Kleine Anfrage der Abg. Hofmann (SPD) vom 06.10.2014 betreffend Situation älterer Strafgefangener in Hessen - Teil I - und Antwort der Ministerin der Justiz Vorbemerkung der Fragestellerin: Aufgrund des demografischen Wandels ist bundesweit von einem Anstieg der Zahl älterer Gefangener im Justizvollzug auszugehen. In Baden-Württemberg wurde daher die Außenstelle Singen der JVA Konstanz eingerichtet. In der Außenstelle werden Freiheitsstrafen von männlichen Personen von mehr als 15 Monaten vollstreckt, die über 62 Jahre alt sind. Diese Vollzugsform ist in der Bundesrepublik Deutschland einmalig und auf das Alter der Inhaftierten abgestimmt. Im Hinblick auf die besonderen Bedürfnisse werden den Gefangenen weitreichende Bewegungsmöglichkeiten innerhalb der Anstalt eingeräumt, so dass sie den Vollzugsalltag selbstständig gestalten können. Auch darüber hinaus wird speziell auf die Bedürfnisse älterer Menschen eingegangen. Vorbemerkung der Ministerin der Justiz: In dem Bemühen älteren Gefangenen einen ihrem Lebensalter und Bedürfnissen entsprechenden humanen Strafvollzug zu ermöglichen, wurde in der Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt - Abteilung Kornhaus - für den Vollzug an älteren Gefangenen ein besonderes Behandlungsangebot geschaffen . Ausgehend von dem Gesichtspunkt, dass die bloße gemeinsame Unterbringung älterer Gefangener den vielfältigen spezifischen Anforderungen dieser Gefangenengruppe nicht gerecht wird, erhielt die Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt den Auftrag, ein zielgruppenspezifisches Behandlungsprogramm zu erstellen, mit dessen Umsetzung 2007 begonnen wurde. Die Vollstreckung von Freiheitsstrafen an männlichen Verurteilten ab dem 55. Lebensjahr ist im Vollstreckungsplan für das Land Hessen wie folgt geregelt: "(1) Männliche Verurteilte, die das 55. Lebensjahr vollendet haben und als ruhig, wenig gefährlich und wenig fluchtgefährdet einzustufen sind, werden in die Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt - Abteilung Kornhaus - verlegt. Die Eignung der Verurteilten wird in der Entsendeanstalt in einer Behandlungs- bzw. Vollzugsplankonferenz (vgl. § 10 Hessisches Strafvollzugsgesetz) festgestellt und der Vorschlag unter Beifügung der Personalakte der Leitung der JVA Schwalmstadt unterbreitet. (2) Die Entscheidung über die Verlegung trifft die Entsendeanstalt im Einvernehmen mit der Leitung der JVA Schwalmstadt." In der Abteilung Kornhaus sind außer älteren Gefangenen Verurteilte aus den Justizvollzugsanstalten Kassel I und Schwalmstadt untergebracht, die vollzugsöffnende Maßnahmen erhalten, sowie Verurteilte, die Ersatzfreiheitsstrafen verbüßen. Eine Verlegung in die JVA Schwalmstadt - Abteilung Kornhaus - gegen den ausdrücklichen Willen der älteren Gefangenen, z.B. wegen der Entfernung vom aktuellen Lebensmittelpunkt, der großen Entfernung der Angehörigen, Besuchsproblemen , etc., erfolgt nicht. Sofern ältere Gefangene die im Vollstreckungsplan vorgesehenen Voraussetzungen (z.B. hinsichtlich der bei ihnen bestehenden Gefährlichkeit) nicht erfüllen, werden sie in den Anstalten des Regelvollzugs untergebracht. Dort wird die Vollzugsplanung anhand der Behandlungsuntersuchung und des jeweils festgestellten Maßnahmenbedarfs erstellt. Den im Einzelfall vorliegenden besonderen Bedürfnissen, z.B. in Bezug auf die Haftraumausstattung, wird erforderlichenfalls besondere Rechnung getragen . Eingegangen am 16. Dezember 2014 · Ausgegeben am 19. Dezember 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/985 16. 12. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/985 Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1. Wie viele Gefangene waren in den Jahren 2005 bis heute im Aller von über 60 Jahren in den ein- zelnen hessischen Justizvollzugsanstalten inhaftiert? Ich bitte um Darstellung nach Jahren und jeweiliger Justizvollzugsanstalt. Aus den Vollstreckungsdaten, die dem statistischen Landesamt jeweils zum 31. März jeden Jahres übermittelt werden, wird u.a. auch eine Zusammenstellung der Gefangenenpopulation nach dem Lebensalter vorgenommen. Diese Daten umfassen die erwachsenen Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten sowie die aus dem Jugendvollzug herausgenommenen Gefangenen. Diese Daten werden jedoch nur hinsichtlich der Gesamtzahl der Gefangenen erhoben und nicht anstaltsbezogen dargestellt. Nach Auskunft des statistischen Landesamtes ist es auch nicht möglich , die Daten in der in der Anfrage erbetenen Form zu erhalten. Insofern kann nachfolgend nur eine Darstellung entsprechend der vorgenannten Erhebung erfolgen. In den Justizvollzugsanstalten des Landes Hessen waren zum Stichtag 31. März 2013 von insgesamt 3.810 Strafgefangenen 173 Strafgefangene (4,54 %) älter als 60 Jahre. Jahr Strafgefangene gesamt Strafgefangene ab 60 Jahre Anteil (%) 2005 3853 140 3,63 2006 3876 130 3,35 2007 3916 144 3,68 2008 3788 139 3,67 2009 3849 150 3,90 2010 3902 163 4,18 2011 4012 163 4,06 2012 3814 164 4,30 2013 3810 173 4,54 Bei den 52 Untergebrachten in der Sicherungsverwahrung waren zum Stichtag 31. März 2013 insgesamt 11 (21,15 %) älter als 60 Jahre. Jahr Untergebrachte gesamt Untergebrachte ab 60 Jahre Anteil (%) 2005 28 3 10,71 2006 36 5 13,89 2007 35 6 17,14 2008 41 5 12,19 2009 52 3 5,77 2010 57 6 10,53 2011 55 8 14,55 2012 49 12 24,49 2013 52 11 21,15 Im Vergleich zu den Vorjahren zeichnet sich sowohl bei den Strafgefangenen als auch bei den Untergebrachten ein Anstieg der Inhaftierten über 60 ab. Frage 2. Welche besonderen Bedürfnisse gibt es nach Auffassung der Landesregierung bei älteren Gefan- genen und welche besonderen Anforderungen ergeben sich daraus an die Justizvollzugsanstalten? Ich bitte um Angabe zu folgenden Punkten: a) medizinische Versorgung, b) Hilfsmittelversorgung, c) Ausstattung von Hafträumen, d) Ausstattung von Sanitäreinrichtungen, e) Ausgestaltung und Art von Freizeitangeboten, f) Ausgestaltung und Art der Arbeitsmöglichkeiten, g) Reintegrationsmaßnahmen, h) weitere Bereiche. Bei älteren Gefangenen sind zunächst generell keine besonderen Anforderungen an die Unterbringung in einem Haftraum oder an Sanitätseinrichtungen zu stellen. Besondere Anforderungen ergeben sich erst dann, wenn ältere Gefangene einen Grad der Behinderung aufweisen, der besondere Anforderungen an einen Haftraum oder die Sanitäreinrichtungen erforderlich macht. Der Justizvollzug reagiert hierauf, indem in allen Neubau- und Umbauprojekten, soweit es irgend möglich ist, behindertengerechte Hafträume für jede Station mit eingeplant und umsetzt werden. Die Gestaltung dieser Hafträume bemisst sich in der Regel an den Anforderungen für einen an einen Rollstuhl gebundenen Gefangenen; die bauliche Umsetzung orientiert sich an den DIN-Normen. