Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 27. Juni 2013 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/1975 6. Wahlperiode 28.06.2013 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten Henning Foerster, Fraktion DIE LINKE Einsatz von Leiharbeit und Werkverträgen in Schlachthöfen und fleischverarbeitenden Betrieben in Mecklenburg-Vorpommern und ANTWORT der Landesregierung Die Schweriner Volkszeitung berichtete am 5. Juni 2013 über die Zunahme des Einsatzes von Leiharbeit und Werkverträgen in Fleischbetrieben bundesweit und in Mecklenburg-Vorpommern. Die Beschäftigten seien vielfach Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus dem Ausland. 1. Wie hat sich die Anzahl der Zerlege- und Schlachtbetriebe und die Anzahl der dort Beschäftigten in Mecklenburg-Vorpommern seit dem Jahr 2007 entwickelt (die Beschäftigtenzahl bitte insgesamt sowie nach Stammbelegschaft, Leiharbeits- und Werkvertragsbeschäftigten getrennt angeben)? Die Daten liegen in der gewünschten Spezifizierung nicht vor. Die Angaben über die Entwicklung der Zahl der Betriebe und der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten können der folgenden Tabelle entnommen werden. Drucksache 6/1975 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 2. Wie viele Zerlege- und Schlachtbetriebe wurden seit dem Jahr 2007 bei Investitionen durch das Land in welcher Form (Bürgschaft, Zuschuss, Darlehen etc.) und in welcher Höhe insgesamt gefördert? a) An welche Vorgaben seitens des Landes (Schaffung einer bestimmten Anzahl von Arbeitsplätzen, soziale Kriterien, Umweltauflagen etc.) war die Gewährung der Förderung gebunden ? b) Wie wurde die Einhaltung der Vorgaben überprüft? c) In wie vielen Fällen wurden wegen Verstoßes gegen Vorgaben Sanktionen eingeleitet? Seit 2007 wurden bei sieben Unternehmen mit Zerlege- und Schlachtkapazitäten Investitionen mit Zuschüssen in einer Gesamthöhe von 3.734.348,60 Euro gefördert. Zu a) Gemäß des Ziels des eingesetzten Förderprogramms, der Gemeinschaftsaufgabe zur „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“, war die Förderung an die Sicherung vorhandener und Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze gebunden. Zu b) Die Überprüfung der Einhaltung dieser Vorgaben erfolgte durch die Prüfung der Verwendungsnachweise und der jährlich vom Unternehmen vorzulegenden Angaben zur Entwicklung der Arbeitsplätze. Zu c) Sanktionen wegen eines Verstoßes gegen Vorgaben mussten nicht eingeleitet werden. Mecklenburg-Vorpommern (Gebietsstand Mai 2013) Zeitreihe 30.06.2007 30.06.2008 30.06.2009 30.06.2010 30.06.2011 30.06.2012 1 2 3 4 5 6 Betriebe Insgesamt 132 134 129 133 125 125 SvB 1) Insgesamt 3.933 4.006 4.010 4.046 3.912 3.777 1) Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und Betriebe am Arbeitsort in der Wirtschaftsgruppe "101 Schlachten und Fleischverarbeitung" (WZ08) Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/1975 3 3. Wie hoch ist der Branchentariflohn und wie hoch sind die gezahlten Löhne in Mecklenburg-Vorpommern? a) Wie viele der Betriebe mit wie vielen Beschäftigten gehören dem Branchenverband an und sind damit tarifgebunden? b) Welche Kenntnis hat die Landesregierung bezüglich der Entlohnung und der Arbeitsbedingungen für die ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer? Die Fragen 3, a) und b) werden zusammenhängend beantwortet: Für die Schlachtbetriebe liegen keine gültigen Branchentarifverträge vor. Daten über die gezahlten Löhne sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Mecklenburg-Vorpommern (Gebietsstand des jeweiligen Stichtags) 1) Zeitreihe bis 1000 € über 1000 bis 2000 € über 2000 bis 3000 € über 3000 bis 4000 € über 4000 € 1 3 4 5 6 7 8 Insgesamt 3.445 3.403 413 2.551 307 87 45 Deutsche 3.377 3.336 413 2.490 302 86 45 Ausländer 2) 3) 67 66 X X X X X Insgesamt 3.389 3.350 349 2.564 311 85 41 Deutsche 3.300 3.267 349 2.485 309 83 41 Ausländer 2) 3) 88 82 X X X X X Insgesamt 3.575 3.535 346 2.700 351 86 52 Deutsche 3.484 3.446 345 2.617 348 85 51 Ausländer 2) 3) 90 88 X X X X X Insgesamt 3.589 3.572 325 2.739 365 89 54 Deutsche 3.500 3.483 325 2.656 361 88 53 Ausländer 2) 3) 89 89 X X X X X Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit 3) Mögliche Differenzen zwischen Deutsche/Ausländer zu insgesamt resultieren aus Fällen ohne Angabe zur Staatsangehörigkeit. Stichtag Entwicklung der monatlichen Bruttoarbeitsentgelte von sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten (ohne Auszubildende) in der Wirtschaftsgruppe "101 Schlachten und Fleischverarbeitung" (WZ08) mit Angabe zum Entgelt davon: Anzahl der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten (ohne Auszubildende) Insgesamt darunter: Staatsangehörigkeit 1) Daten der Beschäftigungsstatistik sind für drei Jahre nach dem Stichtag vorläufig und können revidiert werden. 2) Aus methodischen Gründen ist ein Ausweis von sozialversicherungspflichtigen Bruttoarbeitsentgelten nicht sinnvoll, wenn die Gesamtzahl der Beschäftigten unter 1.000 liegt. Daher ist eine nähere Auswertung im vorliegenden Fall der Menschen mit Staatsangehörigkeit "Ausländer" nach Entgelthöhe nicht möglich. 31.12.2007 31.12.2008 31.12.2009 31.12.2010 Drucksache 6/1975 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 4. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung bezüglich des verstärkten Einsatzes von Leiharbeit und Werkverträgen im Bereich der Zerlege- und Schlachtbetriebe speziell in Westmecklenburg und im Land insgesamt? Statistiken zu Beschäftigten, die im Rahmen von Werkverträgen in der Schlachtbranche arbeiten, liegen nicht vor. Im Rahmen der Beschäftigungsstatistik können Beschäftigte im Wirtschaftszweig Arbeitnehmerüberlassung nicht noch zusätzlich nach dem Wirtschaftszweig ihres Einsatzes ausgewertet werden. 5. Inwieweit teilt die Landesregierung die Sorge der Gewerkschaft NGG, dass mit dem verstärkten Einsatz von Leiharbeit und Werkverträgen soziale Standards in den Unternehmen abgesenkt und Stammarbeitsplätze abgebaut werden? Ein Einsatz von Leiharbeit und Werkverträgen mit dem Ziel der Absenkung sozialer Standards und des Abbaus von Stammarbeitsplätzen wäre aus Sicht der Landesregierung kritikwürdig und der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung des Landes nicht förderlich. 6. Wie bewertet die Landesregierung die Möglichkeiten, die Einhaltung abgegebener Tariferklärungen seitens der Zerlege- und Schlachtbetriebe auch wirksam zu kontrollieren? Wie in der Antwort zu Frage 3 ausgeführt, liegen für die Schlachtbetriebe keine gültigen Branchentarifverträge vor. