Der Minister für Wirtschaft, Bau und Tourismus hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 28. November 2012 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/1314 6. Wahlperiode 29.11.2012 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Udo Pastörs, Fraktion der NPD Lehrabbrecher und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung 1. Eine Lehrabbrecherquote gibt es nicht. Nach § 88 Berufsbildungsgesetz (BBiG) erhebt die jährliche Bundesstatistik für die Auszubildenden unter anderem die Daten „vorzeitig gelöste Berufsausbildungsverhältnisse mit Angabe von Ausbildungsberuf, Geschlecht, Ausbildungsjahr, Auflösung in der Probezeit“. Die Auflösungsgründe werden nicht erfasst. Zur vorzeitigen Lösung von Ausbildungsverträgen führt der Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2012 unter anderem folgendes aus: „Zu einer Lösung des Vertrags kann es sowohl seitens des Auszubildenden als auch des Ausbildungsbetriebes oder in beiderseitigem Einvernehmen kommen. Die Gründe für Vertragslösungen sind vielfältig und mitunter komplex. Sie reichen von Betriebsschließungen und gesundheitlichen Gründen, revidierten Berufswahlentscheidungen bis hin zu Konflikten zwischen Ausbildern und Auszubildenden. Nach § 22 BBiG kann ein Ausbildungsverhältnis während der Probezeit (maximal vier Monate) von beiden Seiten jederzeit und ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Nach der Probezeit ist eine ordentliche Kündigung nur noch seitens der Auszubildenden möglich; will der Ausbildungsbetrieb den Vertrag auflösen, muss dieser - in Anbetracht der besonderen Bedeutung des Ausbildungsverhält- nisses für die berufliche Entwicklung – erst einen „wichtigen Grund“ vorbringen. Vorzeitig gelöste Verträge sind dabei jedoch keinesfalls mit einem endgültigen Ausbildungsabbruch gleichzusetzen. Etwa die Hälfte der Auszubildenden mit gelöstem Ausbildungsvertrag, so ergab eine Studie zu Vertragslösungen und Ausbildungsabbrüchen aus dem Jahr 2002, schließt erneut einen Ausbildungsvertrag ab und bleibt damit dem dualen System erhalten.“ Drucksache 6/1314 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Somit kann derzeit nicht gesagt werden, wie viele der vorzeitigen Vertragslösungen einen Ausbildungswechsel oder einen - endgültigen oder vorläufigen - Ausbildungsabbruch beinhalten. 2. Die Kleine Anfrage bezieht sich auf ein „Modell der Berufsbegleiter“ in Sachsen. Die Landesregierung geht in ihrer Antwort davon aus, dass sich die Fragen hierzu auf die Berufseinstiegsbegleitung beziehen. Hierbei handelt es sich um ein Bildungsangebot der Bundesagentur für Arbeit zur „Verbesserung der Ausbildungschancen förderungsbedürftiger junger Menschen“. Ziel ist die Unterstützung von Schülern beim Übergang von der allgemeinbildenden Schule in eine berufliche Ausbildung (§ 49 Drittes Buch Sozialgesetz- buch, früher § 421s Drittes Buch Sozialgesetzbuch). Angesichts der hohen Lehrabbrecherquote im Freistaat Sachsen sollen jetzt dort, wie der Sachsen-Spiegel des mdr am 07.11.2012 berichtete, rund 100 Berufsbegleiter eingesetzt werden. In Mecklenburg- Vorpommern gibt es ähnlich gelagerte Probleme. 1. Inwieweit denkt die Landesregierung daran, das Modell der Berufs- begleiter auf Mecklenburg-Vorpommern zu übertragen? a) Wenn ja, - wann soll ein entsprechendes Projekt beginnen? - wie viele Berufsbegleiter sollen in Mecklenburg-Vorpommern zum Einsatz kommen? b) Wenn nicht, warum nicht? Die Fragen 1, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Ja, ein entsprechendes Projekt wurde bereits erstmals im Frühjahr 2009 gestartet. Aktuell sind 45 Berufseinstiegsbegleiterinnen und Berufseinstiegsbegleiter an 64 Schulen des Landes tätig. 2. Sind für Mecklenburg-Vorpommern alternative Projekte angedacht? Wenn ja, welche? In Mecklenburg-Vorpommern erhalten bereits heute Auszubildende, die Probleme in ihrer Ausbildung haben und bei denen eine vorzeitige Vertragslösung droht, bei der Berufsberatung sofort einen Beratungstermin. Ziel ist es, durch Klärung der aktuellen Situation zu prüfen, ob das begonnene Ausbildungsverhältnis fortgesetzt werden kann oder zügig einen Anschluss- betrieb zu finden. Die zuständigen Stellen nach § 71 Berufsbildungsgesetz (BBiG) überwachen die Berufsaus- bildung. Sie fördern diese durch die Beratung der an der Berufsausbildung beteiligten Personen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/1314 3 Dafür sind die Ausbildungsberater und -beraterinnen der Kammern zuständig. Sie geben in diesem Zusammenhang Rechtsauskünfte oder sind bei Problemen während der Berufsaus- bildung Vermittler zwischen Ausbildungsbetrieb, Auszubildenden und Eltern. In ihrer Funktion tragen sie zur Beilegung von Streitigkeiten bei, vermitteln bei drohender Auflösung des Ausbildungsverhältnisses beziehungsweise Ausbildungskonflikten und tragen damit dazu bei, Ausbildungsvertragslösungen zu reduzieren. 