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/985 3 Hinsichtlich der vollzuglichen Behandlung ist festzustellen, dass die Gruppe der älteren Inhaftierten von der Deliktsstruktur her inhomogen ist; in der Regel gelten ältere Inhaftierte jedoch als ruhiger und gesetzter als jüngere Inhaftierte. Bei höherem Lebensalter werden die in der Person liegende mögliche Gefährlichkeit und Aggressivität von Gefangenen wie auch eine mögliche Fluchtgefahr zumeist als geringer eingeschätzt, so dass im Justizvollzug regelmäßig weniger Sicherheitsvorkehrungen und Reglementierungen erforderlich sind. Dies kommt wiederum der Vollzugsgestaltung und Behandlung der älteren Inhaftierten zugute, wobei ihnen bei einer getrennten Unterbringung spezielle Angebote unterbreitet werden können. Ein auf ältere Gefangene ausgerichteter Strafvollzug muss sich hinsichtlich seines Behandlungsangebotes an den Erkenntnissen der Entwicklungspsychologie des höheren und hohen Erwachsenenalters orientieren, d.h. er muss die besondere psychische Situation und die sich aus dem Alter ergebenden psychosozialen Bedürfnisse älterer Gefangener - einer durchaus heterogenen Gruppe - verstehen lernen und auf veränderte vollzugliche Entwicklungsziele transferieren. Als Grobziel ist hier, im Gegensatz zum herkömmlichen Strafvollzug, in dem u.a. Ausbildung und Vorbereitung auf eine Integration in den Arbeitsmarkt wesentliche Hauptaufgaben darstellen , die Vorbereitung auf ein gelingendes Altern mit einem sinnvoll strukturierten Tagesablauf zu formulieren. Behandlerisch steht im Vordergrund, die älteren Menschen im Strafvollzug geistig sowie körperlich rege und mobil zu erhalten und ihnen neben Beschäftigungsangeboten vor allem auch Möglichkeiten zu sinnstiftender Freizeitgestaltung zu eröffnen. Zu den im Einzelnen nachgefragten Punkten ist folgendes zu bemerken: a) Medizinische Versorgung Die medizinische Versorgung erfolgt durch den medizinischen Dienst der jeweiligen Justizvollzugsanstalt unter Einbindung ggf. erforderlicher Fachärzte. Das Kornhaus wird medizinisch vom Anstaltsarzt und dem Krankenpflegedienst der Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt versorgt. Nach Mitteilung des Anstaltsarztes werden insbesondere die nachfolgenden medizinischen bzw. krankenpflegerischen Tätigkeitsschwerpunkte im Seniorenvollzug gesehen:  Insulinbehandlung, Insulinspritzen, Diabetesberatung,  Motivierende Gespräche zur Krankenbehandlung in Anbetracht intellektueller Defizite bzw. Verhaltensstörungen bei älteren Gefangenen,  Richten der Medikamente und Bereitstellung in Dosierboxen; Überwachung der Medikation (auch: Dauermedikation) sowie der richtigen Einnahme der Medikamente,  Neu-Untersuchungen bei häufiger Änderung der Krankheitsentwicklung der Gefangenen ("Multimorbidität" älterer Gefangener),  Ständige medizinische Kontrolle,  Veranlassung von Facharztuntersuchungen bzw. dortigen Folgeuntersuchungen,  Organisation der externen und internen Facharztkonsile (Hautarzt, Psychiater, Chirurg, Unfallmediziner , Neurochirurg, Zahnarzt etc.),  Veranlassung bzw. Organisation von "medizinischen Nebenleistungen", u.a. podologische Behandlung, krankengymnastische Behandlung, etc. b) Versorgung mit Hilfsmitteln Die älteren Gefangenen erhalten gemäß medizinischer Indikation in allen Justizvollzugsanstalten eine Versorgung mit den erforderlichen Hilfsmitteln, wie z.B.:  Hörgeräte,  Rollatoren,  Gehhilfen,  Sehhilfen. c) Ausstattung von Hafträumen Auf die einführenden Bemerkungen zu Frage 2. wird verwiesen. Die Hafträume im Kornhaus wurden mit geänderten und zusätzlichen Einrichtungsgegenständen ausgestattet. Als Ergebnis einer im Sommer 2011 durchgeführten Gefangenenvollversammlung wurden u.a. folgende Wünsche und Bedürfnisse der Gefangenen erhoben und konnten in der Folgezeit umgesetzt werden:  Ausstattung der Hafträume mit gepolsterten Stühlen (Sitz- und Rückenpolsterung),  Beschaffung von Nackenkissen,  Beschaffung von fünf Haftraumbetten mit verstellbaren Liegeflächen und stärkeren Matratzen . 