Die Finanzministerin hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 18. Februar 2013 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/1548 6. Wahlperiode 19.02.2013 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Jeannine Rösler, Fraktion DIE LINKE Entwicklung der Steuerstrafsachen in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Soweit die Kleine Anfrage Erhebungen des Kalenderjahres 2012 betrifft, kann hierüber derzeit keine Aussage getroffen werden, da die zugrundeliegenden Statistiken des nachge- ordneten Bereiches noch nicht vorliegen. 1. Wie hat sich die Zahl der beim Finanzamt anhängigen Steuerstraf- verfahren in den Jahren 2006 bis 2012 entwickelt? a) Wie hat sich die Zahl der vom Finanzamt abgeschlossenen Steuer- strafverfahren in den Jahren 2006 bis 2012 entwickelt (bitte auch unterteilen nach Einstellung wegen Fehlens eines genügenden Anlasses zur Klageerhebung, Einstellung nach Erfüllung von Auflagen, Einstellung aus Geringfügigkeit, Einstellung wegen des Teilverzichts auf Strafverfolgung, Antrag auf Strafbefehl sowie Abgabe an die Staatsanwaltschaft)? b) Wie hat sich die Höhe der Geldauflagen nach Einstellung gemäß § 153a StPO in den Jahren 2006 bis 2012 entwickelt (bitte unter- teilen nach Gesamtsumme und Zufluss an die Staatskasse)? Drucksache 6/1548 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Zu 1 Entwicklung der beim Finanzamt anhängigen Steuerstrafverfahren 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Am 01.01. anhängige und noch nicht rechtskräftig abgeschlos- sene Strafverfahren 1.568 1.058 976 950 895 1.094 Im Jahr hinzugekommene Strafverfahren 1.164 1.128 1.051 928 1.194 901 Im Jahr vom Finanzamt abgeschlossene Verfahren 1.674 1.210 1.077 983 995 922 Am 31.12. anhängige und noch nicht rechtskräftig abgeschlos- sene Verfahren 1.058 976 950 895 1.094 1.073 Zu 1 a) Untergliederung der Erledigungen in ausgewählte Bereiche 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Einstellungen nach § 170 Abs. 2 StPO 576 341 291 300 294 265 Einstellungen nach § 153a StPO 541 463 460 377 456 375 Einstellungen wegen Geringfügigkeit (§ 398 AO, § 153 Abs. 1 Satz 1 StPO) und aufgrund sonst. Ermessens- vorschriften (insb. § 154 StPO) 236 172 118 80 54 69 Anträge auf Strafbefehl 214 146 133 137 89 108 Abgaben an die Staatsanwalt- schaft 103 82 72 85 101 103 Zu 1 b) 2006 2007 2008 2009 2010 2011 in Euro Summe der Geldauflagen nach § 153a StPO 575.437 470.939 928.464 885.726 556.673 551.034 davon an die Stadtkasse 566.362 450.189 897.064 804.156 554.423 529.884 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/1548 3 2. Wie hat sich die Zahl der bei Gerichten und Staatsanwaltschaften anhängigen Steuerstrafverfahren in den Jahren 2006 bis 2012 entwickelt? a) Wie hat sich die Zahl der abgeschlossenen Steuerstrafverfahren in den Jahren 2006 bis 2012 entwickelt (in der Antwort bitte auch unterteilen nach Einstellungsgrund, Strafbefehl, Urteil mit Straf- und Bußgeldfestsetzung sowie Freispruch)? b) Wie hat sich die Höhe der Geldauflagen in den Jahren 2006 bis 2012 entwickelt (bitte unterteilen nach Gesamtsumme und Zufluss an die Staatskasse)? Zu 2 Entwicklung der bei Gerichten und Staatsanwaltschaften anhängigen Steuerstrafverfahren. Die Zahlen sind der bei dem Finanzministerium geführten besonderen Statistik zu den anhängigen und erledigten Steuerstrafsachen entnommen. 