Kleine Anfrage des Abg. Quanz (SPD) vom 23.10.2018 betreffend Personalentwicklung beim Finanzamt Eschwege-Witzenhausen und Antwort des Ministers der Finanzen Vorbemerkung des Fragestellers: In der Öffentlichkeit vor Ort im Werra-Meißner-Kreis wird über die Personalentwicklung im Bereich des Finanzamts Eschwege-Witzenhausen diskutiert, wohl aber auch spekuliert. Im Interesse der weiteren Entwicklung der Finanzbehörde ist es wichtig und hilfreich, wenn über den Sachverhalt aufgeklärt wird. Diese Vorbemerkung des Fragestellers vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wann und warum soll die Finanzkasse, die bisher in Witzenhausen etabliert war, nach Bad Hersfeld verlegt werden? Eine der Maßnahmen der Strukturreform der Hessischen Steuerverwaltung ist die Regionalisierung der Finanzkassen von bisher 28 an zukünftig neun Standorten. Neben der bestehen bleibenden Kasse im Finanzamt Frankfurt am Main IV werden an acht Standorten in Finanzämtern im ländlichen Raum neue Regionalkassen eingerichtet. Im Zuge dessen ist vorgesehen, die Aufgaben der Finanzkasse des Finanzamts Eschwege-Witzenhausen ab dem 1. Februar 2019 zunächst rein organisatorisch und ab dem 1. August 2019 auch rechtlich im Finanzamt Hersfeld- Rotenburg anzusiedeln. Diese Regionalkasse übernimmt auch den Arbeitsbereich der Finanzkasse der beiden Kasseler Finanzämter. Gerade in kleineren Finanzämtern waren die Finanzkassen wegen des immer weiteren Rückgangs des eingesetzten Personals nicht mehr zukunftsfähig. Durch die Regionalisierung mehrerer Finanzkassen an einem Standort wird Fachwissen gebündelt , notwendige fachliche Spezialisierung gefördert und es werden effektive Vertretungsregelungen in diesem Arbeitsbereich geschaffen. Die acht neuen Standorte für Regionalkassen liegen allesamt im ländlichen Raum, so dass auch mit dieser Strukturmaßnahme zwei Ziele erreicht werden: Die Steuerverwaltung zu stärken und hessenweit Arbeit in die Heimat und zu den Menschen zu bringen. Frage 2. Wie viele Arbeitsplätze gehen damit im Werra-Meißner-Kreis verloren? Durch die Regionalisierung der Finanzkasse des Finanzamtes Eschwege-Witzenhausen beim Finanzamt Hersfeld-Rotenburg werden vier Dienstposten verlagert. Ein Arbeitsplatzverlust ist damit aber nicht verbunden. Die bisher in der Finanzkasse eingesetzten Beschäftigten, die nicht nach Bad Hersfeld wechseln wollen, bleiben weiterhin Bedienstete des Finanzamts Eschwege- Witzenhausen und verstärken dort andere Arbeitsbereiche. Gleichzeitig wird das Finanzamt Eschwege-Witzenhausen durch die Einrichtung einer finanzamtsamtsübergreifenden Zuständigkeit im Bereich der Fortbildung aufgewertet (siehe Antwort zu Frage 7). Frage 3. Wie viele Arbeitsplätze sind in der jüngeren Vergangenheit in den Bereichen der Grunderwerbsteuer und der KFZ-Steuer bereits weggefallen? Durch die Zentralisierung der Grunderwerbsteuer wurden ein Dienstposten und durch den Aufgabenübergang der Verwaltung der KFZ-Steuer auf den Bund (Zollverwaltung) zwei Dienstposten verlagert. Eingegangen am 18. Dezember 2018 · Bearbeitet am 18. Dezember 2018 · Ausgegeben am 20. Dezember 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/6811 18. 12. