Die Justizministerin hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 23. April 2013 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/1709 6. Wahlperiode 24.04.2013 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Jeannine Rösler, Fraktion DIE LINKE Beauftragungen von Rechtsanwaltskanzleien durch die Landesregierung und ANTWORT der Landesregierung Die Antwort der Landesregierung auf meine Kleine Anfrage „Beauftragungen von Rechtsanwaltskanzleien durch die Landesregierung“ (Drucksache 6/1594) gibt Anlass zu weiteren Fragen insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung haushalts- und vergaberechtlicher Vorschriften. 1. Aus welchen Gründen hat die Landesregierung in keinem einzigen Fall ein förmliches Vergabeverfahren ggf. auch in Form Beschränkter Ausschreibungen oder Freihändiger Vergaben durchgeführt und unter welchen Voraussetzungen ist nach Auffassung der Landesregierung ein förmliches Verfahren vor der Vergabe von Gutachter- und Beraterverträgen erforderlich? a) Inwiefern wendet die Landesregierung vor der Vergabe von Gut- achter- und Beraterverträgen und unabhängig vom Erreichen der kartellvergaberechtlichen Schwellenwerte die Grundsätze des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, der Vergabeverordnung , der Verdingungsordnung für Leistungen, Teil A sowie der Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen an? b) Inwiefern sind durch die Ministerien bei ihren „Vergabeentscheidungen “ über rechtliche Stellungnahmen, Gutachten, Expertisen etc. insbesondere Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen vorzunehmen und Vergleichsangebote einzuholen? c) Welche Prüfergebnisse sind von den Ministerien vor der Entschei- dung, ob externe Sachverständigenleistungen eingeholten werden sollen, in einem Vermerk festzuhalten? Drucksache 6/1709 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Zur Klarstellung sei vorangestellt, dass es sich bei den in der Antwort der Kleinen Anfrage 6/1594 benannten Beauftragungen von Rechtsanwaltskanzleien ganz überwiegend um gesetzlich vorgeschriebene, zwingende Vertretungen vor Gerichten handelte und nur in wenigen Einzelfällen um die Bestellung von Gutachten im eigentlichen Sinne. Zu 1, a), b) und c) Die Fragen 1, a), b) und c) werden zusammenhängend beantwortet. Die Landesregierung wendet die Bestimmungen an, die nach der jeweiligen Sach- und Rechtslage anzuwenden sind. Unterliegt der Auftrag dem vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB - (ist also namentlich der maßgebliche europäische Schwellenwert von 200.000 Euro netto erreicht. § 2 Nummer 2, § 1 Absatz 1 Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge - VgV), so gilt Folgendes: Anwaltliche Leistungen unterfallen der Kategorie 21 der Anlage I Teil B zur VgV (= Kategorie 21 des Anhanges I Teil B zur Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen Teil A - VOL/A - Abschnitt 2 beziehungsweise zur Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen - VOF: „Rechtsberatung“). Auf derartige Leistungen sind die Bestimmungen der VOL/A Abschnitt 2 beziehungsweise der VOF nur sehr eingeschränkt anwendbar (§ 4 Absatz 2 Nummer 2 VgV, § 1 Absatz 3 EG VOL/A; § 5 Absatz 1 Nummer 2 VgV, § 1 Absatz 3 Satz 1 VOF). Soweit es um Leistungen im Anwendungsbereich der VOL/A geht, ist in § 4 Absatz 2 Nummer 2 VgV auf die Bestimmungen des § 8 EG VOL/A, § 15 EG Absatz 10 VOL/A und § 23 EG VOL/A sowie die Bestimmungen des ersten Abschnitts der VOL/A („Basisparagraphen“) mit Ausnahme von § 7 VOL/A verwiesen. Für den Anwendungsbereich der VOF ist in § 5 Absatz 1 Nummer 2 VgV, § 1 Absatz 3 Satz 1 VOF auf § 6 Absatz 2 bis 7 