Kleine Anfrage der Abg. Hofmeyer (SPD) vom 21.07.2014 betreffend Windkraft im Reinhardswald (Landkreis Kassel) und Antwort des Ministers für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Vorbemerkung der Fragestellerin: Laut Regierungserklärung von Energieminister Tarek Al-Wazir vom 15.07.2014 soll die Windkraftleistung in Hessen in den kommenden fünf Jahren deutlich ausgebaut werden. Ebenso sollen die Kommunen am Ausbau der Windkraft wirtschaftlich beteiligt werden. Die bisherige Offenlegung des Regionalplans Nordhessen sieht im Staatsforst Reinhardswald (Landkreis Kassel) Windvorrangflächen in einer Größenordnung von ca. 100 Windkraftanlagen vor. Diese Vorbemerkung der Fragestellerin vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wie folgt: Frage 1. Wie groß sollen aus Sicht der Landesregierung die Windvorrangflächen im Staatsforst Rein- hardswald sein? Nach derzeitigem Planungsstand ist im Staatsforst Reinhardswald die Festlegung von etwa 2.150 ha als Vorranggebiete für die Nutzung der Windenergie im Teilregionalplan Energie Nordhessen vorgesehen. Die Regionalversammlung Nordhessen wird im 4. Quartal dieses Jahres entscheiden, ob diese Gebiete Gegenstand des Teilregionalpanentwurfes zur Durchführung der zweiten Anhörung und Offenlage des Regionalplans werden. Frage 2. Wie viele Windräder plant Hessen-Forst (unter Beachtung der Kriterien des LEP) maximal im Staatsforst Reinhardswald aufstellen zu lassen? Der Landesbetrieb Hessen-Forst plant und errichtet selbst keine Windenergieanlagen, sondern schließt für geeignete Standorte Gestattungsverträge mit Interessenten ab. Entscheidend für die Anzahl der Windparks und Windenergieanlagen sind die Festlegungen im Teilregionalplan Energie sowie die von den Vertragspartnern einzuholenden öffentlich-rechtlichen Genehmigungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz. Frage 3. Welche Konflikte zwischen Naturschutz und Regionalplanung in Bezug auf Windkraft gibt es aus Sicht der Landesregierung speziell im Reinhardswald? Die Festlegung von Vorrangflächen für den Ausbau der Windenergie richtet sich bei der Aufstellung des Teilregionalplans Energie für die Planungsregionen nach den Festlegungen des Landesentwicklungsplans Hessen 2000 - Vorgaben zur Nutzung der Windenergie (GVBl. 2013, S. 479 ff.) sowie weiterer, von der Regionalversammlung Nordhessen festgelegter Kriterien. Hiernach sind in diesem Teilraum keine gewichtigen Konflikte zwischen Naturschutz und Regionalplanung für die überörtliche, regionalplanerische Abwägung erkennbar. Frage 4. Wie gedenkt die Landesregierung mit den Einwänden aus der Region umzugehen, die einen er- heblichen Eingriff für den Reinhardswald und die Natur befürchten? Frage 5. Welche Überlegungen gibt es seitens der Landesregierung, dies - zur Sicherstellung der Wind- kraftakzeptanz in der Bevölkerung - als Übernutzung anzuerkennen und für eine Reduzierung einzutreten ? Die Fragen 4 und 5 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Bewertung einer Übernutzung des Teilraums oder einer Umzingelung von Ortslagen ist Gegenstand der überörtlichen, regionalplanerischen Abwägung und somit ausschließlich Aufgabe der Regionalversammlung Nordhessen. Die Landesregierung prüft im Verfahren der Aufstel- Eingegangen am 5. September 2014 · Ausgegeben am 12. September 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/717 05. 09. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/717 lung des Teilregionalplans Energie Nordhessen die Umsetzung der Bestimmungen der Änderung des Landesentwicklungsplans und weist ggf. auf rechtserhebliche Fehler in der Abwägung hin. Formell wird die Landesregierung erst im Rahmen der Genehmigung der Änderung des Regionalplans tätig. Hierbei ist sie nach den Bestimmungen des Hessischen Landesplanungsgesetzes auf eine reine Rechtskontrolle beschränkt. Frage 6. Wie steht die Landesregierung zu der Festlegung, dass mögliche an vorhandenen Wegen liegende Vorrangflächen im Reinhardswald aufgrund des Schwarzstorches und des Rotmilans ausgeschlossen werden, dafür aber völlig unberührte Waldflächen, die mit einem großen Aufwand und erheblichen Rodungen erschlossen werden müssten, als Windflächen ausgewiesen werden? Die ornithologische Beurteilung potenzieller Vorranggebiete zur Nutzung der Windenergie wird mit einem einheitlichen, avifaunistischen Konzept für das Gebiet des Regierungsbezirks Nordhessen durchgeführt. Es basiert auf landesweiten Vorgaben und der Zusammenstellung bekannter , validierter Daten relevanter Vorkommen. Die Schutzgüter Landschaft und Erholung finden ebenfalls Berücksichtigung und werden von der Regionalversammlung Nordhessen im weiteren Verfahren abgewogen. Fragen der Erschließung bleiben dem nachfolgenden Zulassungsverfahren vorbehalten und werden dort im Rahmen der Regelungen nach dem Bundesnaturschutzgesetz sowie waldrechtlicher Vorgaben abgearbeitet. Frage 7. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass für die Energiewende die größtmögliche Aktzep- tanz der Menschen erforderlich ist und daher eine Überforderung von Regionen mit Windkraft ausgeschlossen werden muss? Die Hessische Landesregierung hat wiederholt zum Ausdruck gebracht und dafür geworben, die Energiewende im Einklang mit den Bürgerinnen und Bürgern umzusetzen. Aus diesem Grund wurde auch das Bürgerforum Energieland Hessen eingerichtet. Dieses Forum bietet die Möglichkeit , die Menschen vor Ort über die anstehenden Veränderungen und Auswirkungen zu informieren , um den bestehenden Ängsten und Sorgen durch Sachinformation zu begegnen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 4 und 5 verwiesen. Frage 8. Wie will die Landesregierung eine wirtschaftliche Beteiligung der angrenzenden Kommunen am Ausbau der Windkraft im Staatsforst Reinhardswald sicherstellen? Bei der Bereitstellung von landeseigenen Waldgrundstücken für Zwecke der Errichtung von Windenergieanlagen finden kommunale Belange nach Maßgabe des sogenannten Forsterlasses vom 2. Mai 2012 Beachtung. Im Rahmen von Ausbietungsverfahren der Windenergieflächen bilden die Aspekte regionale Wertschöpfung, kommunale Partnerschaft und Angebot von Bürgerbeteiligungsmodellen einen Teil der Entscheidungsgrundlage. Hier gab es in der Vergangenheit bereits Kontakte mit den umliegenden Kommunen, die sich in der Energiegenossenschaft Reinhardswald eG zusammengefunden haben. Diese Anstrengungen der Kommunen, sich zu Solidargemeinschaften zusammenzuschließen und partnerschaftliche Vereinbarungen zum gemeinsamen Ausbau der Windenergie in Hessen anzugehen, werden von der Landesregierung unterstützt. Frage 9. Wie ist der aktuelle Stand der Flächenvergabe von Hessen-Forst an potenzielle Windkraftinvesto- ren im Reinhardswald? Für Staatswaldflächen im Reinhardswald bestehen keine Vereinbarungen über Windenergieanlagenstandorte mit Windkraftinvestoren. Es erfolgen aktuell keine Ausbietungsverfahren. Zunächst sind die Entscheidungen der Regionalversammlung Nordhessen zur Festlegung von Vorranggebieten für die Nutzung der Windenergie abzuwarten. Wiesbaden, 21. August 2014 Tarek Al-Wazir