Kleine Anfrage des Abg. Lotz (SPD) vom 28.08.2018 betreffend Mehreinnahmen und Kosten der FSC-Zertifizierung I und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung des Fragestellers: Laut mehrerer Presseberichte habe Ministerin Hinz aus dem UNIQUE-Gutachten zu FSC herausgelesen, dass mit dem FSC-Standard langfristig Mehreinnahmen in Höhe von 3,5 Mio. € erwirtschaftet können. Die Vorbemerkung des Fragestellers vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie genau ermittelt das Umweltministerium die Mehreinnahmen von 3,5 Mio. €? Die Mehreinnahmen sind auf der Basis eines Vergleichs zwischen der aktuellen Baumartenverteilung im gesamten Hessischen Staatswald und der unter FSC zu erwartenden Entwicklung dieser Baumartenverteilung kalkuliert. Hier zeigt das vom Ministerium beauftragte Gutachten der Firma UNIQUE, dass gegenüber dem jetzigen Stand der Baumartenausstattung noch mehr als eine Verdopplung des Douglasienanteils (aktueller Stand 3 %) und eine leichte Erhöhung des Fichtenanteils möglich ist. Die flächenbezogenen Reinerträge dieser Baumarten liegen deutlich über dem des Laubholzes. Mit dem FSC-Standard 3.0 könnten so langfristig pro Jahr gut 3,5 Mio. € mehr erwirtschaftet werden. Frage 2. Bezieht sich das Ministerium dabei auf die gesamte oder eine anteilige, bereits vollzogene oder noch zu vollziehende FSC-Zertifizierung auf den von HessenForst AöR bewirtschafteten Waldflächen ? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Frage 3. Wie kalkuliert das Umweltministerium die Mehreinnahmen durch die Umstellung von FSC 2.3 zu FSC 3.0, obwohl in der kurzen Gültigkeitsspanne von FSC 2.3 keine wesentlichen Waldumbaupläne realisiert werden konnten? Die Fa. UNIQUE hat in dem vom Ministerium beauftragten Gutachten verschiedene Modell- Berechnungen durchgeführt, die die Auswirkungen der FSC-Standards 2.3 und 3.0 auf die Waldentwicklungsziele der Forsteinrichtung aus heutiger Sicht finanziell bewerten. Im Szenario FSC 2.3 geht das Gutachten von einem mit dem der aktuellen Baumartenausstattung vergleichbar hohen Deckungsbeitrag (jährlich 38,0 Mio. € im Ist der Baumartenausstattung, FSC 2.3: 37,8 Mio. €, im Vergleich: FSC 3.0: 41,6 Mio. €) aus. Die Methodik und Ergebnisse können dem auf der Homepage des Umweltministeriums zur Verfügung stehenden, ausführlichen UNIQUE-Gutachten (S. 45 bis 50) entnommen werden. Frage 4. Welche direkten Kosten sind durch den Zertifizierungsprozess zu erwarten z. B. "AAF" (Annual Administration FEE)? (Bitte getrennt nach Forestmanagement (FM) und Chain Of Custody (COC) Zertifikat-, Lizenzabgaben an den FSC (z. B. durch Nutzung des Logos) und Kosten der Audits auflisten.) Die zu erwartenden direkten Kosten der Zertifizierung wurden in dem vom Ministerium beauftragten Gutachten aufgeschlüsselt (vgl. u.a. Tabellen 36 & 37, S. 86f) und beziehen sich auf direkte Zertifizierungskosten für die Jahre 2014-2019. Eingegangen am 11. Oktober 2018 · Bearbeitet am 17. Oktober 2018 · Ausgegeben am 19. Oktober 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/6723 11. 09. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6723 Die dort beschriebenen Kosten in Höhe von 129.100 € beinhalten die Durchführung der Audits sowie sonstige reguläre Leistungen der Zertifizierungsgesellschaft. Eine weitergehende Aufschlüsselung der vertraglichen Regelungen (v.a. vereinbarte Pauschalen und Stundensätze) mit der Ecocert IMOswiss AG ist aufgrund der schutzwürdigen Interessen der Firma nicht möglich. Die zu erwartenden Abgaben an FSC (Annual Administration Fee; AAF) werden mit 3.900 € für den genannten Zeitraum angegeben. Diese Abgaben werden vom Zertifizierer vereinnahmt und weitergeleitet. Die Höhe dieser Beiträge richtet sich nach der weltweit gültigen und öffentlich zugänglichen FSC-Richtlinie: FSC-POL-20-005 V2-6 EN. Für den Hessischen Staatswald als Wald der gemäßigten Breiten beträgt diese jährliche Abgabe 0,0045 US$ je Hektar und Jahr, zuzüglich 10 US$ je Zertifikat. Die tatsächlich in den letzten Jahren von HessenForst gezahlten Beträge schwanken, je nach Wechselkurs zu US$ und der zertifizierten Fläche. Im Jahr 2018 betrug diese Abgabe an FSC 568,05 €. Die Zertifizierungsgruppe "Staatswald Landesbetrieb HessenForst" verfügt ausschließlich über eine FSC-Zertifizierung für Waldbetriebe (Forest Management FM/COC). Kosten für eine weitergehende "Chain of Custody-Zertifizierung" fallen nicht an. Gleiches gilt auch für zusätzliche Logonutzungsgebühren. Frage 5. Ist bei Hessenforst AöR, ein Ministerium, eine Ministerin/ein Minister oder höhere Mitarbeiter bzw. eine