Kleine Anfrage der Abg. Schott (DIE LINKE) vom 29.10.2018 betreffend psychosoziale Betreuung geflüchteter Menschen – Teil I und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung der Fragestellerin: Der Vorfall, bei dem ein neunzehnjähriger afghanischer Geflüchteter in Fulda bei einem Polizeieinsatz getötet wurde, hätte möglicherweise vermieden werden können, wenn der bereits vor diesem Vorfall als verhaltensauffällig bekannte junge Mann rechtzeitig psychosozial betreut worden wäre. Das Land Hessen hat im letzten Jahr vier Psychosoziale Zentren ausgeschrieben, die inzwischen ihre Arbeit aufgenommen haben. Dazu stellen sich anlässlich des Vorfalls in Fulda folgende Fragen. Vorbemerkung des Ministers für Soziales und Integration: Für die soziale und psychosoziale Betreuung von Geflüchteten, die den Gebietskörperschaften zugewiesen sind, sind grundsätzlich die einzelnen Landkreise und kreisfreien Städte verantwortlich . Um die psychosoziale Versorgung geflüchteter Menschen sowohl in den Erstaufnahmeeinrichtungen als auch in den kommunalen Einrichtungen weiter zu verbessern, fördert das Land Hessen seit Ende 2017 den Aufbau und die Weiterentwicklung von vier Zentren zur psychosozialen Beratung, Stabilisierung und Betreuung von Geflüchteten in den Erstaufnahmeeinrichtungen und den Kommunen. Das Angebot soll sich prioritär an Geflüchtete mit Bleibeperspektive und in Folge der Flucht traumatisierte und psychisch belastete Menschen sowie Opfer von Folter und Gewalt richten. Im Rahmen der förderfähigen psychosozialen Betreuung von Geflüchteten aus kommunalen Einrichtungen dienen die Psychosozialen Zentren (PSZ) als erste Anlaufstellen zu Krisenintervention und Stabilisierung, wobei der Fokus auf schwere Fälle gelegt werden soll. Bei erweitertem Behandlungsbedarf haben die Psychosozialen Zentren die Aufgabe, geeignete weiterführende Hilfen im Rahmen der Regelversorgung zu vermitteln. Der Höchstbetrag der Landesförderung beträgt 400.000 € pro Jahr und Zentrum. Die Zuwendung wird als Festbetragsfinanzierung im Wege einer Projektförderung gewährt. Über den genannten Förderbetrag hinausgehende Personal- und Sachausgaben werden durch die jeweiligen Träger der Psychosozialen Zentren in Form von Eigen- und/oder Drittmittel bzw. Fördermittel getragen. Antragsberechtigt waren öffentliche, kirchliche, gemeinnützige und private Träger sowie eingetragene Vereine aus Hessen mit entsprechender Erfahrung und Expertise im Bereich der psychosozialen Beratung und Betreuung von traumatisierten sowie psychisch belasteten Geflüchteten . Im Einzelnen wird auf die Förderrichtlinie zum Aufbau Psychosozialer Zentren für Geflüchtete verwiesen, die im Staatsanzeiger für das Land Hessen veröffentlicht wurde (StAnz. 34/2017 S. 779). Die Träger der Psychosozialen Zentren wurden an der Beantwortung der Kleinen Anfrage beteiligt . Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie sehen die räumlichen Einzugsbereiche der Psychosozialen Zentren aus? Es werden insgesamt vier Psychosoziale Zentren für Geflüchtete in Nordhessen, Mittelhessen, Südhessen und im Rhein-Main-Gebiet durch das Land Hessen gefördert. Die räumlichen Einzugsbereiche wurden zwischen den Psychosozialen Zentren einvernehmlich wie folgt vereinbart. Eingegangen am 11. Dezember 2018 · Bearbeitet am 11. Dezember 2018 · Ausgegeben am 14. Dezember 2018 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/6814 11. 12. 2018 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6814 PSZ Nordhessen: Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) Kassel, EAE Rotenburg, Stadt Kassel, Landkreis Kassel, Landkreis Waldeck-Frankenberg, Werra-Meißner-Kreis, Schwalm-Eder-Kreis, Landkreis Hersfeld -Rotenburg, nördlicher Bereich des Landkreises Fulda inklusive der Stadt Fulda. PSZ Mittelhessen: EAE Gießen, EAE Neustadt, Landkreis Gießen, Vogelsbergkreis, Wetteraukreis, Lahn-Dill- Kreis, Landkreis Limburg-Weilburg, Landkreis Marburg-Biedenkopf. PSZ Rhein-Main: EAE Büdingen, Stadt Frankfurt am Main, Hochtaunuskreis, Main-Kinzig-Kreis, Main-Taunus- Kreis, Landkreis Offenbach, Stadt Offenbach am Main, Rheingau-Taunus-Kreis, Stadt Wiesbaden , südlicher Wetteraukreis, südlicher Bereich des Landkreises Fulda. PSZ Südhessen: Stadt Darmstadt, Landkreis