Kleine Anfrage der Abg. Hofmann (SPD) vom 6. Oktober 2014 betreffend Situation älterer Strafgefangener in Hessen - Teil II - und Antwort der Ministerin der Justiz Die Kleine Anfrage beantworte ich wie folgt: Frage 1. Wurden in den Jahren 2005 bis 2014 zur Begegnung der demografisch bedingten Änderung in der Altersstruktur der Strafgefangenen Schulungen für das Personal durchgeführt? Ich bitte um Angabe der Art der Schulung, Anzahl der jeweiligen Schulungen und der teilnehmenden Personen sowie angefallener Kosten. Soweit es keine Schulungen gab: Aus welchen Gründen? Im Zeitraum von 2007 bis 2014 wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung Kornhaus durch ganztägige Fortbildungen auf die zielgruppenspezifischen Anforderungen des Seniorenvollzugs vorbereitet. Bei der Durchführung der Schulungen wurden auch externe Lehrkräfte aus den Bereichen Alten- und Krankenpflege mit einbezogen. Themen der Fortbildungen waren u.a.:  Umgang mit älteren Menschen bzw. Gefangenen,  den natürlichen Alterungsprozess nachstellen mit einem "Alterssimulationsanzug",  Demenzerkennung - angemessener Umgang mit der Erkrankung,  Verbesserung der Kommunikation und Koordination. Die Details zu den Fortbildungsveranstaltungen lassen sich der nachfolgenden Übersicht entnehmen : Zeitraum Tagungsort Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer Kosten 05.11.2007 H.B. Wagnitz Seminar Wiesbaden 11 Geschätzt ca. 2.100 € 06.11.2007 H.B. Wagnitz Seminar Wiesbaden 11 19.11.2007 H.B. Wagnitz Seminar Wiesbaden 14 Geschätzt ca. 2.000 € 20.11.2007 H.B. Wagnitz Seminar Wiesbaden 14 30.11.2009 Assa von Kram Haus Hülsa 14 ca. 1.917 € 01.12.2009 Assa von Kram Haus Hülsa 14 18.08.2010 Assa von Kram Haus Hülsa 16 Geschätzt ca. 3.000 € 19.08.2010 Assa von Kram Haus Hülsa 16 31.08.2011 Assa von Kram Haus Hülsa 12 ca. 2.200 € 01.09.2011 Assa von Kram Haus Hülsa 12 14.032012 Assa von Kram Haus Hülsa 16 ca. 2.969 € 15.03.2012 Assa von Kram Haus Hülsa 16 An einem zu Fortbildungszwecken durchgeführten Besuch der Geriatrie in Jesberg am 30. Oktober 2014 nahmen Mitarbeiter der besonderen Fachdienste und des allgemeinen Vollzugsdienstes teil. Eingegangen am 16. Dezember 2014 · Ausgegeben am 19. Dezember 2014 Herstellung: Kanzlei des Hessischen Landtags · Postfach 3240 · 65022 Wiesbaden · www.Hessischer-Landtag.de Drucksache 19/986 16. 12. 2014 19. Wahlperiode HESSISCHER LANDTAG 2 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/986 Um im Sachgebiet "Sport und Freizeit" ein adäquates, auf ältere Gefangene ausgerichtetes Angebot vorhalten zu können, wurde ein Bediensteter aus diesem Bereich im Rahmen der nachfolgend dargestellten individuellen Fortbildungen für diese Aufgabe ausgebildet: Zeitraum Maßnahme Dauer Januar bis Juli 2007 Übungsleiterlizenz (Erwachsene/Ältere) LSB Hessen 120 Lerneinheiten à 45 Minuten August 2008 FB Nordic Walking / LSB Hessen 8 Stunden Februar 2010 FB Staby Trainingsgerät / LSB Hessen 8 Stunden Mai 2011 FB Aktiv u. gesund älter werden / LSB Hessen 8 Stunden März 2013 FB "Hochaltrig und in Bewegung" in Verbindung mit motorische Aktivierung / LSB Hessen 8 Stunden Dezember 2013 bis Februar 2014 Ausbildung zum Trainer Tischtennis C-Lizenz / LSB Hessen Gefangene des Seniorenvollzugs (SV Schloss Ziegenhain) nehmen an Serienspielen gegen externe Tischtennismannschaften teil, die Mannschaften kommen hierfür während der Spielsaison einmal wöchentlich in die Abteilung Kornhaus 10 Tage Über die spezifischen Fortbildungsangebote für Bedienstete der Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt hinaus wurde das Thema "Umgang mit älteren Gefangenen" in einer anstaltsübergreifenden eintägigen Fortbildung des H.B.