Kleine Anfrage des Abg. Greilich (FDP) vom 17.07.2014 betreffend Einhaltung von Hilfsfristen durch den Rettungsdienst in Hessen und Antwort des Ministers für Soziales und Integration Vorbemerkung der Fragesteller: Einer Recherche von HR online zufolge halten Rettungsfahrzeuge in Hessen die Hilfsfristen bei Notfalleinsätzen nicht mehr überall ein. Sogar mehr als die Hälfte der Landkreise und kreisfreien Städte sollen die gesetzlich vorgeschriebene Hilfsfrist nicht einhalten. Vorbemerkung des Ministers für Soziales und Integration: Hessen steht im Vergleich mit anderen Bundesländern hervorragend da. Der Rettungsdienst in Hessen hat eine sehr hohe Qualität. Hessen hat mit 10 Minuten die kürzeste Hilfsfrist aller Flächenländer. Wenn Hessen wie die meisten anderen Bundesländer 12 Minuten hätte, würde die Hilfsfrist auf alle Fälle in 90 % der Fälle gewahrt. Insbesondere dann, wenn man bedenkt, dass in Hessen in der 10-minütigen Hilfsfrist die Dispositions- und die Ausrückezeit (2 Minuten) bereits enthalten sind und die Hilfsfrist bei den meisten Ländern lediglich die reine Fahrzeit bedeutet. Im Übrigen werden in über 70 % der Einsätze der Notfallort bereits in 8 Minuten erreicht. Darüber hinaus hat Hessen als erstes Bundesland 2003 eine Verordnung über die Qualitätssicherung im Rettungsdienst erlassen und flächendeckend die Funktion des "Ärztlichen Leiter Rettungsdienst" eingeführt. Hessen hat bisher als einziges Land durch die Verknüpfung der Rettungsdienstplanung mit der Krankenhausplanung (im Krankenhausrahmenplan ) Vorgaben zur Erreichbarkeit des jeweiligen geeigneten Krankenhauses gemacht: Danach hat nach Aufnahme des Patienten durch den Rettungsdienst innerhalb von spätestens 30 Minuten ein geeignetes Krankenhaus erreichbar zu sein. Damit wird gewährleistet, dass innerhalb einer Stunde (der sogenannten "golden hour") nicht das nächste, sondern das geeignete Krankenhaus erreicht werden kann und sofort mit der erforderlichen Untersuchung und der anschließenden adäquaten Behandlung begonnen wird. Denn nicht jedes Krankenhaus ist zu jeder Tageszeit für alle medizinischen Notfälle gerüstet. Dazu gehören neben der entsprechenden Diagnosemöglichkeit (z.B. Computertomografie) auch die speziellen Behandlungsvoraussetzungen (z.B. ein freier Operationssaal) und freie Intensivplätze. Dies wird künftig durch den "Landesweiten Interdisziplinären Versorgungsnachweis (IVENA)" gewährleistet. Die Anwendung ermöglicht eine überregionale Zusammenarbeit der einzelnen Rettungsleitstellen und bietet eine umfassende Ressourcenübersicht über die Behandlungs- und Versorgungskapazitäten der Akutkrankenhäuser. Sie ermöglicht eine schnelle Kommunikation zwischen den Krankenhäusern und den Rettungsleitstellen. Für die effiziente, patientenorientierte Versorgung wird der aktuelle Status aller interdisziplinären und fachübergreifenden Fachgebiete der Krankenhäuser angezeigt. Dieser wertvolle Informationsvorsprung ermöglicht, verletzte und/oder erkrankte Personen rasch in das ihren Verletzungen/Erkrankungen entsprechend geeignete Krankenhaus zu führen, in denen sie behandelt werden können. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie viele Rettungsleitstellen gibt es in Hessen? Es gibt 25 Rettungsleitstellen (Zentrale Leitstellen) in Hessen. Je eine für jeden Landkreis und jede kreisfreie Stadt. Nur die Stadt Kassel und der Landkreis Kassel bilden einen gemeinsamen Rettungsdienstbereich mit einer gemeinsamen Leitstelle. Eingegangen am 15. Oktober 2014 · Ausgegeben am 21. Oktober 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/709 15. 10. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/709 Frage 2. Wie sind die Bereitstellungspositionen der zuständigen Rettungsdienste auf die Landkreise und kreisfreien Städte verteilt? Anzahl der Rettungswachen in den einzelnen Rettungsdienstbereichen: Bergstraße .......................... 12 Darmstadt .......................... 5 Darmstadt-Dieburg ................ 