Kleine Anfrage der Abg. Degen, Lotz und Barth (SPD) vom 04.09.2018 betreffend ausstehende Entscheidung der Vergabekammer und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung der Fragesteller: Die Vergabeentscheidung des Main-Kinzig-Kreises zu den sogenannten Linienbündeln 2 (Stadtbusverkehr Nidderau) und 6 (regionaler Busverkehr zwischen Hanau - Langenselbold - Ronneburg - Neuberg - Hammersbach ) wurde Ende des Monats Januar 2018 von zwei unterlegenen Mitbietern zur Nachprüfung bei der Vergabekammer des Landes Hessen beim Regierungspräsidium Darmstadt angemeldet. Obwohl für solche Nachprüfungen üblicherweise ein Zeitraum von fünf Wochen vorgesehen ist, erfolgte eine Entscheidung der Vergabekammer bisher nicht. Die Frist zur Bekanntgabe der Entscheidung wurde wiederholt verlängert. Der derzeitige Schwebezustand ist für die am Verfahren beteiligten Unternehmen, die Kreisverkehrsgesellschaft, aber insbesondere für die Kunden, sehr unbefriedigend und bringt erhebliche Nachteile mit sich, da ein Ende der Interimslösung und der Beginn eines Regelbetriebs wegen notwendiger Vorlaufzeiten frühestens im Frühjahr 2019 realisiert werden können. Folge dieser fehlenden Rechts- und Planungssicherheit sind deutlich negative Auswirkungen für den aktuellen Busbetrieb. Vorbemerkung des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Nach § 157 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) üben die Vergabekammern ihre Tätigkeit im Rahmen der Gesetze unabhängig und in eigener Verantwortung aus. Die Mitglieder der Kammer entscheiden nach § 157 Abs. 4 S. 2 GWB unabhängig und sind nur dem Gesetz unterworfen. Mitglieder der Vergabekammer sind gemäß § 157 Abs. 2 GWB ein Vorsitzender, ein hauptamtlicher Beisitzer und ein ehrenamtlicher Beisitzer. Nach § 1 Abs. 5 der Hessischen Verordnung über die Vergabekammern erlässt das Regierungspräsidium Darmstadt (RP Darmstadt) eine Geschäftsordnung für die Verfahren vor der Vergabekammer , bestimmt über die Geschäftsverteilung und führt unbeschadet des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen die Dienstaufsicht über die Mitglieder der Vergabekammer. Die Grundzüge der Organisation, des Geschäftsganges und des Verfahrens der Vergabekammern des Landes Hessen regelt die Geschäftsordnung vom 01.07.2011 (StAnz. S. 957). Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Hessischen Minister des Innern und für Sport wie folgt: Frage 1. Wie erklärt sich die über sieben Monate andauernde Prüfung durch die Vergabekammer des Landes Hessen? Die Landesregierung hat zur Beantwortung der Frage eine Stellungnahme der 1. Vergabekammer des Landes Hessen eingeholt: Beide Verfahren sind geprägt von grundlegenden Kontroversen , die auf einen branchenspezifischen Wettbewerb um regionale Marktanteile beruhen. Die gegensätzlichen Positionen werden engagiert vertreten. Es wurde u. a. ein Antrag auf Vorlage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Vorabentscheidung über Rechtsfragen zu einer personenbeförderungsrechtlichen Vorschrift mit vergaberechtlicher Bedeutung gestellt, wodurch die vorliegenden Nachprüfungsverfahren auf unbestimmte Zeit ausgesetzt worden wären; die Vergabekammer ist diesem Antrag bisher nicht gefolgt. Auf die Bearbeitungsdauer hat sich ausgewirkt, dass die Bevollmächtigten aller Verfahrensbeteiligten aus unterschiedlichen Gründen jeweils um Verlängerung der Stellungnahmefrist für überwiegend mehrere Wochen ersucht haben. Angesichts der Kontroverse und Tragweite der Nachprüfungsverfahren wurde den geltend gemachten Ansprüchen auf rechtliches Gehör Rechnung getragen; Anhaltspunkte für missbräuchliche Verzögerungen lagen nicht vor. Eingegangen am 16. Oktober 2018 · Bearbeitet am 17. Oktober 2018 · Ausgegeben am 19. Oktober 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/6765 16. 10. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6765 Gleiches gilt für die erfolgten Gesuche auf Akteneinsicht, die wegen der Wahrung von Geschäfts - und Betriebsgeheimnissen aufwendig waren. Auch diesem wichtigen Verfahrensrecht wurde jeweils entsprochen. Frage 2. Wann wird eine Entscheidung der Vergabekammer in diesem Nachprüfungsverfahren erfolgen? Die Vergabekammer führt hierzu aus, dass eine Entscheidung in dem Nachprüfungsverfahren voraussichtlich im Laufe des Jahres erfolgen wird. Frage 3. Ergeben sich aus der verspäteten Entscheidung der Vergabekammer Schadensersatzansprüche für die Verfahrensbeteiligten? Derartige Ansprüche sieht das GWB nicht vor. Frage 4. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, um Entscheidungen der Vergabekammer des Landes Hessen in zukünftigen Vergabenachprüfungsverfahren zu beschleunigen? Bei den Prüfverfahren handelt es sich um eine rechtlich komplexe Thematik, deren Bearbeitung darüber hinaus durch Fristverlängerungswünsche der Verfahrensbeteiligten in die Länge gezogen worden ist. Die Landesregierung wird Gespräche mit dem RP Darmstadt aufnehmen, ob und wenn ja welche Maßnahmen der Fach- und/oder Dienstaufsicht erforderlich und zielführend sind, um die Arbeit der Vergabekammer zu unterstützen. Frage 5. Wie viele Mitarbeiter sind bei der Vergabekammer mit Nachprüfungen aufgrund von Bieterbeschwerden befasst? Mit Nachprüfungsverfahren ist in der 1. Vergabekammer ein Vorsitzender befasst, der mit weiteren juristischen Aufgaben betraut ist. Die Zahl der hauptamtlichen Beisitzer, die mit einem Teil ihrer Arbeitszeit in der Vergabekammer arbeiten, wurde in den letzten Monaten von drei auf sechs erhöht. Als ehrenamtliche Beisitzer sind sieben Personen bestellt worden, die gleichermaßen nur eingeschränkt verfügbar sind. Frage 6. Wie viele Vergaben wurden in den Jahren 2016/2017/2018 jeweils überprüft und welche Bearbeitungsdauern waren dabei durchschnittlich festzustellen? Die 1. Vergabekammer hat dazu Folgendes mitgeteilt: Bei der 1. Vergabekammer ist ab 2016 folgende Anzahl von anhängigen Nachprüfungsverfahren zu verzeichnen: 2016: 30 Verfahren, 2017: 21 Verfahren, 2018: 18 Verfahren (Stand: 13.09.2018). Die durchschnittliche Verfahrensdauer betrug davon jeweils wie folgt: 2016: 11,9 Wochen, 2017: 12,1 Wochen, 2018: 11,1 Wochen (Stand: 13.09.2018). Wiesbaden, 9. Oktober 2018 Tarek Al-Wazir