Der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 7. Dezember 2012 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/1334 6. Wahlperiode 11.12.2012 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Henning Foerster, Fraktion DIE LINKE Jahressonderzahlungen für Beschäftigte der Universitätsmedizin Greifswald und ANTWORT der Landesregierung Die Ostseezeitung veröffentlichte am 8. November 2012 einen Artikel unter dem Titel „Weihnachtsgeld nur für Gewerkschafter“. Demnach kündigte das Personaldezernat der Universitätsmedizin Greifswald in einem Schreiben an die Belegschaft an, im November 2012 die tariflich vereinbarte Jahressonderzahlung in voller Höhe nur an Gewerkschafts- mitglieder ausschütten zu wollen. Dabei wird explizit darauf verwiesen, dass bereits nach dem neuen Tarifvertrag (TV-UMN) verfahren werden soll, obwohl dieser noch nicht unterschrieben sei. Der neue Tarifvertrag sieht über eine Differenzierungsklausel vor, dass an nicht organisierte Beschäftigte weniger Geld ausgezahlt wird, als an solche, die zum 1. November des laufenden Jahres mindestens 15 Monate Mitglied der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di waren. 1. Inwieweit war die Landesregierung über den Aufsichtsrat oder andere Gremien in die Entscheidung zur Reduzierung der Jahressonder- zahlung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universitäts- medizin Greifswald eingebunden und welche Position hat die Landes- regierung in den entsprechenden Gremien vertreten? Die Entscheidung zur Reduzierung der Jahressonderzahlungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universitätsmedizin Greifswald wurde zwischen den Vertreterinnen und Vertretern der Tarifparteien getroffen. Die Vertretung der Universitätsmedizin Greifswald als Arbeitgeber war der Vorstand. Der Aufsichtsrat der Universitätsmedizin Greifswald war in die Verhandlungen nicht eingebunden. Ihm obliegt die Zustimmung nach Vorlage des endabgestimmten Vertragsentwurfs. Dieser liegt bislang nicht vor. Drucksache 6/1334 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Der Aufsichtsrat wurde in seiner Sitzung am 30.08.2012 und am 14.11.2012 vom Vorstand lediglich über die wesentlichen Verhandlungsergebnisse und die Zwischenstände der Redaktionsverhandlungen informiert. Eine Einbeziehung der Landesregierung fand auch über andere Gremien nicht statt. 2. Wann haben im Jahr 2011 Aufsichtsratssitzungen stattgefunden und auf welcher Sitzung wurde der Tarifvertrag mit den entsprechenden Regelungen zur Jahressonderzahlung sowie zu seinem Inkrafttreten behandelt? Die Sitzungen des Aufsichtsrates der Universitätsmedizin Greifswald fanden im Jahr 2011 am 04.05.2011, 07.09.2011 und 15.12.2011 statt. Der Tarifvertrag (TV-UMN) mit den entsprechenden Regelungen zur Jahressonderzahlung sowie zum Inkrafttreten wurde hierbei in keiner Sitzung behandelt. 3. Womit begründet die Landesregierung ihre Zustimmung zu diesem Verfahren bzw. ihre Ablehnung? Da eine Befassung der Landesregierung durch die Vertretung im Aufsichtsrat der Universi- tätsmedizin Greifswald noch nicht erfolgt ist, liegt eine Entscheidung zum Stimmverhalten noch nicht vor. 4. Wie viele Beschäftigte fielen unter die alten tariflichen Regelungen zur Jahressonderzahlung gemäß TV-UKN und wie viele fallen unter die neue tarifliche Regelung des TV-UMN? Im Jahr 2011 fielen 1.616 Beschäftigte unter die 50 Prozent-Regelung des TV-UKN, ausgenommen sind 270 Beschäftigte in Altersteilzeit oder auf Drittmittelstellen und 299 Beschäftigte mit ver.di-Mitgliedschaft. Im Jahr 2012 fallen 2.023 Beschäftigte unter die 50 Prozent-Regelung des TV-UMN mit Ausnahme von 308 Beschäftigen mit ver.di-Mitgliedschaft. