Die Finanzministerin hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 10. Mai 2013 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/1788 6. Wahlperiode 13.05.2013 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Peter Ritter, Fraktion DIE LINKE Abrufen von Steuerdaten durch Finanzbeamte und ANTWORT der Landesregierung Seit einigen Jahren haben die Finanzämter die Möglichkeit, Kontendaten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler abzurufen. Medienberichten zufolge haben zwischen 20 und 50 Prozent der Brandenburger Finanz- beamtinnen und Finanzbeamten schon einmal illegal Steuerdaten von Dritten abgerufen. Durch entsprechende Kontrollen des dortigen Finanz- ministeriums sind zahlreiche Verstöße festgestellt worden. Auch in anderen Bundesländern seien solche Verstöße der Finanzbeamten gegen die Steuerabrufdatenverordnung festgestellt worden, da sie ohne dienst- liche Veranlassung auf Steuerdaten etwa von Nachbarn, Verwandten oder sich selbst zugegriffen haben. 1. In wie vielen Fällen haben Finanzbeamtinnen und Finanzbeamte des Landes seit dem Jahr 2007 Kontenabrufverfahren durchgeführt (bitte nach Jahren und Finanzamt unterteilen)? Es ist zwischen dem sogenannten Kontenabrufverfahren nach § 93b Abgabenordnung (Kontoinformationen bei Kreditinstituten) und dem Steuerdatenabruf (für ein Steuerverfahren gespeicherte Daten, die dem Steuergeheimnis unterliegen) zu unterscheiden. Die Anzahl vorgenommener Steuerdatenabrufe kann die Landesregierung nicht benennen, da diese nur teilweise protokolliert werden (vergleiche Antwort zu Frage 2). Ausweislich der vom Bundeszentralamt für Steuern gefertigten Statistiken zum Kontenabruf- verfahren führten die Finanzämter des Landes in den Jahren 2007 bis 2012 insgesamt 2.443 Kontenabrufe durch. Drucksache 6/1788 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Da die Statistiken nicht nach einzelnen Finanzämtern differenzieren, können die Konten- abrufe nur nach Jahren unterteilt angegeben werden: 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Zahl der Kontenabrufe 274 308 430 481 545 405 2. Wie wird der Datenzugriff der Finanzbeamten durch das Finanzminis- terium kontrolliert? Die Rahmenbedingungen des automatisierten Abrufs von Steuerdaten sind in der Steuer- datenabrufverordnung (StDAV) normiert. Der Datenzugriff wird zunächst dadurch kontrolliert, dass Bediensteten nur eine eingeschränkte originäre, das heißt aufgabenbezogene, Zugriffsberechtigung auf Steuerdaten eingeräumt wird. Zusätzlich werden sämtliche Datenabrufe und Abrufversuche außerhalb der originären Zuständigkeit protokolliert. Gemäß § 7 StDAV ist anhand dieser Aufzeichnungen zeitnah und in angemessenem Umfang zu prüfen, ob der protokollierte Abruf zulässig war. Das Finanzministerium hat den behördlichen Datenschutzbeauftragten der Finanzämter die Aufgabe übertragen, anhand verschiedener Auswahlkriterien die Abrufe stichprobenartig - mindestens 5 Fälle pro Amt und Woche - auf deren Zulässigkeit zu prüfen. Die Finanzamtsvorsteher sind für die Kontrolle dieser Prüfungen verantwortlich. Zusätzlich prüft die Innenrevision die Zulässigkeit protokollierter Abrufe. Anlässlich der Einführung des in § 93b der Abgabenordnung geregelten Kontenabrufver- fahrens im Jahr 2007 wurden im ersten Halbjahr 2008 durch das Finanzministerium Einzelfälle des Kontenabrufs in allen Finanzämtern überprüft. Die Überprüfung führte nur zur Beanstandung kleinerer formeller Mängel und ergab keine Hinweise auf unberechtigte Datenzugriffe. Aufgrund der datenschutzgerechten Ausgestaltung des Verfahrens und der bestehenden Zeichnungsrechtsvorbehalte der Sachgebietsleiter in sämtlichen Vorgängen des Kontenabrufverfahrens sind derzeit keine weiteren Prüfungen geplant. 3. In wie vielen Fällen wurde seit dem Jahr 2007 ein Zugriff auf Steuer- daten ohne entsprechende dienstliche Veranlassung festgestellt? Nach den Feststellungen der behördlichen Datenschutzbeauftragten der Finanzämter und der Innenrevision wurden seit dem Jahr 2007 insgesamt 586 Zugriffe ohne dienstliche Veranlassung durchgeführt. Die festgestellten Verstöße beinhalten dabei mehrfache Zugriffe einzelner Bediensteter sowie in großem Umfang Zugriffe auf die eigenen Steuerdaten. Die Bediensteten wurden darauf hingewiesen, dass auch der Zugriff auf eigene Steuerdaten unzulässig ist, da eine dienstliche Veranlassung hierfür nicht gegeben ist. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/1788 3 4. In wie vielen Fällen wurden disziplinarische Maßnahmen gegen Finanzbeamte seit dem Jahr 2007 verhängt und um welche diszipli- narischen Maßnahmen handelte es sich jeweils? In einem Fall wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet und ein Verweis ausgesprochen. In 25 Fällen erfolgten schriftliche Ermahnungen durch die Vorsteher. In allen Fällen, in denen Zugriffe ohne dienstliche Veranlassung festgestellt wurden, erfolgten im Rahmen von Einzelgesprächen Belehrungen. 5. Inwiefern hat die Landesregierung die öffentlich bekannt gewordenen Vorgänge in Brandenburg und ggf. auch in anderen Bundesländern zum Anlass genommen, um eine entsprechende Prüfung auch in Mecklenburg-Vorpommern durchzuführen (Antwort bitte begründen)? Eine flächendeckende, verdachtsunabhängige Überprüfung der Bediensteten der Finanzämter ist nicht vorgesehen. Bereits zu einem früheren Sachverhalt hat der Landesbeauftragte für Datenschutz Mecklenburg-Vorpommern klargestellt, dass ein vollständiges Daten-Screening ohne konkreten Verdacht unzulässig ist, lediglich Stichproben sind zulässig. 6. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung in diesem Zusammen- hang bereits eingeleitet bzw. beabsichtigt, dies zu tun? Die dargestellten Maßnahmen werden als ausreichend angesehen. Folgeprüfungen haben gezeigt, dass die bereits vorhandenen Maßnahmen geeignet sind, unberechtigten Abrufen von Daten erfolgreich präventiv zu begegnen.