4 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/985 Der Vorschlag der Anstalt, sämtliche Hafträume im Seniorenvollzug mit neuen Betten auszustatten , wurde von der Mehrzahl der Gefangenen ausdrücklich nicht befürwortet. Demgegenüber fand breiten Zuspruch die Neugestaltung der beiden Teeküchen, die ebenfalls unter Berücksichtigung seniorengerechter Bedürfnisse (Hochsetzen der Backöfen, Anpassen der Arbeitsflächen ) umgebaut wurden. Bei der Auswahl und Beschaffung der aufgeführten Ausstattungsgegenstände wurden insbesondere hygienische, sicherheitsrelevante wie auch brandschutzrechtliche Kriterien berücksichtigt. d) Ausstattung von Sanitäreinrichtungen Auch insoweit wird grundsätzlich auf die einführenden Sätze zu Frage 2. verwiesen. Die Sanitäreinrichtungen im Kornhaus sind als Gemeinschaftsdusch- und Waschräume sowie Gemeinschaftstoiletten auf den beiden Stationen des Seniorenvollzugs angelegt. Im Zuge einer umfangreichen Kernsanierung wurden diese Bereiche unter Berücksichtigung seniorengerechter Bedürfnisse modernisiert. Die Sanierung erfolgte schrittweise in den Jahren 2010 bis 2012. Die Duschen wurden barrierefrei umgebaut und auf jeder Station eine zusätzliche Duschstelle mit Sitzgelegenheit (Klappsitz) und flexiblem Brauseschlauch geschaffen. Im Falle von Immobilität ist auch ein Zugang mit einem für Nassbereiche geeigneten fahrbaren Stuhl möglich. Die Nutzungszeiten der Duschund Waschräume sind im Gegensatz zum geschlossenen "normalen" Regelvollzug zeitlich nicht begrenzt. Bei der Sanierung der Toilettenanlagen wurden die Abtrennungen großzügiger gestaltet und mit zusätzlichen Haltegriffen ausgestattet. Im Parterre ist eine Toilettenkabine für den Zugang mit einem Rollator ausgelegt. Hierbei wurde auch ein Toilettenbecken mit geänderter Sitzhöhe (Aufstehhilfe) installiert. e) Ausgestaltung und Art von Freizeitangeboten Für ältere Gefangene stehen in allen Justizvollzugsanstalten geeignete Maßnahmen zur Freizeitgestaltung und des Sports zur Verfügung, die auch im fortgeschrittenen Alter ausgeübt werden können. Über die für die Vollzugsplanung zuständigen Bediensteten hinaus beraten sowohl der ärztliche Dienst als auch die für den Sport verantwortlichen Bediensteten im Einzelfall hinsichtlich altersgerechter Angebote. Im Kornhaus ist das gesamte Angebot auf die Bedürfnisse der älteren Klientel ausgerichtet. Die nachfolgend aufgeführten Freizeitmaßnahmen sollen dem Gedanken des "gelingenden Alterns" im Strafvollzug insofern Rechnung tragen, als dass ältere Menschen in Strafhaft geistig und körperlich rege und mobil zu erhalten sind, sie ein stärkeres Ruhebedürfnis haben als jüngere Gefangene, ihnen Möglichkeiten zu sinnstiftender Freizeitgestaltung geboten werden müssen, ihnen womöglich ein neuer Lebensinhalt bzw. eine neue Lebensorientierung vermittelt werden muss und sie an eine sich vor allem auch in technischer Hinsicht schnell verändernde Umwelt außerhalb des Vollzuges herangeführt werden müssen. Im Kornhaus werden insbesondere folgende Freizeitangebote unterbreitet: Freizeitkurse Im Rahmen von Freizeitkursen, die in Kooperation mit der VHS bestehen, werden je nach Bedarfslage und Nachfrage wechselnd Sprachkurse, Computerkurse, Entspannungskurse, Kreativitätsangebote , etc. angeboten. Aufenthalt im