deren Eltern richten. Im Hessischen Kultusministerium ist ein Landeskoordinator für den Jugendmedienschutz eingesetzt . Dieser sammelt Informationen, beobachtet neue Entwicklungen und prüft und bewertet diese hinsichtlich ihrer Auswirkungen und Verwertbarkeit für die Schulen. Unter seiner Leitung wird jährlich eine landesweite mehrtägige Fortbildungsreihe angeboten, in welcher Lehrkräfte zu Jugendmedienschutzberaterinnen und -beratern als Multiplikatoren für ihre Schulen qualifiziert werden. Das Angebot gibt einen Überblick über zentrale und aktuelle Fragestellungen des schulischen Jugendmedienschutzes sowie ihre Vermittlung im Unterricht und auf Elternabenden. Eine ausführliche Handreichung zum Jugendmedienschutz bietet Schulen einen Überblick über Risiken der digitalen Kommunikation sowie über Maßnahmen für ein sicheres Verhalten im Netz. Sie enthält Hilfestellungen für Lehrkräfte sowie Hinweise zu weiterführenden Informations - und Unterrichtsmaterialien. Sie behandelt u.a. das Thema "Hassreden". Zusätzlich vermittelt eine Handreichung zum Umgang mit sozialen Netzwerken in hessischen Schulen Hilfen für den angemessenen Umgang mit sozialen Netzwerken sowohl in der privaten als auch in der schulischen Kommunikation und gibt Hinweise für eine unterrichtliche Behandlung des Themas. An allen Staatlichen Schulämtern stehen mit den Fachberaterinnen und Fachberatern Medienbildung Ansprechpersonen für Fragen des Jugendmedienschutzes zur Verfügung. Die hessischen Medienzentren als medienpädagogische Anlaufstellen in der Region bieten Fortbildung und Beratung von Lehrkräften und die Unterstützung von Projekten auch im Bereich des Jugendmedienschutzes. Das Hessische Kultusministerium kooperiert auf der Basis von Rahmenvereinbarungen mit der Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (LPR) und mit dem Hessischen Rundfunk (HR) in Fragen des Jugendmedienschutzes. Im Rahmen dieser Kooperation stellt der Hessische Rundfunk Medien und Materialien zu aktuellen Fragen des Jugendmedienschutzes für Lehrkräfte, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler bereit. Beispielsweise macht das gemeinsame Projekt "What’s Web" durch jugendnahe Videoclips auf Chancen und Gefahren im Netz aufmerksam. Die Filme sind durch begleitende Materialien für Lehrkräfte für den unterrichtlichen Einsatz aufbereitet. Einer der Filme befasst sich gezielt mit dem Thema "Hassreden". Darüber hinaus finden im Hessischen Rundfunk jährlich Fortbildungsveranstaltungen für Lehrkräfte in Form von Medientagen statt. Die LPR Hessen initiiert, fördert und realisiert vielfältige medienpädagogische Projekte und Angebote zur Vermittlung von Medienkompetenz bei Kindern und Jugendlichen im Sinne des präventiven Jugendmedienschutzes, die im schulischen Bereich durch das Hessische Kultusministerium unterstützt werden. Dabei werden neben den Schülerinnen und Schülern auch Lehrkräfte und Eltern für die Möglichkeiten und Gefahren der Medienwelt sensibilisiert und zu einer souveränen Einbindung der Medien angeleitet. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6628 9 Gemeinsam mit der LPR Hessen wird das Medienkompetenzprojekt Internet ABC umgesetzt. Es richtet sich an Grund- und Förderschulen und fördert die Grundregeln im Umgang mit dem Internet. Dabei bezieht es auch die Eltern mit ein. Den teilnehmenden Schulen steht ergänzend ein Fortbildungsangebot der Lehrkräfteakademie zur Verfügung. Das Hessische Kultusministerium und die LPR unterstützen gemeinsam das Peer-Education- Projekt der Digitale Helden gGmbH an hessischen Schulen. Darin werden Schülerinnen und Schüler in einem Mentoren-Programm ausgebildet. Sie übernehmen damit die verantwortungsvolle Aufgabe, jüngere Mitschülerinnen und Mitschüler dabei zu unterstützen, den sicheren und kompetenten Umgang mit dem Internet zu erlernen. Betreut werden die digitalen Helden von Lehrkräften sowie externen Mediatorinnen und Mediatoren. Mit dem Projekt "Cool and Safe" (unterstützt durch das HKM) des Vereins SMOG e.V. steht Grundschulen ein internetbasiertes Training für Grundschulkinder zur Verfügung, das Handlungsoptionen anbietet, um vor Übergriffen zu schützen und sie im Hinblick auf Gefahren - auch im Internet - zu sensibilisieren. Darüber hinaus stehen Opfern von "Hassreden" und digitaler Gewalt in hessischen Schulen bei Bedarf die Schulpsychologinnen und Schulpsychologen in den Staatlichen Schulämtern für psychologische Beratung und Unterstützung zur Verfügung. In den vergangenen Monaten hat die hessische