Der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 3. September 2012 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/1048 6. Wahlperiode 04.09.2012 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Dr. Hikmat Al Sabty, Fraktion DIE LINKE Unterstützung des Ministers für Bildung, Wissenschaft und Kultur bei der Kritik am Bologna-Prozess durch den Vorsitzenden der Hochschulrektorenkonferenz und ANTWORT der Landesregierung In seiner Pressemitteilung vom 14.08.2012 begrüßte der Minister für Bildung , Wissenschaft und Kultur die Kritik des Vorsitzenden der Hochschulrektorenkonferenz , Prof. Hippler, an der Bologna-Reform und ruft alle Beteiligten auf, mit der Kritik offen umzugehen. 1. Welche der Kritikpunkte von Prof. Hippler an der Bologna-Reform werden vom Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur im Einzelnen geteilt? Herr Prof. Hippler macht auf verschiedene Defizite der Bologna-Reform in Deutschland aufmerksam. Unter anderem ist er der Auffassung, dass die Bildung von Persönlichkeiten ein unabdingbares Ziel des Studiums sei und es dafür Zeit brauche. Diese stehe vor allem den Bachelorstudierenden nicht in allen Fällen hinreichend zur Verfügung. Dieser Position schließt sich der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern an. Ebenso ist er der Auffassung, dass die Mobilität der Studierenden - vor allem im Bachelorstudium - bislang nicht gesteigert wurde. Die Anerkennung von im Ausland erbrachten Studienleistungen, die Herr Prof. Hippler als Problem anspricht, muss ebenfalls noch verbessert werden, wie auch die Ministerkonferenz in Bukarest, in der die Bildungsministerinnen und Bildungsminister der 47 am Bologna-Reformprozess beteiligten Staaten zusammenkamen, in den Sitzungen am 26. und 27. April 2012 zuletzt betont hat. Die mit dem gestuften Studiensystem faktisch einhergehende zu starke Verschulung des Studiums sieht der Minister gemeinsam mit dem Präsidenten der Hochschulrektorenkonferenz kritisch. Die Ansicht, dass allen Studierenden, die ein Masterstudium aufnehmen möchten, dies auch zu ermöglichen sei, wird geteilt. Drucksache 6/1048 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 2. Welche Reformen des Bologna-Prozesses hält der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur für unabdingbar? Nach den Studierendenprotesten im Herbst 2009 hat die Landespolitik bereits vielfältig auf die einzelnen Kritikpunkte der Studentinnen und Studenten reagiert. Seither ist es den Hochschulen unter anderem möglich, alternativ zum Master den Diplomgrad anzubieten. Außerdem können die Studierenden ein Teilzeit- oder Begabtenstudium aufnehmen. Darüber hinaus wurden Verbesserungen bei den Prüfungen erreicht und die Mobilität der Studierenden erleichtert (vergleiche auch Antwort zu Frage 3). 3. Welche der in Frage 2 genannten Reformen sind durch landesspezifische hochschulpolitische Maßnahmen der Landesregierung an den Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern bereits jetzt umsetzbar? Am 15. Dezember 2010 hatte der Landtag Mecklenburg-Vorpommern eine weitreichende Reform des Bologna-Prozesses eingeleitet, die bundesweit für Beachtung gesorgt hat. Im Zuge dessen wurde das Gesetz über die Hochschulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Landeshochschulgesetz M-V - LHG M-V) in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Januar 2011 in folgenden Punkten geändert: - Das Diplom bleibt in Mecklenburg-Vorpommern erhalten. Absolventinnen und Absolventen von Masterstudiengängen können auch ein Diplomzeugnis erhalten. - Zur Erleichterung der Mobilität der Studierenden wird ein Auslandssemester nicht mehr auf die Regelstudienzeit angerechnet. - Die Hochschulen können den