Der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 1. Juli 2013 beantwortet. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/1997 6. Wahlperiode 02.07.2013 KLEINE ANFRAGE des Abgeordneten David Petereit, Fraktion der NPD Lobbyismus und Schule und ANTWORT der Landesregierung Die Organisation Lobbycontrol kritisierte jüngst einen zunehmenden Einfluss von Unternehmen und Verbänden auf Schulen. Per Offenem Brief forderte Lobbycontrol dabei die Bildungsminister der Länder auf, mehr gegen eine solche Beeinflussung im Klassenzimmer zu tun. Der Autor eines Diskussionspapiers zum Thema hob hervor: „Lobbyisten haben die Schule als Handlungsfeld für sich entdeckt.“ Ihnen gehe es dabei nicht um Bildung und Erkenntnis, sondern um Meinungsmache und Manipulation . „Kinder und Jugendliche als Wähler und Konsumenten von morgen werden zum Ziel einer langfristigen und umfassenden Lobbystrategie“, so der Verfasser, der in diesem Zusammenhang mehr Sensibilität im Umgang mit externen Materialien und Angeboten anmahnt. In dem Offenen Brief wird die Einrichtung einer Monitoringstelle gefordert , bei der Lehrer, Schüler oder Eltern auffälliges Material prüfen lassen können, wobei der Stelle auch die Aufgabe zufallen soll, einen Leitfaden zum kritischen Umgang mit externem Material zu erstellen. Auch soll es den Vorstellungen von Lobbycontrol zufolge ein Regelwerk zur Offenlegung der Finanzierung von externen Schulmaterialien sowie ein umfassendes Werbeverbot an Schulen geben. 1. Welche grundsätzliche Haltung bezieht die Landesregierung zu der oben genannten Problematik, die umgangssprachlich auch als „Lobbyismus im Klassenzimmer“ bezeichnet wird? a) Welche Position bezieht die Landesregierung grundsätzlich zu externem Material, das Schulen beispielsweise von Unternehmen oder Unternehmensverbänden zur Verfügung gestellt wird? b) Inwieweit ist der Umgang mit solchem externen Material durch Schulen in Mecklenburg-Vorpommern aufgrund von Erlassen, Richtlinien u. ä. geregelt (bitte auch die entsprechenden Vorschriften unter Angabe der Quelle aufführen)? Drucksache 6/1997 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 2 Die Fragen 1, 1 a) und 1 b) werden zusammenhängend beantwortet. Die Landesregierung vertritt den Standpunkt, dass hier Entscheidungen auf allgemeiner Rechtsgrundlage in der Verantwortung der einzelnen Schule liegen. Grundsätze zu dieser Problematik sind geregelt durch - das Schulgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern (SchulG M-V), - das Zulassungsverfahren von Schulbüchern für allgemein bildende und berufliche Schulen (Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 12. April 2011), - die Empfehlungen zur Werbung, Erhebung von Geldspenden, wirtschaftlichen Betätigung und zu Sammlungen an öffentlichen Schulen (Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 28. Februar 2001) sowie - Bekämpfung von Korruption in der Landesverwaltung Mecklenburg-Vorpommern (Verwaltungsvorschrift der Landesregierung vom 23. August 2005). Die im Diskussionspapier des LobbyControl e. V. untersuchten Materialien können gemäß oben genannter Verwaltungsvorschrift vom 12. April 2011 als Unterrichtsmedien betrachtet werden. Diese unterliegen keiner Zulassungspflicht. Sie können je nach Bedarf und Haushaltslage in freier Entscheidung von den Schulen oder Schulträgern angeschafft werden, soweit deren Inhalte allgemeinen Verfassungsgrundsätzen und Rechtsvorschriften entsprechen , dem Erreichen der Bildungs- und Erziehungsziele von Schule und der Erfüllung des jeweiligen Bildungsauftrages der Schulart dienen und weitgehend mit den geltenden Rahmenplänen sowie Bildungsstandards konform gehen. Sollten die Materialien den Schulen kostenlos zur Verfügung gestellt werden, ist zu beachten, dass gemäß oben genannter Verwaltungsvorschrift vom 28. Februar 2001 Werbung an öffentlichen Schulen nur zulässig ist, soweit sie den allgemeinen Bildungs- und Erziehungszielen nicht entgegensteht. Der Werbezweck muss immer deutlich hinter dem zu fördernden Zweck zurückstehen. Durch die Werbung darf keine Beeinträchtigung des Unterrichts und des Schulbetriebs erfolgen. Die Schule hat eine Schutzfunktion gegenüber den Lernenden und muss Toleranz und weltanschauliche , religiöse sowie parteipolitische Neutralität wahren. Das sind die Grundsätze des Beutelsbacher Konsens, die im Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule enthalten sind. 2. Inwieweit sieht die Landesregierung für Mecklenburg-Vorpommern Handlungsbedarf in Bezug auf „Lobbyismus im Klassenzimmer“? Schulleitungen und Lehrkräfte sind weiterhin regelmäßig zu sensibilisieren, Lobbyismus im Schulalltag zu erkennen und zu verhindern. Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/1997 3 3. Wie bewertet die Landesregierung den im Vortext erwähnten Offenen Brief im Allgemeinen und speziell im Hinblick auf die darin erhobenen Forderungen (bitte, wenn möglich, auf die einzelnen Forderungen eingehen)? Das Diskussionspapier beschreibt auf der Basis einer umfangreichen Recherche die Situation an den Schulen durchaus realistisch. Die in diesem Zusammenhang geäußerten Bedenken werden grundsätzlich geteilt, ohne jedoch in allen Details zuzustimmen. Die Grundsätze des Beutelsbacher Konsens sind nach wie vor aktuell und sollten über die politische Bildung hinaus in vielen Unterrichtssituationen beachtet werden. Die Landesregierung nimmt den Offenen Brief zum Anlass, zukünftig durch die Schulen kritischer prüfen zu lassen, in welchem Maße derartige Materialien und Initiativen zur Verbesserung der Qualität des Unterrichts beitragen sowie Lehrkräfte entlasten. Die im Offenen Brief geforderten restriktiven Maßnahmen werden in Übereinstimmung mit dem Präsidenten der Kultusministerkonferenz abgelehnt. 4. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, um „Lobbyismus im Klassenzimmer“ wirkungsvoll zu begegnen? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. 5. Haben die jetzige Landesregierung und ihre Vorgängerin bereits entsprechende Maßnahmen ergriffen, um „Lobbyismus im Klassenzimmer “ wirkungsvoll entgegenzutreten? Wenn ja, a) wann wurden welche Maßnahmen ergriffen? b) aus welchen konkreten Gründen wurden die Maßnahmen ergrif- fen? c) zu welchen Resultaten haben die Maßnahmen geführt? Die Fragen 5, 5 a), 5 b) und 5 c) werden zusammenhängend beantwortet. Die Empfehlungen zur Werbung, Erhebung von Geldspenden, wirtschaftlichen Betätigung und zu Sammlungen an öffentlichen Schulen wurden als Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 28. Februar 2001 veröffentlicht. Die Verwaltungsvorschrift dient dazu, den Schulen mit den Rahmenvorgaben in diesem Bereich bei eigenen Entscheidungen rechtliche Sicherheit zu geben. Es wird davon ausgegangen, dass ihre Aussagen hinreichend sind. Drucksache 6/1997 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4 6. Inwieweit beabsichtigt die Landesregierung, Maßnahmen zu ergreifen, um „Lobbyismus im Klassenzimmer“ zu verhindern bzw. rechtzeitig entgegenzutreten? a) Um welche Maßnahmen handelt es sich im Einzelnen? b) Wann soll mit der Umsetzung begonnen werden? Die Fragen 6, 6 a) und 6 b) werden zusammenhängend beantwortet. Der Offene Brief und das Diskussionspapier sind an die Landeszentrale für politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern weitergeleitet worden. Diese soll im Schuljahr 2013/2014 über die Staatlichen Schulämter eine entsprechende Information der Schulleiterinnen und Schulleiter des Landes veranlassen. 7. Welche Unternehmen und Unternehmensverbände sowie Parteien und Organisationen wurden seit 2008 in dem im Vortext beschriebenen Sinne an Schulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern aktiv (bitte aufführen mit Datum/Jahr, Unternehmen/ Unternehmensverband /Partei/Organisation, Titel und Skizzierung des Inhalts/Themas des zur Verfügung gestellten Materials oder der jeweiligen Veranstaltung sowie die betroffenen Schulen benennen)? Hierzu liegen der Landesregierung keine aufbereiteten Angaben vor. Auf der Grundlage des SchulG M-V und der Verwaltungsvorschrift „Empfehlungen zur Werbung, Erhebung von Geldspenden, wirtschaftlichen Betätigung und zu Sammlungen an öffentlichen Schulen“ liegt die Zuständigkeit allein bei der jeweiligen Schule, ohne dass darüber zu berichten ist. Eine nachträgliche Datenerhebung wäre daher mit nicht vertretbarem Aufwand für Landesregierung und Schulen verbunden, da nachträglich händisch Sachverhalte ermittelt, zusammengetragen und erfasst werden müssten.