Innenhof/Freistundenbereich Die älteren Gefangenen haben die Möglichkeit, den gärtnerisch ausgestalteten Innen-/Freistundenhof mit Rundweg, Boule-Anlage, Basketballanlage, Schachfeld, Sitzmöbeln, Teichanlage und wetterfesten seniorengerechten Sportgeräten ausgiebig zu nutzen. Ehrenamtliche Mitarbeit Ehrenamtliche Mitarbeiter bieten in Einzel- und Gruppengesprächen Hilfe bei lebenspraktischen Fragen an. Einzelveranstaltungen Je nach personellen und finanziellen Möglichkeiten werden Informationsveranstaltungen, Literaturlesungen , künstlerische und Filmvorführungen sowie Musikveranstaltungen angeboten. Seniorengerechtes Sportangebot Unter Anleitung der Mitarbeiter des Fachgebietes Sport und Freizeit werden den Gefangenen Möglichkeiten aufgezeigt, wie mehr Fitness, Wohlbefinden und damit Gesundheit die Lebensqualität im Alter verbessern kann. In der Gruppe soll Spaß und Freude an der körperlichen Aktivität gefördert werden, Sicherheit und Selbstvertrauen gewonnen und miteinander in Kommunikation und Interaktion getreten werden. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/985 5 Besondere auf die Klientel der älteren Gefangenen abgestimmte Sportprogramme dienen dazu, die Ausdauerfähigkeit zu verbessern und Erkrankungen des Bewegungsapparates und des Herzkreislaufsystems entgegenzuwirken. Gleichzeitig soll über die jeweilige Gruppe, mit der die beschriebenen Maßnahmen durchgeführt werden, erreicht werden, spielerisch Gruppenverhalten sowie eine Erhöhung von Anstrengungsbereitschaft und Frustrationstoleranz einzuüben. Darüber hinaus stehen im Kornhaus sowohl innen als auch im gärtnerisch gestalteten Freistundenbereich moderne Fitnessgeräte zur individuellen seniorengerechten sportlichen Betätigung zur Verfügung . Angebote der Seelsorge Die katholische und evangelische Seelsorge unterbreitet im Kornhaus ein regelmäßiges Angebot. Sie beteiligt sich am Konzept der Themenabende im Haus und an weiteren Aktivitäten wie dem Sommerfest, der Weihnachtsfeier u.ä. e) Ausgestaltung und Art der Arbeitsmöglichkeiten Auch wenn die Integration in das Arbeitsleben bei älteren Gefangenen kein primäres Behandlungsziel mehr darstellt, darf die Bedeutung von Arbeit und sinnvoller, gegebenenfalls arbeitstherapeutischer Beschäftigung für ältere Gefangene während der Inhaftierung nicht unterschätzt werden. Beschäftigungsmöglichkeiten für die älteren Gefangenen bestehen im Seniorenvollzug in einem Eigenbetrieb, in dem Bastarbeiten auf Auftragsbasis erledigt werden, in der Arbeitstherapie, als Hausarbeiter sowie im Rahmen von Außenarbeit für gelockerte Gefangene. f) Reintegrationsmaßnahmen Da der Strafvollzug vorrangig auf die Bedürfnisse von Männern im jungen oder mittleren Erwachsenenalter ausgerichtet ist, die den Großteil der Gefangenen ausmachen, steht im Rahmen des Ziels der Wiedereingliederung in die Gesellschaft insbesondere die gelingende Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt im Fokus. Die Entlassungssituation stellt sich für lebensältere Gefangene aber häufig noch problematischer dar als bei jüngeren Gefangenen. Für Inhaftierte, die zum Entlassungszeitpunkt über 50 Jahre alt sind, ist insoweit eine realistische Prüfung ihrer Arbeitsmarktfähigkeit notwendig. Bei älteren Menschen, die aus dem Vollzug entlassen werden, ist häufig eine altersgerechte und dem Gesundheitszustand entsprechende Unterbringung wichtiger. Oft haben ältere Gefangene keine Angehörigen mehr, die sich um sie kümmern. Dies muss nicht unbedingt die Unterbringung in einem