Der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 16. April 2013 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/1679 6. Wahlperiode 16.04.2013 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Dr. Ursula Karlowski, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ausbringung von Ratron-Giftlinsen im Naturschutzgebiet „Trebeltal“, FFH-Gebiet DE 10941-301 „Recknitz- und Trebeltal mit Zuflüssen“, SPA DE 1941-401 „Recknitz- und Trebeltal mit Seitentälern und Feldmark“ und ANTWORT der Landesregierung Innerhalb der oben genannten Schutzgebiete, gelegen in der Gemarkung Bäbelitz, ist durch den zuständigen Revierförster eine Mäuse- Bekämpfung mit Hilfe von 5 kg Ratron-Giftlinsen auf einem Hektar beantragt. 1. Wo genau liegt der Hektar, für den die Ausbringung dieser Ratron- Giftlinsen beantragt wurde? Die Fläche liegt im Forstamt Dargun, Revier Fürstenhof. Es handelt sich um eine zirka 3,5 Hektar große Waldfläche mit Buchennaturverjüngung angrenzend an eine Ackerfläche. Der zuständige Revierförster hat eine Anfrage zwecks des Einsatzes von Ratron-Giftlinsen bei der zuständigen unteren Naturschutzbehörde (uNB) für die oben genannte Fläche gestellt. Dabei sollte auf 1 Hektar in den begrasten Partien das Rodentizid Ratron-Giftlinsen eingesetzt werden. Es wurde im Herbst 2012 ein erheblicher Feldmausbesatz durch Einwanderung der Mäuse von der angrenzenden Ackerfläche festgestellt. Der Feldmausbesatz lag deutlich über den angegebenen Schwellenwerten, sodass der Einsatz von Ratron-Giftlinsen zur Sicherung der vorhandenen Buchennaturverjüngung als zielführend angesehen wurde. Die Anfrage wurde von der uNB aus Gründen des Schreiadlerschutzes abgelehnt. Eine Ausbringung des oben genannten Rodentizids fand nicht statt. Drucksache 6/1679 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 2. Wie soll eine Verschleppung des Giftes in andere Gebiete vermieden werden? Durch eine verdeckte Ausbringung (unterirdisch in die Löcher beziehungsweise mit Hilfe von Köderstationen) sollte die Verschleppung der Rodentizide vermieden werden. 3. Liegt aktuell für den Giftstoff Ratron (mit dem Wirkstoff Chlorpha- cinon) eine Zulassung vonseiten des Bundesamtes für Verbraucher- schutz und Lebensmittelsicherheit vor? Für Ratron-Giftlinsen liegt eine Zulassung von dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) vor. Es handelt sich um einen Granulatköder mit dem Wirkstoff Zinkphosphid. Der Wirkstoff Chlorphacinon ist in den Ratron-Giftlinsen nicht enthalten. Nach dem Pflanzenschutzverzeichnis Teil 4 - Forst, welches die Pflanzenschutzmittel enthält, die vom BVL für das Einsatzgebiet Forst zugelassen sind, gibt es aktuell nur Mittel gegen Nagetiere (Rodentizide) mit den Wirkstoffen Aluminiumphosphit und Zinkphosphit. 4. Welche Alternativen stehen der Forstwirtschaft zur Verfügung um die erwünschte Buchen-Naturverjüngung erfolgreich aufwachsen zu lassen? Neben der Verwendung anderer zugelassener Rodentizide besteht die eingeschränkte Möglichkeit des biologischen Pflanzenschutzes. Ein klassisches Beispiel hierfür ist die Anbringung von Sitzstangen für Greifvögel zur Dezimierung von Nagetieren. Allerdings folgt die Entwicklung der Räuberpopulation (Greifvögel) einer Massenpopulation der Beute (Nagetiere). Aufgrund der zeitlichen Verzögerung handelt es sich um einen „Abschöpfungseffekt“ und nicht um eine „Bekämpfungsmöglichkeit“. Als weitere Alternative besteht die Anwendung von zugelassenen Herbiziden zur Grasbe- kämpfung. Dadurch werden die Mäusebiotope vernichtet und die erwünschte Verjüngung kann erfolgreich auswachsen. Zu den waldbaulichen Maßnahmen wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/1679 3 5. Welche Grundlagendaten in Bezug auf die nicht erwünschte Kleinsäuger-Population liegen vor (Arten, Populationsgröße etc.)