Kleine Anfrage des Abg. Lenders (FDP) vom 25.07.2014 betreffend Anteil der Studierenden in Hessen mit Meisterbrief und Antwort des Ministers für Wissenschaft und Kunst Vorbemerkung des Fragestellers: In Hessen bestehen seit einigen Jahren sehr weitgehende Möglichkeiten des Hochschulzugangs für beruflich Qualifizierte. Für Inhaber eines Meisterbriefes oder eines vergleichbaren Abschlusses der beruflichen Aufstiegsfortbildung gibt es schon länger die Möglichkeit, ein Studium aller Fachrichtungen aufzunehmen. Dieses regelt das Hessische Hochschulgesetz, wo vor allem auf Betreiben der hessischen Handwerksorganisation im § 54 Abs. 2 die Meisterprüfung als Hochschulzugangsberechtigung eingeführt wurde. Ziel der Fachkräftesicherung für den Wirtschaftsstandort Hessen war es immer, auch beruflich Qualifizierten den Hochschulzugang zu ermöglichen. Inwieweit dieses für Studienbewerber, die die Meisterprüfung oder einen vergleichbaren Abschluss der beruflichen Aufstiegsfortbildung nachweisen können, auch gelungen ist, ist deshalb eine wichtige Frage. Vorbemerkung des Ministers für Wissenschaft und Kunst: In Hessen wird der Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte in § 54 Abs. 2 des Hessischen Hochschulgesetzes (HHG) sowie in der Verordnung über den Zugang beruflich Qualifizierter zu den Hochschulen des Landes Hessen vom 7. Juli 2010 (bQ-Verordnung) geregelt. Mit dem Hessischen Hochschulgesetz vom 23. Dezember 2009 wurden die bisherigen Möglichkeiten des Hochschulzugangs für beruflich Qualifizierte in § 54 Abs. 2 Nr. 4 insoweit ergänzt, als dass neben der Meisterprüfung auch durch vergleichbare Abschlüsse der beruflichen Aufstiegsfortbildung (nach Maßgabe der bQ-Verordnung) die Allgemeine Hochschulzugangsberechtigung (HZB) erlangt werden kann. Darüber hinaus können in Hessen andere beruflich Qualifizierte, die keine HZB für den angestrebten Studiengang nach § 54 Abs. 2 HHG und § 1 der bQ-Verordnung besitzen, eine Hochschulzugangsprüfung gem. § 2 der bQ-Verordnung ablegen und auf diesem Weg eine fachgebundene HZB erwerben. Voraussetzung dafür ist eine erfolgreich abgeschlossene mindestens zweijährige Berufsausbildung und eine mindestens dreijährige Berufserfahrung. Auch beruflich Qualifizierte, die nur über eine fachlich für den angestrebten Studiengang nicht einschlägige Berufsausbildung und -tätigkeit verfügen, können durch eine mindestens 400 Stunden umfassende qualifizierte Weiterbildung und eine Hochschulzugangsprüfung die fachgebundene HZB erwerben. Die Fragen 1 bis 3 der Kleinen Anfrage beziehen sich nur auf die beruflich Qualifizierten, die eine Meisterprüfung oder aber einen vergleichbaren Abschluss gem. § 54 Abs. 2 Nr. 4 HHG und somit eine Allgemeine Hochschulzugangsberechtigung haben. Die amtliche Statistik erlaubt diesbezüglich lediglich die Darstellung nach der Art der Hochschulzugangsberechtigung (hier: Allgemeine HZB) und nimmt keine weitere Unterscheidung zwischen den Studierenden mit Meisterprüfung und denen mit einem vergleichbaren Abschluss vor. Über die Fragestellung hinaus wird die Gesamtzahl der als beruflich qualifiziert Studierenden in Hessen für den Zeitraum von 2010 bis 2013 als Bezugsgröße (Klammerzusatz) angeführt. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Eingegangen am 3. September 2014 · Ausgegeben am 5. September 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/730 03. 09. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/730 Frage 1. Wie viele Inhaber eines Meisterbriefes oder eines vergleichbaren Abschlusses einer beruflichen Aufstiegsfortbildung haben, seit die Möglichkeit in § 54 des Hessischen Hochschulgesetzes geschaffen wurde, ein Studium aufgenommen? (Bitte nach Abschluss der Aufstiegsfortbildung und nach Jahren aufschlüsseln) Als beruflich Qualifizierte mit einer allgemeinen Hochschulzugangsberechtigung nach § 54 Abs. 2 Nr. 4 HHG haben sich in dem Zeitraum von 2010 bis 2013 insgesamt 1.429 Studierende (bei 2.594 beruflich Qualifizierten insgesamt) erstmalig an einer hessischen Hochschule eingeschrieben , davon im Jahr 2010: 280 (632), 2011: 