VOF und § 14 VOF verwiesen. Eine ergänzende Anwendung des Gesetzes über die Vergabe öffentlicher Aufträge in MecklenburgVorpommern (Vergabegesetz Mecklenburg-Vorpommern - VgG M-V) kommt in Betracht, soweit höherrangiges Recht, insbesondere das Recht der Europäischen Union sowie der Vierte Teil des GWB und die darauf beruhenden weiteren vergaberechtlichen Bestimmungen nicht entgegenstehen (§ 2 Absatz 3 VgG M-V). Unterliegt der Auftrag nicht dem Vierten Teil des GWB, so gelten nach § 3 Absatz 1, § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 VgG M-V ebenfalls die Basisparagraphen der VOL/A. Mit dem VgG M-V ist im „Unterschwellenbereich“ hinsichtlich der freiberuflichen Leistungen, zu denen auch Rechtsberatungsleistungen gehören, eine Klarstellung erfolgt. Freiberufliche Leistungen sind in vollem Umfang Dienstleistungen im Sinne von § 3 Absatz 1 VgG M-V. Die gesetzliche Bestimmung steht nach § 2 Absatz 2 Satz 1 VgG M-V im Rang über jener in § 1 Anstrich 2 VOL/A, die vor Inkrafttreten des VgG M-V zu Zweifeln Veranlassung gegeben hatte. Die Anwendung von Abschnitt 1 der VOL/A bedeutet namentlich die Anwendung von § 3 VOL/A über die Vergabearten. Rechtsberatungsleistungen unterfallen - wie auch andere gutachterliche Leistungen - typischerweise § 3 Absatz 5 Buchstabe h VOL/A. Das Typische besteht darin, dass manchmal nicht einmal die Fragen mit Gewissheit feststehen, jedenfalls aber nicht die Antworten, die vom Auftraggeber erwartet werden, die also die zu erbringende Leistung darstellen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/1709 3 Sind die Antworten (und womöglich auch die Fragen) ungewiss, so liegt auf der Hand, dass die Leistung nicht eindeutig und erschöpfend beschreibbar ist. Damit ist jedenfalls in aller Regel die Rechtfertigung für die Durchführung einer Freihändigen Vergabe gegeben. Daneben besteht im Anwendungsbereich des Wertgrenzenerlasses (AmtsBl. 2013, S. 133) die Möglichkeit einer Freihändigen Vergabe. Derartige Regelungen sind in § 3 Absatz 5 Buchstabe i VOL/A ausdrücklich zugelassen. Freihändige Vergaben sind definitionsgemäß keine förmlichen Vergabeverfahren (vergleiche statt vieler Weyand, IBR-Online, Kommentar zum Vergaberecht, Stand: 26.11.2012, § 3 VOB/A, 70.6). Für Freihändige Vergaben gelten grundsätzlich die Bestimmungen, die auch für Öffentliche und Beschränkte Ausschreibungen gelten, es sei denn, es sind Ausnahmen vorgesehen oder zugelassen. Eine solche Ausnahme betrifft etwa die Möglichkeit, über die Leistung und Gegenleistung in jeder Phase des Verfahrens uneingeschränkt zu verhandeln (ergibt sich daraus, dass das Verhandlungsverbot in § 15 VOL/A nur für Ausschreibungen gilt). Der im Haushaltsrecht wurzelnde Wirtschaftlichkeitsgrundsatz, der mit § 7 VgG M-V nochmals eine spezifisch vergaberechtliche Bestätigung auf gesetzlicher Ebene erfahren hat, gilt auch für Freihändige Vergaben. Ebenfalls vorgesehen ist die Einholung von Vergleichsangeboten . Letzteres gilt allerdings nur im Grundsatz. Nach den einschlägigen Bestimmungen , die ein mehr oder weniger großes Ermessen einräumen (§ 3 Absatz 1 Satz 3, 4 VOL/A); hat der Auftraggeber es weitgehend in der Hand, den Umfang des Wettbewerbs, die Zahl der Vergleichsangebote und schlussendlich auch das „Ausmaß der Wirtschaftlichkeit“ zu steuern. Hat er einen hinreichend gewichtigen sachlichen Grund, so kann der Auftraggeber den Auftrag mit einem einzigen Partner aushandeln (der strenge Maßstab des § 3 Absatz 5 Buchstabe l VOL/A muss nicht eingehalten sein; diese Bestimmung gilt für die Wahl der Vergabeart, über diese ist aber mit der Anwendung von § 3 Absatz 5 Buchstabe h VOL/A bereits entschieden). Vergleichsangebote sind insbesondere bei einer Abrechnung nach Gebührenordnung entbehrlich. Alle vergaberechtlich bedeutsamen Stufen und Maßnahmen einschließlich der dazu gehörenden Begründungen sind nach § 20 VOL/A zu dokumentieren. Als Anhalt kann hierfür § 24 Absatz 2 EG VOL/A dienen. 