? Vor jedem Rodentizideinsatz hat der Gesetzgeber eine geeignete Prognose der Gefährdung vorgeschrieben, da Wirbeltiere nicht ohne vernünftigen Grund getötet werden dürfen. Solange noch keine Schäden an den Kulturpflanzen auftreten, ist die Besiedlung durch Erdmäuse an oberirdisch, zum Beispiel in Grasbulten angelegten Nestern, Laufgängen im Gras und Latrinenplätzen, erkennbar. Feldmausbesatz ist an Laufgängen und gegrabenen Bauten mit vielen offenen Ausgängen erkennbar, Rötelmausbesatz dagegen ist sehr unauffällig. Alle drei Arten lassen sich mit der Steckholzmethode (Apfelreiser) oder mit Prognosefängen nachweisen. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln erfolgt in Abhängigkeit der nachgewiesenen Mäusedichte bei Überschreitung kritischer Schwellenwerte unter Berücksichtigung weiterer Indikatoren, wie beispielsweise bereits vorhandene Fraßschäden oder Vergrasung. Über das Waldschutzmeldewesen des Landes Mecklenburg-Vorpommern wird das jährliche Fraßgeschehen (Schäden) der Mäuse erfasst. Zudem wird die Populationsdynamik der Mäuse auf der Grundlage von über das ganze Land verteilten Probefängen abgeschätzt. 6. Welche forstwirtschaftlichen Maßnahmen wären geeignet gewesen, um die Entwicklung der Populationssteigerung der Kleinsäuger zu mindern? Mäusepopulationen unterliegen natürlicherweise Massenvermehrungszyklen, die durch äußere Bedingungen, wie Biotopkapazität, Vitalität der Population und Witterung, maßgeblich beeinflusst werden. Forstwirtschaftliche Maßnahmen können nur einen Teil dieser Bedingungen gestalten. Werden Naturverjüngungen beispielsweise in der Buche eingeleitet, so versucht der örtliche Wirtschafter den Grad des Kronenschlusses (= bedingt durch die Anzahl der Altbäume auf der Fläche) und somit die überschirmte (= beschattete) Fläche so zu gestalten, dass zum einen die Grasvegetation nicht zu sehr begünstigt wird und zum anderen die Bucheckern genügend Licht zum Keimen und Aufwachsen haben. Über einen langen Zeitraum müssen daher die Naturverjüngungsbestände immer wieder nachgelichtet werden (= durch schrittweise Entnahme der Altbuchen). Dennoch kann damit Graswuchs und somit die Bildung von Mäusebiotopen nicht grund- sätzlich vermieden werden. Fällt beispielsweise in einer vergrasten Naturverjüngung in den ersten Jahren der Höhepunkt einer Mäusemassenvermehrung mit langanhaltenden Schnee- lagen im Winter zusammen, so kann das zum Verlust der gesamten Naturverjüngung führen. Dessen folgend ist eine zunehmende Vergrasung zu erwarten. Dies wiederum führt zu zusätzlichen Aufwendungen, um gegebenenfalls die Naturverjüngung zu wiederholen. In der Regel müssen dann Herbizide eingesetzt werden oder die Fläche wird künstlich aufgeforstet. Um diesem Szenario entgegenzuwirken und die Naturverjüngung zu schützen, wird die Mäusepopulation überwacht. Im begründeten Einzelfall werden zugelassene Rodentizide (vergleiche auch Antwort zu Frage 5) nach guter fachlicher Praxis im Rahmen des integrierten Forstpflanzenschutzes eingesetzt.