Kleine Anfrage des Abg. Schalauske (DIE LINKE) vom 08.11.2018 betreffend Verkleinerung des Naturschutzgebietes Frauenberg bei Beltershausen (Kreis Marburg-Biedenkopf) und Antwort der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Vorbemerkung des Fragestellers: Das Regierungspräsidium Gießen beabsichtigt das Naturschutzgebiet Frauenberg (Gemeinde Ebsdorfergrund - Ortsteil Beltershausen) um ein Grundstück zu verkleinern. Eigentümer des Grundstückes ist der Betreiber eines angrenzenden Hotels. Als Begründung für die angeblich mangelnde Bedeutung der Fläche für das Schutzgebiet wird aufgeführt, dass das Grundstück vom Hotelbetreiber durch wöchentliches Rasenmähen für den Naturschutz entwertet worden sei. Einwohner Beltershausens wollen nicht ausschließen, dass anschließend auf diesem Teilgebiet ein Parkplatz gebaut oder eine Nutzung durch den Betreiber des angrenzenden Hotels ermöglicht werden soll. Vorbemerkung der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz : Das Hotel "Seebode" wurde mit Nebenanlagen von 1903 bis 1906 erbaut. Im Jahr 1956 wurden der Frauenberg und angrenzende Flächen zum Landschaftsschutzgebiet (LSG) erklärt. 1985 wurde anhand der alten LSG-Grenzen auf der Basis der Flurstücksgrenzen ein Teilbereich als Naturschutzgebiet (NSG) ausgewiesen. Nach § 2 der Verordnung über das Naturschutzgebiet "Frauenstein bei Beltershausen" vom 30. Oktober 1985 (StAnz. S. 2053), geändert durch Verordnung vom 20.Juli 1992 (StAnz. S. 2039), ist Zweck der Unterschutzstellung, die Basalterhebung mit angrenzenden Flächen als erdgeschichtlich bedeutsamen Gesteinsaufschluss mit besonders seltenen botanischen und zoologischen Bestandteilen zu sichern, zu erhalten und vor Beeinträchtigungen zu bewahren. Das NSG umfasst insgesamt 9,8 ha. Die Größe der zur Entlassung vorgesehenen Teilfläche beträgt ca. 0,25 ha. Etwa 165 m2 dieses Grundstücks waren bereits zum Zeitpunkt der Ausweisung des NSG am 30.10.1985 mit Schotter befestigt und wurden vom angrenzenden Hotel als Parkplatz genutzt. Im Jahr 1986 hat die obere Naturschutzbehörde eine Befreiung von den Verboten der Verordnung erteilt, um weiterhin eine Nutzung dieser Teilfläche als Parkplatz für das angrenzende Hotel zu ermöglichen. Der übrige Teil des Grundstücks wurde als Grünland genutzt. Die NSG-Verordnung erlaubt eine Nutzung der Grünlandflächen ohne Einsatz von Dünger oder Pflanzenschutzmitteln. Ein Mahdzeitpunkt oder eine Mahdfrequenz sind nicht in der NSG-Verordnung geregelt. Die genannte Fläche wurde seinerzeit aus Arrondierungsgründen im Sinne einer eindeutigen Abgrenzung des NSG einbezogen. Ihr kann eine Funktion als "Pufferzone" beigemessen werden, die zur Ungestörtheit der besonders schutzwürdigen Magerrasenstandorte an den Steilhängen im Umkreis um die Burgruine Frauenberg beiträgt. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Gab oder gibt es zwischen den Behörden und dem Hotelbetreiber Vereinbarungen über die Nutzung bzw. Pflege des betreffenden Grundstücks und wenn ja welche? Grundsätzlich hat sich der Eigentümer der Fläche an die Vorgaben der geltenden NSG- Verordnung zu halten, nach der eine Nutzung als Grünland ohne Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln zulässig ist. Angesichts einer ohne Genehmigung durchgeführten Pflasterung des innerhalb des NSG liegenden Parkplatzteiles wurde in einer Besprechung des Regierungspräsidiums Gießen mit der Gemeinde Ebsdorfergrund, dem Betreiber des Hotels, der unteren Bauaufsichtsbehörde, der unteren Naturschutzbehörde und dem Landesamt für Denkmalschutz am 31. Mai 2017 in Aussicht gestellt, durch Herausnahme eines Teils des Grundstücks aus dem NSG und baurechtliche Zulassung des vom Hotelbetreiber beanspruchten Parkplatzes unter bestimmten Voraussetzungen für rechtmäßige Verhältnisse zu sorgen. Das Regierungspräsidium Eingegangen am 7. Januar 2019 · Bearbeitet am 7. Januar 2019 · Ausgegeben am 11. Januar 2019 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/6821 07. 01. 