Der Minister für Wirtschaft, Bau und Tourismus hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 19. April 2013 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/1701 6. Wahlperiode 22.04.2013 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Dr. Ursula Karlowski, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Geplanter Kauf der Deponie in Rostock Groß Klein durch die Hansestadt Rostock und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Es ist zu unterscheiden zwischen Deponien, die sich in der Betriebs- und Nachsorgephase befinden und dem Abfallrecht unterliegen und den Altablagerungen, die aus der Nachsorge- phase entlassen wurden und allein dem Bodenschutzrecht unterfallen. Im vorliegenden Fall in Rostock Groß Klein handelt es sich nicht um eine Deponie, sondern um eine Altablagerung. Die Stadt Rostock beabsichtigt den Kauf einer Deponie im Stadtteil Groß Klein. 1. Welche Informationen über die eingelagerten Stoffe in der Deponie Groß Klein und welche Messwerte liegen von der Deponie vor? Bei der Altablagerung in Rostock Groß Klein handelt es sich um die ehemalige Betriebs- deponie der Warnowwerft Rostock. Am Standort erfolgte von Beginn des Werftbetriebes Anfang der 1950er bis etwa 1990 die ungeordnete Ablagerung von Betriebsabfällen auf einer Fläche von zirka 7 ha. Die damalige Flächeneigentümerin gab mit Datum 27.03.1995 gegenüber dem damaligen Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Umwelt die auf der Betriebsdeponie abgelagerten Stoffe wie folgt an: Drucksache 6/1701 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Industrieabfälle 45 %, Bauschutt 7 %, Holzspäne 5,2 %, Braunkohleschlamm 4,0 %, Karbidschlamm 3,8 %, Altpapier 3,4 %, Holz 2,8 %, Fußbodenabfälle 2,4 %, Gummiabfälle 2,4 %, Chemieabfälle 2,4 %, Autokarossen 2,3 %, Polypholabfälle 2,2 %, natürliche Faserstoffe 2,2 %; Betonschutt 1,8 % und Sonstiges 1,8 %. Die Industrieabfälle beinhalten das gesamte Spektrum „gefährlicher Abfälle“ aus dem Werftbetrieb, unter anderem Fette, Öle, Kraftstoffe, Säuren, Galvanikschlämme, Lacke, Lösungsmittel. Eingrenzende Bodenuntersuchungen ab 1990 bestätigten analytisch die oben genannten Abfallinhaltsstoffe im Wesentlichen. Oberflächennahe Grundwasserunter- suchungen dieser Zeit im Umfeld belegen deponiebürtige Emissionen über den Wasserpfad. Südöstlich der Altablagerung wurden Karbidschlämme aus der Acetylenherstellung (Schweißgas), untergeordnet auch Galvanikschlämme und Dünnsäuren aus der Verzinkerei auf zirka 5 ha aufgespült/umgelagert. Angrenzend hieran befand sich ein Sickerbeet für Sanitärabwässer, zirka 3 ha groß. Auf der Grundlage einer Ordnungsverfügung des damaligen Staatlichen Amtes für Umwelt und Natur Rostock an die damalige Flächeneigentümerin vom 19.07.1995 wurden beginnend ab 1995 der Deponiekörper (zirka 130.000 m³) auf zirka 3 ha arrondiert und zirka 90.000 m³ Karbidschlamm-/Bodengemisch aus den angrenzenden Flächen zum Zwecke der Sicherung des Standortes eingebaut. Durch weitergehende Sicherungsmaßnahmen an Plateau- und Böschung einschließlich Trag- und Rekultivierungsschicht wurden ab 2005 zirka 100.000 m³ kulturfähiger Fremdboden/aquatisches Baggergut sowie zirka 6.000 m³ RC-Material auf Grundlage des Bodenschutzrechts eingebaut. Es wurden Grundwassermessstellen zur Überwachung der Altablagerung eingerichtet. 2. Wie viele Deponien sind in den Jahren 2001 bis 2010 verkauft worden? 3. Wo befinden sich diese? Die Fragen 2 und 3 werden zusammenhängend beantwortet. Für den Zeitraum 2001 bis 2010 konnten durch die Landesregierung im Hinblick auf die zum Veräußerungszeitpunkt nach dem Abfallrecht unterliegenden Deponien folgende Veräuße- rungen und Deponiebetreiberwechsel ermittelt werden: Im Jahr 1997 wurde das Volumen der Deponie Burg Stargard Nord (Lindenhof) verkauft. In 2001 fand auf der Deponie Klein Wokern ein Betreiberwechsel statt. Ferner wurde im Jahre 2007 das Flurstück veräußert, auf dem sich die Deponie Duckow befindet. Im Jahre 2008 wurde das Flurstück verkauft, auf dem die Deponie Werder/Wodarg belegen ist. Im gleichen Jahr erfolgte ein Eigentümerwechsel der Deponie Priemen. 2009 wechselte der Eigentümer der Deponie Milchhorst. Das Flurstück, auf dem sich die Deponie Beseritz befindet, wurde im Jahr 2012 veräußert. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/1701 3 Deponieveräußerungen sind grundsätzlich dann gegenüber den zuständigen Abfallbehörden anzeigepflichtig, soweit ein Wechsel des Deponiebetreibers damit einhergeht. Nicht jede Veräußerung des Grundstücks, auf dem sich eine Deponie befindet, hat einen Wechsel des Deponiebetreibers zur Folge. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass für den benannten Zeitraum weitere Veräußerungen von Deponien oder Betreiberwechsel stattgefunden haben. Die Veräußerung von Altablagerungen unterliegt keiner Mitteilungs- oder Anzeigepflicht nach Bodenschutzrecht. Der Landesregierung liegen daher keine Zahlen zur Veräußerung von Altablagerungen in Mecklenburg-Vorpommern in den Jahren 2001 bis 2010 vor. 4. Wie wird eine ausreichende Überwachung und gegebenenfalls Sanie- rung solcher Standorte gewährleistet? Für Deponien, die dem Abfallrecht unterliegen: Diese Deponien unterstehen nach § 2 Nummer 1 der Abfall-Zuständigkeitsverordnung M-V der abfallrechtlichen Überwachung der Staatlichen Ämter für Landwirtschaft und Umwelt. Die Anforderungen an Deponien in der Betriebs- und Nachsorgephase sind in der Deponie- verordnung bestimmt. Deponiebetreiber sind hiernach verpflichtet, insbesondere Grund- wasser-Messstellen sowie Messeinrichtungen zur Überwachung bestimmter Emissionen vorzuhalten und für laufende Kontrollen bis zum Ende der Nachsorgephase zu nutzen. Die Deponieverordnung sieht vor, dass die Kontrollen und Messungen durch die Deponiebetreiber oder einen von ihnen beauftragten sach- und fachkundigen Dritten durchzuführen sind. Die Häufigkeit der Messungen und Kontrollen bestimmt sich ebenfalls nach den Vorgaben der Deponieverordnung. Eine Auswertung der Messungen und Kontrollen sowie eine Darstellung der Ergebnisse nehmen die Deponiebetreiber in Jahresberichten vor, die den Staatlichen Ämtern für Landwirtschaft und Umwelt jährlich zur Prüfung vorgelegt werden. Unabhängig davon erfolgen durch die Staatlichen Ämter für Landwirtschaft und Umwelt im Rahmen der Anlagenüberwachung auch regelmäßige Vorortbesichtigungen und Überprüfungen. Für Altablagerungen, die dem Bodenschutzrecht unterliegen: Die Bodenschutzbehörden haben gemäß § 12 Absatz 1 Landesbodenschutzgesetz (LBodSchG M-V) darüber zu wachen, dass die Bestimmungen des Bundes-Bodenschutz- gesetzes (BBodSchG), des LBodSchG M-V sowie der aufgrund dieser vorgenannten Gesetze ergangenen Rechtsverordnungen eingehalten und auferlegte Verpflichtungen erfüllt werden. Nach § 14 Absatz 4 LBodSchG M-V sind die Staatlichen Ämter für Landwirtschaft und Umwelt zuständig für die Anordnung der Untersuchung von altlastverdächtigen Flächen und Altlasten und die Anordnung der notwendigen Maßnahmen zur Sanierung von und der notwendigen Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen für Altlasten. Die Landräte und Oberbürgermeister der kreisfreien Städte sind unter anderem für die Gefährdungsabschätzung sowie Überwachung von Altlasten (behördliche Überwachung und Anordnung von Eigenkontrollmaßnahmen nach § 15 BBodSchG) zuständig. Drucksache 6/1701 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Sofern die Hansestadt Rostock die ehemalige Betriebsdeponie Warnowwerft erwerben und dadurch selbst Verpflichtete im Sinne des BBodSchG werden sollte, kann das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz auf Grundlage von § 13 Absatz 5 LBodSchG M-V die sachlich und örtlich zuständige Bodenschutzbehörde für diesen Einzelfall bestimmen. 5. Ist das Messstellennetz vollständig ausgebaut oder noch zu ergänzen? Am Standort der ehemaligen Betriebsdeponie der Warnowwerft sind derzeit zwei Grund- wassermessstellen vorhanden. Diese Messstellen sollen durch zwei weitere Grundwasser- messstellen im Abstrom zur Unterwarnow hin ergänzt werden. Entsprechende Abstimmungen zwischen dem derzeitigen Flächeneigentümer und der Hansestadt Rostock laufen. 6. Welche Stoffe dürfen auf der Deponie Groß Klein eingelagert werden? Die Altablagerung in Rostock Groß Klein wurde bereits vor dem 01.07.1990 stillgelegt und darf nicht mit Abfällen beschickt werden. Die Altablagerung ist nach den Vorgaben des Bundes-Bodenschutzgesetzes (BBodSchG) und der Bundes-Bodenschutzverordnung durch den Pflichtigen nach § 4 BBodSchG ordnungsgemäß zu sanieren und zu sichern. Aktuell sind dazu Restprofilierungsmaßnahmen auf dem Plateau (Trockenrisse in der Rekultivierungs- schicht) und abschließende Sicherungsmaßnahmen an der Ostböschung erforderlich. Das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Mittleres Mecklenburg hat in einem Abstimmungsgespräch zum laufenden B-Planverfahren „Maritimes GG Groß Klein“, (2. Änderung) am 26.01.2012 gefordert, dass das einzusetzende Bodenmaterial nachweislich unbelastet und bautechnisch geeignet sein muss.