Studierenden ein Teilzeitstudium ermöglichen. Dies bedeutet eine große Erleichterung zum Beispiel für junge Eltern und Berufstätige. - Der Zugang von Bachelor-Absolventinnen und Bachelor-Absolventen zum Masterstudium ist erleichtert worden. Es ist nicht mehr zulässig, dass der Zugang zum Masterstudium pauschal durch eine Mindestabschlussnote definiert wird. - Im Interesse von sowohl Professorinnen und Professoren als auch Studierenden wurde jedem Fach die Möglichkeit eingeräumt, selbst zu entscheiden, wie viele Module benotet werden und wie viele benotete Module in die Abschlussnote eingehen. - In allen Studiengängen kann ein Begabtenstudium eingeführt werden. Das bedeutet, dass besonders begabte Studierende von den strikten Bologna-Vorgaben befreit werden und alternative Prüfungsleistungen erbringen können. - Es gelten Erleichterungen bei der Akkreditierung von Studiengängen. Eine Reakkreditierung ist nicht mehr notwendig, wenn es keine gravierenden Änderungen bei bestehenden Studiengängen gibt. Bei der Vermeidung zu starker Verschulung sind die Hochschulen im Rahmen ihrer Autonomie selbst in der Pflicht und haben hierzu mit dem veränderten Landeshochschulgesetz M-V bereits jetzt weit reichende Möglichkeiten. Weitere Maßnahmen des Landes sind derzeit nicht notwendig. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/1048 3 4. Welche Maßnahmen wurden seit 2011 durch die Landesregierung an den Hochschulen des Landes bereits initiiert oder umgesetzt, die dazu geeignet sind, die negativen Auswirkungen der Bologna-Reform zu beseitigen oder zu minimieren? Seit den Studierendenprotesten im Herbst 2009 haben eine Reihe von Treffen des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur mit den Vertreterinnen und Vertretern der Hochschulen und der Studierendenschaften stattgefunden, auf denen die Kritik an der Bologna-Reform diskutiert und über entsprechende Maßnahmen seitens der Hochschulen berichtet wurde. In einem Workshop mit den Hochschulleitungen im April 2011 wurden unter anderem die Themen alternative Diplomvergabe, studentische Mobilität und Übergang zum Master beraten. Die beiden letztgenannten Themen wurden auch in den Zielvereinbarungen mit den Hochschulen, die Anfang 2011 für den Zeitraum bis 2015 abgeschlossen wurden, verankert. Dabei wurde mit allen Hochschulen nochmals ausdrücklich vereinbart, dass die vorhandenen und die neu einzurichtenden Bachelor- und Masterstudiengänge gezielt auf ihre Studierbarkeit hin geprüft und die adäquate Modularisierung, realistische Vorgaben zur Prüfungsdichte, optimierte Prüfungsverfahren, Förderung der Wahlmöglichkeiten, Erleichterung der Übergänge zum Masterstudium und die Eröffnung eines Mobilitätsfensters für Auslandsaufenthalte mit einbezogen werden. Es kommt nun vor allem darauf an, dass die Hochschulen des Landes die ihnen gewährten Spielräume konsequent nutzen. 5. Welche Maßnahmen sind dazu durch die Landesregierung noch für diese Legislaturperiode geplant? Die Landesregierung wird die Umsetzung der Reform der Bologna-Reform durch die Hochschulen auch weiterhin konstruktiv begleiten. 6. Welche konkreten Maßnahmen oder Aktivitäten wurden durch die Landesregierung auf Bundesebene ergriffen, um die Auswirkungen der Bologna-Reform zu vermindern oder im europäischen Raum für Veränderungen zu sorgen und welche Ergebnisse sind dabei erreicht worden? Die Landesregierung plant derzeit auf Bundesebene keine Maßnahmen zur Abänderung der überstaatlichen Zielvorgaben des Bologna-Prozesses. Es kommt darauf an, die jetzt schon gegebenen Spielräume zu nutzen. Auch ändert der Bologna-Prozess nichts daran, dass die Landesparlamente über die vorrangige Gesetzgebungs- und Normsetzungskompetenz verfügen.