2019 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/6821 hat daraufhin die für eine Änderung der Verordnung erforderliche Anhörung der Naturschutzverbände durchgeführt. Frage 2. Das wöchentliche Rasenmähen, welches das Regierungspräsidium Gießen als Begründung für die Aufgabe der Schutzwürdigkeit anführt, ist mit den Schutzzielen des NSG Frauenberg unvereinbar . Seit wann hatte das Regierungspräsidium Kenntnis von Regelverstößen im Naturschutzgebiet durch den Hotelbetreiber? Wie in der Vorbemerkung erläutert, widerspricht das häufige Mähen der Fläche nicht den Vorgaben der Verordnung. Als Regelverstoß ist aber der Ausbau des Parkplatzes zu werten, der der oberen Naturschutzbehörde im April 2016 bekannt wurde. Frage 3. Welche Anstrengungen unternahm das Regierungspräsidium, um die Regelverstöße zu beenden? Es erfolgten mehrere Abstimmungsgespräche des Regierungspräsidiums mit der unteren Bauaufsichtsbehörde und der unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Marburg Biedenkopf. Im Anschluss hat das Regierungspräsidium Gießen die zuständige untere Bauaufsichtsbehörde aufgefordert , das Fehlverhalten des Hotelbetreibers zu ahnden und einen Rückbau in den vorherigen Zustand zu veranlassen. Dies ist nicht erfolgt. Frage 4. Ist es nach Auffassung der Landesregierung möglich, das betreffende Grundstück durch entsprechende Pflegemaßnahmen wieder in einen schutzwürdigen Zustand zu versetzen? Generell sind devastierte Grünlandbestände schwer in einen hochwertigen Zustand zurückzuführen . Wie in der Vorbemerkung und der Antwort zur Frage 2 beschrieben, wäre dies hier im Hinblick auf die Schutzziele des NSG auch nicht erforderlich. Der an den Parkplatz angrenzende und mit Gras bewachsene Teil des fraglichen Grundstücks befindet sich aktuell in einem gegenüber dem Zeitpunkt der Inschutznahme immer noch schutzwürdigen Zustand. Frage4. a) Wenn ja: Welche Pflegemaßnahmen müssten durchgeführt werden und wie lange würde dieser Prozess überschlägig dauern? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Frage 5. Wie bewertet die hessische Landesregierung den Umstand, dass Verstöße gegen Regeln in einem Naturschutzgebiet vom Regierungspräsidium Gießen zum Anlass genommen werden, die Schutzwürdigkeit der Fläche zu Gunsten des Verursachers aufzugeben? Die Landesregierung vertritt die Auffassung, dass im weiteren Verfahren die naturschutzrechtlichen Vorgaben in angemessener Weise zu würdigen sind. Das Regierungspräsidium wurde daher zunächst mit einer umfassenden Aufklärung des Vorgangs beauftragt. In diesem Zusammenhang wurden auch die kritischen Stellungnahmen berücksichtigt, die dem Regierungspräsidium im Zuge der Anhörung der Verbände und der Träger öffentlicher Belange zugeleitet wurden . Danach stellt sich die derzeitige Situation für die Landesregierung wie folgt dar: Eine Entlassung der hierfür vorgesehenen Fläche aus dem NSG ist aktuell nicht erforderlich, um die Parkplatznutzung zu legalisieren. Die extensive Nutzung der Grasflächen und des Randweges stellen durch die verfügbaren Saumstrukturen eine wesentliche Bereicherung der Artenvielfalt der das NSG umgebenden Landnutzung dar. Die Parkplatznutzung einer geringen Teilfläche des Naturschutzgebiets ist aufgrund der erfolgten Befreiung von den Verboten der Schutzgebietsverordnung legal; im Hinblick auf mögliche Erosionsrisiken ist der Wunsch nach einer Pflasterung auch dieser Fläche nachvollziehbar. Allerdings ist die Verkehrssituation insofern unbefriedigend , als derzeit auf dem innerhalb des NSG liegenden Teils des Parkplatzes abgestellte PKW regelmäßig in die benachbarten Grasflächen des NSG hineinragen. Die Ergänzung der vorliegenden Befreiung von den Verboten der NSG-Verordnung um eine Zulassung einer ökologisch verträglichen Pflasterung erscheint unter folgenden Bedingungen möglich: Die seit Jahrzehnten zum Schutz der angrenzenden Grasfläche erforderliche aber nicht umgesetzte Pflanzung, Pflege und Erhaltung einer dreireihigen, mindestens 1,50 m hohen, lückenlosen Laubholzhecke nach Maßgabe des Befreiungsbescheides vom 22.09.1986 ist unverzüglich nachzuholen; ferner ist die öffentlich-rechtliche Genehmigung einschließlich des naturschutzrechtlichen Ausgleichs für den durch die Pflasterung erfolgten Eingriff in Natur und Landschaft herbeizuführen. Die innerhalb des NSG errichteten Beleuchtungskörper sind dort zurückzubauen. Schließlich muss der Parkplatz auch künftig neben Gästen des Hotels ebenfalls für Besuche der Ruine und des NSG zugänglich bleiben. Die Landesregierung geht davon aus, dass hierdurch ein angemessener Ausgleich der privaten und öffentlichen Interessen herbeigeführt werden kann. Wiesbaden, 20. Dezember 2018 Priska Hinz