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Am 01.01. anhängige und noch nicht rechtskräftig abgeschlos- sene Strafverfahren 480 369 293 297 293 275 Im Jahr rechtskräftig abgeschlossene Verfahren 428 306 201 226 208 159 Am 31.12. anhängige und noch nicht rechtskräftig abgeschlos- sene Verfahren 369 293 297 293 275 327 Zu 2 a) Untergliederung der rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren in ausgewählte Bereiche 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Einstellungen (ohne Einstellungen nach § 153a StPO) 153 68 39 48 54 39 Einstellungen nach § 153a StPO 55 44 29 23 30 26 Strafbefehle 173 148 98 124 100 73 Urteile mit Straf- bzw. Bußgeldfestsetzung 45 44 31 29 24 21 Freispruch 2 2 4 2 0 0 Drucksache 6/1548 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Zu 2 b) 2006 2007 2008 2009 2010 2011 in Euro Summe der Geldauflagen nach § 153a StPO 141.640 1.780.350 143.375 84.850 343.813 161.750 davon an die Staatskasse 118.570 1.763.050 96.300 31.850 247.200 120.000 3. Wie hat sich die Zahl der beim Finanzamt anhängigen Bußgeld- verfahren in den Jahren 2006 bis 2012 entwickelt? a) Wie hat sich die Zahl der rechtskräftig erledigten Bußgeld- verfahren in den Jahren 2006 bis 2012 entwickelt? b) Wie hat sich die Summe der Geldbußen in den Jahren 2006 bis 2012 entwickelt? Zu 3 und 3 a) Entwicklung der beim Finanzamt anhängigen Bußgeldverfahren 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Am 01.01. eingeleitete und noch nicht rechtskräftig oder in sonstiger Weise erledigte oder an die Staatsanwaltschaft abgegebene Bußgeldverfahren 49 42 30 33 27 36 Im Jahr hinzugekommene Bußgeldverfahren 120 76 84 109 49 57 Im Jahr abgeschlossene Bußgeldverfahren 127 88 81 115 40 78 Am 31.12. noch nicht rechtskräftig abgeschlossene Bußgeldverfahren 42 30 33 27 36 15 Zu 3 b) 2006 2007 2008 2009 2010 2011 in Euro Höhe der im Jahr rechtskräftig gerichtlich verhängten Geldbußen 93.765 94.295 44.650 82.385 31.555 62.210 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/1548 5 4. Wie hat sich die Zahl der Urteile und Strafbefehle wegen Steuerhinter- ziehung und Betruges in den Jahren 2006 und 2012 entwickelt? a) In welcher Höhe wurden in den Jahren 2006 bis 2012 Steuern hinterzogen? b) Wie hat sich im gleichen Zeitraum die Höhe der Geldauflagen und Geldstrafen entwickelt? Zu 4 Im Jahr ergangene Urteile und Strafbefehle: 2006 2007 2008 2009 2010 2011 - wegen Steuerhinterziehung § 370 AO 220 190 130 153 123 94 - wegen Subventionsbetrug nach § 264 StGB und Betrug nach § 263 StGB 6 4 3 2 1 0 Zu 4 a) 2006 2007 2008 2009 2010 2011 in Euro Höhe der hinterzogenen Steuer im Zusammen- hang mit den im Jahr rechtskräftig ergangenen Urteilen und Strafbefehlen wegen Steuerhinterziehung § 370 AO 7.472.195 11.969.030 6.189.356 5.529.288 4.476.356 3.723.945 Drucksache 6/1548 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 Zu 4 b) 2006 2007 2008 2009 2010 2011 in Euro Höhe der Geldauflagen nach § 56b Abs. 2 StGB im Zusammenhang mit den im Jahr rechts- kräftig ergangenen Urteilen und Strafbefehlen wegen Steuerhinterziehung § 370 AO 34.500 0 0 0 0 0 Höhe der Geldstrafen im Zusammenhang mit den im Jahr rechts- kräftig ergangenen Urteilen und Strafbefehlen wegen Steuerhinterziehung § 370 AO 476.692 618.338 498.695 483.441 404.645 385.645 Höhe der Geldauflagen nach § 56b Abs. 2 StGB im Zusammenhang mit den im Jahr rechts- kräftig ergangenen Urteilen und Strafbefehlen wegen Subventionsbetrug nach § 264 StGB und Betrug nach § 263 StGB 0 0 0 0 0 0 Höhe der Geldstrafen im Zusammenhang mit den im Jahr rechts- kräftig ergangenen Urteilen und Strafbefehlen wegen Subventionsbetrug nach § 264 StGB und Betrug nach § 263 StGB 19.300 19.631 13.250 0 15.300 0 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/1548 7 5. Welche Position vertritt die Landesregierung zu Forderungen nach dem Aufbau einer bundesweiten Steuerfahndung (Antwort bitte begründen)? Nach der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes und den Regelungen im Finanzverwal- tungsgesetz fällt die Ausübung der staatlichen Befugnisse im Bereich der Strafverfolgung von Steuerstraftaten in den Zuständigkeitsbereich der Länder. Die aktive Zusammenarbeit der Länder im Bereich der Steuerfahndung hat sich aus Sicht der Landesregierung bewährt. Eine effizientere Verfolgung von Steuerstraftaten wird durch die Einführung einer bundesweiten Steuerfahndung nicht erwartet. 