Pflegeheim bedeuten, in der Regel ist aber eine sorgende Gemeinschaft notwendig oder sinnvoll. Daher sind im Rahmen der Entlassungsvorbereitung besondere Bemühungen um die Unterbringung und Versorgung für diesen Personenkreis wichtig. Dies wird seit 2009 in einem Projekt der Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt "Altersgruppenspezifische Integrationsvorbereitung und Übergangsmanagement für ältere Inhaftierte der Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt" praktiziert. Das Projekt hat im Rahmen des Übergangsmanagements hinsichtlich "Wohnen und materielle Absicherung" sowie "Integration in Arbeit" folgende Zielsetzung: 1. Für Inhaftierte, die zum mutmaßlichen Entlassungszeitpunkt über 50 Jahre alt sind, ist ein Jahr vor der Haftentlassung verbindlich zu prüfen, wie es um die prinzipielle Arbeitsmarktfähigkeit bestellt ist. Die Prüfung soll umfassen:  Gesundheitliche Überprüfung.  Bewertung der beruflichen Vorkenntnisse, der aktuellen Leistungsfähigkeit und realistische Einschätzung von deren extramuraler Arbeitsmarkttauglichkeit.  Bewertung der derzeitigen Stellung des Inhaftierten in den einschlägigen Sozialversicherungssystemen . 2. Für Inhaftierte, bei denen eine prinzipielle extramurale Arbeitsmarkttauglichkeit festge- stellt wird, ist umgehend mit den zentralen Institutionen der Arbeitsförderung (Agenturen für Arbeit für Förderung aus dem SGB III, kommunale Institutionen für Förderung nach dem SGB II) in den jeweiligen Entlassungsregionen Kontakt aufzunehmen. Ziel ist ein verbindlicher Abgleich, welche Förderinstrumente zur späteren Arbeitsaufnahme in Frage kommen. 3. In der verbleibenden Haftzeit ist der Inhaftierte darauf vorzubereiten, die eruierten För- dermöglichkeiten nach der Haftentlassung auch wahrnehmen und sinnvoll nutzen zu können ; d.h., er hat mit Hilfe der Justizvollzugsanstalt und des Übergangsmanagers die Aufgabe, die formalen Voraussetzungen hierfür zu schaffen. Zum anderen ist er über eine Zuweisung in eine geeignete Beschäftigungsform - gegebenenfalls auch in der Hauptanstalt - in beruflich/inhaltlicher Hinsicht so gut wie möglich vorzubereiten. 6 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/985 h) weitere Bereiche Zur Fragestellung "weitere Bereiche" sind die im Kornhaus vorgehaltenen originären Behandlungsangebote des Vollzugs zu benennen. Dies sind zum Beispiel:  Motivierungs- und Kommunikationskurs für ältere Gefangene Der Kurs wird durch eine externe Psychologin geleitet. Durch dieses Angebot soll über den Einsatz kommunikationspädagogischer Methoden den älteren Gefangenen ein Rahmen und ein Anlass zur Selbstreflexion gegeben werden. Im Gruppengefüge werden altersgerechte Behandlungsangebote und Fördermöglichkeiten vorgestellt. Als geschlossene Gruppe wird ein gemeinsamer Gruppenprozess von Anfang bis Ende durchlaufen. Ab 2015 ist vorgesehen, gesondert einen Motivierungskurs und einen Kommunikationskurs anzubieten.  Seniorengerechtes verhaltenstherapeutisches Programm ("Problemlösetraining"; Beginn Ende 2014) Die älteren Gefangenen lernen mit konkreten Alltagsproblemen kompetent umzugehen. Die Trainer vermitteln den Gefangenen, wie im Alltag Probleme ziel- und ressourcenorientiert angegangen werden unter Berücksichtigung von Konsequenzen und Handlungsalternativen. Es werden Problemlösefertigkeiten vermittelt mit dem Ziel, Probleme zu erkennen, klar zu benennen sowie realistische Ziele zu formulieren. Ferner wird trainiert, wie man vorgehen kann, um im Vorfeld notwendige Informationen einzuholen, um sich eine Entscheidungsgrundlage bei Verhaltensalternativen zu schaffen.  