2. Gibt es eine Verwaltungsvorschrift des Landes für Grundsätze der Vergabe von Gutachter- und Beraterverträgen und wenn nein, hält die Landesregierung dies für sinnvoll (bitte begründen)? Die Landesregierung hat keine entsprechenden Verwaltungsvorschriften erlassen. Mit den vergaberechtlichen Vorschriften auf europäischer, auf Bundes- und Landesebene existiert ein ausführliches und ausreichendes Regelwerk. Drucksache 6/1709 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 3. Inwiefern haben die Ministerien, soweit sie Rechtsanwaltskanzleien mit der Erstellung von rechtlichen Stellungnahmen, Gutachten, Expertisen etc. mandatiert haben, jeweils auch geprüft, die Problemlösung durch die Beauftragung von Professorinnen und Professoren an den Hochschulen des Landes oder sachkundiger anderer Ressorts bzw. geeigneter Behörden im Wege der Amtshilfe anzustreben (bitte begründen)? Soweit möglich wird Amtshilfe geeigneter Behörden in Anspruch genommen. Insbesondere aus Zeit- und Kapazitätsgründen ist dies jedoch nicht in allen Fällen möglich. 4. Aus welchen Gründen hat das Ministerium für Inneres und Sport die Kanzlei Latham & Watkins beauftragt und eine Honorarvereinbarung abgeschlossen (Fall Nr. 26 und 28)? a) Wie erklärt sich insbesondere im Hinblick auf die Grundsätze der wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung eine Honorarhöhe von über 16.000 Euro (Fall Nr. 26) bzw. 11.000 Euro (Fall Nr. 28) bei einem Gegenstandswert von jeweils 5.000 Euro? b) Um welche „rechtliche Spezialmaterie“ handelte es sich jeweils? c) Was versteht das Ministerium für Inneres und Sport unter „fehlenden Personalressourcen“? Die Kanzlei Latham & Watkins wurde aufgrund ihrer fachlichen Eignung und Leistungsfähigkeit beauftragt. Eine Honorarvereinbarung wurde geschlossen, weil diese in Verwaltungsrechtsstreitigkeiten der hier vorliegenden Art üblich ist. Zu a) Die Höhe des Honorars bemisst sich nach dem bei den Rechtsanwälten entstandenen Aufwand. Bei dem vom Gericht zugrunde gelegten Gegenstandswert handelt es sich um einen Auffangwert und nicht um den materiellen Wert des Streitgegenstandes. Ein derartiger Auffangwert wird zugrunde gelegt, wenn der Wert des Streitgegenstandes nicht beziffert werden kann. Zu b) Streitgegenstand war die Auskunft von Informationen. Zu c) Unter „fehlenden Personalressourcen“ versteht das Ministerium für Inneres und Sport im konkreten Einzelfall einen vorübergehend nicht besetzten Dienstposten. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/1709 5 5. Aus welchen Gründen hat die Landesregierung den Juristen im Landesbesoldungsamt nicht durch eigene juristische Mitarbeiter unterstützt und stattdessen die Kanzlei Ralf Hoffmann beauftragt (Fall Nr. 1, 9, 23, 30 und 38)? a) Aus welchen Gründen hat die Landesregierung die Angabe des Gegenstandswerts jeweils unterlassen? b) Beabsichtigt die Landesregierung den Juristen im Landesbesol- dungsamt in vergleichbaren Fällen zukünftig durch eigene juristische Mitarbeiter zu unterstützen? c) Wie erklärt sich die Honorarhöhe von jeweils ca. 30.000 Euro? Die in der 2. Besoldungsübergangsverordnung (2. BesÜV) enthaltene Regelung, dass die Ernennung zum Beamten aufgrund der im bisherigen Bundesgebiet erworbenen Befähigungsvoraussetzungen einen Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses zur Besoldung