Der Minister für Inneres und Sport hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 28. Dezember 2012 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/1408 6. Wahlperiode 02.01.2013 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Johannes Saalfeld, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Polizeiliche Nutzung von sozialen Netzwerken - Facebook-Fahndung und ANTWORT der Landesregierung Die Innenministerkonferenz hat auf ihrer Sitzung im Mai/Juni 2012 die Nutzung von sozialen Netzwerken, wie Facebook als sinnvolle Ergänzung der polizeilichen Informations-, Ermittlungs- und Fahndungsarbeit beschlossen und eine Projektgruppe u. a. damit beauftragt, bisherige Aktivitäten in sozialen Netzwerken zu bewerten und weitere polizeiliche Nutzungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Die Justizministerkonferenz hat am 15. November 2012 u. a. den Bereich der eJustice aufgegriffen, insbesondere in Form der rechtlichen Ausgestaltung von Öffentlichkeitsfahndungen über soziale Netzwerke, wie Facebook. Die Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern betreibt seit dem 28. Juli 2011 eine Fanseite beim sozialen Netzwerk Facebook, um sich dort nach eigenen Angaben zunächst „probeweise“ mit Zeugenaufrufen, Vermisstenmeldungen, Fahndungen und Hinweisen an die Facebook- Gemeinschaft zu wenden. Neben den Datenschutzbeauftragten anderer Länder sowie des Bundes beurteilt auch der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Mecklenburg-Vorpommern die Schaltung solcher Seiten in seinem Tätigkeitsbericht 2010/2011 kritisch. 1. Wie viele Hinweise oder Zeugenmeldungen sind bisher bei den Polizeidienststellen oder der Internetwache des Landes eingegangen, die auf die bei Facebook veröffentlichten Öffentlichkeitsfahndungen oder Zeugenaufrufe zurückzuführen sind? Hierzu liegt der Landesregierung kein statistisch aufbereitetes Datenmaterial vor. Drucksache 6/1408 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 2. Wie viele Anzeigen über mutmaßlich strafbare Handlungen auf Face- bookseiten sind bisher bei der Polizei Mecklenburg-Vorpommern in den Jahren 2010, 2011 und 2012 eingegangen? Hierzu liegt der Landesregierung kein statistisch aufbereitetes Datenmaterial vor. 3. Ist die Landesregierung der Ansicht, dass die Strafprozessordnung bezüglich der Regelungen über die Voraussetzungen und Durchfüh- rung der Öffentlichkeitsfahndung vor dem Hintergrund des digitalen Wandels einer Novellierung bedarf (bitte begründen)? 4. Besteht nach Auffassung der Landesregierung ein Konflikt zwischen Öffentlichkeitsfahndungen über Facebookseiten und dem Punkt 3.2 der Anlage B zu den Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV), wonach private Internetanbieter grund- sätzlich nicht eingeschaltet werden sollen, um die Aufmerksamkeit der Internetnutzer für eine Öffentlichkeitsfahndung zu erlangen (bitte begründen)? Die Fragen 3 und 4 werden zusammenhängend beantwortet. Zur Frage der Nutzung sozialer Netzwerke für Zwecke der Öffentlichkeitsfahndung (§ 131a Absatz 3 StPO) haben die Justizministerinnen und die Justizminister auf ihrer Herbstkonfe- renz am 15. November 2012 in Berlin beschlossen: 1. Die Justizministerinnen und die Justizminister erachten es aufgrund des sich verändernden Medienverhaltens der Bevölkerung und der dadurch zunehmenden Bedeutung der sozialen Netzwerke des Internets für die Öffentlichkeitsfahndung und für die Aufklärung von Straftaten als erforderlich, sich dieses Themas verstärkt anzunehmen. 