Die Finanzministerin hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 12.Oktober 2012 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/1193 6. Wahlperiode 15.10.2012 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Jeannine Rösler und Jacqueline Bernhardt, Fraktion DIE LINKE Urteil des Bundesfinanzhofes zur Steuerpflicht kommunaler Kitas und ANTWORT der Landesregierung Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 12. Juli 2012 (I R 106/10) sind von einer Kommune betriebene Kindergärten keine steuerfreien Hoheitsbetriebe, sondern Betriebe gewerblicher Art, die der Körperschaftssteuer unterfallen. Auf den sozialgesetzlich verankerten Auftrag zur Förderung und zum bedarfsgerechten Ausbau des Betreu- ungsangebots komme es nicht an. Aus steuerrechtlicher Sicht mache es keinen Unterschied, ob diese Aufgabe der Daseinsvorsorge von Kommunen oder privatrechtlichen Strukturen angeboten wird. Der BFH erkannte hier einen einschlägigen wettbewerbsrelevanten „Anbieter- wie Nachfragemarkt“. Es gäbe keinen Grund für eine steuerrechtliche Bevorzugung der Kitas. 1. Wie bewertet die Landesregierung das vorgenannte Urteil des BFH grundsätzlich? 2. Inwiefern wird durch dieses Urteil der bedarfsgerechte Ausbau von Kitas in Mecklenburg-Vorpommern beeinträchtigt? 3. Inwiefern erschwert die Entscheidung des BFH die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention, insbesondere im Hinblick auf Artikel 28? 4. Mit welchen Mehrausgaben müssen die Kommunen in Mecklenburg- Vorpommern aufgrund der Entscheidung des BFH gegebenenfalls rechnen? 5. Wie hoch wird das voraussichtlich jährliche Mehraufkommen aus der Körperschaftssteuer in Mecklenburg-Vorpommern aufgrund der Ent- scheidung des BFH sein? Drucksache 6/1193 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 6. Welche Konsequenzen bzw. Schlussfolgerungen leitet die Landes- regierung aus diesem Urteil ab und welche Maßnahmen hat sie gege- benenfalls bereits eingeleitet? 7. Ist es nach Auffassung der Landesregierung geboten, gesetzlich klarzustellen, dass kommunale Kitas von der Körperschaftssteuer frei- gestellt werden (Antwort bitte begründen)? Die Fragen 1 bis 7 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Das Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 12.07.2012, Az.: I R 106/10, bestätigt die von der Finanzverwaltung vertretene Rechtsauffassung, dass die kommunalen Kinder- gärten/Kindertagesstätten als Betriebe gewerblicher Art (BgA) zu beurteilen sind. Der BFH stellt insoweit klar, dass der bestehende sozialpolitische und sozialrechtliche Förderungs- auftrag daran nichts ändert. Bereits nach der bisherigen Verwaltungspraxis und nach der - auf Bund- und Länderebene abgestimmten - Verwaltungsauffassung unterlagen die Kommunen insoweit dem Grunde nach der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht. Diese Steuerpflicht dürfte aber kaum von praktischer Relevanz gewesen sein, da die kommunalen Kindergärten/Kindertagesstätten die tatbestandlichen Erfordernisse der Gemeinnützigkeit gemäß §§ 51 ff. Abgabenordnung erfüllen und somit die Steuerbefreiung (Körperschaft-, Gewerbe- und Grundsteuer) für sich beanspruchen können. Die erzielten Umsätze sind auch umsatzsteuerfrei, sodass dadurch den Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern keine steuerlichen Mehrausgaben entstanden sind. Im Rückblick auf die bisherige Verwaltungspraxis ist auch nicht bekannt, dass die bestehenden steuerlichen (Mitwirkungs-)Pflichten zu einer erheblichen (Mehr-)Belastung bei den Kommunen geführt haben, sodass im Ergebnis zum gegenwärtigen Zeitpunkt - aufgrund der Entscheidung des BFH seitens der Landesregierung - kein weiterer Handlungsbedarf gesehen wird. Das oben genannte Urteil des BFH entfaltet nach Auffassung der Landesregierung keine negativen Auswirkungen auf den weiteren bedarfsgerechten Ausbau auch der kommunalen Angebote in der Kindertagesförderung. Dies gilt sowohl im Hinblick auf investive Maßnahmen als auch auf die Finanzierung der Betriebskosten kommunaler Kindertages- fördereinrichtungen. Insofern wird auch die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention einschließlich des Artikels 28, der im Übrigen in erster Linie auf das Recht auf schulische Bildung abstellt, durch die Rechtsprechung des BFH nicht erschwert.