Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 30. Mai 2013 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/1820 6. Wahlperiode 30.05.2013 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Silke Gajek, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Demenzstrategie der Landesregierung und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Die Demenzstrategie in Mecklenburg-Vorpommern orientiert sich an den Grundsätzen des Nationalen Gesundheitszieles „Gesund älter werden“. Als Impulsgeber für die nachhaltige Verbesserung der Betreuung und Pflege von Menschen mit Demenz soll sie zudem zur Steigerung der Kompetenzen und der Vernetzung der professionellen Partner dienen sowie der Sensibilisierung der Bevölkerung und der wirkungsvollen Entlastung der pflegenden Angehörigen. 1. Welche Modellprojekte zur Verbesserung der Lebenssituation von Demenzkranken hat die Landesregierung in den letzten zehn Jahren gefördert und welche dieser Modellprojekte wurden wie und wann verstetigt? Eine Förderung von niedrigschwelligen Betreuungsangeboten sowie Modellvorhaben zur Erprobung neuer Versorgungskonzepte und Versorgungsstrukturen, insbesondere für demenzkranke Pflegebedürftige nach § 45c des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI), gewährt die Landesregierung seit dem 1. Januar 2006 nach der Betreuungsangeboteförderungslandesverordnung beziehungsweise ab dem 1. Januar 2011 nach der Betreuungsangebotelandesverordnung . Bei der Förderung handelt es sich um eine Kofinanzierung von Mitteln des Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung. Drucksache 6/1820 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Folgende Projekte wurden auf dieser Grundlage gefördert: Projekt Verstetigung Modellprojekt „Zentrum Demenz“ in Schwerin: Anlaufstelle für Demenzkranke und deren Angehörige, Zusammenarbeit mit den Hausärzten und die Sensibilisierung der Öffentlichkeit sowie entsprechende Beratung. ab Oktober 2011 in eine Weiterführung als ständiges niedrigschwelliges Betreuungsangebot überführt. Projekt UNA e. V. „Vernetzung niedrigschwelliger Betreuungsangebote Schwerin/Westmecklenburg“ seit 2012 als niedrigschwelliges Betreuungsangebot mit Standorten in Sternberg und Witten-förden weitergeführt Modellprojekt „Helferkreis Schwerin“, richtet sich an Demenzerkrankte beziehungsweise ihre Angehörigen niedrigschwelliges Dauerangebot, ab 2012 überführt Modellprojekt „Mehrgenerationenhof Ludwigslust“ wurde innerhalb der Projektphase abgebrochen Projekt „Optimierung der Inanspruchnahme von ambulanten Weiterbildungsangeboten durch dementiell erkrankte ältere Menschen und deren Angehörige im Raum Rostock“ befindet sich noch in der Modellförderphase Projekt des Arbeiter-Samariter-Bundes Gägelow zur spezifischen Datenerfassung zur Verbesserung der Versorgung Projekt war von Beginn an nicht als Fortführungsprojekt konzipiert Die Landesregierung verweist auch auf die Antwort der Kleinen Anfrage Drucksache 6/557. Darüber hinaus fördert die Landesregierung seit über 10 Jahren den Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern. Er koordiniert die sozialpsychiatrischen Hilfen in Mecklenburg-Vorpommern. Gerontopsychiatrie gilt dabei als wichtige Schnittstelle zur Altenhilfe. Als Träger des durch die Landesregierung geförderten Modellprojektes „Länger leben in Mecklenburg-Vorpommern“- Personen- und Lebensfeldorientierte Hilfen hat der Landesverband Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern die Versorgungsstruktur für psychisch kranke, alte und demente Menschen (2009 - 2012) untersucht und pilothafte Maßnahmen etabliert. Kernziel des Modellprojektes war es, in ausgewählten Regionen (Rostock, Landkreis Rostock, Landkreis Vorpommern-Greifswald, Landkreis Nordwestmecklenburg ) die Vernetzung der Hilfen zu fördern, die kommunale Steuerung zu stärken und - durch die Vorbereitung einer einzelfallbezogenen Steuerung - die häusliche Pflege zu unterstützen. Zentrale Pilotprojekte (zum Beispiel „Geromobil - Mobile Beratung im ländlichen Bereich“; Volkssolidarität Uecker Randow „Optimierung der Inanspruchnahme von ambulanten Weiterbetreuungsangeboten durch dementiell erkrankte Ältere und deren Angehörigen“; Tessinum Therapiezentrum für Geriatrie und Schlaganfall) wurden begleitet, die Öffentlichkeitsarbeit gestärkt (Tagungen, Workshops, Broschüre für Angehörige, Internetauftritt), kommunale Entscheidungsträger beraten, die Entwicklung der Pflegestützpunkte begleitet sowie konzeptionelle Arbeiten (Rahmenkonzept zur kommunalen Steuerung/Qualitätsstandards Demenz-Wohngemeinschaften) vorgenommen. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/1820 3 Regionale Entscheidungsträger wurden eingebunden, um die Kontinuität begonnener Maßnahmen, wie die aufgebauten Netzwerke, sicherzustellen. Das inzwischen mit Bundesmitteln geförderte „Geromobil“ wird evaluiert, um gegebenenfalls die Effektivität dieser Form einer mobilen und frühzeitigen Beratung belegen zu können. Dadurch soll die Regelfinanzierung argumentativ (Pflegekasse/Kommune) unterlegt werden. Mit Blick auf die einzelfallbezogene Steuerung für ältere Menschen mit komplexen Hilfebedarfen wird gegenwärtig im Landkreis Nordwestmecklenburg sowie in der Hansestadt Rostock/Südstadt im Rahmen modellhafter Hilfeplankonferenzen und einer Fallbegleitung überprüft, ob durch die fachübergreifende Abstimmung eines sozialräumlichen und individuellen Hilfeplanes stationäre Pflege zumindest verzögert werden kann. 2. Welche Anstrengungen unternimmt die Landesregierung zur Erforschung von Präventionsmaßnahmen gegen demenzielle Erkrankungen ? Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in der HelmholtzGemeinschaft , Partnerstandort Rostock/Greifswald bündelt von der Grundlagenforschung über neuartige Therapieansätze bis hin zur Versorgung der Patientinnen und Patienten in der Häuslichkeit das gesamte Feld der Demenzforschung. Diese Aufgabe wird auch mit Landesmitteln gefördert. Darüber hinaus besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Projekt des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und dem Projekt „Länger leben in Mecklenburg-Vorpommern“ sowie dem inzwischen etablierten und ebenfalls mit Landesmitteln finanzierten Nachfolgeprojekt „Psychiatrie am Fall“. 3. Welche Maßnahmen zur verbesserten Prävention und welche erweiterten Vorsorgeangebote für potenzielle Demenzkranke hat die Landesregierung in den letzten fünf Jahren umgesetzt? Mit der Erstellung des Geriatrieplanes des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 24. Juni 2011 wurde eine Arbeitsgrundlage zur Weiterentwicklung der sektorenübergreifenden Vernetzung der Angebote und deren Qualitätssicherung geschaffen, die von der Prävention über die medizinischen geriatrischen Behandlungs- und Versorgungsstrukturen bis hin zur Pflege reicht. Hervorzuheben ist die gemeinsame Errichtung von Pflegestützpunkten in MecklenburgVorpommern unter Federführung der AOK Nordost in Kooperation mit dem Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales und den Kreisen und kreisfreien Städten im Land sowie die Förderung der unter Frage 1 genannten Modellprojekte mit Schwerpunkt des Aufbaus und der Etablierung regionaler Steuerungsstrukturen und Förderung regionaler gerontopsychiatrischer Netzwerke. Drucksache 6/1820 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 Die Förderung nach §§ 6 bis 8 Landespflegegesetz unterstützt die Schaffung einer leistungsgerechten Infrastruktur insbesondere in der ambulanten und teilstationären Pflege, dies betrifft auch Angebote für Demenzkranke. Im Weiteren ist die Förderung des Landes für die „niedrigschwelligen Betreuungsangebote“ ebenfalls auf die Unterstützung von Demenzerkrankten und ihrer Angehörigen gerichtet. Die Landesregierung verweist darüber hinaus auf die Fortschreibung des Landesprogramms „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“ und auf den Bericht zur Umsetzung des Landesprogramms „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“ vom 14. Januar 2013 (Drucksache 6/1423). 