Staatssekretärin/ein Staatssekretär Mitglied im FSC AC oder dem "Verein für verantwortungsvolle Waldwirtschaft e. V." und wenn ja, seit wann? Über Mitgliedschaften aus dem genannten Personenkreis bei FSC AC (FSC Asociación Civil mit Sitz in Oaxaca, Mexico) ist der Landesregierung nichts bekannt. Der Landesbetrieb HessenForst ist seit Juli 2018 als Organisation Vollmitglied bei FSC Deutschland ("Verein für verantwortungsvolle Waldwirtschaft e.V."). Frau Staatssekretärin Dr. Beatrix Tappeser ist als Einzelperson ebenfalls Vollmitglied im FSC Deutschland ("Verein für verantwortungsvolle Waldwirtschaft e.V."). Die Mitgliederliste von FSC Deutschland ist öffentlich im Internet einzusehen unter: https://www.fsc-deutschland.de/download-box.809.htm Frage 6. Hat es bereits Sonderaudits mit Stakeholderbeteiligung gegeben, wie lange haben diese gedauert, wie viel Personen von Hessenforst AöR und Imoswiss waren beteiligt und was haben diese gekostet ? Der professionelle Umgang mit Anregungen, Hinweisen und Kritik von Stakeholdern ist ein wesentliches Element des FSC-Standards. Sofern solche Einwendungen von Stakeholdern einen Ortstermin erforderlich machen, wurden diese bisher im Regelfall in regulären Überwachungsaudits integriert. In zwei Fällen wurde bisher im Staatswald mit dem zuständigen Auditor vereinbart , akuten Beschwerden über die Waldbewirtschaftung bei einem zusätzlichen Termin (Sonderaudit) mit Stakeholderbeteiligung nachzugehen. Dieses betraf den Staatswald der Forstämter Darmstadt und Lampertheim. In Darmstadt fand dieses Audit am 24. Februar 2017 von 9.00 bis 13.30 Uhr statt. An dem Termin nahmen acht Vertreter von HessenForst, zwei Stakeholder, zwei Auditoren der Ecocert IMOswiss AG und ein Vertreter des Hessischen Rechnungshofes teil. Ein erster Termin in Lampertheim fand am 24. Februar 2017 von 14.00 bis 17.00 Uhr statt. Es nahmen neun Vertreter von Hessen-Forst, ein Praktikant von Hessen-Forst und zwei Auditoren der Ecocert IMOswiss AG teil. Die Stakeholder hatten ihre Teilnahme in Lampertheim an dem Sonderaudit aus formalen Gründen kurzfristig abgesagt. Der Auditor gab den Stakeholdern daraufhin die Möglichkeit , im Rahmen eines regulären Überwachungsaudits im Forstamts Lampertheim am 18. Mai 2017 teilzunehmen. Die Stakeholder nahmen von 9.00 bis 13.30 Uhr am Audit teil. Es waren anwesend: Neun Vertreter von Hessen-Forst, ein Vertreter der Oberen Naturschutzbehörde, sieben Stakeholder, ein Vertreter von FSC Deutschland und zwei Auditoren der Ecocert IMOswiss AG. Für die Durchführung der Sonderaudits in den Forstämtern Darmstadt und Lampertheim berechnete IMOswiss dem Landesbetrieb HessenForst insgesamt Kosten für die Auditoren, Vorarbeiten , Erstellung des Auditberichts etc. in Höhe von 12.077,81 €. Die internen Personal- und Reisekosten wurden nicht kalkuliert. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6723 3 Frage 7. Werden weitere Gelder an den FSC oder den akkreditierten Zertifizierer direkt oder indirekt abgeführt (auch freiwillig) und wenn ja, in welcher Höhe? Der Landesbetrieb HessenForst zahlt als Mitglied von FSC Deutschland ("Verein für verantwortungsvolle Waldwirtschaft e.V.") einen jährlichen Mitgliedsbeitrag in Höhe von 1.850 €. Weitere Zahlungen, die über die vertragliche Regelung mit der Ecocert IMOswiss AG hinausgehen , werden nicht geleistet. Frage 8. Welche Mehrerlöse in der Holzvermarktung werden für HessenForst AöR durch die FSC- Labelung erzielt? Die Abnehmer, die einen zentralen Holzkaufvertrag mit HessenForst geschlossen haben, kaufen sowohl FSC-, wie auch PEFC-zertifiziertes Holz preisgleich ein. Derzeit gibt es lediglich einen kleineren Vertrag mit einem Umfang unter 2.000 Festmetern/Jahr über Laubstammholz, in dem ein Preisaufschlag von 1,00 € je Festmeter für FSC-Holz vereinbart ist. Bei den auf Forstamtsebene abgeschlossenen Verträgen sind analoge Regelungen nicht bekannt. Einzelne Kunden aus dem Bereich der Spanplatten- und Papierindustrie haben in der letzten Zeit einen erhöhten Bedarf an FSC-zertifiziertem Holz signalisiert. Bisher konnte dieses aber nicht in vertragliche Regelungen über Mindestliefermengen an FSC-Holz oder sogar zu höheren Holzpreisen umgesetzt werden. Der Landesbetrieb HessenForst ist bemüht, den erhöhten Bedarf in vertraglich günstige Regelungen umzusetzen. Frage 9. Gibt es Abnehmer, die von HessenForst AöR explizit nach FSC-Holz verlangen? Falls ja, von welchen jährlichen Sortimenten/Mengen und Summen wird hierbei ausgegangen? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. Wiesbaden, 27. September 2018 Priska Hinz