7 Frankfurt/Main .................... 18 Fulda ................................ 10 Gießen .............................. 12 Groß-Gerau ......................... 7 Hersfeld-Rothenburg .............. 9 Hochtaunuskreis ................... 7 Kassel - Stadt und Land .......... 18 Lahn-Dill-Kreis ................... 14 Limburg-Weilburg ................. 8 Main-Kinzig-Kreis ................ 13 Main-Taunus-Kreis ................ 5 Marburg-Biedenkopf ............. 14 Odenwaldkreis ..................... 9 Offenbach - Land .................. 8 Offenbach – Stadt .................. 3 Rheingau-Taunus-Kreis .......... 13 Schwalm-Eder-Kreis ............. 13 Vogelsbergkreis .................... 8 Waldeck-Frankenberg ............ 11 Werra-Meißner-Kreis ............. 8 Wetteraukreis ..................... 18 Wiesbaden .......................... 4 Frage 3. Welche Größe haben die Einsatzgebiete der Rettungsdienste im ländlichen Raum? Bitte nach Landkreisen aufschlüsseln. Es gibt für die Rettungswachenbereiche keine Unterschiede zwischen dem städtischen und dem ländlichen Raum. Anzahl und Standorte der bedarfsgerechten Rettungswachen im Rettungsdienstbereich sind so festzulegen, dass die Hilfsfrist nach § 15 Abs. 2 Hessisches Rettungsdienstgesetz (HRDG) planerisch eingehalten werden kann. Frage 4. In welchem Umfang werden die vorgegebenen Hilfsfristen in Hessen eingehalten bzw. nicht ein- gehalten, auch unter Berücksichtigung der in Hessen verfügbaren Rettungshubschrauber (bitte aufschlüsseln nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? Hierzu wird auf die Anlage 1 verwiesen. Die Rettungshubschrauber haben aufgrund ihres Einsatzaufkommens und der Tatsache, dass sie im allgemeinen von den vor Ort befindenden Rettungskräften angefordert werden, keinen signifikanten Einfluss auf die Hilfsfristen. Frage 5. Wie verteilen sich die Einsatzzahlen des Rettungsdienstes auf die Landkreise und kreisfreien Städ- te, auch bezogen auf die Einwohnerzahl? Hierzu wird auf die Anlage 2 verwiesen. Frage 6. Aus welchen Gründen wird der Rettungsdienst gerufen? Bitte aufschlüsseln nach Schwere der ge- sundheitlichen Probleme. Frage 7. Wie hat sich das Notrufverhalten, insbesondere unter Berücksichtigung der Ergebnisse zu Frage 6, in den letzten Jahren entwickelt? Die Fragen 6 und 7 werden wie folgt gemeinsam beantwortet: Hierzu liegen dem Hessischen Ministerium für Soziales und Integration (HMSI) keine Informationen vor. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/709 3 Frage 8. Welche Rolle spielt die Tatsache der Verringerung der Zahl der ärztlichen Bereitschaftsdienste für die Zahl der Einsätze des Rettungsdienstes und für die Einhaltung der Hilfsfristen? Da die Neuordnung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen erst zum 01.01.2014 eingeführt worden ist, lassen sich hierzu noch keine gesicherten Angaben machen. Frage 9. In welcher Weise nimmt das Land Hessen seine Aufgabe wahr, die Einhaltung der laut hessischem Rettungsdienstgesetz vorgesehenen Hilfsfrist zu überwachen? Nach § 17 Abs. 3 Nr. 1 HRDG sind die Träger des Rettungsdienstes dazu verpflichtet, dem HMSI die erforderlichen Auskünfte zur Erstellung und Fortschreibung des Rettungsdienstplanes des Landes und der Landesstatistik zu erteilen. Mit Erlass vom 10.07.2013 hat das HMSI die Träger des Rettungsdienstes gebeten, die Daten für die Landesstatistik zum 01.03. eines Jahres an das Regierungspräsidium Gießen, das für die Auswertung der Daten zuständig ist, zu liefern. Frage 10. Was unternimmt die Landesregierung, um zukünftig die Einhaltung der Hilfsfristen wieder zu gewährleisten? Die Fristen werden, gerade auch im Vergleich mit anderen Bundesländern, grundsätzlich hervorragend eingehalten. Das HMSI hat aber selbstverständlich das Regierungspräsidium Gießen gebeten, die ihm vorgelegten Daten zügig auszuwerten und Rettungsdienstträger auf die rechtlichen Vorgaben hinzuweisen. Wiesbaden, 7. Oktober 2014 Stefan Grüttner Anlagen