Der Minister für Inneres und Sport hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 24. September 2012 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/1091 6. Wahlperiode 25.09.2012 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten David Petereit, Fraktion der NPD Geschehnisse vor, während und nach der linksextremen Demonstration am 10.12.2011 in Greifswald und ANTWORT der Landesregierung Am 10.12.2011 fand eine Demonstration in Greifswald unter dem Motto „Zieht euch warm an! Null Toleranz für Nazis - Fight back!“ statt. 1. Wie war der genaue zeitliche Ablauf der Geschehnisse? Am 10.12.2011 um 13:35 Uhr setzte sich der Aufzug mit zirka 860 Teilnehmenden vom Antreteplatz (Südbahnhof) in Bewegung und begab sich zum Zwischenkundgebungsplatz im Ernst-Thälmann-Ring. Auf dem Weg dorthin wurde aus dem Aufzug heraus dreimal Pyrotechnik gezündet. Um 14:16 Uhr wurde festgestellt, dass entgegen den Auflagen durch einzelne Versamm- lungsteilnehmende Glasflaschen mitgeführt wurden. Um 14:23 Uhr kam es aus dem Aufzug heraus erneut zum Zünden von Pyrotechnik. Um 14:29 Uhr wurden durch Versammlungsteilnehmende Transparente zusammengeknotet. Weiterhin begannen einzelne Personen im Aufzug, sich zu vermummen. Um 14:54 Uhr traf der Aufzug in der Makarenkostraße ein, wo eine weitere Zwischenkund- gebung durchgeführt wurde. Nachdem sich der Aufzug im Anschluss wieder in Bewegung setzte, wurden erneut Böller gezündet. Diese wurden auch gezielt gegen Polizeikräfte eingesetzt. Um 15:20 Uhr stoppte die Polizei aufgrund von Vermummungen einzelner Teilnehmenden den Aufzug. Daraufhin wurde im Aufzug ein Nebeltopf gezündet. Der Aufzug setzte sich wieder in Bewegung und begab sich zur Wolgaster Straße, wo um 15:48 Uhr die dritte Zwischenkundgebung abgehalten wurde. Um 16:30 Uhr erreichte der Aufzug den Endkundgebungsplatz in der Innenstadt von Greifs- wald am Schießwall. Dort wurde weitere Pyrotechnik aus der Versammlung heraus gezündet. Drucksache 6/1091 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Nachdem der Versammlungsleiter um 16:44 Uhr die Versammlung für beendet erklärt hatte, verließen die Teilnehmenden den Ort. Dabei kam es aus Gruppen heraus vereinzelt zu Böllerwürfen auf Polizeikräfte. 2. Wie viele Fest- und Ingewahrsamnahmen gab es im Zusammenhang mit der eingangs genannten Demonstration (bitte getrennte Auflistung nach linken und rechten Demonstrationsteilnehmern)? Insgesamt kam es zu vier Festnahmen (Versammlungsteilnehmende nach Rechtsverstößen) und einer Gewahrsamnahme (linkes Spektrum) nach Widerstandshandlung gegen Polizei- kräfte. 3. Wegen welcher Straftaten durch Teilnehmer der Versammlung ermittelt derzeit die Polizei und/oder Staatsanwaltschaft (bitte auf- schlüsseln nach Art, Zeit, Ort, Stand der Ermittlungen)? Es wurden folgende durch Versammlungsteilnehmende begangene Straftaten festgestellt: 10.12.2011, 16:26 Uhr Greifswald, Anklamer Straße Gefährliche Körperverletzung an Polizeivollzugsbeamtinnen beziehungs- weise Polizeivollzugsbeamten (PVB) mittels Laserpointer 10.12.2011, 14:12 Uhr Greifswald, Karl-Krull-Straße Verstoß Versammlungsgesetz (Vermummung) 10.12.2011, 15:30 Uhr Greifswald, Anklamer Straße Verstoß Versammlungsgesetz (Vermummung) 10.12.2011, 17:30 Uhr Greifswald, Fleischerstraße Gefährliche Körperverletzung an Polizeivollzugsbeamtinnen beziehungs- weise Polizeivollzugsbeamten (Böllerwurf von Versammlungs- teilnehmenden) 10.12.2011, 14:55 Uhr Greifswald, Makarenkostraße 13 Verstoß Versammlungsgesetz (Vermummung), Verstoß § 41 Sprengstoffgesetz (Zünden von Feuerwerkskörpern) 10.12.2011, 13:00 Uhr Greifswald Verleumdung, Beleidigung, Üble Nachrede Die polizeilichen Ermittlungen sind abgeschlossen und alle Vorgänge wurden an die Staats- anwaltschaft übersandt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/1091 3 4. Welche polizeilichen Maßnahmen gab es vor, während und nach der eingangs genannten Demonstration im Zusammenhang mit dieser? Die Polizei traf Maßnahmen der Aufklärung, des Raum-, Objekt-, Veranstaltungs- und Streckenschutzes, Verkehrsmaßnahmen, Maßnahmen der Lotsung, der Dokumentation, der Beweissicherung, Bereithalten einer Gefangenensammelstelle sowie einsatzbegleitende Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. 