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/1975 5 7. Wie oft wurden in den Jahren 2007 bis 2013 Kontrollen im Bereich der Zerlege- und Schlachtbetriebe in Mecklenburg-Vorpommern durchgeführt, um auszuschließen, dass es sich, insbesondere beim Einsatz von Werkverträgen, nicht um illegale Arbeitnehmerüberlassungen handelt? Die Prüfungen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit erfolgen auf Grundlage des gesetzlichen Prüfauftrags nach § 2 Absatz 1 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz - SchwarzArbG). In den Jahren 2007 bis 2012 führte die Finanzkontrolle Schwarzarbeit in Mecklenburg-Vorpommern insgesamt 153 Prüfungen in der Fleischwirtschaft durch. Eine Differenzierung nach einzelnen Branchenzweigen (wie der Fleischzerlegung) sowie dem Anlass der Prüfung (hier gezielte Kontrollen im Hinblick auf illegale Arbeitnehmerüberlassung) ist auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht möglich. Die Veröffentlichung von Arbeitsergebnissen des Jahres 2013 ist dem Bundesministerium der Finanzen im Rahmen der Zolljahrespressekonferenz vorbehalten. Die Beantwortung der Fragestellung bezogen auf das aktuelle Kalenderjahr ist daher nicht möglich. 8. Warum können aus Sicht der Landesregierung offene Stellen in diesem Bereich nicht mit regionalen Bewerberinnen bzw. Bewerbern, gegebenenfalls nach entsprechender Unterstützung durch die Bundesagentur für Arbeit und/oder die Jobcenter bzw. das Land, besetzt werden? Der Landesregierung liegen keine Daten darüber vor, dass es nicht oder nicht ausreichend gelingt, offene Stellen mit regionalen Bewerberinnen beziehungsweise Bewerbern zu besetzen. Grundsätzlich ist anzumerken, dass die Personalauswahl durch die Unternehmen erfolgt und es deren Entscheidung ist, ob regionale Bewerberinnen beziehungsweise Bewerber bevorzugt eingestellt werden. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass mit durchschnittlich 15 gemeldeten offenen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsstellen das entsprechende Stellenpotenzial nicht überschätzt werden sollte. 9. Inwieweit hält es die Landesregierung für geboten, angesichts immer wieder auftauchender Meldungen über den missbräuchlichen Einsatz sogenannter Werkverträge, Daten zur Situation im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern zu erheben? Werkverträge unterliegen keiner gesetzlichen Meldepflicht. Eine solche Datenerhebung würde kontinuierliche Berichtspflichten aller in Deutschland tätigen Unternehmen erfordern. Im Hinblick auf die damit verbundenen unverhältnismäßig hohen Bürokratiekosten bestehen erhebliche Zweifel an dem Nutzen der Datenerhebung, zumal es nicht ausreichend ist, sich lediglich den Inhalt des Werkvertrages anzusehen, denn entscheidend für die Einschätzung, ob ein Missbrauch vorliegt, ist die tatsächliche Durchführung des Vertrags im Betrieb. Drucksache 6/1975 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 6 10. Wie bewertet die Landesregierung den Vorschlag, durch die Novellie- rung des Betriebsverfassungsgesetzes Betriebsräten eine Mitbestimmung beim Einsatz von Werkvertragsarbeitern zu geben und welche Möglichkeiten sieht sie selbst, um den Missbrauch wirksam zu unterbinden ? Nach § 92 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) muss der Arbeitgeber den Betriebsrat über die Personalplanung unterrichten. § 80 Absatz 2 stellt klar, dass die Unterrichtung sich auch auf die Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, erstreckt. Dennoch ist aus Sicht der Landesregierung die stärkere Beteiligung der Betriebsräte in Bezug auf den Einsatz von Werkvertragsarbeitnehmern zu prüfen, um besser bestimmen zu können, ob im konkreten Fall ein Werkvertrag oder verdeckte Arbeitnehmerüberlassung vorliegt. Ein wichtiger Ansatzpunkt für die Verhinderung des Missbrauchs von Werkverträgen ist ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn, der die Flucht aus der Zeitarbeit mit dem Ziel, den dort geltenden Mindestlohn zu umgehen, unattraktiv macht.