Darmstadt-Dieburg, Landkreis Groß-Gerau, Landkreis Bergstraße, Odenwaldkreis. Eine flexible Anpassung sowie regional übergreifende Tätigkeiten und Überschneidungen sind jederzeit möglich. Frage 2. Für wie viele geflüchtete Menschen sind sie jeweils zuständig? Die vier Psychosozialen Zentren haben nach eigenen Angaben in der Aufbauphase im Zeitraum 01.01. bis 31.07.2018 782 Geflüchtete betreut. Frage 3. Welches Psychosoziale Zentrum (PSZ) ist für geflüchtete Menschen in der Stadt und im Landkreis Fulda zuständig? Hierzu wird auf die Beantwortung der Frage 1 verwiesen. Frage 4. Wie sind die PSZ jeweils personell und mit Sachmitteln ausgestattet? Hierzu wird auf die Vorbemerkung des Hessischen Ministers für Soziales und Integration verwiesen . Im Übrigen wird auf die Ziffer 5 der Förderrichtlinie zum Aufbau Psychosozialer Zentren für Geflüchtete verwiesen (StAnz. 34/2017 S. 779). Darüber hinaus werden den Psychosozialen Zentren in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes Hessen jeweils 2 bis 3 ausgestattete Räume für Beratungsgespräche sowie Gruppenräume für Gruppenangebote zur Verfügung gestellt. Im kommunalen Bereich stellen Kooperationspartner der Psychosozialen Zentren sowie Kreisverwaltungen zusätzliche Unterstützung, insbesondere in Form von Räumlichkeiten, zur Verfügung. Frage 5. Welcher Anteil der Kosten wird vom Land, welcher von welchen anderen Kostenträgern erbracht ? Hierzu wird auf die Vorbemerkung des Hessischen Ministers für Soziales und Integration verwiesen . Frage 6. Wie häufig kann das zuständige PSZ mit der ihm zur Verfügung stehenden Personal- und Sachausstattung in den kreisfreien Städten und Landkreisen seines Zuständigkeitsbereichs regelmäßige Sprechstunden anbieten, die von geflüchteten Menschen dort aufgesucht werden können? Sofern Sprechstunden angeboten werden, können diese nach eigenen Angaben der Psychosozialen Zentren in der Regel werktäglich angeboten werden und richten sich nach dem aktuellen Bedarf. Frage 7. Wie häufig können diese Sprechstunden für geflüchtete Menschen in Fulda stattfinden? Nach Angaben des Psychosozialen Zentrums in Nordhessen wurden mit dem Kreis Fulda in einem ersten Schritt Fortbildungen zu "Flucht und Trauma" für Haupt- und Ehrenamtliche und "Therapie zu Dritt" für ortsansässige Therapeutinnen und Therapeuten sowie Dolmetscherinnen und Dolmetscher vereinbart. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6814 3 Vorgesehen ist des Weiteren ein zentrales Sprechstundenangebot in der Stadt Fulda. Ergänzend ist ein Projekt zur regelmäßigen aufsuchenden Beratung im Landkreis Fulda in Planung. Frage 8. Auf welchem Weg kommen Geflüchtete in die Psychosozialen Zentren? Frage 9. Wie werden Geflüchtete von welchen Einrichtungen vermittelt? Die Fragen 8 und 9 werden aufgrund des Sachzusammenhangs wie folgt gemeinsam beantwortet : Geflüchtete können sich sowohl direkt an die Psychosozialen Zentren wenden als auch an diese vermittelt und weitergeleitet werden. Eine Kontaktaufnahme ist telefonisch, schriftlich oder durch persönliche Vorsprache möglich. Geflüchtete werden insbesondere durch folgende Stellen bzw. Personen an die Psychosozialen Zentren vermittelt: Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Sozialdienste sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sozialer Einrichtungen, Ehrenamtliche, Ehrenamtskoordinatorinnen und Ehrenamtskoordinatoren sowie Vereine und Verbände, Flüchtlingskoordinatorinnen und Flüchtlingskoordinatoren, Migrationsberatung sowie sonstige Beratungsstellen, Jobcenter, Ausländerämter, Jugendämter sowie Einrichtungen der Jugendhilfe, Volkshochschulen und sonstige Schulen sowie Lehrerinnen und Lehrer, Ärztinnen und Ärzte sowie Kliniken, medizinischer Dienst der Erstaufnahmeeinrichtung , Psychologinnen und Psychologen, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, Dolmetscherinnen und Dolmetscher, Leiterinnen und Leiter von Gemeinschaftsunterkünften, Frauenhäuser , Wohngruppen sowie Familienangehörige, Nachbarn und Paten. Frage 10. Sind die Psychosozialen Zentren für alle Geflüchteten, unabhängig vom rechtlichen Status, zuständig ? Hierzu wird auf die Vorbemerkung des Hessischen Ministers für Soziales und Integration verwiesen . Wiesbaden, 4. Dezember 2018 Stefan Grüttner