Kleine Anfrage der Abg. Dr. Neuschäfer (SPD) vom 09.09.2014 betreffend Verlässlichkeit für wissenschaftlichen Nachwuchs und Antwort des Ministers für Wissenschaft und Kunst Vorbemerkung der Fragestellerin: In der Drucksache 19/575 bezieht sich das Ministerium für Wissenschaft und Kunst auf das vom Wissenschaftsrat im Juli 2014 empfohlene und verabschiedete vierstufige Karrieremodell (1. Promotionsphase, 2. Postdoc-Phase, 3. Tenure-Track-Professur oder Nachwuchsgruppenleiter, 4. unbefristete Professur). Gerade in Bezug auf weibliche Fachkräfte ist bekannt - auch wenn Frauen den größten Anteil der Studierenden ausmachen -, dass die Anzahl der Frauen mit jeder weiteren Qualifizierungsstufe sinkt. Der Großteil der Frauen mit einem Hochschulabschluss promoviert oder habilitiert im Anschluss nicht. Darüber hinaus sind beispielsweise Stellen für Nachwuchsgruppenleiter begrenzt, sodass viele qualifizierte Wissenschaftler von dem vierstufigen Karrieremodell schon aufgrund struktureller Voraussetzungen von den verabschiedeten Empfehlungen nicht profitieren und auf eine geringe Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen treffen werden. Vorbemerkung des Ministers für Wissenschaft und Kunst: Wie bereits in der Antwort zur Drucksache 19/575 ausgeführt, kann die in der Vorbemerkung angesprochene "Verlässlichkeit der Karrierewege" keineswegs mit einem "garantierten Durchstieg " innerhalb des vierstufigen Karrieremodells des Wissenschaftsrats von der ersten bis zur letzten Stufe gleichgesetzt werden. Ziel der Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses muss es vielmehr sein, für jede Karrierestufe eine ausreichende Anzahl gut qualifizierter Nachwuchswissenschaftlerinnen /Nachwuchswissenschaftler zu gewinnen und sie zu befähigen, sich erfolgreich entweder für die nächste Modellphase innerhalb der Wissenschaft zu bewerben oder aber außerhalb in Industrie und Privatwirtschaft eine dauernde Berufsperspektive zu finden. So finden zwangsläufig auf jeder Karrierestufe mit Ausnahme des Übergangs von der Tenure-Track-Professur zur Lebenszeitprofessur Ausleseprozesse statt, die nicht nur vom persönlichen Leistungsvermögen der Nachwuchswissenschaftlerin/des Nachwuchswissenschaftlers abhängen, sondern ebenso auch beeinflusst sind von strukturellen Entwicklungen der einzelnen Fächer, der Anzahl freier Qualifizierungsstellen und frei werdender Professorenstellen oder der hochschulspezifischen Neuausrichtung von Forschungsschwerpunkten. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie viele Personen (aufgeschlüsselt nach männlichen und weiblichen Personen) absolvieren das vierstufige Karrieremodell, das auf der Empfehlung des Wissenschaftsrats im Juli 2014 basiert? a) Wie viele Personen (aufgeschlüsselt nach männlichen und weiblichen Personen) absolvieren die Promotionsphase? b) Wie viele Personen (aufgeschlüsselt nach männlichen und weiblichen Personen) absolvieren die Postdoc-Phase? c) Wie viele Personen (aufgeschlüsselt nach männlichen und weiblichen Personen) erhalten zum Abschluss der entsprechend erfolgreichen Qualifizierungsphase eine Tenure-TrackProfessur oder die Möglichkeit, als Nachwuchsgruppenleiter aktiv zu werden? d) Wie viele Personen (aufgeschlüsselt nach männlichen und weiblichen Personen) erhalten eine unbefristete Professur zum Abschluss der entsprechend erfolgreichen Qualifizierungsphase? Zur Beantwortung dieser Frage verweise ich auf die Anlage, aus der die von den hessischen Universitäten erhobenen Daten ersichtlich sind. Frage 2. Wie will die Landesregierung die Rahmenbedingungen und Erfolgsaussichten zum Abschluss der jeweiligen Qualifizierungsphase verbessern, sodass u.a. auch das vorgezeichnete vierstufige Qualifizierungsmodell erfolgreich eingehalten werden kann? Es ist nicht Ziel des Qualifizierungsmodells des Wissenschaftsrats, einen möglichst hohen Anteil der Personen aus der ersten Qualifizierungsstufe auf eine Lebenszeitprofessur zu überführen. Zwar empfiehlt der Wissenschaftsrat zur Steigerung der Attraktivität einer Karriere in der Wis- Eingegangen am 31. Oktober 2014 · Ausgegeben am 5. November 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/819 31. 10. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/819 senschaft sowohl eine moderate Erhöhung der Zahl der Professorenstellen als auch der Dauerstellen unterhalb der Professur. Es muss aber betont werden, dass handlungsleitend für alle Maßnahmen und Empfehlungen nur die Bedürfnisse des Wissenschaftssystems wie seiner Studienfächer und nicht individuelle Karriereplanungen sein können. Frage 3. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, die finanziellen Ressourcen und Rahmenbe- dingungen für Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler zwischen Promotion und Professur zu erhöhen bzw. zu verbessern? Die in der Koalitionsvereinbarung niedergelegte Verpflichtung, die Grundfinanzierung der hessischen Hochschulen während der Laufzeit des neuen Hochschulpakts um maximal drei Prozent oberhalb der Inflationsrate zu steigern, wird den Gestaltungsspielraum der Hochschulen auch in Bezug auf die Nachwuchsförderung erhöhen. Es wird darüber hinaus für notwendig erachtet, insbesondere in der ersten Qualifizierungsstufe auch für eine verantwortliche Tätigkeit außerhalb der Wissenschaft, der Hochschulen und der außerhochschulischen Forschungseinrichtungen zu befähigen, indem neben der Betreuung des Promotionsvorhabens auch entsprechende außerfachliche Kompetenzen vermittelt werden. Die zweite Qualifizierungsstufe hingegen soll Gelegenheit zu eigenständiger, selbstbestimmter Forschung geben, was auch die Gewährung eines eigenen Forschungsbudgets erfordert. Soweit darüber hinaus gesetzgeberische Änderungen erforderlich sind, sollen diese zum 1. Januar 2016 in das neue Hessische Hochschulgesetz (HHG) aufgenommen werden. Wiesbaden, 18. Oktober 2014 Boris Rhein Anlage Anlage Goethe-Universität Frankfurt M W Gesamt Promotionsstudierende 1.314 1.259 2.584 wiss. Mitarbeiter/innen auf Qualifizierungsstellen zur Promotion 722 672 1.394 wiss. Mitarbeiter/innen auf Postdoc-Stellen einschließlich nicht gesondert erfasster Nachwuchsgruppenleiter 287 209 496 Juniorprofessoren; berufen 2011-14; davon mit Tenure Track 26 (7) 13 (9) 39 (16) Erstberufungen W2/W3 (2011-14; unbefristet) 18 21 39 Philipps-Universität Marburg M W Gesamt abgeschlossene Promotionen 2011-13 657 601 1.278 Wiss. Mitarbeiter/innen auf PostdocStellen, davon Nachwuchsgruppenleiter/innen 82 (19) 68 (6) 150 (25) Juniorprofessuren 9 7 16 Justus-Liebig-Universität Gießen M W Gesamt wiss. Mitarbeiter/innen auf Qualifizierungsstellen zur Promotion 229 335 564 Wiss. Mitarbeiter/innen auf Postdoc-Stellen 112 120 232 Juniorprofessuren 12 3 15 Tenure-Track Rufannahmen W 1 (2012/13) (auch auswärtige Bewerber) 5 2 7 Tenure-Track Heisenberg-Professuren 0 2 2 Erstberufungen W2/W3 (2012-13, unbefristet) 18 21 39 Universität Kassel M W Gesamt Promovierende (Studierende und wiss. Mitarbeiter/innen, die bei der Zentralen Promotionsgeschäftsstelle erfasst sind) 705 591 1.296 wiss. Mitarbeiter/innen auf Postdoc-Stellen 96 61 157 Juniorprofessoren mit Tenure-Track einschließlich nicht gesondert erfasster Nachwuchsgruppenleiter 7 5 12 Erstberufungen nach Tenure-Track 2 0 2 Technische Universität Darmstadt M W Gesamt Promotionsstudierende nicht erfasst nicht erfasst nicht erfasst wiss. Mitarbeiter/innen auf Qualifizierungsstellen zur Promotion 1.292 454 1.746 wiss. Mitarbeiter/innen auf Postdoc-Stellen 273 122 395 Juniorprofessoren (Tenure-Track auch nachträglich möglich) 13 10 23 Erstberufungen nach Tenure-Track 1 2 3