-Wagnitz-Seminars im Oktober 2009 für 16 Teilnehmer aller Vollzugsanstalten in der Abteilung Kornhaus durchgeführt, bei der die Altersentwicklung im Vollzug, Bedürfnisse von älteren Gefangenen und die im Seniorenmodell vorgehaltenen Maßnahmen des Kornhauses vorgestellt wurden. Die Themen "Ältere Gefangene, Krankheiten etc." wurden unter diversen Aspekten auch in Fortbildungen des medizinischen Dienstes behandelt (z.B. Palliativmedizin) sowie bei verschiedenen Tagungen und Dienstbesprechungen (z.B. mit den Anstaltsleitungen, mit der Seelsorge etc.) erörtert. Frage 2. Welche Maßnahmen führt die Landesregierung für pflegebedürftige Insassen durch? Ich bitte um Angabe der Maßnahmen und der dafür bereitgestellten Haushaltsmittel. Im Kornhaus existieren in baulicher Hinsicht auf alte Menschen zugeschnittene besondere Pflegemöglichkeiten oder -einrichtungen aufgrund der örtlichen baulichen Gegebenheiten (historischer Bau) nicht; es kann daher nicht als geriatrische Einrichtung im medizinischen Sinne fungieren . Allerdings wird z.B. im sanitären Bereich den Bedürfnissen der dort befindlichen älteren Gefangen Rechnung getragen. Im Falle einer Pflegebedürftigkeit von Gefangenen wird nach Prüfung im Einzelfall entschieden , ob und welche spezifischen Hilfestellungen jeweils erforderlich sind; hierzu zählen z.B. die Bereitstellung medizinischer Hilfsmittel und spezieller medizinischer Behandlungen, die Einbindung externer Fachärzte oder die Aufnahme im Zentralkrankenhaus in der Justizvollzugsanstalt Kassel I. Im Einzelfall ist auch eine vorzeitige Entlassung wegen Vollzugsuntauglichkeit in Betracht zu ziehen. Frage 3. Welche baulichen Maßnahmen und ggf. weiteren Ausbaumöglichkeiten zur Berücksichtigung der Bedürfnisse und Anforderungen älterer Insassen sieht die Landesregierung bis 2019 vor? Ich bitte um Angabe der Art der Maßnahme, des voraussichtlichen Zeitpunkts der Umsetzung und der zu erwartenden Kosten. Für die Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt wird als bauliche Maßnahme der Anbau eines Außenaufzugs zur besseren Erschließung des Erdgeschosses und des ersten Obergeschosses für in der Bewegung eingeschränkte Gefangene geprüft. Sollte die Prüfung positiv ausfallen, ließe sich der Anbau eines Personenaufzugs in der laufenden Legislaturperiode umsetzen. Eine konkrete Kostenschätzung für die Einzelmaßnahme liegt noch nicht vor. In allen Neubau- und Umbauplanungen des Justizvollzugs werden bauliche Erfordernisse berücksichtigt , damit die Gebäude einen barrierefreien Zugang und Bewegungsfreiheit innerhalb des Gebäudes ermöglichen. Einzelne Hafträume und Sanitäreinrichtungen werden rollstuhl- und Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · Drucksache 19/986 3 behindertengerecht eingeplant. Die Kosten für diese speziellen Maßnahmen werden in den Gesamtkosten für ein Gebäude nicht einzeln ausgewiesen und sind jeweils vom Umfang der notwendigen Baumaßnahmen abhängig. Frage 4. Welche weiteren Maßnahmen zur Verbesserung der Situation älterer Insassen plant die Landesre- gierung durchzuführen? Ich bitte um Angabe der Art der Maßnahme, des voraussichtlichen Zeitpunktes der Umsetzung sowie der zu erwartenden Kosten. Zur Beantwortung wird auf die Beantwortung von Frage 3. Bezug genommen. Frage 5. Inwieweit wird die spezifische Situation älterer Strafgefangener in Hessen wissenschaftlich unter- sucht bzw. begleitet? Im Jahre 2006 wurde eine empirische sozialwissenschaftliche Diplom-Arbeit (Christel Ahrens: Lebenslagen älterer Strafgefangener in hessischen Justizvollzugsanstalten unter Berücksichtigung des Resozialisierungsbegriffs; Universität Dortmund, Herbst 2006) zu älteren Gefangenen in hessischen Vollzugsanstalten und zu deren Bedürfnissen an spezifischen altersgerechten Angeboten durchgeführt. Dabei wurden Interviews mit Gefangenen der Justizvollzugsanstalten Schwalmstadt und Butzbach geführt und mit Methoden aus der qualitativen und quantitativen Sozialforschung ausgewertet. Die Arbeit hat gezeigt, dass altersspezifische Angebote bei den Betroffenen ausdrücklich erwünscht sind. Die Ergebnisse der Befragung wurden bei der Ausgestaltung der vollzuglichen Angebote berücksichtigt. In den Jahren 2009/2010 hat Frau Ahrens auch zu diesem Thema promoviert. Wiesbaden, 6. Dezember 2014 Eva Kühne-Hörmann