Der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 12. März 2013 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/1591 6. Wahlperiode 13.03.2013 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Ulrike Berger, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Schulaufnahmeverfahren und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Die Entscheidung über einen Antrag gemäß § 43 Absatz 1 Satz 2 Schulgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Schulgesetz) ist ein Verwaltungsakt. Verwaltungsakte können nur von Behörden, hier der örtlich zuständigen staatlichen Schule im Sinne des Verwaltungsverfahrens -, Zustellungs- und Vollstreckungsgesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern (VwVfG M-V), erlassen werden. Die Möglichkeit einer gegenüber dem Beginn der Schulpflicht vorzeitigen Einschulung ist in § 43 Absatz 1 Satz 2 des Schulgesetzes Mecklenburg-Vorpommern (SchulG M-V) vorgesehen. In der Vergangenheit wurde zur Umsetzung dieser vorzeitigen Einschulung für staatliche Schulen und staatlich anerkannte Ersatzschulen dasselbe Verfahren angewandt. Seit 2012 wird für Kinder, die eine staatlich anerkannte Ersatzschule besuchen wollen, zusätzlich ein Test an einer staatlichen Schule des Primarbereichs verlangt. 1. Welche Durchführungsbestimmungen regeln das Schulaufnahme- verfahren in den Fällen des § 43 Absatz 1 Satz 2 SchulG M-V? a) Welche Unterschiede zwischen staatlichen Schulen und staatlich anerkannten Ersatzschulen werden in diesen Bestimmungen explizit beschrieben? b) Seit wann bestehen die in Frage 1 a) genannten Unterschiede? Drucksache 6/1591 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Keine. Das Verfahren ist durch die Gesetze und Verordnungen hinreichend bestimmt. Zu 1 a) Entfällt. Zu 1 b) Entfällt. 2. Wie werden die in § 43 Absatz 1 Satz 2 SchulG M-V aufgeführten Kriterien für eine vorzeitige Einschulung näher bestimmt? a) Aus welchen gesetzlichen Bestimmungen und sachlogischen Erwägungen lässt sich ableiten, wie die für eine Einschulung hinreichende körperliche, geistige und verhaltensmäßige Entwicklung von Kindern nachgewiesen oder widerlegt werden soll? b) Wie begründet sich die Praxis, nach der im Falle einer vorzeitigen Einschulung nach § 43 Absatz 1 Satz 2 SchulG M-V der Nachweis der körperlichen, geistigen und verhaltensmäßigen Entwicklung durch die Erziehungsberechtigten zu erbringen ist und im Übrigen davon ausgegangen wird, dass diese Voraussetzungen nicht vorliegen? c) Ist nach Auffassung der Landesregierung eine Umkehr der in Frage 2 b) beschriebenen Praxis denkbar und falls nicht, warum nicht? Eine nähere Bestimmung der aufgeführten Kriterien gibt es nicht. Zu 2 a) Die hinreichende körperliche, geistige und verhaltensmäßige Entwicklung („Schulfähigkeit“) wird für alle Kinder, auf die die Bedingungen des § 43 Absatz 1 Satz 1 oder 2 zutreffen, im Rahmen der schulärztlichen Einschulungsuntersuchung (§ 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 4 Absatz 2 Verordnung über kinder- und jugendärztliche sowie zahnärztliche Untersuchungen) und im Rahmen eines pädagogischen Schulaufnahmeverfahrens (in der Regel mit dem standardisierten „Göppinger sprachfreien Schuleingangstest“) aufgrund des § 24 VwVfG M-V an der Grundschule durch die Schulleiterin oder den Schulleiter festgestellt (§ 1 Absatz 2 Satz 2 Schulpflichtverordnung). Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/1591 3 Zu 2 b) Die der Frage zugrunde liegende Annahme ist falsch. Der Nachweis der hinreichenden körperlichen, geistigen und verhaltensmäßigen Entwicklung eines Kindes wird gemäß § 1 Absatz 2 Satz 1 Schulpflichtverordnung erbracht. Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 2 a). Zu 2 c) Entfällt. 