begründet, führte aufgrund der unterschiedlichen Auslegung der Vorschrift zu einer Reihe von Gerichtsentscheidungen (unter anderem BVerwG, Urteil vom 25.04.1996, Az.: 2 C 27/95, Urteil vom 20.01.2000, Az.: 2 C 6/99 und 2 C 12/99; BVerfG, Beschluss vom 19.11.2003, Az.: 2 BvR 1894/99 und Beschluss vom 13.11.2003, Az.: 2 BvR 1883/99; BVerwG, Urteil vom 15.06.2006, Az.: 2 C 14/05 und andere), die im Landesbesoldungsamt umzusetzen waren. Insbesondere die letztgenannte Entscheidung warf verfahrensrechtliche Fragen auf, die einer komplexen juristischen Bewertung bedurften. Zu diesem Zeitpunkt waren allein zur 2. BesÜV etwa 400 Klageverfahren anhängig. Infolge der Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.06.2006 (Az.: 2 C 14/05 u. a.) mussten in allen diesen Fällen und parallelen Verwaltungsverfahren Abhilfeentscheidungen getroffen werden, die weitere Widerspruchsverfahren nach sich zogen (etwa zu Verjährungsfragen und zu einem Wideraufgreifen des Verfahrens). Daran schlossen sich weitere Folgeverfahren vor den Verwaltungsgerichten an. Um alle Verfahren in einer angemessenen Frist erledigen zu können, wurde zur Lösung dieses Kapazitätsproblems der temporäre Einsatz eines Rechtsanwaltes als sinnvoll erachtet. Da sich diese Vorgehensweise bewährte, wurde Herr Rechtsanwalt Hoffmann auch in nachfolgenden Belastungsspitzen, die durch komplizierte juristische Fragen (zum Beispiel im Zusammenhang mit der Anpassung der Besoldung auf 100 % der Westbesoldung 2008/2010, Alimentation von Beamten und Richtern mit mehr als drei Kindern, Erhöhung des Ruhegehaltssatzes nach § 14a BeamtVG bei der sogenannten amtsabhängigen und der amtsunabhängigen Mindestversorgung) entstanden, zur Unterstützung des Justitiars herangezogen. Drucksache 6/1709 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 Zu a) Da die Zahlungen aufgrund von Honorarvereinbarungen erfolgten, wurden sie nicht auf der Basis von Gegenstandswerten vereinbart. Eine Zuordnung zu einzelnen Fällen mit konkretem Gegenstandswert war aufgrund der Vereinbarung nicht vorgesehen und aufgrund der Beschaffenheit der Beratungsleistungen auch nicht durchführbar. Zu b) Die Beiziehung eines Rechtsanwaltes für temporäre Belastungsspitzen wird künftig nicht mehr für erforderlich gehalten, weil mittlerweile drei Juristen im Landesbesoldungsamt beschäftigt sind. Zu c) Die Vergütung bezieht sich auf Leistungen, die innerhalb eines Jahres erbracht wurden. Das Honorar entsprach allgemeinen Vergütungssätzen. 6. Inwiefern hält die Landesregierung die Beauftragung der Kanzlei Dr. Kramer & Kollegen durch das Finanzministerium für die „Prüfung von Regressansprüchen“ mit einer Honorarhöhe von insgesamt über 25.000 Euro für wirtschaftlich geboten und nachvollziehbar (Fall Nr. 59 und 60)? a) Um welche Aufgabenstellungen handelte es sich jeweils? b) Aus welchen Gründen war die Aufgabenerledigung mit eigenen personellen Ressourcen und vorhandenen Kenntnissen nicht möglich? Zu 6, a) und b) Die Fragen 6, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Die Beauftragung der Kanzlei Dr. Kramer & Partner erfolgte zur unabhängigen, externen Prüfung der Durchsetzbarkeit von Schadensersatzansprüchen. Gegenstand waren mehrere Fälle, in denen Investitionszulagen durch Finanzämter auf Grundlage unzutreffender, aber nicht rücknehmbarer Bescheide von Kommunen gezahlt worden waren. Da die Finanzämter diese Zulagen nicht zurückfordern können, sollten entsprechende Schadensersatzansprüche geprüft werden. Im Übrigen besteht bei Schadensersatzklagen vor den Landgerichten ohnehin Anwaltszwang. Die Wahl eines Rechtsanwalts für alle voraussichtlichen Verfahren barg den Vorteil, dass grundsätzliche Recherchen wegen der sachgleichen Problematik minimiert und dadurch Kosten eingespart werden konnten. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/1709 7 Die Honorarhöhe von insgesamt 25.000 Euro beruhte auf der Vielzahl der Fälle und dem sehr erheblichen Umfang des zu prüfenden Aktenmaterials. Die Abrechnung erfolgte aufgrund einer detaillierten Stundenhonorarrechnung und Rechnungslegung. Die Mandatierung wurde ferner in einzelne Zwischenziele aufgeteilt, um jederzeit die Kostenentwicklung beeinflussen zu können. Eigene personelle Ressourcen des Finanzministeriums standen für diese Aufgabe nicht zur Verfügung. 7. Aus welchen Gründen hat das Ministerium für Wirtschaft, Bau und Tourismus die Kanzlei BDKD für Beratungsleistungen hinsichtlich eines Erlasses von Rechtsverordnungen aus dem Bereich Gewerberecht beauftragt (Fall Nr. 4)? a) Verfügt das Ministerium nicht über die juristische Fachkompetenz, derartige Aufgaben auch intern bewältigen zu können (Antwort bitte begründen)? b) Inwiefern war nach Auffassung der Landesregierung eine Honorarhöhe von über 60.000 Euro auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten geboten und nachvollziehbar? Zu 7, a) und b) Die Fragen 7, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet. Im genannten Fall Nr. 4 handelt es sich um die Bäderverkaufsverordnung. Die angegebene Summe von circa 60.000 Euro bezog sich nicht lediglich auf die Beratung bei der Erstellung und Bearbeitung einer Bäderverkaufsverordnung, sondern darin war auch die anwaltliche Vertretung vor dem Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern hinsichtlich der Klagen der evangelischen und katholischen Kirchen abgegolten. Die Erkenntnisse aus diesem Verfahren flossen im Anschluss in die Erstellung der Einzelverordnungen zur Bäderverkaufsverordnung ein. Die Kanzlei BDKD war in dieser Angelegenheit etwa zwei Jahre lang tätig. Das Honorar war vertretbar und wurde nachvollziehbar abgerechnet. Eigene personelle Ressourcen des Ministeriums für Wirtschaft, Bau und Tourismus standen für diese Aufgaben nicht zur Verfügung. Drucksache 6/1709 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 8 8. Inwiefern hält die Landesregierung die Beauftragung der Kanzlei GGSC durch das Ministerium für Wirtschaft, Bau und Tourismus für die Begutachtung einzelner Rechtsfragen auf dem Gebiet des Gefahrgut -, Gefahrstoff- und des Abfallrechts sowie des Zivilrechts mit einer Honorarhöhe von über 80.000 Euro für wirtschaftlich geboten und nachvollziehbar (Fall Nr. 16)? a) Um welche Aufgabenstellungen handelte es sich jeweils? b) Verfügt das Ministerium nicht über die juristische Fachkompetenz, derartige Aufgaben auch intern bewältigen zu können (Antwort bitte begründen)? Die Kanzlei GGSC hat für die Erstellung eines Gutachtens über die rechtliche Bewertung des Transportes asbesthaltigen Schlamms von Wunstorf-Luthe zur Deponie Ihlenberg sowie des zugehörigen Entladevorgangs ein Honorar in Höhe von 70.000 Euro inklusive der gesetzlichen Umsatzsteuer erhalten. Für den Abschluss einer mandatsbezogenen Vermögensschadens -Haftpflichtversicherung fielen daneben Versicherungskosten in Höhe von 10.710 Euro an. Zu a) Dem Gutachtervertrag mit der Kanzlei GGSC lag folgende Leistungsbeschreibung zugrunde: „Gegenstand des Gutachtens ist vor dem Hintergrund der Entscheidungen des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (vgl. Beschlüsse des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20.02.2009. Az. 7 MS 9/09, 7 MS 11/09) die Prüfung, ob die vorgesehene Art und Weise der Transporte des asbesthaltigen Schlamms sowie der