4. Welche Maßnahmen zur besseren Prävention und welche erweiterten Vorsorgeangebote für potenzielle Demenzkranke plant die Landesregierung aktuell? Bezüglich dieser Maßnahmen verweist die Landesregierung auch auf den Bericht zur Umsetzung des Landesprogramms „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“ vom 14. Januar 2013 (Drucksache 6/1423). Die Landesregierung unterstützt diese Präventionsansätze durch den weiteren Ausbau der Pflegestützpunkte in Mecklenburg-Vorpommern und hilft damit, niedrigschwellige professionelle gemeindenahe Beratungsangebote sowie Entlastungssysteme für Angehörige zu etablieren. In den Jahren 2012 und 2013 betragen die Finanzzuweisungen nach Maßgabe der verfügbaren Haushaltsmittel jährlich 730.000 Euro. Zahlreiche Gremien, Arbeitsgruppen und Fachbeiräte unter der Federführung der Landesregierung , wie der Fachbeirat für Geriatrie Mecklenburg-Vorpommern, der Fachbeirat Psychiatrie Mecklenburg-Vorpommern, die Landesarbeitsgemeinschaft der Psychiatriekoordinatoren , die Landesarbeitsgruppe der Sozialpsychiatrischen Dienste, der Landespflegeausschuss , die Arbeitsgemeinschaft der Psychiatrischen Krankenhäuser beschäftigen sich mit den Bedarfen und entwickeln gemeinsam professionsübergreifend weitergehende Angebote. Insbesondere verweist die Landesregierung auf den Geriatrieplan des Landes MecklenburgVorpommern und den „Plan zur Weiterentwicklung eines Integrativen Hilfesystems für psychisch kranke Menschen“. Hier sind konkrete Handlungsleitfäden festgeschrieben. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/1820 5 5. Wie beurteilt die Landesregierung regionale Handlungsleitfäden und Demenz-Wegweiser, die die unterschiedlichen Unterstützungs- und Hilfsangebote, aber auch den Bedarf in den Regionen differenziert abbilden und welche Anstrengungen unternimmt sie konkret, um diese zu realisieren? Die Landesregierung begrüßt ausdrücklich Ansätze regionalisierter Pflegesozialplanung. Sie entsprechen der Zielsetzung und den Vorgaben des Landespflegegesetzes. Die Landesregierung wird auch weiterhin entsprechende Ansätze einer regionalisierten Beratung und Steuerung, so bei der Förderung der Pflegestützpunkte und ihrer regionalen Vernetzung unterstützen und die Personalkosten der Kommunen für Pflegestützpunkte fördern. Die Stärkung der entsprechenden regionalen Kompetenz ist ein wichtiger Ansatz im sich neu konstituierten „Runden Tisch Pflege“ Mecklenburg-Vorpommern und in den Eckwerten einer Pflegestrategie 2030 für Mecklenburg-Vorpommern. Die Förderung der regionalen Planungskompetenz ist auch ein Bestandteil im sich derzeit im parlamentarischen Verfahren befindlichen Sozialhilfefinanzierungsgesetz. Die Landesregierung befürwortet regionale Leitfäden und Wegweiser. Die Realisierung wird weiterhin durch Vernetzungsplattformen, Modellprojekte und Beratung unterstützt. 6. Welche Anstrengungen unternimmt die Landesregierung zur Sicherstellung einer einheitlichen Hilfestruktur und einer kreisübergreifenden Vernetzung der regionalen Angebote? Mit der Übertragung der regionalen Planungskompetenz auf die Kommunen findet eine Steuerung und Koordinierung der Pflegeinfrastruktur über die wesentlich stärkere inhaltliche Differenzierung des Landespflegegesetzes und die entsprechenden inhaltlichen Auswahlkriterien der Förderung statt. Im Weiteren wird die Landesregierung in ihren gemäß § 5 des Landespflegegesetzes zu erstellenden „landesplanerischen Empfehlungen“ entsprechende Aussagen und Empfehlungen treffen. Eine einheitliche Rahmenplanung für die Pflegeinfrastruktur gibt es mit entsprechender Änderung des Landespflegegesetzes lediglich auf Ebene der jeweiligen Landkreise beziehungsweise kreisfreien Städte. Mit dem „Geriatrieplan des Landes Mecklenburg-Vorpommern“ und dem „Plan zur Weiterentwicklung eines Integrativen Hilfesystems für psychisch kranke Menschen“ sind den Kommunen Handlungsleitfäden zur Umsetzung an die Hand gegeben. Drucksache 6/1820 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 