3. Müssen die Grundschulen zusätzlich zum amtsärztlichen Schuleignungstest mit allen zur Einschulung angemeldeten Kindern einen weiteren Schuleingangstest an der Schule durchführen? Wenn ja, a) worauf begründet sich diese Abweichung von der bisherigen Regelung, nach der die Kinder nur amtsärztlich auf Schuleignung getestet wurden, rechtlich und fachlich? b) soll das doppelte Testverfahren für die Zukunft bestehen bleiben und warum erscheint das der Landesregierung als sinnvoll? c) weswegen sind amtsärztliche Urteile nicht ausreichend oder Amtsärztinnen und Amtsärzte fachlich nicht befähigt, um festzustellen, ob die Voraussetzungen einer vorzeitigen Einschulung nach § 43 Absatz 1 Satz 2 SchulG M-V vorliegen? Ja. Siehe auch Antwort zu Frage 2 a). Zu 3 a) Auf Grundlage unter anderem der Ziffer 2.2. der Verwaltungsvorschrift „Die Arbeit in der Grundschule“ vom 10. August 2009 sind die Lehrkräfte verpflichtet, „die Erziehungsberechtigten rechtzeitig vor Schulaufnahme ihrer Kinder über die Ziele, Aufgaben und Organisation der Grundschule zu informieren. Dazu zählen, soweit für das einzelne Kind relevant, auch die Fördermöglichkeiten, unter anderem in Diagnoseförderklassen einschließlich der Aufgaben sonderpädagogischer Förderzentren und Förderschulen.“ Das pädagogische Schulaufnahmeverfahren ist hierzu die zwingende Voraussetzung, soweit der Schule nicht ein gegebenenfalls bestehendes Portfolio (§ 1 Absatz 5 Satz 1 Gesetz zur Förderung von Kindern in Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege) zugänglich gemacht wurde. Im Gegensatz dazu übernehmen die Schulärzte die Überprüfung medizinischer beziehungsweise organischer Lernvoraussetzungen eines Kindes (Sehen, Hören, körperliche und motorische Entwicklung). Sie haben außerdem die Möglichkeit, auf Beratungsangebote, Fördermöglichkeiten oder weiterführende Untersuchungen hinzuweisen. Eine pädagogische Überprüfung sowie eine pädagogische Einordnung oder Beschulungsempfehlung durch die Schulärzte ist nicht rechtsverbindlich im Sinne des § 24 VwVfG M-V. Diese Zuständigkeit liegt bei den Pädagoginnen und Pädagogen der zuständigen staatlichen Grundschule als Behörde im Sinne des VwVfG M-V. Drucksache 6/1591 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Die Grundschulen des Landes nutzen im Rahmen des pädagogischen Schulaufnahmeverfahrens entsprechende Überprüfungsverfahren und berücksichtigen bei der Beschulungsempfehlung die schulärztlichen Untersuchungsergebnisse. Zu 3 b) Der Landesregierung wird vor dem Hintergrund der Empfehlungen der Expertenkommission „Inklusive Bildung in Mecklenburg-Vorpommern bis zum Jahr 2020“ auch das Schulaufnahmeverfahren überprüfen. Zu 3 c) Siehe Antwort zu Frage 3 a). 4. Wie wird das abweichende Verfahren zur vorzeitigen Einschulung nach § 43 Absatz 1 Satz 2 SchulG M-V für staatlich anerkannte Ersatzschulen rechtlich und sachlich begründet? Wie wird der Umstand gerechtfertigt, dass das abweichende Verfahren einen Widerspruch zu der Regel des § 122 Absatz 2 Satz 1 SchulG M-V begründet, wonach staatlich anerkannte Ersatzschulen verpflichtet sind, die Aufnahmeverfahren entsprechender Schulen in öffentlicher Trägerschaft anzuwenden? Der Landesgesetzgeber hat in § 122 Absatz 2 Schulgesetz keine Anwendung des § 43 Schulgesetz eröffnet oder auf § 43 Schulgesetz verwiesen. Im Übrigen ist die Annahme, die der zweiten Frage zu Grunde liegt, falsch. Der Landesgesetzgeber hat keine Vorgaben zu den jeweils eigenen pädagogischen und weiteren Schulaufnahmeverfahren der privaten Schulen gemacht. Der Wortlaut des § 122 Absatz 2 Satz 1 lautet: „Anerkannte Ersatzschulen sind verpflichtet, die für entsprechende Schulen in öffentlicher Trägerschaft geltenden Aufnahmeund Versetzungsbestimmungen anzuwenden.“ 5. Wie möchte die Landesregierung künftig sicherstellen, dass Erziehungsberechtigte nicht von einer vorzeitigen Einschulung ihrer Kinder nach § 43 Absatz 1 Satz 2 SchulG M-V aufgrund des aufwendigeren Verfahrens absehen, obwohl dieser Verzicht pädagogisch nachteilig wäre? Naturgemäß kann die Landesregierung keine Kenntnis über nicht gestellte Anträge haben. Darüber hinaus sind der Landesregierung zu diesem Sachverhalt bislang keine Beschwerden, Eingaben oder Petitionen bekannt. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/1591 5 6. Welche fachliche Qualifikationen staatlicher Lehrkräfte, die über die Qualifikationen von Lehrkräften an freien Schulen in der Weise hinausgehen, begründen eine besondere Eignung, um Voraussetzungen einer vorzeitigen Einschulung nach § 43 Absatz 1 Satz 2 SchulG M-V beurteilen zu können? Auf die Vorbemerkung der Landesregierung wird verwiesen.