zugehörige Entladevorgang auf der Deponie Ihlenberg mit geltendem Recht, insbesondere mit gesundheitsschutz-, immissionsschutz-, arbeitsschutz-, gefahrstoff-, gefahrgut- und abfallrechtlichen Rechtsvorschriften, vereinbar ist. Sollte ein Verstoß gegen geltendes Recht festgestellt werden, ist unter Berücksichtigung der in Niedersachsen getroffenen rechtlichen Entscheidungen aufzuzeigen, welche Behörde des Landes Mecklenburg-Vorpommern aufgrund welcher Ermächtigungsgrundlage welche Eingriffsmöglichkeiten besitzt beziehungsweise welche Möglichkeiten der Vertragsauflösung sich für die IAG daraus ergeben. Aus arbeitsschutz- und gefahrstoffrechtlicher Sicht sind insbesondere zu bewerten, - welche Schwellenwerte welcher Rechtsvorschriften für die Asbestfaserfreisetzung zum Ausschluss von Gefahren für die Allgemeinheit anwendbar sind, - inwieweit die Vorgaben der TRGS 519 für das Land Mecklenburg-Vorpommern rechtlich bindend beziehungsweise abschließend sind, - ob die Vorgaben des TRGS 519 vorliegend eingehalten werden, - inwieweit das Land Mecklenburg-Vorpommern in Bezug auf Art und Weise des Transportes und des Entladevorganges arbeitsschutz- und gefahrgutrechtliche Zuständigkeiten und Eingriffsmöglichkeiten besitzt und welche konkrete Behörde diese vollziehen kann beziehungsweise welche rechtlichen Konsequenzen sich für die Vertragssituation der IAG ergeben. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/1709 9 Aus gefahrgutrechtlicher Sicht ist insbesondere zu beurteilen, - ob vorliegend eine Pflicht zur Verwendung von Verpackungen für den asbesthaltigen Schlamm während des Transportes besteht oder - ob aufgrund der Sondervorschrift 168 ADR auf Verpackungen verzichtet werden kann, dabei ist vor allem zu prüfen, - welche Anforderungen an eine Einbettung oder Befestigung an ein Bindemittel im Sinne der Vorschrift zu stellen sind (ggf. Dauerhaftigkeit, Witterungsunabhängigkeit) und ob diese durch ein Wasser-Mineralien-Gemisch erfüllt werden, - ob die Vorschrift verlangt, dass ein Freiwerden gefährlicher Mengen an Asbestfasern generell oder lediglich im Einzelfall (unter Berücksichtigung der konkreten Randbedingungen ) ausgeschlossen werden kann, - ob das Eingreifen der Sondervorschriften im Hinblick auf das konkret zu transportierende Asbestmaterial vor dem jeweiligen Transportbeginn sicher feststehen muss und wenn ja, ob vorliegend von der Anwendbarkeit der Sondervorschrift bei Transportbeginn ausgegangen werden darf, - inwieweit das Land Mecklenburg-Vorpommern in Bezug auf Art und Weise des Transportes und des Entladevorganges gefahrgutrechtliche Zuständigkeiten und Eingriffsmöglichkeiten besitzt und welche konkrete Behörde diese vollziehen kann beziehungsweise welche rechtlichen Konsequenzen sich für die Vertragssituation der IAG ergeben. Zudem ist, soweit noch entscheidungserheblich, zu klären, ob die vom Technischen Überwachungsverein Nord und seinen Auftragnehmern durchgeführten einzelnen Beprobungs - und Auswertungsverfahren, die Grundlage des Gutachtens vom 19. November 2011 sind, einer Akkreditierung bedürfen und ob die vorhandenen Akkreditierungen dem beziehungsweise den sonstigen Anforderungen an die Sach- und Fachkunde genügen.