Kleine Anfrage des Abg. Gremmels (SPD) vom 30.07.2014 betreffend Grunderwerbsteuer bei Umlegungsverfahren nach Baugesetzbuch und Antwort des Ministers der Finanzen Vorbemerkung des Fragestellers: Die Umlegungsstelle einer hessischen Gemeinde hat eine Umlegung entsprechend den Bestimmungen des § 45 BauGB bestandskräftig eingeleitet. Die Umlegung dient dem Planvollzug eines Bebauungsplanes. Die Gemeinde ist die durchführende Umlegungsstelle nach § 46 BauGB und außerdem nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 als Eigentümerin und Inhaberin von Rechten an Umlegungsgrundstücken sowie nach Nr. 5 und 6 als Bedarfs- und Erschließungsträger materiell am Verfahren beteiligt. Eigentümer, die auf eine Landzuteilung aus der Verteilungsmasse verzichtet haben, sind mit deren Einverständnis mit Geld entsprechend § 59 Abs. 4 Nr. 1 abgefunden worden. Zur Beschleunigung des Verfahrens wurde dies mit dem Instrument der Vorwegnahme der Entscheidung gemäß § 76 BauGB vor Aufstellung des Umlegungsplanes geregelt. Der Umlegungsplan wurde auf der Grundlage der Bestimmungen des BauGB und unter Berücksichtigung der Ermessungsspielräume der Umlegungsstelle aufgestellt. Der Verzicht auf Landabfindung weiterer Teilnehmer führte zu einer wesentlich über dem Sollanspruch liegenden Mehrzuteilung an die Gemeinde. Diese Vorbemerkung des Fragestellers vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wird der Verzicht auf Landabfindung, der zur Beschleunigung des Verfahrens durch eine Vor- wegnahme der Entscheidung nach § 76 vor Aufstellung des Umlegungsplanes geregelt wird, durch die Finanzverwaltung als eigener Erwerbsvorgang gewertet oder erfolgt die abschließende Saldierung der Grunderwerbsteuer am Ende des Umlegungsverfahrens? Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) unterliegt der Grunderwerbsteuer der Übergang des Eigentums an einem inländischen Grundstück, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. Die Vorschrift stellt allein auf die sachenrechtliche Änderung des Eigentums ab und erfasst Rechtsvorgänge, bei denen sich der Eigentumsübergang unmittelbar kraft Gesetzes vollzieht oder die Übertragung des Eigentums erfolgt. Im gesetzlichen (förmlichen) Umlegungsverfahren nach §§ 45 ff. BauGB erfolgt der Eigentumsübergang durch behördlichen oder gerichtlichen Ausspruch, hier der Zuteilung einer Fläche. Hat ein Beteiligter am Umlegungsverfahren auf eine Landzuteilung aus der Verteilungsmasse verzichtet und ist dafür mit Geld abgefunden worden (§ 59 Abs. 4 Nr. 1 Baugesetzbuch - BauGB), stellt der Verzicht an sich keinen grunderwerbsteuerbaren Vorgang dar. Dies gilt auch, wenn der Verzicht auf Landabfindung im Wege der Vorwegnahme der Entscheidung nach § 76 BauGB erfolgt ist. Frage 2. Wie erfolgt die Prüfung der Finanzverwaltung, ob das Kriterium "umlegungsbedingte Mehrzu- teilung", bedingt durch die Ermessensspielräume der Umlegungsstelle, bei der Zuteilung erfüllt ist? Werden die Umlegungsstellen vor der Steuerfestsetzung beteiligt? Bei der Prüfung, ob eine wesentlichen Mehrzuteilung im Rahmen gesetzlicher Baulandumlegungen "umlegungsbedingt" und damit nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit ist, hat das Finanzamt der Ermessensentscheidung der Umlegungsbehörde grundsätzlich zu folgen. In Fällen, in denen der Wert bzw. die Fläche der zugeteilten Grundstücke den jeweiligen Sollanspruch (§ 56 Abs. 1 BauGB) aus der - nach Abzug der Zuteilungen an den Erschließungsträ- Eingegangen am 3. September 2014 · Ausgegeben am 5. September 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/738 03. 09. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/738 ger für die in § 55 Abs. 2 BauGB bezeichneten Zwecke - verbleibenden Masse (Verteilungsmasse ; § 55 Abs. 4 BauGB) um mehr als 30 % übersteigt, behält sich die Finanzverwaltung allerdings eine weitere Überprüfung des Kriteriums "umlegungsbedingt" vor. Als nicht umlegungsbedingt ist es beispielsweise anzusehen, wenn sich jemand durch den Erwerb eines eher kleineren Grundstücks in ein künftiges Umlegungsgebiet "einkauft", um damit letztlich ein gewünschtes, erheblich größeres Grundstück zugeteilt zu bekommen. In einem solchen Fall sind Einkauf und Zuteilung von § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe b GrEStG schon vom Sinn und Zweck dieser Vorschrift her nicht erfasst. Ebenso ist einer Einigung der Beteiligten auf eine Zuteilung, die nach den Bestimmungen des BauGB nicht vorgesehen ist und deshalb zu einer nicht umlegungsbedingten Zuteilung führt, der Charakter eines rechtgeschäftlichen - und damit grunderwerbsteuerpflichtigen - Erwerbs beizumessen. Frage 3. Sind die "umlegungsbedingten Mehrzuteilungen" an die Gemeinde, bedingt durch den Verzicht auf Landabfindung einzelner Beteiligter, nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit? Wenn nein, wird der Wert der Mehrzuteilung insgesamt oder nur der Wert, der den Sollanspruch übersteigt, besteuert? Werden einer Gemeinde erheblich über ihrem Sollanspruch liegende Grundstücksflächen zugeteilt , so ist diese wesentliche Mehrzuteilung nur dann nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe b GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit, wenn sie "umlegungsbedingt" ist. Weist die Gemeinde (z.B. durch eine Bestätigung der Umlegungsbehörde) nach, dass die ihr zustehende Mehrzuteilung "umlegungsbedingt" notwendig war (z.B. durch den kumulierten Landverzicht mehrerer Beteiligter), kann von der Besteuerung einer wesentlichen Mehrzuteilung - unabhängig von ihrem Umfang - abgesehen werden. Daneben sind Zuteilungen an eine Gemeinde bzw. einen sonstigen Erschließungsträger für die in § 55 Abs. 2 BauBG bezeichneten Zwecke (z.B. Flächen für Straßen, Wege, Plätze, Grünanlagen ) stets und in vollem Umfang nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b GrEStG von der Besteuerung ausgenommen. Führt die Überprüfung hingegen zu dem Ergebnis, dass die Mehrzuteilung nicht "umlegungsbedingt " ist, ist nur der Wert, der den Sollanspruch übersteigenden Flächen (sog. Mehrzuteilung) der Grunderwerbsteuerfestsetzung zu Grunde zu legen. Wiesbaden, 23. August 2014 In Vertretung: Dr. Bernadette Weyland