7. Wie beurteilt die Landesregierung den Bedarf an systematischen ziel- gruppenspezifischen Informationen und Schulungsangeboten in Mecklenburg-Vorpommern, sowohl für Angehörige, Pflegekräfte und medizinisches Fachpersonal als auch für Menschen im Lebensumfeld demenziell Erkrankter (z. B. Einzelhandel, Nahverkehr, Polizei) und welche Anstrengungen unternimmt die Landesregierung konkret, um die erforderlichen Angebote und Maßnahmen zu realisieren? Der Bedarf an Information und Schulung für die oben genannten Zielgruppen ist hoch. Im Bereich der Demenzpflege sieht die Landesregierung in der Einrichtung eines leistungsfähigen Netzes von Pflegestützpunkten, die ihrerseits breit in den jeweiligen Regionen und Kommunen mit entsprechenden Initiativen vernetzt sind, einen wichtigen Beitrag für eine systematische zielgruppenspezifische Information. Darüberhinausgehend sind solche Projekte wie das Zentrum Demenz in Schwerin geeignet, zielgerichtet Information und Beratung zu leisten. Im Rahmen der Projektförderung von „Länger leben in MV“ wurden verschiedene regionale und landesweite Fortbildungen und Schulungen für unterschiedliche Zielgruppen (insbesondere Fachpersonal) durchgeführt und unterstützt. Tagungen zum Thema Gerontopsychiatrie wurden von verschiedenen Psychiatrischen Kliniken (zum Beispiel Güstrow, Wismar) durchgeführt. Im Fortbildungsangebot der Weiterbildung für Pflegefachkräfte (zum Beispiel Diakonisches Bildungszentrum, Bildungsinstitut für Gesundheit und Soziales) finden sich ebenfalls institutionalisierte Weiterbildungsangebote. Die Landesregierung erwartet, dass die Kommunen im Rahmen ihrer Pflegesozialplanung entsprechende Initiativen unterstützen. 8. Plant die Landesregierung Maßnahmen für eine Weiterentwicklung der Qualitätsstandards in der ambulanten und stationären Versorgung und Pflege demenziell erkrankter Menschen? Die Heimaufsichten der Landkreise und kreisfreien Städte haben entsprechend des Einrichtungenqualitätsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern neben ihrem Prüfauftrag auch einen Beratungsauftrag, dem sie gerade in Hinblick auf Qualitätsstandards entsprechend nachkommen. Die Qualitätsstandards befinden sich auch im Zusammenwirken der im Land vorgenommen gemeinsamen Prüfung zwischen dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung und den Heimaufsichten in Weiterentwicklung. Aktuelle Planungen im Hinblick auf die Pflege demenziell erkrankter Menschen sind der Landesregierung nicht bekannt. Die Zuständigkeit für die Qualität liegt bei den Partnern der Selbstverwaltung und bei der Heimaufsicht, weshalb die Landesregierung keine eigenen darüber hinausgehenden Maßnahmen plant. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/1820 7 Die Landesregierung wird die vorhandenen Gremien nutzen, um gemeinsam mit den Partnern der Selbstverwaltung, der Wohlfahrtsverbände, der Berufsverbände und anderen die Unterstützung und Versorgung von Demenzerkrankten und ihrer Angehörigen zu verbessern. Der Geriatrieplan sieht zur Weiterentwicklung einer sektorenübergreifenden Vernetzung geriatrischer Versorgungsangebote konkrete Maßnahmen vor. Die Landesregierung begleitet und moderiert diese Entwicklungsprozesse. 9. Welche Erkenntnisse und Maßnahmen leitet die Landesregierung aus den ersten Ergebnissen der DelpHi-MV-Studie etwa zur Weiterentwicklung bestehender und zur Entwicklung neuer und besserer Entlastungsangebote für Angehörige demenziell Erkrankter ab? Die DelpHi-MV Studie ist eine Interventionsstudie, die Daten zur Situation vor der Intervention (Baseline) als auch Daten zur Situation nach der Intervention (Follow-up) bis Ende 2013 erhebt. Mit ersten Ergebnissen aus dieser Studie wird erst im Laufe des Jahres 2014 zu rechnen sein. 10. Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus den Erfahrungen und Ergebnissen der Projekte „Kreisdemenzplan 2030“ in den Altkreisen Ludwigslust und Uecker-Randow? Hierzu wird auf die Antworten zu den Fragen 5 und 6 verwiesen.