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/1334 3 5. Wie viele gewerkschaftlich-organisierte Beschäftigte profitieren von der neuen Regelung? Im Jahr 2012 profitieren 308 gewerkschaftlich organisierte Beschäftigte von der Regelung des neuen Tarifvertrags, die allerdings im Regelungsgehalt keine völlig „neue“ Regelung ist. Bereits seit 2008 besteht eine ähnliche Regelung im TV-UKN. Ab dem Jahr 2011 führte bereits bei der Jahressonderzahlung die Mitgliedschaft in ver.di auf Grund einer einfachen Differenzierungsklausel zu einer erhöhten Jahressonderzahlung. 6. Wie bewertet die Landesregierung die rechtliche Zulässigkeit der neuen Regelungen vor dem Hintergrund der 2011 vom Bundesarbeits- gericht (Aktenzeichen 4 AZR 366/09) festgestellten Ungesetzlichkeit von erweiterten Differenzierungsklauseln? 7. Inwieweit handelt es sich im vorliegenden Fall nach Auffassung der Landesregierung um eine einfache Differenzierungsklausel, die Sonderleistungen für Gewerkschaftsmitglieder, vergleichbar einer kostenfreien Rechtsberatung, einer kostengünstigeren, beruflichen Weiterbildung oder einer kostengünstigeren Versicherungsleistung vorsieht und die laut Bundesarbeitsgericht zulässig ist? Die Fragen 6 und 7 werden zusammenhängend beantwortet. Die Regelung im TV-UMN ist keine sogenannte Spannungssicherungsklausel oder qualifizierte Differenzierungsklausel. Bei einer qualifizierten Differenzierungsklausel wird die Exklusivität des Anspruchs festgeschrieben, das heißt bei sonstigen Leistungen an Beschäftigte, die nicht ver.di-Mitglieder sind, würde sich der Anspruch der ver.di-Mitglieder immer zwingend und unmittelbar entsprechend erhöhen. Dies ist nicht im TV-UMN niedergelegt worden. Im TV-UMN wurde eine sogenannte einfache Differenzierungsklausel, in der eine Sonderleistung für Beschäftigte, die Mitglieder von ver.di sind, vereinbart ist, verankert. Eine solche Regelung wurde durch dieses Urteil noch einmal als wirksam bestätigt, denn die Tarifparteien sind bei der Bestimmung der tatbestandlichen Voraussetzungen für tariflich geregelte Ansprüche weitgehend frei. Der Maßstab ist die negative Koalitionsfreiheit insbesondere der Außenseiter, das heißt der nicht organisierten Beschäftigten. Diese wird durch eine einfache Differenzierungsklausel nicht beeinträchtigt, weil die Normsetzungs- macht der Tarifvertragsparteien sich von Verfassung und von Gesetzes wegen ausschließlich auf ihre Mitglieder beschränkt. Drucksache 6/1334 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 8. Inwieweit ist vor dem Hintergrund der rechtlichen Bewertung der tariflichen Neuregelung und des Zeitpunktes der Bekanntmachung selbiger durch das Personaldezernat der Universitätsmedizin Greifswald aus Sicht der Landesregierung mit Einzel- oder gar Sammelklagen von Nichtgewerkschaftsmitgliedern unter den Beschäftigten der Universitätsmedizin Greifswald zu rechnen bzw. liegen bereits Klagen vor? Es wird nicht mit einer hohen Anzahl von Klagen gerechnet, denn eine im Wesentlichen entsprechende Regelung gab es bereits im Jahr 2011. Im vergangenen Jahr ist keine Klage beim Arbeitsgericht Stralsund anhängig gemacht worden. Zum 26.11.2012 lagen nach Auskunft der Universitätsmedizin Greifswald erst drei Anträge auf Zahlung einer Jahres- sonderzahlung entsprechend der Regelungen für ver.di-Mitglieder vor. 9. Wie hoch beziffert die Landesregierung das maximale finanzielle Risiko für den Fall, dass die Kläger erfolgreich sind? Ausgehend von den drei vorliegenden Anträgen würden im Fall des Erfolgs die maximalen Kosten mit circa 2.900 Euro zu beziffern sein.