Kleine Anfrage der Abg. Alex (SPD) vom 16.09.2014 betreffend Äußerungen des CDU Abgeordneten Ismail Tipi zu rechtsfreien Räumen in Hessens Städten und Schulen und Antwort des Ministers des Innern und für Sport Vorbemerkung der Fragesteller: Ismail Tipi, "der hessische CDU-Landtagsexperte (sic) und Extremismusexperte" ließ sich am 06.09.2014 auf seiner Internetseite im Zusammenhang mit der salafistischen Scharia-Polizei wie folgt zitieren: "Inzwischen haben wir ganze Stadtteile, die nicht mehr dem deutschen Rechtsstaat unterstehen, in die sich Polizisten nur noch in Hundertschaften trauen. Wir haben Schulen an denen Mädchen gezwungen werden, eine Verschleierung zu tragen, in immer mehr Städten herrscht eine islamistische Paralleljustiz. (…) Es gibt keine deutsche Stadt in der eine Handvoll Rechtsextremer ungestört ihre Propaganda verbreiten dürften. Ordnungsämter und Polizei würden hier zu Recht rigoros durchgreifen. Das Gleiche verlange ich auch im Umgang mit diesen salafistischen Extremisten. Die müssen direkt, von der Straße weg, verhaftet werden. Ein paar Nächte im vorbeugenden Gewahrsam haben noch niemanden geschadet." Vorbemerkung des Ministers des Innern und für Sport: Es ist nicht Aufgabe der hessischen Landesregierung, Stellungnahmen hessischer Landtagsabgeordneter zu interpretieren bzw. zu bewerten. Allerdings ist deutlich zu machen, dass die von dem Fragesteller zitierte Passage nur ein Teil der Mitteilung des Abg. Tipi gewesen ist. Liest man nämlich die vollständige Mitteilung vom 06.09.2014 wird klar, dass Hessen dort mit keinem Wort erwähnt wird. Vielmehr wird unter Bezugnahme "auf die neuesten Vorkommnisse aus Wuppertal" allgemein von deutschen Städten gesprochen. Es ist jedoch auch an dieser Stelle darauf hinzuweisen, in welchem Umfang die Hessische Landesregierung bereits aktiv wurde, um der Problemstellung salafistischer Einflussnahme und Radikalisierung im Bereich hessischer Schulen wirksam zu begegnen. Um jeglicher Radikalisierung in diesem Bereich entgegenzuwirken, wird auf dem Gebiet der Prävention, z.B. durch interreligiöse bzw. interkulturelle Workshops an Schulen und Trainings für gefährdete Jugendliche, salafistischen und islamistischen Gefahren vorgebeugt. Die Hessische Landesregierung hat auf die wachsende Herausforderung im Bereich der islamistischen /salafistischen Radikalisierung reagiert und im Juli 2014 ein Präventionsnetzwerk gegen Salafismus eingerichtet. Durch die Einrichtung des Hessischen Präventionsnetzwerks gegen Salafismus werden folgende Ziele verfolgt: Präventionsmaßnahmen  Allgemeine Prävention zur Stärkung von Toleranz-, Empathie-, Diskurs- und Demokratiefähigkeit , interreligiöse Projekte etc.  Spezifische Prävention durch Informations-, Sensibilisierungs- und Fortbildungsveranstaltungen Interventionsmaßnahmen im Sinne von Beratungsangeboten  Beratung von Angehörigen und dem sozialen Umfeld von Radikalisierten  Beratung von Radikalisierten in einem frühen Stadium  Aufbau eines Ausstiegsangebots für Radikalisierte Die Angebote der Beratungsstelle, die in Frankfurt am Main eingerichtet wurde, sind grundsätzlich für alle Menschen gedacht, die Beratung und Unterstützung in der Auseinandersetzung mit Eingegangen am 9. Dezember 2014 · Ausgegeben am 12. Dezember 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/882 09. 12. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/882 religiös begründetem Extremismus benötigen. Angebunden ist die Beratungsstelle bei dem Verein Violence Prevention Network (VPN), einem Verbund erfahrener Fachkräfte, die seit Jahren in der Antigewaltarbeit, Extremismusprävention und der Deradikalisierung extremistisch motivierter Gewalttäter tätig sind. Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Kultusminister wie folgt: Frage 1. In welchen hessischen Städten kann sich die Polizei in bestimmte Stadtteile nur in Hundertschaf- ten trauen? Hierzu liegen keine entsprechenden Erkenntnisse vor. Frage 2. Wie gedenkt die Landesregierung diesem Zustand entgegenzuwirken? Die Beantwortung der Fragestellung entfällt unter Verweis auf die Antwort zu Frage 1. Frage 3. In welchen hessischen Schulen werden Mädchen zur Verschleierung gezwungen? Der Landesregierung ist aktuell keine hessische Schule bekannt, an der Mädchen während ihres Aufenthalts in der Schule und während der Schulzeit zur Verschleierung gezwungen wurden. An dieser Stelle ist festzuhalten, dass Schulaufsichtspersonen gemäß den Bestimmungen des Grundgesetzes, des Hessischen Schulgesetzes und weiterer entsprechender Rechtsvorschriften jeglicher Diskriminierung bzw. Ausübung von Zwang in Bezug auf das Erscheinungsbild der in ihrer Aufsicht befindlichen Personen entgegenwirken. Auch den hessischen Sicherheitsbehörden liegen in diesem Kontext keine Erkenntnisse vor. Frage 4. Welche Maßnahmen ergreift die hessische Landesregierung, um diesen Missstand zu beseitigen? Aufgrund der Antwort zu Frage 3 entfällt eine Beantwortung dieser Frage. Frage 5. Trifft es zu, dass hessische Polizei und Ordnungsämter mit Taten rechtsextremistischer und sala- fistischer Gruppen unterschiedlich umgehen? Nein. Frage 6. Deckt sich der Vorschlag des "vorbeugenden Gewahrsams" nach Ansicht der Landesregierung mit rechtsstaatlichen Standards und dem Grundgesetz? Frage 7. Wenn ja, gibt es Pläne, einen vorbeugenden Gewahrsam umzusetzen? Die Fragen 6 und 7 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam wie folgt beantwortet : Die Frage gefahrenabwehrender Maßnahmen ist immer im Einzelfall zu beurteilen und an den gesetzlichen Maßstäben zu messen. Wenn es unerlässlich ist, um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit mit erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit zu verhindern, ist es den Polizeibehörden nach den Vorschriften des Hessischen Gesetzes über die Sicherheit und Ordnung (HSOG) gestattet, eine Person in Gewahrsam zu nehmen (§ 32 Abs. 1 Nr. 2 HSOG). Sofern im Einzelfall eine entsprechende Gefahrenprognose gegeben ist, entspricht die Anwendung dieser Rechtsvorschrift den rechtsstaatlichen Standards und dem Grundgesetz. Wiesbaden, 1. Dezember 2014 Peter Beuth