Vermittlung altersbezogener sozialpraktischer Fertigkeiten Die Vermittlung sozialpraktischer Fähigkeiten für Gefangene im fortgeschrittenen Alter soll helfen, den Alltag bewältigen zu können. Auf unterschiedlichen Ebenen werden sozialpraktische Fertigkeiten erlernt und gefördert. Besonderer Wert liegt bei diesen Angeboten auf praktischen Übungen. Es ist ein gezieltes Angebot, um die Handlungskompetenz der älteren Insassen zu erweitern. Die jeweiligen Inhalte der einzelnen Angebote sollen nicht starr sein, sondern auch auf die individuellen Bedürfnisse oder auf Anregungen der Teilnehmer hin angepasst werden. So ist vorgesehen, künftig ein für erforderlich erachtetes Modul zur altersgerechten Unterweisung in Hygienefragen vorzuhalten. Derzeit gibt es im Rahmen des Angebotes zur Vermittlung sozialpraktischer Fertigkeiten in der JVA Schwalmstadt folgende Angebote: a) Soziales Training, Ernährung, Kochen Ältere Gefangene sollen unter fachkundiger Anleitung in einer hierfür eingerichteten Küche sowohl Freude am Kochen entwickeln als auch Kenntnisse altersgemäßer Ernährung und deren kostengünstiger Herstellung als Teil einer altersgerechten selbstständigen Lebensführung vermittelt bekommen. Zur Vermittlung des ernährungsspezifischen Teils wird eine Fachkraft eingesetzt. b) Kognitive Trainingsprogramme, derzeit Gedächtnistraining Durch ein gezieltes ganzheitliches Gedächtnistraining in entspannter und lockerer Atmosphäre und leichte Bewegungsübungen werden unter Anleitung einer Gedächtnistrainerin Geist und Körper aktiviert und trainiert. Das allgemeine Wohlbefinden wird gesteigert und die "grauen Gehirnzellen" werden aktiviert. Frage 3. Wie viele spezielle Abteilungen für ältere Insassen gibt es in hessischen Justizvollzugsanstalten und inwiefern unterscheiden sich diese von regulären Einrichtungen? Ich bitte um Darstellung nach Standorten unter Angabe der jeweils verfügbaren Plätze. Die Abteilung Kornhaus der Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt ist derzeit die einzige Einrichtung für ältere Gefangene in den Justizvollzugsanstalten des Landes Hessen. Dort stehen insgesamt 51 Haftplätze zur Verfügung. Abzüglich der ausgewiesenen 14 Haftplätze für Gefangene mit vollzugsöffnenden Maßnahmen und 2 Haftplätzen für Gefangene mit Ersatzfreiheitsstrafen verbleiben als Belegungsfähigkeit für ältere Gefangene (Seniorenmodell) insgesamt 35 Haftplätze (Einzelhafträume). Im Kornhaus stehen folgende Gemeinschaftseinrichtungen zur Verfügung: Eine Teeküche pro Etage, zwei große Säle (Essen, Tischtennis, Fernsehen, Besuch, andere Veranstaltungen), ein kleiner Gruppenraum, eine kleine Bibliothek, ein Kraftsportraum, ein gärtnerisch gestalteter Freistundenhof, ein Arztbehandlungsraum. Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/985 7 Zur weiteren Ausstattung der Einrichtung und zum dort vorgehaltenen Angebot wird im Übrigen auf die Beantwortung zu Frage 2. Bezug genommen. Frage 4. Wurde in den Jahren 2005 bis 2014 zur Begegnung der demografisch bedingten Änderung in der Altersstruktur der Strafgefangenen Personal eingestellt? Ich bitte um Angabe der Standorte, der Anzahl des jeweils eingestellten Personals und Darstellung der Tätigkeitsprofile. In den Jahren 2005 bis 2014 wurde speziell zur Begegnung der demografisch bedingten Änderung in der Altersstruktur der Strafgefangenen kein Personal eingestellt Wiesbaden, 3. Dezember 2014 Eva Kühne-Hörmann