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6811 Frage 4. Wie viele Anwärter sind in den letzten fünf Jahren eingestellt worden? In den letzten fünf Jahren hat das Finanzamt Eschwege-Witzenhausen insgesamt 17 Anwärterinnen und Anwärter eingestellt, sechs Anwärterinnen und Anwärter im mittleren Dienst und elf Anwärterinnen und Anwärter im gehobenen Dienst. Im nächsten Jahr werden zum 1. August 2019 zehn weitere Einstellungen folgen: fünf im mittleren und fünf im gehobenen Dienst. Das sind - allein in 2019 - zehn weitere junge Menschen, die ihre duale Ausbildung oder ihr duales Studium in der Hessischen Steuerverwaltung im Finanzamt Eschwege-Witzenhausen beginnen werden. Auch das Finanzamt Eschwege-Witzenhausen leistet damit einen Beitrag zur Erhaltung der Attraktivität des ländlichen Raums und zur Zukunftsfähigkeit der Hessischen Steuerverwaltung in der Region des Werra-Meißner-Kreises. Frage 5. Wie viele Beschäftigte sind in den letzten fünf Jahren in Rente oder in Pension gegangen und wie viele sind an andere Standorte versetzt worden? Vom 01.01.2014 bis zum Auswertungsstichtag (12. November 2018) sind insgesamt zwölf Beamtinnen und Beamte altersbedingt in den Ruhestand gegangen. Ein Beamter wurde wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Zudem sind neun Tarifbeschäftigte aufgrund des Bezugs von Altersrente ausgeschieden. Die hierdurch freiwerdenden Dienstposten wurden dienststellenintern oder durch ressortweite Stellenausschreibungen nachbesetzt. Die zu erwartenden altersbedingten Abgänge werden auch in die jährlichen Berechnungen der Einstellungszahlen einbezogen und damit perspektivisch nachbesetzt. Im o.g. Auswertungszeitraum wurden zehn Bedienstete des Finanzamtes Eschwege-Witzenhausen dauerhaft an andere Finanzämter und Dienststellen im Geschäftsbereich des Hessischen Ministeriums der Finanzen versetzt. Die Versetzungen erfolgten allesamt auf eigenen persönlichen Wunsch der betroffenen Bediensteten, z.B. aufgrund von Bewerbungen auf verwaltungsinterne Stellenausschreibungen oder aus familiären Gründen (Versetzungsanträge). Im Rahmen des Übergangs der Kraftfahrzeugsteuerverwaltung auf den Bund sowie der Zentralisierung der hessenweiten Zuständigkeit für die Grunderwerbsteuer in Lauterbach gab es keine Wegversetzungen. Das betroffene Personal ist beim Finanzamt Eschwege-Witzenhausen verblieben und wird dort in anderen Arbeitsbereichen eingesetzt. Gleiches gilt für die bevorstehende Verlagerung der Finanzkasse an das Finanzamt Hersfeld-Rotenburg. Das Finanzamt Eschwege -Witzenhausen ist und bleibt daher für diese Beschäftigen weiterhin ein attraktiver Arbeitgeber im ländlich geprägten Werra-Meißner-Kreis. * Es wird davon ausgegangen, dass sich die Fragen 3. bis 5. nur auf das Finanzamt Eschwege-Witzenhausen beziehen. Frage 6. Welche konkreten Überlegungen gibt es, mehr Personal der Finanzverwaltung aus Ballungsräumen in ländliche Regionen zu verlagern? Seit Anfang des Jahres 2018 setzt die Hessische Steuerverwaltung im Rahmen der Strukturreform zahlreiche Einzelmaßnahmen um. Sie haben zum Ziel, durch die verschiedenen Maßnahmen die Hessische Steuerverwaltung noch besser und effektiver aufzustellen, ländlicher gelegenere Finanzämter aufzuwerten und dort attraktive, hochwertige und perspektivreiche Dienstposten zu schaffen. Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende konkrete Maßnahmen: Übertragung von Körperschaftzuständigkeiten an die Finanzämter Bensheim, Groß-Gerau, Gelnhausen und Marburg-Biedenkopf, Zentralisierung der Bearbeitung der Grunderwerbsteuer im Finanzamt Alsfeld-Lauterbach, Verwaltungsstelle Lauterbach (Hessische Zentralstelle für Grunderwerbsteuer ), Zentralisierung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebsprüfung in den Finanzämtern Limburg-Weilburg, Nidda, Michelstadt und Schwalm-Eder, Regionalisierung der Finanzkassen an acht neuen Standorten durch Bildung von Regionalkassen in den Finanzämtern Schwalm-Eder, Hersfeld-Rotenburg, Gießen, Limburg-Weilburg, Fulda, Nidda, Dieburg und Michelstadt, Einrichtung einer zentralen Servicehotline im Finanzamt Kassel II-Hofgeismar, Verwaltungsstelle Hofgeismar, Arbeiten im HessenBüro - Pilotprojekt in Limburg. Weitere HessenBüros sind in Wetzlar, Fürth im Odenwald und Fulda geplant. Insgesamt eröffnen wir dadurch ca. 750 Beschäftigten der Hessischen Steuerverwaltung die Möglichkeit, in ländlich gelegeneren Finanzämtern wohnortnah zu arbeiten. Frage 7. Welche Chancen sieht das Ministerium im Zuge der Digitalisierung Standorte in ländlichen Regionen aufzuwerten, hier insbesondere auch für den Werra-Meißner-Kreis? Jede der in Frage 6. aufgezählten Maßnahmen wird erst dank des technologischen Fortschritts der Digitalisierung ermöglicht. Dies gilt insbesondere für das Arbeiten im HessenBüro in Limburg . Von dort aus arbeiten an zwei bis drei Tagen pro Woche rund 30 Kolleginnen und Kollegen des Finanzamts Hofheim am Taunus. Sie sparen sich dadurch den oft mühsamen und stressigen Fahrweg in das Finanzamt und können dank der Digitalisierung der Arbeitsmittel für ihr Finanzamt Hofheim am Taunus arbeiten. Die Stärkung von Standorten in ländlichen Regionen Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6811 3 kann und darf aber kein Selbstzweck für die Hessische Steuerverwaltung sein. Eine Stärkung des ländlichen Raums durch Maßnahmen, die zu Lasten der Effektivität der Steuerverwaltung und damit letztlich zu Lasten aller Bürgerinnen und Bürger gehen würde, kommt daher nicht in Betracht. Die Strukturreform zielt darauf ab, die Verwaltung noch besser und effektiver aufzustellen und gleichzeitig kleinere Finanzämter in ländlichen Regionen aufzuwerten. Hiervon profitiert auch das Finanzamt Eschwege-Witzenhausen. Dort wird zukünftig eine Zentralzuständigkeit im Fortbildungsbereich angesiedelt. Die Weiterqualifizierung unserer Beschäftigten gehört in der Hessischen Steuerverwaltung zum Alltag. In Ergänzung und als Unterstützung der von der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main in diesem Bereich wahrgenommenen Aufgaben werden zukünftig drei sogenannte “Competence Center Fortbildung“ (CCF) eingerichtet , eines davon in Eschwege-Witzenhausen. Die CCF sollen den Bereich der Amtsfortbildung als regional übergreifende Stelle entwickeln, planen und organisieren. Das CCF in Eschwege -Witzenhausen wird damit im Bereich der Fortbildung ein wichtiger Ansprechpartner für die Finanzämter Alsfeld-Lauterbach, Dillenburg, Schwalm-Eder, Fulda, Hersfeld-Rotenburg, Gießen, Kassel I, Kassel II-Hofgeismar, Korbach-Frankenberg, Marburg-Biedenkopf und Wetzlar sein. Zu den Aufgaben der CCF wird es gehören, eine regionale Struktur für die Amtsfortbildungen aufzubauen, Schulungsteams zu organisieren, als Multiplikator zu fungieren sowie Unterrichtskonzepte und -materialien zu verwalten und zu erstellen. Sie begleiten die Schritte und Maßnahmen der einzelnen Finanzämter und steuern die Amtsfortbildung. Damit bringen wir eine zukunftsträchtige Aufgabe in das Finanzamt Eschwege-Witzenhausen. Wiesbaden, 8. Dezember 2018 Dr. Thomas Schäfer