Landesregierung im Rahmen einer Informationstour mit dem LKA-Präventionsmobil und in Zusammenarbeit mit der Verbraucherzentrale Hessen Erwachsene und insbesondere Jugendliche für die Themen Cybergrooming, Cybermobbing und Sexting sensibilisiert. Flankiert wurde diese Informationstour von einer Aufklärungs-Serie im Verbraucher-Online-Portal der Hessischen Landesregierung, dem "VerbraucherFenster". Im Rahmen dieses Informationsportals informiert die Landesregierung regelmäßig über aktuelle Entwicklungen und klärt Verbraucherinnen und Verbraucher über mögliche neue Risiken und Entwicklungen in dem Bereich auf. Frage 10. Was ist das geplante Vorgehen gegen organisierte Gruppen aus dem rechtsextremen Milieu, die das Netz gezielt für Propaganda nutzen? Das LfV Hessen beobachtet gemäß seinem gesetzlichen Auftrag verfassungsfeindliche Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Die Beobachtung rechtsextremistischer Bestrebungen im Internet nimmt im LfV Hessen eine bedeutende Rolle ein. Das LfV Hessen führt regelmäßig und umfangreiche Open Source Intelligence (OSINT)- Recherchen in den neuen Medien durch. Bei Feststellung von strafrechtlich relevanten Sachverhalten erfolgt eine Weitergabe der Informationen an die entsprechenden Strafverfolgungsbehörden . Ergänzend hierzu führt das LfV Hessen Human Intelligence (HUMINT)-Informationsgewinnung in den neuen Medien durch. Mit dem neuen Hessischen Verfassungsschutzgesetz vom 4. Juli 2018 hat der Gesetzgeber explizit im § 5 Abs. 2 Nr. 11 HVSG als mögliches einzusetzendes Mittel bei der Beobachtung des Internets die verdeckte Teilnahme an der im Internet geführten Kommunikation, insbesondere in Foren und elektronischen Kommunikationsplattformen normiert. Hierfür steht dem LfV Hessen eine eigene Organisationseinheit zur Verfügung. Im LfV Hessen wurde im Jahr 2016 die "Phänomenübergreifende wissenschaftliche Analysestelle Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit" (PAAF) geschaffen, die sich wissenschaftlich mit Fragen des Antisemitismus und der Fremdenfeindlichkeit befasst. Mit der PAAF ist das hessische Landesamt die bundesweit erste Verfassungsschutzbehörde, die sich mit einer eigenen Analysestelle dem Thema Antisemitismus widmet. Die PAAF führt eigenständig wissenschaftliche Forschungsprojekte durch, deren Ergebnisse veröffentlicht werden. Das Pilotprojekt befasste sich im Jahr 2017 mit dem Thema "Erscheinungsformen und ideologische Hintergründe antisemitischer Agitation in den sozialen Netzwerken ". Die PAAF wertete antisemitische Kommentare auf den Facebook- und Youtube- Präsenzen großer deutscher Medienorgane aus, insbesondere im Hinblick auf den politischen bzw. religiösen Hintergrund der jeweiligen Nutzer. Neben der quantitativen Bestimmung wurden die antisemitischen Äußerungen außerdem qualitativ charakterisiert und analysiert. Dass die Sicherheitsbehörden die Relevanz der Propaganda von Rechtsextremisten im Internet erkannt haben und die wehrhafte Demokratie dieser Agitation entschlossen gegenübertritt, zeigt darüber hinaus das Verbot der rechtsextremistischen Internetplattform "Altermedia Deutschland " am 27. Januar 2016 auf Grundlage des Vereinsgesetzes. Dem Verbot waren umfangreiche Ermittlungen der Polizei und Recherchen der Verfassungsschutzbehörden vorausgegangen. 10 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6628 Ferner stellt das bereits erwähnte Demokratiezentrum Hessen mit dem "beratungsNetzwerk hessen - gemeinsam für Demokratie und gegen Rechtsextremismus" ein umfangreiches Angebot zur Verfügung, um demokratische Strukturen zu stärken, Rechtsextremismus vorzubeugen sowie Betroffenen Hilfe zu geben. Das Beratungsnetzwerk hat es sich zur Aufgabe gemacht, Beratung bei Konfliktsituationen mit rechtsextremistischem, fremdenfeindlichem oder antisemitischem Hintergrund anzubieten. Die Teams des Netzwerks beraten hessenweit Schulen, Eltern und Familienangehörige, Kommunen, Vereine und weitere Hilfesuchende. Darüber hinaus bietet das Beratungsnetzwerk umfangreiche Präventionsmaßnahmen an: Ob Schulprojekte, Vorträge , Workshops, Ausstellungen oder spielerische Instrumente - die Palette, sich mit dem Thema Rechtsextremismus, Vorbeugung und Demokratiestärkung gemeinsam zu befassen, ist vielfältig. Im Rahmen des rechtsextremistischen Phänomenbereichs stoßen die Präventionsangebote zu Medienthemen, beispielsweise zur Radikalisierung durch das Internet, Online-Propaganda oder "Hassreden" in sozialen Medien auf große Resonanz. Wiesbaden, 10. November 2018 Peter Beuth