5. Mit welcher Personenstärke war die Polizei bei der Demonstration vertreten, wie setzten sich die Kräfte zusammen und hat diese Anzahl ausgereicht (die Zusammensetzung bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)? Insgesamt wurden 572 Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugbeamte (PVB) einge- setzt, davon 124 PVB aus Niedersachsen. Die Anzahl der Einsatzkräfte wird als ausreichend erachtet. 6. Wie verlief die Kooperation der Demonstrationsteilnehmer sowie des Veranstalters/der Veranstalter mit der Polizei? Die Zusammenarbeit mit dem Versammlungsleiter verlief konstruktiv. Er war bemüht, die Forderungen der Polizei und der Versammlungsbehörde umzusetzen. Ein Großteil der Teilnehmenden der Versammlung reagierte aggressiv auf das polizeiliche Auftreten. Zugriffsmaßnahmen der Polizei sollten durch aktives Handeln (Bildung von Ketten, Angriffe auf PVB) verhindert werden. Dies wurde unter anderem durch Lautsprecher- durchsagen an die Teilnehmenden kommuniziert. Die Pyrotechnik wurde zum Teil gezielt gegen Einsatzkräfte eingesetzt. Im Verlauf der Demonstration konnte festgestellt werden, dass im vorderen (gewaltbereiten) Bereich offen- sichtlich berauschende Mittel konsumiert wurden und somit die Versammlungsteilnehmenden kaum noch ansprechbar für polizeiliche Maßnahmen waren. Drucksache 6/1091 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 7. Gab es Angriffe oder Angriffsversuche aus dem Spektrum der Demonstrationsteilnehmer? Wenn ja, wer waren die Geschädigten (Polizei, Gegendemonstranten, Passanten, politischer Gegner)? Es kam während des Aufzuges zu Auseinandersetzungen von Versammlungsteilnehmenden mit Personen am Rande des Aufzuges. Diese wurden durch die Versammlungsteilnehmenden wahrscheinlich als „politische Gegner“ wahrgenommen. Weiterhin gab es Angriffe aus der Versammlung heraus auf Einsatzkräfte der Polizei mittels Pyrotechnik und Laserpointer. 8. Wie viele verletzte Polizeibeamte sind im Zusammenhang mit dem Einsatz bei dieser Demonstration bekannt und wie kamen die Verletzungen zustande (bitte einzeln aufschlüsseln nach, Ort, Zeit, Hergang)? Insgesamt wurden beim Einsatz sechs Einsatzkräfte der Polizei verletzt. Alle Einsatzkräfte waren weiter dienstfähig. - 13:00 Uhr - 15:00 Uhr: vier PVB aus Niedersachsen erlitten nach Böllereinsatz Knall- traumata - 15:12 Uhr: ein PVB aus Niedersachsen erlitt leichte Augenverletzungen nach Blendung durch einen Laserpointer - 17:30 Uhr: ein weiterer PVB aus Niedersachsen erlitt nach einem Böllereinsatz ein Knall- trauma Die Böller wurden von Teilnehmenden der Versammlung gezündet. 9. Wie viele der festgestellten Demonstrationsteilnehmer kamen nicht aus Mecklenburg-Vorpommern (bitte nach Bundesländern auflisten)? Die Teilnehmenden reisten aus mehreren Bundesländern, vorwiegend aus dem norddeutschen Raum, an. Es liegen Erkenntnisse über Anreisen aus Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Hamburg und Bremen vor. Detaillierte Information über die Zusammensetzung der Versammlungsteilnehmenden liegen der Landesregierung nicht vor. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/1091 5 10. Wurden im Zusammenhang mit der Demonstration weitere Straf- taten festgestellt und wenn ja, welche waren das? Folgende weitere Straftaten wurden durch die Bundespolizei bekannt gemacht: 10.12.2011, 13:30 Uhr Greifswald, Südbahnhof § 303 Strafgesetzbuch, Sachbeschädi- gung durch Graffiti (Wände besprüht mit „NAZi NS ZONE“ und „NS AREA“) 10.12.2011, 12:45 Uhr Greifswald Verstoß gegen §§ 86a, 303 Strafgesetz- buch (Auftragen Keltenkreuz an Bahnein- richtungen)