338 (673), 2012: 453 (756), 2013: 358 (533). Frage 2. An welchen Hochschulen und in welchen Fachrichtungen haben diese studiert? (Bitte ebenfalls nach Jahren aufschlüsseln) An den nicht staatlichen Hochschulen haben in diesem Zeitraum insgesamt 699 Studierende mit einer HZB nach § 54 Abs. 2 Nr. 4 HHG (bei 1.399 beruflich Qualifizierte insgesamt) ein Studium aufgenommen, davon im Jahr 2010: 188 (434), 2011: 141 (325), 2012: 263 (459), 2013: 107 (181). Der Schwerpunkt lag generell in der Fächergruppe der Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften . Der überwiegende Teil aller beruflich Qualifizierten nahm ein Studium an der Wilhelm Büchner Hochschule, einer staatlich anerkannten Fernhochschule für Technik, auf. Dort lag der Schwerpunkt in den Fächergruppen der Ingenieurwissenschaften, der Mathematik und den Naturwissenschaften sowie den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. An den staatlichen Hochschulen haben im Zeitraum von 2010 bis 2013 insgesamt 730 Studierende mit einer HZB nach § 54 Abs. 2 Nr. 4 HHG (1.195 beruflich Qualifizierte insgesamt) ein Studium aufgenommen, davon im Jahr 2010: 92 (198), 2011: 197 (348), 2012: 190 (297), 2013: 251 (352). Der Schwerpunkt lag ebenfalls bei den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, gefolgt von den Ingenieurwissenschaften und den Sprach- und Kulturwissenschaften. Wegen der Aufteilung der Studierenden auf die einzelnen Hochschulen in den unterschiedlichen Fächergruppen wird auf die als Anlage 1 (beruflich qualifizierte Studienanfänger im 1. Hochschulsemester mit Allgemeiner HZB) und Anlage 2 (beruflich qualifizierte Studienanfänger im 1. Hochschulsemester insgesamt) beigefügten Tabellen verwiesen. Frage 3. Welche Pläne hat die Landesregierung, verstärkt für den Hochschulzugang von Inhabern eines Meisterbriefes oder eines vergleichbaren Abschlusses der beruflichen Aufstiegsfortbildung zu werben? Die Rahmenbedingungen, die das Studium von beruflich Qualifizierten befördern, bzw. Faktoren , die einen Einfluss auf die Entscheidung von beruflich Qualifizierten zugunsten eines Studiums haben, unterscheiden sich überwiegend von denen anderer Studierender. Die spezifischen Lebensumstände dieser Gruppe von Studierenden, die im Durchschnitt älter und häufiger von der Mehrfachbelastung Familie und Beruf betroffen ist, bedingt einen Bedarf an zeitlich aber auch räumlich flexiblen Studienmodellen, welche die verschiedenen Anforderungen miteinander vereinbaren, z.B. gleichzeitige Erwerbstätigkeit ermöglichen. Die Nachfrage an der Hochschule , die Fernstudiengänge anbietet, belegt dies. Das jeweils spezifische Angebot einer Hochschule bzw. zielgruppenspezifische Unterstützungsmaßnahmen sind für die Entscheidung zur Aufnahme eines Studiums von großer Bedeutung. Die Landesregierung wird bei den Hochschulen deshalb darauf hinwirken, den gesetzlich geregelten Meisterzugang tatsächlich zu ermöglichen. Bei allen geeigneten beruflich Qualifizierten Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/730 3 sollen etwaige Hürden abgebaut werden. Außerdem werden weitere Zugangserleichterungen für beruflich Qualifizierte im Rahmen der landesrechtlichen Regelungen geprüft. Neben den institutionellen Aspekten spielen die Faktoren der Übersichtlichkeit der Regelungen zum Hochschulzugang, die Bekanntheit der verschiedenen Möglichkeiten sowie damit zusammenhängend die verfügbaren Informationsmöglichkeiten eine wichtige Rolle und sind mitverantwortlich für die Entscheidung ein Studium aufzunehmen. Die Hochschulen wie auch das Ministerium für Wissenschaft und Kunst stellen daher entsprechende Informationen zur Verfügung und führen Beratungen auch für diese Gruppe von Studieninteressierten und Studierenden durch. Im Rahmen des Bund-Länder-Programms "Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen" werden mit einer Programmlaufzeit bis zum Jahr 2020 auch in Hessen Wissenschaft und Forschung u.a. mit dem Ziel gefördert, die Durchlässigkeit zwischen akademischer und beruflicher Bildung zu verbessern. Wiesbaden, 21. August 2014 Boris Rhein Anlagen