“ Vor dem Hintergrund dieser komplexen vertraglichen Aufgabenstellung beurteilt die Landesregierung das geleistete Honorar in Höhe von 70.000 Euro als angemessen. Zu b) Die rechtliche Bewertung des Transportes asbesthaltigen Schlamms von Wunstorf-Luthe zur Deponie Ihlenberg sowie des zugehörigen Entladevorgangs berührte verschiedene Rechtsmaterien , die ressortmäßig innerhalb der Landesregierung unterschiedlichen Ministerien zugeordnet sind. Schwerpunktmäßig waren insbesondere Fragen des Gefahrgut-, Arbeitsschutz - und Gefahrstoffrechts zu beurteilen, für die die Zuständigkeit im Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung (Gefahrgutrecht) und im Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales (Arbeitsschutz- und Gefahrstoffrecht) angesiedelt sind. Die Zuständigkeit des Ministeriums für Wirtschaft, Bau und Tourismus beschränkte sich auf die Fragestellungen des Abfall-, Immissionsschutz- und Zivilrechts. Bereits im Vorfeld der Beauftragung wurden durch die betroffenen Ministerien im Rahmen ihrer ressortmäßigen Zuständigkeit rechtliche und fachliche Prüfungen vorgenommen. Angesichts der Bedeutung und Tragweite der Angelegenheit entschied die Landesregierung, die Prüfergebnisse durch ein Rechtsgutachten ergänzend abzusichern. Dem Ministerium für Wirtschaft, Bau und Tourismus oblag es, die Koordinierung der Angelegenheit zu übernehmen und ein Rechtsgutachten in Auftrag zu geben. Die vonseiten des Ministeriums für Wirtschaft, Bau und Tourismus im Rahmen seiner Ressortzuständigkeit vorgenommenen Bewertungen wurden durch das fertiggestellte Rechtsgutachten bestätigt. Drucksache 6/1709 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 10 9. Inwiefern hält die Landesregierung die Beauftragung der Kanzlei Schuette Law durch das Ministerium für Wirtschaft, Bau und Tourismus für die Erstellung diverser Rechtsgutachten und Expertisen mit einer Honorarhöhe von insgesamt über 630.000 Euro für wirtschaftlich geboten und nachvollziehbar und um welche Aufgabenstellungen handelte es sich jeweils (Fall Nr. 42 bis 48)? Die Landesregierung hält die Beauftragung der Kanzlei Schuette Law SPRL für wirtschaftlich geboten und nachvollziehbar. Herr RA Dr. Schütte ist ausgewiesener Experte im Beihilferecht und berät das Land bisher erfolgreich in Beihilfefragen. Die von der Kanzlei Schuette Law abgerechnete Summe verteilt sich auf mehrere Sachverhalte , darunter auch die beihilferechtliche Beratung zu den vom Land teils gemeinsam mit dem Bund übernommenen Unterstützungen der hiesigen Werften. Die Beträge verteilen sich daneben auf einen Zeitraum von mehreren Jahren. Ein spezifisches Thema war beispielsweise die beihilferechtliche Beurteilung der vom Bund und dem Land gemeinsam verbürgten Kredite in Sachen P+S Werften GmbH. Verstöße gegen das europäische Beihilferecht sind seitens der EU-Kommission bis heute weder festgestellt noch als Vorwurf erhoben worden. Angesichts der mit einer beihilferechtswidrigen Unterstützung verbundenen erheblichen Risiken hält die Landesregierung die Beauftragung spezialisierter Rechtsanwälte nach wie vor für wirtschaftlich geboten. 10. Inwiefern hält die Landesregierung die Beauftragung der Kanzlei Prof. Versteyl durch das Ministerium für Wirtschaft, Bau und Tourismus in Angelegenheiten des Immissionsschutzes mit einer Honorarhöhe von insgesamt über 140.000 Euro für wirtschaftlich geboten und nachvollziehbar (Fall Nr. 50 und 51)? Gegenleistung für das bezahlte Honorar war die Verfahrensbegleitung und Prozessführung hinsichtlich mehrerer Kraftwerksvorhaben am Standort Lubmin unter Berücksichtigung der Summationswirkungen aller Projekte am Greifswalder Bodden durch eine auf Umweltrecht spezialisierte Kanzlei. Den Kraftwerksvorhaben wurden laut Koalitionsvereinbarung eine überragende Bedeutung für das Land zugeschrieben, insbesondere wegen der erwarteten Milliardeninvestition sowie der arbeitsmarkt- und energiepolitischen Effekte. Bei einem Scheitern der Kraftwerksvorhaben aufgrund von Verfahrensfehlern wären unter Umständen hohe Schadensersatzforderungen auf das Land zugekommen.