2. Sie stimmen darin überein, dass die Nutzung sozialer Netzwerke im Strafverfahren im Hinblick auf die bestehenden Möglichkeiten der Weitergabe von Daten im Internet datenschutzrechtlichen Anforderungen und rechtsstaatlichen Grundsätzen gleichermaßen genügen muss. 3. Sie bitten den Strafrechtsausschuss, insoweit das Bestehen eines etwaigen Handlungs- bedarfs zu prüfen. Dabei sollen insbesondere die Richtlinien über die Inanspruchnahme von Publikationsorganen und die Nutzung des Internets sowie anderer elektronischer Kommunikationsmittel zur Öffentlichkeitsfahndung nach Personen im Rahmen von Straf- verfahren (Anlage B zu den Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren - RiStBV) in den Blick genommen werden. Die Landesregierung wird sich auf der Grundlage des Berichts des Strafrechtsausschusses an dem von der Justizministerkonferenz aufgenommenen und noch nicht abgeschlossenen bundesweiten Meinungsbildungsprozess zu den gestellten Fragen beteiligen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/1408 3 5. Wie viele Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte sind für die Pflege und Aktualisierung der Facebookseite zuständig? Für die Pflege und Aktualisierung der Facebookseite sind zwei Polizeibeamte neben ihren eigentlichen Aufgaben zuständig. 6. Welche Standards in Bezug auf die Nutzung sozialer Netzwerke für die polizeiliche Arbeit hält die Landesregierung für erforderlich und aus welchen Gründen konnte die Innenministerkonferenz bisher noch keine Einigung über konkrete, bundesweite Standards erzielen? 7. Welche weiteren Nutzungsmöglichkeiten von sozialen Netzwerken für die polizeiliche Arbeit beabsichtigt die Landesregierung in Zukunft zu realisieren? Die Fragen 6 und 7 werden zusammenhängend beantwortet. Die durch die Innenministerkonferenz beauftragte Bund-Länder-Projektgruppe „Soziale Netzwerke“ erarbeitet derzeitig noch die erforderlichen bundesweit einheitlichen Standards und Nutzungsmöglichkeiten. Der entsprechende Bericht soll im Frühjahr 2013 vorgelegt werden. Erst nach Beendigung der Projektarbeit sowie abschließender Bewertung des Berichtes werden die Standards und Nutzungsmöglichkeiten feststehen. 8. Wertet die Polizei Mecklenburg-Vorpommern die Nutzerstatistiken ihrer Facebookseite aus und wenn ja, in welcher Weise und mit welchem Ziel? Die jedem Ersteller einer Fanpage von Facebook bereitgestellten Nutzerstatistiken, die keine personenbezogenen Daten umfassen, werden mit dem Ziel ausgewertet, eine relativ valide Bewertung über Nutzung, Verbreitung und damit auch Wirksamkeit der Fanpage zu erhalten. Drucksache 6/1408 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 9. Wie bewertet die Landesregierung die Facebookseite der Landes- polizei Hessen, auf der u. a. aus Gründen des Datenschutzes auf Fahndungen unter Verzicht auf die Kommentarfunktion aufmerksam gemacht wird? a) Aus welchen Gründen veröffentlicht die Polizei Mecklenburg- Vorpommern Fahndungen bei Facebook als Beiträge mit Kommentarfunktion, während sie darauf aufmerksam macht, für Hinweise nicht die Kommentarfunktion zu nutzen? b) Welche Gründe sprechen nach Auffassung der Landesregierung für das Löschen von Kommentaren und nach welchen Richtlinien macht die Landespolizei von der Löschfunktion Gebrauch? Die Landesregierung nimmt zu den in der Zuständigkeit anderer Länder liegenden Facebook- seiten keine Stellung. Zu a) Die Kommentarfunktion ist ein grundlegender Kommunikations- und Bewertungsfaktor innerhalb sozialer Netzwerke im Internet. Erkenntnisse oder Anhaltspunkte zu vermissten Personen sollen jedoch direkt an die ermittlungsführende Dienststelle übermittelt bzw. über die Internetwache der Polizei zugeleitet werden. Zu b) Das Löschen von Kommentaren ist nicht gesondert geregelt. Die Löschung erfolgt, wenn Kommentare personenbezogene Daten enthalten, beleidigenden Charakter haben, Strafrechts- normen verletzen bzw. sachfremd sind. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 6. verwiesen.