Kleine Anfrage des Abg. Rock (FDP) vom 07.08.2018 betreffend Abstandsgrenzen zu Höchstspannungsfreileitungen und Wohnraum in der Rhein-Main-Region und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt: Frage 1. Aus welchen Gründen hält die Landesregierung den im Landesentwicklungsplan (Ziffer 5.3.4-5) festgelegten Mindestabstand von 400 Metern zwischen Höchstspannungsfreileitungen und Wohngebäuden und Gebäuden vergleichbarer Sensibilität (insbesondere Schulen, Kindertagesstätten, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen) für erforderlich? Der Hessische Landtag hat im November 2014 die Landesregierung gebeten, im Zuge der anstehenden Neuaufstellung des Landesentwicklungsplans entsprechende Abstandsregelungen zur planerischen Konfliktvorsorge mit in den Plantext aufzunehmen. Dieser Bitte ist die Landesregierung - nach Abwägung aller in Rede stehenden Belange - nachgekommen. Frage 2. Warum sind die Regelungen als Ziel und nicht als Grundsatz formuliert? Die Rechtsqualität der Festlegung entspricht der Intention des o.g. Beschlusses des Hessischen Landtages. Frage 3. Wie beurteilt die Hessische Landesregierung Planungen der Stadt Frankfurt zur Ausweisung eines neuen Stadtteils entlang der Bundesautobahn 5 vor dem Hintergrund der damit bezweckten Schaffung von neuem und bezahlbarem Wohnraum im Rhein-Main-Gebiet? Frage 4. Wie beurteilt die Landesregierung die Erfolgsaussichten einer Realisierung dieser Pläne vor dem Hintergrund der im Landesentwicklungsplan festgelegten Abstandsgrenzen von Wohnbebauung zu Höchstspannungsleitungen? Die Fragen 3 und 4 werden wegen ihres Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Die Prüfung des Bedarfs zusätzlichen Wohnraums im Rhein-Main-Gebiet und die hierzu erforderliche Bereitstellung geeigneter Flächen ist zunächst Aufgabe des Trägers der Regionalplanung bzw. der Regionalen Flächennutzungsplanung im Rhein-Main-Gebiet. Die Regionalversammlung Südhessen als Träger der Regionalplanung Südhessen und die Verbandskammer des Regionalverbandes Frankfurt Rhein-Main als Träger der Regionalen Flächennutzungsplanung haben unter Beachtung der Vorgaben des Landesentwicklungsplans sowohl den Bedarf als auch hierzu geeignete Siedlungsgebiete zu prüfen und im Zuge der Neuaufstellung des Regionalen Flächennutzungsplanes festzulegen. Frage 5. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die Regelungen des Energieleitungsausbaugesetzes eine generelle Empfehlung zum Mindestabstand von 400 Metern von Wohnbebauung zu Stromleitung aussprechen? Der Erlass planerischer Regelungen zu Mindestabständen zwischen Siedlungsgebieten/Wohnbebauung und Technischer Infrastruktur/Stromleitungen fällt nicht in die Zuständigkeit der Bundesgesetzgebung . Folglich können diese für eine Begründung rechtlicher Regelungen auf Bundesebene nicht herangezogen werden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Eingegangen am 10. September 2018 · Bearbeitet am 10. September 2018 · Ausgegeben am 14. September 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/6630 10. 09. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6630 Frage 6. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die Pläne der Stadt Frankfurt zu einer Gesundheitsgefährdung für Anwohner führen könnten, wenn die 400 Meter Abstandsgrenze nicht eingehalten werden sollte? Frage 7. Sind nach Ansicht der Landesregierung die Abstandsgrenzen zwingend einzuhalten, um den Gesundheitsschutz der Anwohner sicherzustellen? Die Fragen 6 und 7 werden wegen ihres Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Die Festlegung eines Mindestabstandes zwischen miteinander nicht im Einklang stehenden Flächennutzungen dient der planerisch ausgewogenen Vorsorge bzw. Bewältigung eines Konfliktes, der durch das Heranrücken von Wohnbebauung zu bestehenden Trassen und Höchstspannungsfreileitungen potenziell gegeben ist bzw. ausgelöst werden kann. Vor dem Hintergrund des im Zuge der Energiewende anstehenden, weiteren Ausbaus des Stromübertragungsnetzes auch in bestehenden Trassenkorridoren, ist diese Regelung aus Sicht der Landesregierung erforderlich. Unbenommen hiervon darf der Vorhabenträger das Vorhaben auch in einer bestehenden Trasse nur dann errichten, wenn sämtliche immissionsschutzrechtlichen Grenzwerte, die dem Gesundheitsschutz dienen, eingehalten werden. Hierauf wird die Landesregierung sehr sorgfältig achten . Frage 8. Ist es aus Sicht der Landesregierung vertretbar, im Zusammenhang mit dem Bau der Hochspannungs -Gleichstromtrasse "Ultranet" die im Landesentwicklungsplan vorgesehenen Abstandsgrenzen von 400 Meter zur Wohnbebauung nicht als verbindliche Vorgabe anzuwenden? Frage 9. Wie will die Landesregierung eine Gefährdung der Gesundheit der Anwohner im Zusammenhang mit dem Bau der Ultranet-Trasse verhindern? Die Fragen 8 und 9 werden wegen ihres Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Das Gleichstromvorhaben Ultranet soll auf hessischem Gebiet weitgehend innerhalb eines bereits bestehenden Trassenkorridors verwirklicht werden, sodass die neuen landesplanerischen Abstandsregelungen für diesen Bestandskorridor keine Bindungswirkung entfalten können. Die Landesregierung erwartet dennoch von der Bundesnetzagentur, die bei diesem Vorhaben für den Planungsvollzug und die Zulassungsentscheidung verantwortlich ist, die Planung des Vorhabens ggf. auch durch eine Verschwenkung der bestehenden Trasse so auszuführen, dass die benannten Mindestabstände zu Wohngebieten und Wohngebäuden eingehalten werden, soweit die Realisierung dieser planerischen Konfliktvorsorge möglich und nicht aufgrund technischer oder betriebswirtschaftlicher Gegebenheiten unzumutbar ist. Frage 10. Unter welchen Umständen wäre es möglich, dass einerseits ein neues Wohnbaugebiet mit Verweis auf die geltenden Abstandsgrenzen verhindert wird und andererseits eine neue Höchstspannungsfreileitung realisiert wird, die die im Landesentwicklungsplan vorgeschriebenen Abstandsgrenzen nicht einhält? Die Landesregierung nimmt zu hypothetischen Fragen nicht Stellung. Wiesbaden, 3. September 2018 Tarek Al-Wazir