3. Wie hat sich die Lehrabbrecherquote in Mecklenburg-Vorpommern seit 2007 entwickelt (bitte jahrweise darstellen)? a) Welche Branchen waren bzw. sind besonders betroffen (bitte mit Zahlenmaterial untermauern)? b) Wo sieht die Landesregierung die Ursachen? Die Entwicklung einer Lehrabbrecherquote kann aus den in den Vorbemerkungen dargelegten Gründen nicht dargestellt werden. Quote vorzeitig gelöster Ausbildungsverträge 1) Mecklenburg-Vorpommern Lösungsquote in % 2007 2008 2009 2010 2) 28,0 30,2 3) 31,5 1) Vertragslösungen sind nicht mit Ausbildungsabbrüchen gleichzusetzen; Vorzeitig gelöste Ausbildungs- verträge = vor Ablauf der im Berufsausbildungsvertrag genannten Ausbildungszeit gelöste Ausbildungs- verträge 2) Für das Berichtsjahr 2007 waren vom Statistischen Bundesamt keine Angaben zu vorzeitig gelösten Ausbildungsverträgen veröffentlicht worden 3) ab 2006/2007 gab es auf Bundesebene umfassende Neuerungen der Berufsbildungsstatistik, die in den ersten Jahren nicht ohne größere Meldeprobleme erfolgte. Zudem gab es ein neues Berechnungsmodell des Bundesinstituts für Berufsbildung Quelle: Datenreport zu den Berufsbildungsberichten 2010, 2011, 2012 des Bundesinstituts für Berufsbildung Zu a) und b) Die Vertragslösungsquoten stellen sich in Mecklenburg-Vorpommern in den Ausbildungs- branchen wie folgt dar: Ausbildungsbranche % Industrie und Handel 31,1 Handwerk 37,1 Öffentlicher Dienst 7,5 Landwirtschaft 33,9 Freie Berufe 23,9 Hauswirtschaft 32,9 Landesdurchschnitt 31,5 (Quelle: Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2012). Drucksache 6/1314 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Die Gründe für Vertragslösungen - siehe Vorbemerkungen - sind vielfältig und mitunter komplex. Unabhängig hiervon ist aber eine fundierte und frühzeitige Berufsorientierung eine ganz wesentliche Grundlage für die richtige Berufswahlentscheidung und damit für das Vermeiden einer vorzeitigen Vertragslösung. 4. Mit welchen konkreten Maßnahmen wurde in Mecklenburg- Vorpommern seit 2006 versucht, dieser Entwicklung entgegenzu- wirken? Die Vorbereitung auf das Berufsleben ist gesetzlicher Auftrag der allgemein bildenden Schulen. Die Berufsorientierung ist Teil schulischer Allgemeinbildung und erfolgt fachübergreifend (vergleiche Schulgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern vom 13.02.2006). Die Berufsorientierung erfolgt auf der Grundlage der Richtlinie zur Berufs- orientierung an allgemein bildenden und beruflichen Schulen des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 14.09.2011, diese ersetzt die Richtlinie vom 05.07.2011. 5. Mit welchen Maßnahmen wird die Landesregierung in der laufenden Wahlperiode versuchen, die Lehrabbrecherquote zu senken? Die Senkung der vorzeitigen Vertragslösungsquoten kann nicht durch Verordnung verfügt werden. Die deutlich verbesserte Ausbildungssituation vergrößert das Auswahlspektrum der Jugendlichen erheblich. Grundsätzlich kann heute jeder Schulabgänger und jede Schulabgän- gerin eine Ausbildung im Wunschberuf eher realisieren als noch vor einigen Jahren. Gleichwohl schließt dies nicht aus, dass die Vorstellungen vom Wunschberuf sich nicht mit der realen Ausbildungs- und Arbeitswelt in Einklang bringen lassen oder bessere Angebote einen Ausbildungswechsel veranlassen. Gleichwohl sieht die Landesregierung mit den Partnern im Fachkräftebündnis für Mecklen- burg-Vorpommern die Berufsorientierung insgesamt als eine gemeinsame zentrale Aufgabe an. Ein zentrales Element im Fachkräftebündnis ist das Handlungsfeld 1 - Jugendliche optimal auf das Berufsleben vorbereiten und in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt integrieren -. Hier wurde eine Vielzahl von Maßnahmen vereinbart, die im Wesentlichen bereits umgesetzt werden (vergleiche Drucksache 6/297).