6. Sind nach Auffassung der Landesregierung Schwerpunktstaats- anwaltschaften in Fragen des Steuerbetrugs sinnvoll und beabsichtigt die Landesregierung die Einrichtung einer solchen Schwerpunktstaats- anwaltschaft (Antwort bitte begründen)? Bei der örtlichen Zuständigkeit der Gerichte und Staatsanwaltschaften ist zwischen dem steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren und dem Hauptverfahren zu unterscheiden. Das Justizministerium hat von der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern die Ermächtigung erhalten, durch Verordnung eine von der Abgabenordnung abweichende Zuständigkeitsregelung für das gerichtliche Hauptverfahren zu treffen. Durch die Konzentra- tionsverordnung vom 28. März 1994 (GVOBl. M-V 1994, 514) hat das Justizministerium die Wirtschaftsstrafsachen und damit auch die Steuerstraftaten bei den Landgerichten Rostock und Schwerin und bei den Amtsgerichten Rostock, Schwerin, Stralsund und Neubrandenburg konzentriert. 7. Bestehen nach Auffassung der Landesregierung hinreichend einheit- liche Standards in den Steuerverwaltungen der Länder bei der Steuer- erhebung und -prüfung und inwiefern erkennt die Landesregierung hier ggf. Handlungsbedarf (Antwort bitte begründen)? In den Steuerverwaltungen der Länder bestehen bei der Steuererhebung und -prüfung weitgehend einheitliche Standards. Zunächst haben alle Bundesländer durch die bundesweit geltenden Steuergesetze eine einheitliche Rechtsgrundlage für die Durchführung der Steuererhebung und die Außenprüfung. Diese werden durch - die Finanzverwaltung bindende - Richtlinien und Anwendungserlasse ergänzt. Bei auftretenden Zweifelsfragen oder konträren Entscheidungen der Finanzgerichtsbarkeit werden vom Bundesministerium der Finanzen entsprechende Erlasse gefertigt, die von den einzelnen Ländern übernommen und beim Vollzug der Steuergesetze angewendet werden. Drucksache 6/1548 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 8 In personeller Hinsicht ist eine weitgehend gleichmäßige Ausstattung über die einheitlichen Berechnungsgrundlagen der Personalbedarfsberechnung sichergestellt. Im Rahmen der technischen Ausstattung sind Bund und Länder bestrebt, zum Beispiel im Rahmen von KONSENS, bundesweit einheitliche Anwendungen für die Steuererhebung zu erstellen und einzusetzen. Die Landesregierung sieht insoweit keinen gesonderten Handlungsbedarf. 8. Sind nach Auffassung der Landesregierung die Verjährungsfristen für Steuerbetrug ausreichend und inwiefern erkennt die Landesregierung hier ggf. Handlungsbedarf (Antwort bitte begründen)? Es wird davon ausgegangen, dass mit dem Begriff „Steuerbetrug“ der Tatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 Abgabenordnung (AO) gemeint ist. Die strafrechtliche Verfolgungsverjährung für Steuerhinterziehungsdelikte beträgt ohne Berücksichtigung verjährungsunterbrechender Maßnahmen regelmäßig 5 Jahre. In besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung beträgt die Verjährungsfrist sogar 10 Jahre. Der Nachweis der den Strafbestand ausfüllenden Umstände wird naturgemäß umso schwieriger, je länger der zu beurteilende Zeitraum zurück reicht. Darüber hinaus sinkt regelmäßig die Verurteilungswahrscheinlichkeit bei sehr langem Zeitabstand zwischen Tatzeitpunkt und Urteilsfindung. Die derzeit bestehenden strafrechtlichen Verjährungsfristen zur Verfolgung von Steuerstraftaten werden daher als ausreichend erachtet. Auch im Bereich der Steuerfestsetzung sieht die Landesregierung angesichts der 10-jährigen Festsetzungsverjährung bei Vorliegen einer Steuerhinterziehung auch mit Blick auf die bestehenden Regelungen zur Anlauf- und Ablaufhemmung keinen Handlungsbedarf.